Vielschichtige Verhaltensthematik Junghund

  • Positiv / aversiv: Daran habe ich auch schon gedacht: Das positiv verstärkende Training wirkt zwar, aber ich könnte mir vorstellen, dass ich genau dadurch diese dauernde Erwartungshaltung ausgelöst habe. Aversiv verstehe nicht ganz, was damit gemeint ist. Eingrenzen und körperlich wegschicken tue ich sie manchmal, zB wenn mich das Hinterherlaufen dann doch zu sehr nervt.

    Du hast es richtig erkannt. Ein Hund, bei dem man jedes Thema über Belohnung trainiert, ist durch die permanente Erwartungshaltung dauergestresst. Das hat weitreichende Folgen, denn gerade das Thema wer begrenzt wen bzw. wer bewegt wen - nicht darüber, dass man den Hund mit Belohnung wohin lockt, sondern tatsächlich über Strafe in Form von Begrenzung, Bedrängung und, ja auch an der Schulter schubsen (nicht wegschieben, das ist keine Strafe!), zeigen dem Hund, ob er mit brauchbaren Menschen zusammenlebt, die auch Schutz bieten können. Denn, wenn man sich vom Hund dauerdrangsalieren lässt, dann ist für den Hund die logische Schlussfolgerung, dass man auch der Außenwelt nicht gewachsen ist. Also hat man gerade in dieser Phase jetzt ein riesiges Problem mit allem - seinen Menschen, der Außenwelt und sich selbst. Und da ist es logisch das man rumbrüllt. Und körperlich krank macht das zudem auch.


    Was ganz übel ist: Dann anfangen diesen Rahmen schaffen zu wollen, wenn man entnervt ist und einem der Kragen platzt. Das macht alles nur noch schlimmer. So was trainiert man dann, wenn man es gar nicht braucht in der Situation. Über Ankündigung, dann folgt die Maßnahme, falls der Hund nicht reagiert. Beispiel: Hast Du schon mal über Kommando den Hund aus dem Raum geschickt, wenn er totenbrav neben Dir gelegen und geschlafen hat? Ohne Dich zu nerven?

  • Juhu, noch ein kleines Pudelchen! :herzen1: Gibt's denn Fotos, büdde? :sweet:


    Wenn ich deine Beiträge so lese, werde ich selbst irgendwie ganz wuschig. :tropf: Das wirkt alles so viel und unruhig, trotzdem habe ich noch nicht ganz erschlossen, was denn nun euer Hauptproblem ist. Dass sie viel bellt? Einige Dinge laufen doch schon sehr gut und sie ist ja nun auch noch sehr jung. Das wird schon!


    Mein inzwischen fast zwei Jahre alter Kleinpudel kam mit einem Welpenauslauf auch überhaupt nicht klar, der hatte massiven Stress darin, obwohl ich daneben saß, also haben wir das Ding wieder abgebaut und die einzelnen Gitter als Schutz für Bücherregale, Technik und Co. genutzt. :D Ein Trenngitter zwischen Wohnbereich und Rest der Wohnung verhinderte, dass er uns überall hin nachlaufen konnte. Er konnte sich im welpensicheren Wohnbereich frei bewegen und wir mussten ihn nicht ständig im Auge behalten.

    Aufmerksamkeit zu bekommen, war hier nämlich auch ein Thema (und ist es teilweise noch), und er hat sich dann allen möglichen Blödsinn einfallen lassen. :ugly: Wir haben ihn eine Zeitlang anbinden müssen, wenn wir zum Beispiel gegessen haben, nach einer Weile ging es von alleine. Klassisches Deckentraining haben wir nicht gemacht, weil Bobby so viele verschiedene Liegeplätze hat. Aber er weiß, "Leg dich hin" heißt ablegen und entspannen, egal wo.


    Ein Kläffer war mein persönlicher Albtraum, daher hatte ich da von Anfang an den Daumen drauf. Es macht natürlich einen Unterschied, warum der Hund bellt, Unsicherheit/Melden/Frust etc. Ignorieren finde ich selten eine gute Lösung, weil Bellen halt selbstbelohnend ist. Ich habe es tatsächlich konsequent abgebrochen, und dabei ist das Timing entscheidend: Nicht erst, wenn er sich schon eingekläfft hat, sondern schon, wenn er aufspringen will und empört die Backen bläst. Dann kam bereits der Abbruch, gefolgt von der Alternativhandlung "Leg dich hin!" So hat er schnell verstanden, dass es grundsätzlich nicht erwünscht ist, sich irgendwo sinnlos reinzusteigern und das lautstark zu kommentieren. Das heißt aber nicht, dass aus ihm nie mehr ein Ton rauskommt: Pudel sind halt nicht als die allerleisesten Hunde bekannt, zumindest die kleinen Varietäten. :pfeif: Bobby meldet nach wie vor hin und wieder ein ungewöhnliches Geräusch, aber er bellt oder wufft wenn überhaupt nur noch ein-, zweimal und dann reicht es, wenn ich ihm ruhig "erkläre", dass alles in Ordnung ist (ich sage dann sowas wie "draußen - Hund - alles gut", das ist inzwischen ritualisiert). Das ist für mich absolut okay, denn ich erwarte nicht, dass er NIE bellt, er ist nun mal ein (sehr gesprächiger) Hund.


    Zum Thema Grenzen aufzeigen: Bobby war als Welpe und junger Junghund überhaupt nicht sensibel, da musste ich schon öfters sehr deutlich werden. Fiel mir zum Glück nicht schwer, weil ich in solchen Momenten einfach wirklich hart genervt bin. |) Ich mache mich dann automatisch groß und steif, fixiere ihn mit bösem Blick und drohender Stimme, sodass mein ganzer Körper ausdrückt "Hier gibt es gleich ein Donnerwetter!" Ich wurde auch mal laut, bin ein paar Schritte auf ihn zu, hab mein lautes "Hey!" mit einem Klatschen unterstrichen, ihn auch mal sanft festgehalten, sowas in der Art. Was ich überhaupt nicht kann, ist körperliche Maßregelung wie Schnauzgriff oder am Genick packen, weil ich mich dabei einfach zu doof anstelle und gar nicht wüsste, wo ich hinfassen muss, damit das sitzt. :tropf:


    Was mir aber bei allem am meisten geholfen hat: Meine Erwartungshaltung runterschrauben! Als Welpe wollte er kaum zehn Schritte vom Haus weg gehen, also habe ich ihm halt Zeit gelassen. Und von der Pubertät war ich anfangs völlig überfordert und dadurch oft unfair zu Bobby. Dabei ist es gar nicht schlimm, wenn manche Dinge noch nicht funktionieren. Uns rennt nichts weg! Leinenführigkeit ist zum Beispiel immer noch nicht wirklich drin, weil er draußen einfach noch zu oft von den Hormonen gesteuert ist und gar keinen Kopf dafür hat. Bleibt die Leine halt am Geschirr und ich schaue nur, dass er halt nicht zieht wie ein Ochse. :ka: Er ist mit seinen 8,5 kg natürlich so leicht, dass wir uns das erlauben können. Und er braucht auch mit seinen fast 2 Jahren noch viel Ruhe nach aufregenden Tagen, deswegen gibt es hier immer wieder Tage, an denen gar nix passiert. Er macht alles problemlos mit (Urlaub, Besuch bei Freunden mit Kindern etc.), aber ich erwarte dann auch nicht, dass er die ganze Zeit tiefenentspannt in der Ecke liegt. Er ist eben ein Junghund einer aktiven, relativ reizoffenen Rasse. :smile:

  • Euer Schwarmwissen ist ja krass! Ich antworte nacheinander. :star_struck:


    Kontrolle: Ggf. ein echt wichtiges Thema, das wir vernachlässigt haben. Ich hab aber ehrlich gesagt auch nie ganz verstanden was das mit dieser Kontrolle sein soll. Was kontrolliert sie denn? Was ich rauslese: Hund fühlt sich durch die unglückliche Platzwahl im Eingang für die Bewachen desselben zuständig und ist dadurch gestresst (?)

    Probieren werde ich mal: Sie in Küche/Wohnzimmer, ich im Flur. Dazu: Anfangs wollte ich das Alleinsein in der Küche üben. Das ging manchmal gut, dann wieder nicht. Als ich auf den Flur gewechselt habe, machte sie plötzlich riesige Fortschritte.

    Sollen wir ihr den Flurplatz nun komplett untersagen? Das wär echt..schwierig. Da geht sie halt immer selbstständig hin und schläft dort auch tief. Zudem ist das aufgrund des Grundrisses echt schwer, ich müsste sie eigentlich immer an der Hausleine in einen anderen Raum bringen. Habe die Regel, dass sie an ihren Liegeplätzen in Ruhe gelassen wird, also ich möchte sie nicht zB aus dem Körbchen nehmen/zerren und wegtragen. Ich hab jetzt (auf einen gestrigen Tipp hin) die offene Box vor ihr Körbchen gestellt, so dass sie die Türe nicht mehr sehen kann vom Liegeplatz aus. Wir ziehen bald um.

    Bellthematik=Hauptproblem weil so nervtötend: Sie hat kein grundlegendes Problem mehr mit Ruhe, behaupte ich. Sie wird tagsüber zirka 6h "ignoriert" (ich arbeite Teilzeit) und schläft dann meistens. In der Zeit kann ich alles machen: In der Wohnung umhergehen, weggehen, auf den Mond fliegen.

    Nur wenn sie munter und bellfreudig drauf ist bellt sie in jedem Raum und nicht nur wegen den Aussengeräuschen. Eben zB auch wegen dem Teekocher, dem Blumenstrauss, dem Staubkorn..manchmal denke ich, sie sucht geradezu einen Grund.

    Sie darf auch melden, ein zwei Mal. Nur nicht 15 Mal am Tag. Wenn ihr meint, dass unterbrechen doch besser ist als ignorieren, wende ich wieder diese Methode an. Ich will aber mal ganz konsequent bei einer bleiben. Welche wähle ich am besten?


    Erwartungshaltung an sie und an mich ist offensichtlich zu hoch. Wollte einfach alles gut und richtig machen und hab mich und sie wohl zu sehr gestresst.

    Ich hab sie noch nie weggeschickt, als sie brav neben mir lag, nur als sie mir nachdackelte (aber ruhig nachdackelte, nicht aufgeregt). Das Auf-Decke schicken hat mit dem positiven Training leider gar nicht funktioniert, weil sie bei dieser Übung jeweils echt superaufgeregt wird, was jetzt ja echt nicht der Ziel des Deckentrainings ist.

    Tipps, das sinnvoll zu trainieren?


    Korrigiert wird sie aber schon, wenn sie Dinge tut die sie nicht soll. Beispiel: Vom Sofa aus auf dem Couchtisch steigen. Nach 1 Verwarnung schubs ich sie da sanft weg. Oder wenn sie (das tut sie praktisch nie und ist wohl noch ein Überbleibsel der Läufigkeit) jemanden humpt/meinen Arm humpen will. Da hab ich sie 1-2 mal deutlich korrigiert (weggeschubst) und es ist tatsächlich seither nicht mehr passiert..

  • Habe die Regel, dass sie an ihren Liegeplätzen in Ruhe gelassen wird, also ich möchte sie nicht zB aus dem Körbchen nehmen/zerren und wegtragen.

    Das ist auch eine sehr gute Regel! :bindafür:



    Wäre hierbei die Frage, fängt sie dann auch das Bellen an?

    Bellthematik=Hauptproblem weil so nervtötend:


    Nur wenn sie munter und bellfreudig drauf ist bellt sie in jedem Raum und nicht nur wegen den Aussengeräuschen. Eben zB auch wegen dem Teekocher, dem Blumenstrauss, dem Staubkorn..manchmal denke ich, sie sucht geradezu einen Grund.

    Könnt Ihr hierbei quasi die Uhr stellen?

    Oder tritt das immer ein? Also mal morgens, mal nachmittags, mal abends?

  • Habe die Regel, dass sie an ihren Liegeplätzen in Ruhe gelassen wird,

    Dankfehler. Weil Mehrzahl.

    Sie sollte EINEN Platz haben, an dem sie in Ruhe gelassen wird. Und den sucht IHR aus.


    Wir hatten damals auch eine Trainerin zu uns nach Hause eingeladen. Die sagte fast noch vor der Begrüßung: "Das Körbchen muss da weg." Es lag am strategisch günstigsten Platz - aus Hundesicht. Von da hatte er alles im Blick/unter Kontrolle. Wir haben damals fast das ganze Wohn-/Esszimmer umgeräumt, damit in der hintersten Ecke ein Platz für's Körbchen frei wurde.


    Ich weiß übrigens nicht, ob ich den Hund an der Hausleine wegführen würde. Hat für mich irgendwie so ein bisschen den Charakter von "wegzerren". Der Hund sollte selber den Weg gehen, indem man ihn wegsplittet. Auch würde ich ihn nicht vom Couchtisch schubsen, sondern ihn davon wegsplitten, dass er selber runterhopsen muss.

  • Hier hatte ich mal beschrieben wie ich den Abbruch übe. Das Wegschicken ist dann noch mal ein extra Kommando, das bedeutet: Geh von dem Reiz weg und bleib auch weg, auch, wenn ich bei dem Reiz bleibe.


  • Sie liegt am allerliebsten im Flur. Da liegt sie auch, wenn sie alleine zuhause ist.

    Ich finde den Flur als Raum fürs Alleine Bleiben sehr suboptimal. In einem Mehrfamilienhaus kriegt der Hund da immer etliche Geräusche mit und wenn der Hund sowieso gerne kläffend auf sowas reagiert, bezweifele ich, dass sich dabei entspannt werden kann. Aleine Bleiben geht hier am Besten im Schlafzimmer, das scheint so gut mit Ruhe verknüpft zu sein, dass da alle unsere Hunde auch beim Alleine Bleiben problemlos entspannen. Als wir noch im Mehrfamilienhaus wohnten, haben wir kurz nach Einzug unseres Pepes die Zimmer extra getauscht und das Schlafzimmer so weiter vom Hausflur entfernt gehabt, weil Pepe auch ganz gerne mal auf solche Geräusche reagiert.

  • Das Auf-Decke schicken hat mit dem positiven Training leider gar nicht funktioniert, weil sie bei dieser Übung jeweils echt superaufgeregt wird, was jetzt ja echt nicht der Ziel des Deckentrainings ist.

    Tipps, das sinnvoll zu trainieren?

    In diese Falle bin ich mal selbst getappt. Hier ist ein alternativloses Wegschicken der Ausweg gewesen. Also nicht, "geh auf diese Decke dort bis ich was anderes Sage" (Effekt: Hund findet diese Aufgabe klasse und wartet in Anspannung auf seine Belohnung), sondern "geh schlafen" (bedeutet: geh mir weg von den Füßen, mach aber was du willst).


    Nachdem der Hund dabei ein paar mal wie bestellt und nicht abgeholt in der Gegend herumstand, hat er sich relativ schnell selbst schlafen gelegt. Gelernt hat er, dass nichts passiert, dass es sich um kein Kommando handelt, das aufgelöst wird. Eine Erwartungshaltung lohnt sich also gar nicht für ihn.


    Ein Deckenkommando finde ich trotzdem sinnvoll für manche Lagen. Aber eins nach dem andern...

  • Meine lernen auch kein Deckenkommando, weil das eigentlich meistens am Thema vorbeigeht. Es geht ja vielmehr darum, dass der Hund mich als Mensch in Ruhe lässt. Wie soll der Hund lernen, dass er meinen Dunstkreis nicht mehr zu betreten hat, wenn er einen anderen Trick lernt?

  • Genau, bei uns ist es das "Leg dich hin" - er soll sich einfach hinlegen, aber wo, ist mir wurscht. Deckentraining finde ich sinnvoll fürs Restaurant oder so, aber zu Hause würde es bei uns nicht funktionieren. Bobby wechselt gern mal den Schlafplatz und das darf er auch. Hauptsache, er bleibt entspannt. :smile:

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