Echte Wölfe und blöde Fragen - Teil 2
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Ich denke, auch das wird unter unseren Bedingungen nur durch menschliche Eingriffe möglich sein, die dann schon so behutsam wie möglich sein müßten. Aber ganz ohne wird es eben in einem Umfeld wie unserem nicht gehen, dafür sind die Wölfe ja ein gutes Beispiel.
Was ich meine: Ich hab mir 1977 den ersten Isländer gekauft, und von da an bis heute hat nie eins meiner Ponys irgendwo gestanden, wo seine Haltung keinen deutlichen Mehrwert für die Natur rundum bedeutet hätte. Wir haben über die Jahre kilometerweit Hecken gepflanzt und bewässert, Tümpel ausgezäunt und renaturiert, Rieselwiesen erhalten, mühsam per Hand Schlehenwälle geschnitten ,damit uns der Neuntöter erhalten bleibt...und so weiter, und so weiter. War für mich unverzichtbarer Teil dieser Pferdehaltung, eine große Freude, und es bot für immer mehr Tiere die letzten Inseln in der Agrarwüste rundum.
Und jetzt stehen wir vor der Situation, dass wir entweder unsere Pferde einem grausamen Tod aussetzen oder den größten Teil all unserer jahrzehntelangen wilden Mitbewohner mit Strom und Hund aussperren müssen. Kein Wildwechsel mehr über die 40 Hektar meiner Freundin, keine Ricken mehr ,die ihre Kitze zwischen den Ponys setzen, kein Dachs, der mit an die Tränke kommt, keine Hasen im Gras, und sogar die Kröten, die zum Laichen an den Tümpel kommen, sind zum Teil gegrillt worden. Ebenso wie ein Igel. Das kann es einfach nicht sein, zugunsten einer einzigen Art so viel anderes aufzugeben, das ist total verfehlter Naturschutz - und ich denke, da wird es Kompromisse, also auch Bestandsreduktionen beim Wolf, einfach geben müssen.
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den größten Teil all unserer jahrzehntelangen wilden Mitbewohner mit Strom und Hund aussperren müssen
Das ist nicht richtig. Der allerallerallergrößte Teil der wilden Mitbewohner kommt problemlos durch, über und unter Stromzäune. Die verrecken in unserer Landwirtschaftswüste aus anderen Gründen, die deutlich weniger Aufmerksamkeit bekommen als der böse Wolf.
Ich verstehe Deine Emotionalität vor allem bei so schönen Erinnerungen, aber dass Dachse nicht an Pferdetränken kommen ist wirklich nicht die Definition von verfehlter Naturschutz. Der Bestand der Wölfe Stand jetzt in Deutschland ist auf die Fläche unheimlich klein, ohne Zuwanderung aus dem Ausland ist es mWn nicht mal eine stabile Population. Ich bin keine Wolfsfanatikerin und auch nicht prinzipiell gegen die Entnahme einzelner problematischer Tiere, aber eine noch weitere prinzipielle Reduktion als dieser momentan schon kleine Bestand zum Vorteil der Viehhaltung leuchtet mir nicht ein.
Die allermeisten Kulturlandschaften (und auch Naturlandschaften) sind in einer Zeit restlos verschwunden, als es in Deutschland keinen einzigen Wolf gab. Das sollte ja eigentlich schon als Beleg dafür genügen, dass der Wolf nicht das eigentliche Problem unserer traditionellen Kulturlandschaften ist.
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Zitat
Der allerallerallergrößte Teil der wilden Mitbewohner kommt problemlos durch, über und unter Stromzäune.
Das haben die irgendwie nicht gewußt, denn es hat diesen trockenen Sommer ziemliche Dramen am Zaun gegeben, weil das Wild verzweifelt versucht hat, irgendwie auf den alten Wechsel zum Tränketeich zu kommen und es eben nicht schaffte. Natürlich haben die ihr Wasser dann vor dem Zaun gekriegt, und natürlich ist das Problem nicht der einzelne Dachs. Das Problem ist, dass hier immerhin 40 Hektar Zuflucht entfallen, die inmitten der Maiswüste bitter, notwendig wären. Stattdessen hat meine Freundin das letzte von den Wölfen übriggelassene Wild jetzt schutzsuchend direkt an den Gebäuden - und nachts folgen die hungrigen Wölfe.
Und selbstverständlich hast du Recht, dass der Wolf nicht das Kernproblem beim Kulturlandschafts-Sterben zugunsten von Agrarwüsten ist. Absolut nicht, überhaupt kein Zweifel. Das Problem ist nur, dass er jetzt in der Praxis tatsächlich genau den letzten Oasen den Rest zu geben droht, die mit viel Tierhalter-Engagement erhalten werden. Meine Freundin erwägt inzwischen ernsthaft, aufzugeben, weil sie den Druck nicht erträgt, und da steht für das Pachtland ein holländischer Agrarkonzern schon in den Startlöchern. Und wir sind ja nun nicht die einzigen mit diesem Dilemma - es ist schon eine bittere Ironie, dass da Naturschutz ausgerechnet von Naturschutz gekillt wird.
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weil das Wild verzweifelt versucht hat
Das, was Du "das Wild" nennst, ist aber eben ein absolut verschwindend geringer Teil der tierischen Biodiversität. Also ist das gar kein Widerspruch zu dem, was ich schrieb.
Wenn die einzige "Naturschutz"-Lösung ist, Großräuber aus Prinzip abzuschießen und die Bestände künstlich niedrig zu halten, dann wird Naturschutz ebenso von Naturschutz gekillt. Aber ich glaube nicht, dass das die einzige Lösung ist und auch keine*r der Expert*innen die ich bisher über das Thema habe reden hören.
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Ich mache hier ja Wechselbeweidung, inklusive der bis mindestens Mitte Juli komplett unbetretenen Wiesenbrüterwiese. Der Reihen-E-Zaun stellt da weder für Rehe, noch für Fuchs, Hase, Igel, Wachteln oder Amphibien ein Hindernis dar. Und für die Wiesenbrüter ist der Zaun ebenfalls ein deutlicher Schutz - da latscht dann nämlich keiner mehr einfach durch, egal, wie hoch der Bewuchs schon ist.
Wo es anders ist, ist der nur mobil eingezäunte Teil mit den Schafsnetzen. Da müssen Kleintiere draussen bleiben, Fuchs und erwachsene Rehe kommen aber auch da rein und raus. Der Dachs bombt sich da einfach durch....
Seit 2015 setze ich die Schafsnetze ein - in dieser Zeit hatte ich 2 tote Erdkröten durch Zaunkontakt. Das waren jeweils schon ältere, also auch größere, Kröten in Kombination mit der Unmöglichkeit, ein Schafsnetz so straff wie eine Wand zu spannen. Sprich, im untersten Bereich kommt die stromführende Litze manchmal näher an den Boden als geplant. Ich sehe für hier (!) fürs Wild und für ebenfalls bedrohte Arten keine Nachteile durch Herdenschutzhunde und Herdenschutzzäune. Tatsächlich sogar eher Vorteile. Das liegt aber mit daran, dass das Wild sich an die Wechselbeweidung gewöhnt hat und sozusagen weiß, auf welche Teile der Fläche es grad kann, ohne von den Mc`s angemotzt zu werden.
Die Mc`s lassen sogar nur fussläufige junge Feldlerchen in Ruhe. Hier ist ausser dem Wolf (und den Touris ) keiner ausgesperrt, das Wild nutzt die grad nicht beweideten Flächen. Im Fall der Schafsnetze halt zeitweise, aber da ist nebendran auf den übrigen Flächenteilen genug Lebensraum für diese Zeit.
Hier gibts in Dürrejahren übrigens auch Wasserschalen für Wildtiere - dieses Jahr war das erste Mal überhaupt, dass selbst der kleine Bach hinten im Wald ausgetrocknet war.
Ich würde wg. Klimawandel und Dürren eigentlich gern auf die Beweidungsvariante des holistic manangements umstellen - da bleiben die Tiere nur kurze Zeit auf sehr kleiner Fläche und werden tageweise auf das nächste Stück gelassen - das beisst sich aber mit dem Wiesenbrüterschutz und ist auch vom Handling (Wasserwagen und Co) her umständlich.
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Die Frage sollte eher sein: wie gestaltet man das Miteinander mit nicht-Nutztieren in einer Welt, die von Menschen so gestaltet wurde, dass sie für Natur kaum noch Raum lässt?
Ganz einfach: indem man auf ein Maß begrenzt, von dem beide profitieren.
Das ist nicht richtig. Der allerallerallergrößte Teil der wilden Mitbewohner kommt problemlos durch, über und unter Stromzäune. Die verrecken in unserer Landwirtschaftswüste aus anderen Gründen, die deutlich weniger Aufmerksamkeit bekommen als der böse Wolf.
Die Rede ist von wolfsabweisenden Zäunen. Nicht von normalen Stromzäunen. Da kommt der allergrößte Teil der wilden Mitbewohner NICHT mehr durch.
Beispiel:
Wolfsschutzzaun für Wildpferde in DülmenRund 400 Wildpferde grasen friedlich im Merfelder Bruch zwischen Dülmen und Maria Veen. Das Gelände gehört der Herzog von Croy´schen Verwaltung. Die baut jetzt…www1.wdr.deIch verstehe Deine Emotionalität vor allem bei so schönen Erinnerungen, aber dass Dachse nicht an Pferdetränken kommen ist wirklich nicht die Definition von verfehlter Naturschutz. Der Bestand der Wölfe Stand jetzt in Deutschland ist auf die Fläche unheimlich klein, ohne Zuwanderung aus dem Ausland ist es mWn nicht mal eine stabile Population. Ich bin keine Wolfsfanatikerin und auch nicht prinzipiell gegen die Entnahme einzelner problematischer Tiere, aber eine noch weitere prinzipielle Reduktion als dieser momentan schon kleine Bestand zum Vorteil der Viehhaltung leuchtet mir nicht ein.
So richtig hast du die Aussage nicht verstanden: es geht darum, dass früher Wildtiere (wie Dachse) von Weidetierhaltung profitiert haben, es gab eine gewisse Coexistenz, win-win für beide Seiten, sozusagen. Das geht jetzt nicht mehr.
Und der Bestand der Wölfe ist alles andere als klein. Speziell in Deutschland! Und ganz speziell in Teilen von Niedersachsen, wo es die höchste Wolfsdichte weltweit gibt.
Abgesehen davon, ist der weltweite Wolfsbestand nicht mehr gefährdet:
The IUCN Red List of Threatened SpeciesEstablished in 1964, the IUCN Red List of Threatened Species has evolved to become the world’s most comprehensive information source on the global conservation…www.iucnredlist.orgDie allermeisten Kulturlandschaften (und auch Naturlandschaften) sind in einer Zeit restlos verschwunden, als es in Deutschland keinen einzigen Wolf gab. Das sollte ja eigentlich schon als Beleg dafür genügen, dass der Wolf nicht das eigentliche Problem unserer traditionellen Kulturlandschaften ist.
Nein, aber kommt jetzt noch als beschleunigender Faktor dazu.
Nutzen?
Sinnhaftigkeit?
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Die Bestände auf einem niedrigen Level zu halten, ist zumindest die Lösung, oder sagen wir: der Kompromiß, den der größte Teil der Welt gefunden hat, darunter die traditionellen europäischen Wolfsländer wie Rußland, Schweden, Finnland oder das Baltikum, deren Erfahrung im Zusammenleben mit Wölfen ununterbrochen ist. Scheint sich also anderswo durchaus zu bewähren - was macht uns da so anders?
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Zitat
Ganz einfach: indem man auf ein Maß begrenzt, von dem beide profitieren.
Hundert Punkte - genau das versuche ich die ganze Zeit zu sagen.
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Dass sehe ich tatsächlich ähnlich. Diese Oasen werden von Menschen erhalten, die schon lange außergewöhnlich viel leisten. Die dafür kein - angemessenes- Geld erhalten, keine Orden, keinen Dank, keine Unterstützung. Sie laufen oft schon am Limit. Die zusätzlichen Probleme und Kosten, die der Wolf mit sich bringt, bringen diese Menschen teilweise an und über ihre Grenzen. Es ist- jetzt rein fiktiv- eben nicht nur Bauer Maier der mit seinen 100 Rindern aufgibt, die eh kaum zum Leben reichen, es ist jemand der sein Land gepflegt hat und sich um Artenreichtum bemühte.
Es ist nicht nur Pferdehalterin Schmidt, die aufgibt, nein, damit stirbt auch ein Biotop aus Hecken, Tümpeln und extensiver Beweidung inmitten von Fichtenwald. Es ist nicht nur Schäfer Meier, der mit seinen Schafen durch die Heide zieht, der aufgibt. Mit ihm entfallen wieder 150 Schafe, die den Bewuchs niedrig halten, dass dieser Lebensraum erhalten wird. Mit ihm sind wieder 150 Heidschnucken weniger am Leben. Usw.
Und da liegt doch das Problem- anstatt die Leistung dieser Menschen anzuerkennen und ihnen jede nur erdenkliche Unterstützung zukommen zu lassen, sie ehrlich zu informieren was Rückkehr Wolf bedeutet und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten (wenn diese Menschen "ihre" Biotope aufgeben, ich glaube nicht, dass sie dann fröhlich pfeifend bei VW Autos zusammen schrauben und glücklich sind), stattdessen werden Sie als unwillig, faul, wolfsfeindlich, nicht kompromissbereit usw usf hingestellt. Jeder Anwohner, der sich wegen HSHgebell beschwert sollte eine Antwort vom Amt bekommen, dass er sich nicht mehr traut miep zu machen. Jeder der nur erwähnt, dass man ja "nur" Zaun bauen braucht, sollte Strafdienst Zaunbau bekommen. Die Förderung der Zäune und deren Unterhalt müsste unbürokratischer von statten gehen. 6Monate und länger warten müssen bis Entscheidung da ist- Irrsinn. Momentan wird gegen die Menschen gearbeitet, die Tiere so halten, wie es sein soll, anstatt mit ihnen und für sie und dass lässt mich teilweise echt wütend sein.
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Nutzen?
Sinnhaftigkeit?
Heimische Wildtiere brauchen keinen Nutzen und keine Sinnhaftigkeit, um ein Existenzrecht zu haben.
Da kommt der allergrößte Teil der wilden Mitbewohner NICHT mehr durch.
Der allergrößte Teil der wilden Mitbewohner sind sechs- oder achtbeinig und/oder haben Flügel. Und keinerlei Problem mit den genannten Zäunen, die mir wohlbekannt sind.
Und damit bin ich hier auch wieder raus, ich hätte es blutdruckschonend direkt bei der verlinkten Studie belassen sollen. Auf die ich hier gerne nochmal verweise, sie dröselt sehr gut auf, welche Faktoren dazu führen, wann es zu Rissen kommt. Wolfspopulationsdichte ist dabei mit Abstand nicht der wichtigste.
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