Echte Wölfe und blöde Fragen - Teil 2

  • Die Vorstellung, dann noch mehrere eigenständig arbeitende Riesenhunde dabeizuhaben, die solche Späße gar nicht mögen und die man im Fall des Falles aufhalten muß...auweia!

    Das interessante am Herdenschützer ist ja gerade, dass er tatsächlich keinerlei Probleme mit "Wunderlichkeiten" hat, wenn er sie kennt und gelernt hat, einzuordnen. Die funktionieren halt überhaupt nicht wie der übliche Wachhund, der bei Post, Passanten und Besuch bellt. Der HSH beobachtet, ordnet ein und lernt was ungefährliche Normalität ist. Das Entscheidende ist aber, was McChris sagte, es macht natürlich viel mehr Arbeit einen jungen HSH in Touristengebieten entsprechend anleiten zu müssen, als sie einfach nur irgendwo in der Einöde hinter den Zaun zu stellen und es wird sich auch nicht jeder Hund dafür eignen, auch das kann man sicher so voraussehen. Aber grundsätzlich würde ich sogar sagen, dass es wahrscheinlich sogar einfacher ist, HSH an tägliche Touristenmassen in der Herde zu gewöhnen als an vereinzelte Spaziergänger.

  • Es kann sein, dass ein Vortrag, die Lüneburger Heide Schäfer in 2010 überzeugt hat, weil es sich logisch anhört, dass auf HSG verzichtet werden muss.


    Als sich die ersten befreundeten Schäfer/innen um 2005 mit HSH beschäftigten und davon erzählten, hab ich als absoluter Hund fan gedacht : „Jetzt spinnen die.“


    Und im Touriegebiet LH hät ich auch gedacht, das wird nichts.

    Nun ist die Realität angekommen im Outfit des Gevatters Wolf.


    Und anscheinend ist es ungefährlicher, dass sich die Schäfer vom Wolf beißen lassen könnten, als dass HSH eingesetzt werden.


    Ja, es ist besser, wenn dort keine Hunde Menschen beißen, besser für die Hunde.

    Man sollte dort alles so lassen, damit das Touristengeschäft erhalten bleibt.

    Und dafür kann man ja die Natur bereinigen und „entnehmen“, was man als störend empfindet.


    Dann ist die Ordnung wieder hergestellt. Dann kann man sich um die Dürren kümmern, um das ansteigen des Meereswassers und so weiter.


    Was ich sagen möchte ist, dass man jetzt mal umdenken muss. Auf was warten denn jetzt alle noch?


    Ganz nebenbei wird auch noch beschrieben, das der Mensch die Herdenstärke um 2000 Stück zum Herbst reduziert.

  • Zitat

    Und anscheinend ist es ungefährlicher, dass sich die Schäfer vom Wolf beißen lassen könnten, als dass HSH eingesetzt werden.

    Es geht in der ganzen Frage nicht um die Schäfer, die hätten sicher kein Problem mit HSH. Es geht um die Touristen und die ganze lokale Wirtschaft, die da dranhängt.


    Zitat

    Ganz nebenbei wird auch noch beschrieben, das der Mensch die Herdenstärke um 2000 Stück zum Herbst reduziert.

    So what? Ich esse im Herbst auch ausgesprochen gern Schnucke, eine der wenigen Fleischsorten, die ich überhaupt noch kaufe, weil die Tiere ein Superleben hatten und entsprechend gut schmecken. Und ich kaufe und bevorrate dann auch gern Schlachtabfälle, statt meinen Hund aus der Massentierhaltung zu füttern. Das macht jetzt Lebendig-zerrissen-werden weniger schlimm und die Herden als Wolfsfutter unproblematisch? Weil: Wenn wir sie essen, darf das der Wolf ja wohl auch?

  • Zitat

    Und dafür kann man ja die Natur bereinigen und „entnehmen“, was man als störend empfindet.

    Und, das ist doch der Hauptpunkt, "die Natur" gibt es hier nicht mehr. Außer in einigen Hochmooren. Alles andere, inklusive der Wälder, wird seit Jahrtausendenden bewirtschaftet. In einer so uralten Kulturlandschaft ist der Mensch längst ein entscheidender Mitspieler geworden, und ja: er muss gelegentlich auch "bereinigen", damit einige der menschenabhängigen Ökosysteme nicht kippen.


    Die Heide zum Beispiel. "Natur" wäre es, die wieder zu Ödland und Kiefernwald werden zu lassen wie vor tausend Jahren, aber das möchten ihre Bewohner und Besucher nun mal nicht. Mit vollem Recht, weil sie ein lebendes Kulturgut und ein europaweit einmaliges Bioptop ist.


    Das mit der "wilden Natur" ist romantisches Wunschdenken und funktioniert hierzulande einfach nicht - der Mensch war und ist ein Mitspieler und muß es im Fall der Wölfe auch ganz dringend wieder werden. Hier ist nun mal nicht Sibirien.

  • Der Mensch ist doch genauso Teil der Natur. Unsere Erde ist nichts statisches und unterliegt permanent Veränderungen. Letztendlich ist "der Natur" sowieso alles wurscht.

  • Und, das ist doch der Hauptpunkt, "die Natur" gibt es hier nicht mehr.

    Deshalb sollte eins unserer hochrangisten Ziele sein, das ganz schnell wieder zu ändern.

    Beim Klimawandel ist die Frage die, WIE wir als Menschheit weiterleben können.

    Beim derzeit hochdramatischem Artensterben ist die Frage, OB wir als Menschheit weiterleben können.


    Wenn Tourismus als Hauptgrund genannt wird, keine HSH zum Herdenschutz einsetzen zu können, ists nicht der Wolf, der die Naturschutzarbeit der Schäfer zerstört. Dann sind es falsche Prioritäten und der mangelnde Wille etwas zu ändern. Damit meine ich nicht die Schäfer.

    Damit meine ich Tourismusverbände, lokale und überregionale Behörden und all sowas.


    Das hat mit Romantik nichts zu tun - sondern mit dem dringend gebotenem Umdenken.

    So, wie wir als Menschheit im Gesamten und als Deutsche im Speziellen zur Zeit noch leben, kann es nicht weitergeben. Wir leben auf "Kredit", was Ressourcen angeht, wir haben, Du schreibst es selbst, die Natur so weitgehend zerstört, dass wir bereits massive Probleme deshalb bekommen, da ist die Option "alles so lassen wie bisher und alles töten, was uns nicht in den Kram passt" einfach die schlechteste aller schlechten Optionen.


    Die Natur kann ohne uns - andersrum nicht.

  • Da gehe ich total mit. Man sollte halt aufhören auf Pump seine Umwelt zu zerstören. Und das Herdenschutz hinter Tourismus steht ist einfach ein NoGo.

  • Das ist eine hochinteressante Frage: Wenn ständig "die Natur" beschworen wird, welche soll das hier eigentlich sein? Die Kulturlandschaft von 1900, 1500 oder vor 8000 Jahren, als die Landwirtschaft begann? Und woher weiß man, wie die ursprünglich aussah und funktionierte?


    Das ist doch ein fließender, ewiger Prozeß mit ständiger wechselseitiger Beeinflussung, und menschengemacht oder -beeinflußt bedeutet nicht per se "schlecht".

  • Das ist eine hochinteressante Frage: Wenn ständig "die Natur" beschworen wird, welche soll das hier eigentlich sein? Die Kulturlandschaft von 1900, 1500 oder vor 8000 Jahren, als die Landwirtschaft begann? Und woher weiß man, wie die ursprünglich aussah und funktionierte?


    Das ist doch ein fließender, ewiger Prozeß mit ständiger wechselseitiger Beeinflussung, und menschengemacht oder -beeinflußt bedeutet nicht per se "schlecht".

    Ich nenne das hier nur noch Agrarwüste..


    Interessanter Fakt, ich hab aber keine Quelle für euch, da ich das im Lehrgang gelernt habe. In unseren Landkreis wurden in Zusammenarbeit mit Biologen Kiebitzvorkommen untersucht. Von ca. 12 Nestern hat nur ein Nest überlebt, der Rest ging auf das Konto von Beutegreifern (bis auf eines: Landwirtschaft).


    Der schönste Lebensraum bringt nichts, wenn die Bewohner einfach gefressen werden

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