Vielschichtige Verhaltensthematik Junghund

  • Ihr Lieben,


    ich habe mir eben meinen ganzen Thread nochmal durchgelesen und wollte Euch allen nochmal meinen Dank aussprechen. Mit ein paar Wochen Abstand sehe ich jetzt bei vielen Postings sehr treffende Analysen und tolle Tipps. Die wir auch brav umsetzen :smiling_face_with_halo: und, abgesehen von immer wieder Frustmomenten (siehe mein anderer Thread) bin ich zuversichtlich, dass wir auf gutem Wege sind. Gesundheitlich ist ja nicht alles ganz in Ordnung, aber auch da sind wir mit dem Allergikerfutter auf dem richtigen Weg (Leber- bzw. Gallensäurewerte sind jedoch noch immer erhöht). Wir arbeiten nun viel mehr mit Grenzen und deutlicherem (was hier auch heisst etwas strenger und lauter ausgesprochenem "Nein" und z.T. mit körperlichem Abblocken bzw Eingrenzen). Das hat insbesondere beim Kläffen in der Wohnung sehr gut geholfen! Ggf. ist aber auch die Scheinträchtigkeit vorbei, wer weiss.


    Ich habe nun viel weniger Erwartungen an D und mich und freue mich über alle Fortschritte. Dennoch wollte ich bei Euch aber noch ein paar Meinungen einholen. Nicht aus erneuter Verzweiflung sondern aus Interesse zum hündischen Verhalten. Vielleicht hat ja noch jemand Lust? Ich kenne nicht soo viele junge Hunde persönlich. Die im Junghundekurs waren alle nicht so extrem wie Dorlie und darum frag ich mich manchmal schon, ob sie nicht ein wenig extrem ist. Was Aufregung und auch Durchhaltevermögen betrifft. Ich schildere Euch Situationen und ihr gebt Feedback, ob das noch "ganz normal" bzw. im Rahmen ist für einen knapp 11 Mt alten Hund.


    - Besuchssituation. Ein Bekannter meines Freundes kommt vorbei. Wir handhaben die Besuchssituation sehr ruhig aktuell, Kontakt zwischen Hund und Besuch wird auf ein Minimum reduziert oder ganz unterbunden, je nach Möglichkeit. Freund zieht sich mit seinem Besucher in ein Zimmer zurück, Dorlie und ich sitzen im Nebenzimmer (Türe zu), man hört ihre Stimmen leise und ruhig plaudern. Dorlie will unbedingt zu den beiden bzw. zum Besucher hin. Sie tingelt 90 Minuten lang durch die Wohnung. Mal legt sie sich für 5min hin, dann steht sie wieder auf, bellt, winselt, geht zur Türe. Klar, ich kann das managen indem ich sie an der Hausleine zu mir nehme und anbinde (dann käme sie ggf kurz zur Ruhe, bevor sie wieder winseln würde, aber ich hätte es dann "gemanaged") Es geht hier aber nicht um Erziehung sondern um die Frage: Ist das noch normal? Dass ein Hund über 90min nicht zur Ruhe kommt, weil man im Nebenzimmer leise die Stimme eines (ihr bekannten) Besuchers hört? Sie wird 90min komplett (!)ignoriert.


    - Restaurant und zu Besuch bei Freunden. Aktuell schwierig. Ähnlich wie in der Besuchssituation. kommt Dorlie 2.5h nicht wirklich zur Ruhe. Sie ist an kurzer Leine, kann sich nicht verheddern, liegt auf ihrer (über Monate austrainierten) Ruhedecke und hat ein Kauholz dabei. Auch hier: Sie winselt, fiept, legt sich ggf. mal für 20-30 min hin bevor sie wieder aufsteht und winselt. Niemand spricht sie an oder beachtet sie (ggf fängt sie mal den Blick eines anderen Restaurantbesuchers auf oder so, wer weiss. Wir ignorieren sie).


    - Auf-Decke-schicken: Ich schicke sie auf ihre Decke (kann sie mittlerweile recht gut), sie geht hin, kriegt 1 Keks fürs Ausführen. Danach soll sie da bleiben. Wenn sie aufsteht bringe ich sie zurück (Hausleine) oder weise sie körpersprachlich) zurück. Dorlie stand gestern (das ist jetzt nicht übertrieben) in 30 oder 40min alle 20-30 sek auf, ich musste sie also etwa 40 oder 50 Mal zurück auf ihre Decke bringen.


    Ich bleibe konsequent und viel entspannter aber ich frage mich echt:Ist soviel hündische Beharrlichkeit kombiniert mit so wenig Ruhe noch ganz normal, echt jetzt? :flushed_face:

    Unser Programm ist übrigens stark runtergefahren, "Training" im eigentlichen Sinne gibt es praktisch nicht mehr. Dafür viel Schleppleinenfreilauf und im-Garten-sein

  • Schön, dass Du Dich noch mal meldest.

    Ist das noch normal?

    Nein.

    - Restaurant und zu Besuch bei Freunden. Aktuell schwierig. Ähnlich wie in der Besuchssituation. kommt Dorlie 2.5h nicht wirklich zur Ruhe. Sie ist an kurzer Leine, kann sich nicht verheddern, liegt auf ihrer (über Monate austrainierten) Ruhedecke und hat ein Kauholz dabei. Auch hier: Sie winselt, fiept, legt sich ggf. mal für 20-30 min hin bevor sie wieder aufsteht und winselt. Niemand spricht sie an oder beachtet sie (ggf fängt sie mal den Blick eines anderen Restaurantbesuchers auf oder so, wer weiss. Wir ignorieren sie).

    Auch: Nein, das ist nicht normal.

    - Auf-Decke-schicken: Ich schicke sie auf ihre Decke (kann sie mittlerweile recht gut), sie geht hin, kriegt 1 Keks fürs Ausführen. Danach soll sie da bleiben. Wenn sie aufsteht bringe ich sie zurück (Hausleine) oder weise sie körpersprachlich) zurück. Dorlie stand gestern (das ist jetzt nicht übertrieben) in 30 oder 40min alle 20-30 sek auf, ich musste sie also etwa 40 oder 50 Mal zurück auf ihre Decke bringen.

    Totaler Stress für den Hund.


    Ich möchte noch mal darauf hinweisen, dass schon eine dieser Situationen Deinen Hund so unter Stress bringt, dass er eine Woche Erholung davon braucht bis er hormonell wieder im Gleichgewicht ist. (Womit wir wieder beim Thema Allergie, Futterunverträglichkeit etc ... wären ... Vorausgesetzt in der Woche läuft alles total gechillt ...

  • Weiss sie wirklich, was von ihr für ein Verhalten erwartet wird?

    Mir kommt es so vor, als würde ihr das in manchen Situationen nicht klar kommuniziert. In der Situation mit dem Besuch würde ich es einfach nicht 90 Minuten laufen lassen. Dann binde ich den Hund zur Not neben mir an und kommuniziere schwarz- weiss, was ich will und was ich eben nicht will.

    40x auf die Decke bringen, ist schon sportlich. Zieht ihr das wirklich immer konsequent durch? Wenn ja, würde ich erwarten, dass sich die Frequenz spürbar verringert. Wie weiss sie, ob und wann das Deckenkommando aufgehoben ist? Bei Kaya war es so, dass es mir um Ruhe ging. Sie sollte auf der Decke zur Ruhe kommen. Hat sie sich nach einer Weile von der Decke geschlichen, z.B. was getrunken und dann ruhig unter den Tisch gepackt und an ihrer Robbe gekaut, war es für mich auch okay. Hat sie rumgenervt, wurde sie wieder auf die Decke geschickt. Kaya hat recht schnell kapiert, worum es geht: Ruhe geben, wenn man grad abgemeldet ist.

    Aber natürlich muss der Hund dann auch mal Aufmerksamkeit und ein bisschen Interaktion haben.

    Dorlie scheint ja schon von der hartnäckigen Sorte zu sein. Kann mir gut vorstellen, dass das anstrengend ist.

  • Dorlie scheint ja schon von der hartnäckigen Sorte zu sein.

    Finde ich nicht. Für mich liest sich das eher nach einem Frauchen, dass sich davor scheut klar schwarz und weiß vorzugehen. Für diesen Hund wäre das allerdings der Schlüssel zum Erfolg. (Damit meine ich NICHT, dass man cholerisch wird, den Hund anschreit oder nix mehr über Belohnung übt - falls das jetzt wer missinterpretieren möchte.)

  • Wieso muss Dorlie überhaupt solche Situationen wie langen Besuch oder Restaurant durchmachen?


    Sie packt das noch nicht. Hat brutalen Stress. Ihr Körper ist total hinüber danach.


    Was versprichst du dir von solchen Aktivitäten? Oder, wieso schubst du sie immer wieder da rein?


    Ich meine das überhaupt nicht böse. Ich frage mich nur, was es bringt momentan, ausser Rückschritte

  • So schnell, wie immer ;) Danke schonmal.

    Der Reihe nach: flying-paws: Wie ich Deine Posts lesen und interpretieren soll, ist mir nicht ganz klar. Magst Du ggf. nochmal präzisieren? Das mit dem schwarz-weiss-Vorgehen: ist auf Distanz ja (auch für Dich) sicher schwierig zu sagen. Ich weiss tatsächlich nicht mehr, wie ich noch konsequenter oder klarer sein soll im Umgang mit ihr. Ich glaube schon, dass Grenzen noch immer ein Thema sind, aber (wie ich schrieb) ich setzte sie sehr viel deutlicher und blocke Dorlie auch ab/grenze sie körpersprachlich ein und sage das (auftrainierte) "Nein" auch strenger und lauter. Das Nein funktioniert auch (z.B. beim von-der-Decke weggehen). Aber eben: für 20sek, dann steht Tier wieder auf (wir sind beim Deckentraining aber ggf. einfach noch nicht lange genug dran). Wie kann soll muss ich da denn noch deutlicher werden? Da wäre die Anleitung über eine/n TrainerIn der oder die die Situation vor Ort auch sieht, sicher ideal. Leider habe ich niemanden, der auch Hausbesuche macht (wäre sicher sinnvoll). Videos habe ich übrigens auch. Das ist jetzt aber wieder ein Erziehungsthema, nicht primär intrinsisch-hündisches Verhalten. Und ich muss offen sagen: ich weiss echt nicht mehr, was und wie ich noch agieren könnte.


    Gleichzeitig sagst Du, flying-paws , es sei nicht normal und für Dorlie ein Megastress. Auch wildsurf s Post geht in die Richtung, wenn ich das richtig lese (?) Glaubt ihr, mein Hund kann diese Situationen einfach noch nicht handeln, sie sind zu stressig für sie und ich erwarte doch noch zu viel (Besuch, Restaurant etc.?) Warum ich sie in diese Situationen bringe? Weil ich seit Monaten auf extrem vieles verzichte für sie und auch ein eigenes Leben haben möchte! Alleinsein ist ja auch wieder im Training und wieder wackelig. Wenn ich nichts mehr für mich mache und keine Menschen mehr sehe gehe ich ein und vereinsamen tue ich auch noch!

  • Weiss sie wirklich, was von ihr für ein Verhalten erwartet wird?

    Mir kommt es so vor, als würde ihr das in manchen Situationen nicht klar kommuniziert. In der Situation mit dem Besuch würde ich es einfach nicht 90 Minuten laufen lassen. Dann binde ich den Hund zur Not neben mir an und kommuniziere schwarz- weiss, was ich will und was ich eben nicht will.

    40x auf die Decke bringen, ist schon sportlich. Zieht ihr das wirklich immer konsequent durch? Wenn ja, würde ich erwarten, dass sich die Frequenz spürbar verringert. Wie weiss sie, ob und wann das Deckenkommando aufgehoben ist? Bei Kaya war es so, dass es mir um Ruhe ging. Sie sollte auf der Decke zur Ruhe kommen. Hat sie sich nach einer Weile von der Decke geschlichen, z.B. was getrunken und dann ruhig unter den Tisch gepackt und an ihrer Robbe gekaut, war es für mich auch okay. Hat sie rumgenervt, wurde sie wieder auf die Decke geschickt. Kaya hat recht schnell kapiert, worum es geht: Ruhe geben, wenn man grad abgemeldet ist.

    Aber natürlich muss der Hund dann auch mal Aufmerksamkeit und ein bisschen Interaktion haben.

    Dorlie scheint ja schon von der hartnäckigen Sorte zu sein. Kann mir gut vorstellen, dass das anstrengend ist.

    KayaFlat das mit dem Anbinden habe ich ja geschrieben ;) ich kann das natürlich machen und so mache ich es auch meist, wenn Besuch kommt. Ich habe mich jetzt einfach mal gefragt, wie lange Dorlie braucht um zur Ruhe zu kommen wenn sie keinen Zugriff auf den Gast hat (Türe ist ja eben zu). Finde jetzt nur ich das heftig, dass sie sich nicht hinlegt, obwohl sie den Gast nicht mal sieht? Wenn ich sie anbinde (was ich dann tat) kommt sie auch erst nach 10min zur "Ruhe", liegt dann und fährt (wie eben in der beschriebenen Restaurantsituation) nach 20min wieder hoch. Und ich musste sie total stark managen.

    Es geht mir um die Frage ob es normal ist, dass der Hund derart schlecht runter kommt, wenn er ignoriert / nicht beachtet wird. Also darum, wie gut sie sich selber regulieren kann wenn ich am Pult sitze und ruhig bin

  • Es ist nicht normal, dass ein Hund sich derart hochstresst. Das ist ungesund und der Hund lernt zudem noch schlechter. Dass es so ist, liegt an der vermutlich falschen Trainingstechnik für diesen Hund.


    Ja, Du brauchst jemanden, der Dir das beibringt. Vermutlich direkt vor Ort.


    Das Thema gehört zu all Euren großen Stressgeschichten - auch das Alleinbleiben klappt deshalb nicht.


    Das Problem ist, solange Du kein brauchbares Trainingskonzept hast, sorgst Du lediglich für noch mehr Stress, wenn Du in die Situationen gehst - das ist wohl das, was wildsurf meint. Und das sehe ich auch so.

  • Ach ja und ich tue es auch weil ich mir erhoffe, dass es durch Üben / Gewöhnung an solche Situationen irgendwann besser wird.

    Oder soll ich solche Situationen nun erstmal für (wieviele?) Monate komplett vermeiden? Ich dachte immer, man müsse schwierige Situationen mit dem Hund üben, nicht vermeiden damit es überhaupt besser werden kann.

    Aber vielleicht ist ihr Stresslevel einfach generell zu hoch und sie kommt durch jede dieser Situationen noch mehr in Stress und gar nie runter? Meinst Du vielleicht das?


    Falls ja: Boah. Ich dachte nicht, dass ich mit Hund monatelang nicht ins Cafe / Restaurant gehen kann oder Besuch empfangen kann. Alleinsein kann sie ja eben auch nicht nicht sicher genug, das heisst, ich sollte jetzt noch wochenlang idealerweise gar nichts solches (also soziales) mit ihr unternehmen?

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