Echte Wölfe und blöde Fragen - Teil 2

  • Wie lange können diese tollen Hunde sowas durchhalten?

    Da gibts keine in Stein gemeisselten Regeln.


    Herdenschutz ist immer rein situativ. Und von zig verschiedenen Faktoren abhängig.


    Wenn ich solch ein Video von meinen Flächen hätte, würde ich noch 2 weitere HSH dazu nehmen.

    3 sind schon ganz gut und mehr, als der durchschnittliche Tierhalter an der Herde hat, aber auch, wenn ich es nicht für unnormal halte, dass Wölfe auch da mal sehen, ob was geht, ist mir die Variante lieber, sie merken gleich, dass es hier x-fach zu aufwändig wäre.


    Ich kann nur beschreiben, wie meine Hunde z. B. reagieren, wenn oberhalb und unterhalb der Flächen gleichzeitig freilaufende Hunde sind - sie teilen sich entsprechend auf. Einer oben, einer unten, einer mittig bei den Rindern, der je nachdem, einen der beiden anderen situativ verstärkt wie ein "Springer". Meine Rinder sind, wenn die Hunde agieren IMMER mittig auf der Fläche, nie in Zaunnähe. Sie halten den Hunden den Raum am Zaun frei. Aber die Herrschaften hier sind ja auch schon lange zusammen und hatten alle Zeit der Welt, sich aufeinander einzustellen.


    Wenn Wölfe schauen, ob was geht, sollte man immer in irgendeiner Art und Weise reagieren.

    Flatterband, Hunde aufstocken, Fläche wechseln, irgendwas ändern, damit aus dem Schauen, ob was geht, kein Versuchen, ob was geht, wird.

  • Wenn das nicht so supertraurig für die Weidetiere und gefährlich für die Hunde wäre, würde ich dieses Canide-gegen-Canide-Taktikspiel ja uneingeschränkt spannend finden. Es ist schon erstaunlich, was beide Seiten da so leisten können, vor allem finde ich die Kommunikation so faszinierend, die da überall im Spiel ist.

  • Ich finde es erschreckend wie ruhig und unbeeindruckt die Wölfe wirken. Stehen dort und verschwenden keine Energie, während die Hunde arbeiten.

    Wieviele Nächte sollten die das durchhalten? Und wie gesagt, was wenn dann auch noch Wölfe von hinten kommen...


    Natürlich finde ich es auch interessant aus wissenschaftlich/biologischer Sicht.

    Aber eigentlich finde ich es beunruhigender als faszinierend.


    McChris

    Weil du von aufstocken schreibst.

    Wie viel fressen solche Hunde denn so?

    Ich kann nur von meinen Hunden ausgehen. Fiora als Kleinste kommt mit 900g Josera 27 Tage aus. Otis braucht im Monat 1,8kg Bosch Diät Futter.


    Ich denke, das neben der Kosten der Aufrüstung für Zäune, der Arbeitszeit auch noch die laufenden Kosten für Hunde (Futter, Tierarzt etc) ein Problem darstellen.


    Und darf ich noch etwas praktisches fragen. Bleibt der Hundekack auf der Weide liegen?

    Bei so großen Hunden und dann noch einer großen Anzahl stelle ich mir das nicht so wenig vor. Oder ist das nix im Vergleich zu den Kuhfladen und Schafsbömmel..

  • Ich finde es erschreckend wie ruhig und unbeeindruckt die Wölfe wirken. Stehen dort und verschwenden keine Energie, während die Hunde arbeiten.

    Es gäbe da ja auch nichts, was gross Sinn machen würde.

    Die Fläche ist übersichtlich - 2 Wölfe rechts rum, 2 links rum - die Hunde wären auf dem direkten Weg immer schneller als die Wölfe bei den Schafen.

    Unbemerkt "anschleichen" ist nicht, das gibt das Gelände nicht her.

    "Auf sie mit Gebrüll" ist auch bei der Überzahl der Wölfe sehr risikoreich für sie.

    Wölfe sind in dieser Hinsicht sehr vorsichtig.

    Buddeln macht auch keinen Sinn, wenn dann da die Hunde warten.

    Und Synchron-Springen, also alle Wölfe zugleich, was die einzige Variante wäre, mit der sie Erfolg haben könnten, schaffen auch Wölfe nicht. Nicht alle Wölfe in einem Rudel sind gleichzeitig Springer. Tatsächlich sind Springer eher eine Ausnahme, man darf sich nicht von den Medienberichten irritieren lassen. Denn natürlich schaffen es erfolgreiche Springer unter den Wölfen eher in die Zeitung als die, die es nicht tun.


    Wie viel fressen solche Hunde denn so?

    Prozentual aufs KG wahrscheinlich weniger als Deine.

    Du darfst nicht vergessen, dass diese Hunde bei Weidetierhaltern im Einsatz sind. Da fällt regelmäßig Fleisch oder fleischige Nebenprodukte an, meine futtern z. B. grad Pansen, Euter, Lunge, Stichfleisch von der notgeschlachteten alten Kuh eines Bekannten.

    Ich bekomme auch regelmäßig ältere Mutterschafe für die Hunde. Das wollen Menschen meist nicht essen, alte Kuh auch nicht.

    Es gab einige Zeit lang für Mitglieder im Verein für arbeitende HSH kostenloses Futter von Almo Nature. Nicht das teure von denen, sondern eine Spezial-Anfertigung, die sie auch an TH gespendet haben. Das ging aber nur ein Jahr, seitdem ists sang- und klanglos in der Versenkung verschwunden.

    Grundsätzlich ist der Fleischanteil in der Fütterung von HSH eher gering, oft gibts sogar nur Milchnebenprodukte, und die Fütterung sehr kohlenhydratlastig.

    Aber ja - natürlich kostet das Futter für HSH was. Und natürlich ist man auch mit TA-Kosten dabei. Mit hier einmal entwurmen nach kg/KG, kämst Du wahrscheinlich für 10 Jahre aus. :lol:

    Es gibt wegen der Unterhaltskosten tatsächlich Bestrebungen, nicht die Anschaffung, sondern den Unterhalt der Hunde zu fördern.


    Und darf ich noch etwas praktisches fragen. Bleibt der Hundekack auf der Weide liegen?

    Bei so großen Hunden und dann noch einer großen Anzahl stelle ich mir das nicht so wenig vor. Oder ist das nix im Vergleich zu den Kuhfladen und Schafsbömmel..

    Ja, das war auch für mich erstmal gewöhnungsbedürftig.

    Der Kot-Absatz beim HSH ist nicht allein Ballastabwurf, sondern dem Wolf und anderen Caniden gegenüber auch eine Form der Kommunikation, damit wird das Territorium markiert. Deshalb sind die Haufen auch immer (Durchfall, wenn der Hund wirklich mal einfach nur dringend muss, ausgenommen) in unmittelbarer Zaunnähe. Tatsächlich bin ich noch nie, seit die Mc`s da sind, in einen Haufen gezappt, weil die wie ausgezirkelt in einem bestimmten Abstand vom Zaun sind. Riechbar für andere Caniden, aber nicht so, dass die Mc`s selbst da durchtrampeln, wenn sie am Zaun agieren.


    Jetzt, in der Winterhaltung, in der die Herrschaften überwiegend im Offenstall (dort machen die Hunde nicht) mit Auslauf sind, sammel ich die Haufen ein, die kommen in einen Thermokomposter, so hab ich es früher auch bei den normalen Hunden gehandhabt. Wurmkur-Haufen sammel ich ebenfalls ein - die schaden auch den Würmern im Boden. Und wenn mal wer - das gilt aber auch für Kuhfladen - in die Arnika-Bereiche kackt, wird das auch entfernt, das wäre für die Arnika zuviel Stickstoff.

    Auf den Flächen bleiben sie ansonsten liegen und werden von Schnecken (wie kann man Salat UND Hundehaufen mögen???), Kompostwürmern und aktivem Bodenleben zersetzt, davon gibts hier, weil wir uns am ökologischen Landbau orientieren, in dem, was wir tun.

  • Danke für deine ausführliche Antwort.

    Ja es ist für die Wölfe ganz klar, dass sie stehenbleiben und schauen. Alles andere macht, wie du sagst, keinen Sinn.

    Sie wissen oder lernen also auch, dass die HSH nicht aus dem Zaun rauskommen und sie, wenn sie außerhalb bleiben, ihnen nichts passiert.

    Ich hab nur Bauchweh bei dem Gedanken, dass sie lernen die ungeübten Jäger, am Zaun entlang zu schicken, bis die Hunde müde werden, und dann werden die Springer aktiv.


    Das mit dem Futter ist praktisch.

    Ich fand eine Förderung der Unterhaltskosten auch sinnvoll. Im Gebiet mit starkem Wolfsdruck, braucht man sowieso mehrere Hunde. Und dann gibt es ja noch die Hunde, die nicht arbeiten können. Sei es wegen Krankheit, oder altersbedingt.


    Eigentlich ist das total faszinierend mit dem Kack. Nah genug am Zaun, aber genug Platz zum gefahrlosen patroullieren.

    Also meine Hunde denken da eher weniger strategisch. |)

  • So. Gestern erreichte mich die Nachricht, dass ich beim Gassi aufpassen und dringend einen bestimmten Weg meiden soll. Die Herdenschutzhunde eines ansässigen Schäfer sind mal wieder ausgebrochen und haben bereits einen Hund angegriffen, der dort mit seinen Besitzern Spazieren ging. Es ist wohl nichts passiert, aber die Hunde würden da eben aktuell frei rumlaufen. :muede:

  • "mal wieder" klingt leider so, als wäre das nicht das erste Mal. Das soll und darf so natürlich nicht sein.

    Was sagt denn der Schäfer dazu?

    Ja, das kommt wohl häufiger vor.


    Gesprochen habe ich ihn noch nie. Die Schafe stehen dort nur im Winter, um den Gründünger abzufressen. Die wechseln alle paar Tage den Acker, da ist niemand vor Ort. Der Schäfer wohnt 30 km weit weg von dort.


    Ich selbst wohne dort nicht, gehe dort aber ab und an Gassi. Deshalb wurde ich informiert.


    Für den Herdenschutz ist das echt Mist. Die Wege dort sind extrem gut besucht und das hinterlässt kein schönes Bild.

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