Echte Wölfe und blöde Fragen - Teil 2

  • A propos vereinfachend und verurteilend...


    Ich finde es bei verschiedensten Themen immer erstaunlich, dass Leute annehmen, andere könnten nur abweichender Meinung sein, weil sie weniger Erfahrungen haben. So viel Überzeugung, dass die eigene Weltsicht die einzig richtige ist, Wahnsinn.

    Dass die eigene Weltsicht aber so ist, weil sie auf entsprechende Erfahrung basiert, könnte nicht vielleicht sein?

    Und sorry, zu Hause in der Stadtwohnung bist du einfach überhaupt nicht davon betroffen, hast noch überhaupt nicht die Vorstellung davon, inwieweit dein Leben davon beeinträchtigt sein kann.

    Jo, weil der Städtler zu was genau ist (bzw. nicht ist) um sich mit Betroffenden auszutauschen und oder hinzuhören, wenn andere von ihren Nöten berichten?

    Zu blöd? Unempathisch? Desinteressiert? Überheblich?


    Wow!


    Ich bin Grosstädtlerin und ich denke ich bin dennoch in der Lage zu sehen das der Wolf mittlerweise ein echtes Problem darstellt und Ängste auslöst, und das Betroffene komplett allein gelassen werden! Und ich habe eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie lebensbeeinträchtigend das für Betroffene sein kann und wie ohnmächtig man diesem gegenüber steht. Und dafür muss ich nicht im Wolfsgebiet leben oder eine Herde Nutztiere haben die bereit Opfer von Wolfsangriffen waren.


    Das ich nichts dran ändern kann, sondern nur mitfühlen und hoffen das sich das für alle Betroffenen mal ändert, steht auf einem anderen Zettel

  • Ich kenne genug Städter, die die Problematik sehr differenziert sehen. Und genug Landeier, die dem Wolf alles in die Schuhe schieben wollen.


    Die Jäger die ich kenne, sehen das Thema auch sehr differenziert und wissenschaftlich.


    Es ist schon eine blöde Situation, wenn man alleine im Wald unterwegs ist und von einem Wolfsrudel eingekesselt und begleitet wird. Zumal die Schnittmenge auch durchaus so ist, dass derjenige das Beruflich einfach muss. Förster, Waldarbeiter, Berufsjäger.


    Der Umgang mit solch großen Raubtieren ist für mein Empfinden allerdings größtenteils naiv.


    Ich habe mich ja darauf bezogen, dass sich die eigene Meinung sehr oft ändert, wenn man plötzlich selbst in der Situation ist. Und ich finde krass, dass das auch Biologen passiert, die sich ihr ganzes Leben lang mit dem Thema beschäftigt haben. Das sagt für mich einfach total viel aus.

  • Aber warum fühlst du dich jetzt von mir angegriffen? Ich spreche doch gar nicht explizit von dir, sondern von den vielen Menschen, die mit so Hinweisen wie: "dann geh halt nicht ins Wolfsgebiet" kommen - und das sind so gut wie immer Stadtmenschen. DIE nehmen IHRE Realität als Maßstab, um MIR zu sagen, was ich zu tun und zu lassen habe. Von DEN Menschen rede ich.

    :ka:

  • Bei unserem letzten Urlaub in der Nähe der Müritz auf dem platten Land, irgendwo im nirgendwo, wurde uns von den Einwohnern des Dörfchens wiederholt lachend darüber berichtet, dass der Wolf regelmäßig dabei beobachtet wird, wie er die Rinder über die Weide scheucht. Das ist aber gar nicht schlimm, weil der denen ja nicht gefährlich werden kann. Über die "hysterische" Pferdehalterin, die ihre Pferde näher ans Haus geholt hat, hatte man nur Augenrollen übrig.


    Da setze ich mich als Städter, der (man glaubt es nicht) doch tatsächlich seine Wohnung ab und an auch mal verlässt und im Umland unterwegs ist, deutlich kritischer mit dem Wolf auseinander. Zumal der ja nun auch schon lang in Stadtnähe angekommen ist. Mir wurde vom Jäger berichtet, dass häufiger einer auf dem Damm gesehen wurde, die Schafe stehen hier mittlerweile mit Kangals in der Herde...

  • Ich habe mich ja darauf bezogen, dass sich die eigene Meinung sehr oft ändert, wenn man plötzlich selbst in der Situation ist

    Umgekehrt durfte ich auch schon Menschen (aus Stadt und Land) kennenlernen, deren "alle abknallen"-Welteinstellung sich ändern konnte, als sie mal Erfahrungen in der Wildtierbiologie sammeln durften. Auch das sagt ja einiges aus.


    Ich kenne aber auch tatsächlich einige Förster*innen, Waldarbeiter*innen und Viehhalter*innen, die den Wolf nicht für die Wurzel allen Übels halten, obwohl sie betroffen sind. Und säckeweise Städter*innen ohne Berührungspunkte mit dem Thema, die dank der entsprechenden Propaganda Angst haben, dass der Wolf ihre Kinder im Stadtpark frisst, weil sie das für Wildnis halten. Und natürlich aus allen "Lagern" Menschen, die die Sache so sehen, wie ich sie für vernünftig halte (was selbstredend widerum auch nicht die absolute und neutrale Wahrheit ist).


    Die Einteilung "Landbevölkerung, die Ahnung hat und daher nichts von Wölfen hält" und "Städter*innen die in einer realitätsfernen Blase leben und Wölfe kuscheln wollen" halte ich für wahnsinnig unterkomplex.

  • A propos vereinfachend und verurteilend...


    Ich finde es bei verschiedensten Themen immer erstaunlich, dass Leute annehmen, andere könnten nur abweichender Meinung sein, weil sie weniger Erfahrungen haben. So viel Überzeugung, dass die eigene Weltsicht die einzig richtige ist, Wahnsinn.

    Es geht ja nicht um weniger Erfahrung, sondern oft um keinerlei Erfahrung. Und wenn Leute eine Richtung angeben oder auch beratend tätig sind, dann finde ich das echt fatal.

    Das ist doch auch überall Thema. Ich erlebe das beruflich in einem ganz anderen Bereich ebenfalls als großes Problem.

    Und um Weltsicht geht es dabei nun auch nicht. Sondern darum, dass jemand beispielsweise Schafhalter wissen wollen, woran sie sind und womit sie rechnen müssen. Oder, dass ich als Hundehalter im Wolfsgebiet gerne wüsste, was auf mich zukommt. Und ja, da wende ich mich mittlerweile lieber an Förster, Jäger, Waldarbeiter, Tierhalter oder Landwirte. Die scheinen nämlich mehr Kontakt im Alltag mit diesen Tieren zu haben als die hiesigen Wolfsberater.

  • Umgekehrt durfte ich auch schon Menschen (aus Stadt und Land) kennenlernen, deren "alle abknallen"-Welteinstellung sich ändern konnte, als sie mal Erfahrungen in der Wildtierbiologie sammeln durften. Auch das sagt ja einiges aus.


    Ich kenne aber auch tatsächlich einige Förster*innen, Waldarbeiter*innen und Viehhalter*innen, die den Wolf nicht für die Wurzel allen Übels halten, obwohl sie betroffen sind. Und säckeweise Städter*innen ohne Berührungspunkte mit dem Thema, die dank der entsprechenden Propaganda Angst haben, dass der Wolf ihre Kinder im Stadtpark frisst, weil sie das für Wildnis halten. Und natürlich aus allen "Lagern" Menschen, die die Sache so sehen, wie ich sie für vernünftig halte (was selbstredend widerum auch nicht die absolute und neutrale Wahrheit ist).


    Die Einteilung "Landbevölkerung, die Ahnung hat und daher nichts von Wölfen hält" und "Städter*innen die in einer realitätsfernen Blase leben und Wölfe kuscheln wollen" halte ich für wahnsinnig unterkomplex.

    Die Einteilung hab ich doch aber gar nicht vorgenommen? Ich habe mich auf diesen einen Biologen bezogen und darauf, dass mir das Phänomen an sich oft auffällt. Darunter fällt doch genauso deine "alles abknallen"-Fraktion die sich plötzlich normalisiert, weil sie Erfahrung sammeln durfte.

    Es geht ja nicht darum, dass man Erfahrung bis zum abwinken hat, aber ein Grundstock an Erfahrung sollte man einfach aufweisen, wenn man andere berät oder sich gar Experte schimpft.

  • sondern oft um keinerlei Erfahrung

    Na ja, hier äußern sich ja auch genügend Menschen zum Thema Abschuss die keinerlei Erfahrung in der Populationsökologie oder Naturschutzgenetik haben. Usw. Ich persönlich kenne niemanden, der Erfahrungen mit allen Aspekten hat, die diesen Themenkomplex betreffen. Die Erfahrung der Tierhalter*innen ist eben nicht die einzig relevante Erfahrung. Aber natürlich wichtig!


    um Weltsicht geht es dabei nun auch nicht

    Natürlich ist es eine Weltsicht, anzunehmen, dass andere Meinungen nur dadurch zustande kommen können, dass anderen Erfahrung fehlt.


    Ich bin übrigens auch absolut dafür, dass Wolfsberater*innen praktische Arbeitserfahrungen im Umgang mit Wölfen haben sollten. Hier ging es ja aber gar nicht um Wolfsberater*innen sondern darum, sich generell privat zu dem Thema zu äußern.

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