Mögen sie sich einfach nicht oder geht es um Ressourcen?

  • Arbeitest du denn grundsätzlich nur über einen Abruf, wenn dein Hund irgendwas sieht und da nicht hin soll? Oder lernt er auch, was er in dieser Situation tun soll? Weil Abruf schön und gut, aber das ist doch eher Management und dein Hund lernt dadurch nicht, dass man seinen Impulsen nicht ungehemmt nachgehen darf.

    Hier lernt z. B. jeder Hund, dass er Blickkontakt zu mir aufnehmen soll, wenn z. B. ein anderer Hund auftaucht. Dafür wird er belohnt und dann entscheide ich, ob mein Hund Kontakt aufnehmen darf oder ob wir weiter gehen. Bis das sitzt, muss natürlich ne Leine am Hund bleiben.

    Bevor man jetzt also anfängt, etwas planlos mit Strafen zu hantieren, würde ich dem Hund erst mal grundsätzlich beibringen, was er denn überhaupt tun soll.

  • Ich finde, es ist ein schönes Beispiel dafür, wieviel Einfluss der Mensch auf das Verhalten des Hundes hat.


    Du schreibst, dass sie in der Tagesstätte entspannt nebeneinander ruhen konnten. Das, finde ich, sagt schon einiges aus. Die Hunde haben also kein Problem miteinander. Erst, wenn ein oder beide Menschen mit dabei sind. Also muss nicht am Hund, sondern der Mensch an sich arbeiten.


    Du schreibst, Du hättest einmal versucht, Deine Chuwi zu erreichen, um sie vom Hinlaufen abzuhalten. Zum einen hast Du ja schon selber festgestellt, dass Du angespannt und hektisch dabei warst. Das merkt Deine Hündin, sie weiß nur nicht, dass Du mit Deinen Gedanken in der Zukunft, nämlich bei der drohenden Gefahr bist, dass sie lossprintet. Sie merkt nur: ich bin angespannt und meine Chefin ist ja auch angespannt, bestätigst somit ihr aktuelles Gefühl.

    Zum anderen wirst Du wahrscheinlich von hinten auf sie zugelaufen sein, womit Du sie quasi nur vor Dir hertreibst. Wenn Du eine Chance haben willst, dann musst Du einen Bogen um sie machen, um sie dann von vorne zu blocken.


    Hier wird leider eine Meideverhalten empfohlen, Deine Hündin nur noch an der Schlepp laufen zu lassen. Finde ich nicht so dolle. Ihr lebt jetzt nicht im gleichen Mietshaus, trefft euch also jetzt nicht täglich mehrfach, aber auch die Wahrscheinlichkeit, sich ein- oder mehrfach pro Woche zufällig zu begegnen, würde mir reichen, das Problem so anzugehen, wie ihr es gemacht habt. Nebeneinander herlaufen. Wie gesagt, die Hündinnen für sich haben offensichtlich kein Problem miteinander. Das Problem kommt durch die Anwesenheit der Menschen, also müssen die Menschen bei sich schauen, was für ein Verhalten der Auslöser ist.


    Ich hatte selber so einen Fall mit meinem Rudi. Sam hieß der Schäferhund, dem wir mehrfach pro Woche begegneten. Bei beiden sah es so aus, als würden sie sich gegenseitig töten wollen, wenn sie sich nur aus der Ferne erblickten. Ich bin dann mit dem Herrchen zig-mal parallel gelaufen, bis die Vehemenz bei den beiden Hunden abnahm.

    Inzwischen ist mein Hund nicht davon abzuhalten, zu Sam hinzurennen und diesen (zwar unterwürfigst) zu begrüßen, nach der Begrüßung bleiben beide aber entspannt zusammen, Aggressionen sind komplett verschwunden.

    Hätten wir damals nicht immer und immer wieder (über ca. 2 Monate) den Parallelspaziergang gemacht, hätten wir wahrscheinlich auch heute immer noch ein Riesenproblem.

    Wichtig war natürlich dabei, dass beide Herrchen entspannt blieben. Tickte einer der Hunde aus (bei den ersten ca. 5 Spaziergängen passierte das alle Nase lang), wurde nur ruhig der jeweilige Hund wieder neben sich gebracht. Im Gehen, bloß nicht stehen bleiben! Die Menschen innen, die Hunde außen. Anfänglich war auch der Mensch-zu-Mensch-Abstand recht groß, so ca. 3m. Erst wurde der dann verkleinert, wie die Hunde es tollerieren konnten. Dann wieder vergrößert, damit der ruhigere Hund nach innen konnte.

    So wurde peu a peu eine Gemeinsamkeit bei den Hunden erzeugt.


    Am Rückruf weiter zu arbeiten, ist natürlich nicht verkehrt. Ich würde aber dabei vielleicht mindestens genauso viel Augenmerk darauf legen, wie Du Dich selber fühlst, wenn Du den Rückruf bei größerer Ablenkung absetzt. Kannst Du dann tatsächlich weiterhin entspannt bleiben, oder schickst Du angespannte Emotionen mit? Wenn es z. B. ein Wort-Kommando ist, dann kann durch Lautstärke, Betonung, Länge der Vokale, unnötiges (bis hin zu stakatoartiges) Wiederholen etc. viel mitgesendet werden.


    Gruß

    Matthias

  • Einen Abbruch baut man nicht in so einer Situation auf, sondern dann, wenn alles entspannt ist.


    So sieht das dann aus, wenn man es gescheit trainiert.


    [Externes Medium: https://youtu.be/kYkSGh0qqSM]

    Ich merke leider jetzt, dass unser Abbruch-Signal nicht in 100% der Fälle hält :thinking_face: Zuvor hat auch in einem noch so coolen Spiel das "Stopp" sehr gut funktioniert. Wir haben das Abbruchsignal sehr kleinschrittig aufgebaut :upside_down_face:

  • Auch - gerade! - ein sensibler Hund hat ein Recht darauf, zu wissen, woran er ist. Und wenn du da aus Konfliktscheu jede Korrektur, jede klare Ansage vermeidest, ist das eben genau nicht vertrauensbildend, sondern schafft Unsicherheit. Mit der ein sensibler Hund dann wieder ganz schlecht umgehen kann.

    Ich stimme dir in dem Punkt zu, dass auch ein sensibler Hund wissen sollte, woran er ist. Definitiv. Aber sowas kann man doch nicht nur über Strafen und Korrekturen erreichen.

    Ich kann meinem Hund auch positiv Grenzen setzen und beibringen, was ich in bestimmten Situationen erwarte.



    Mal als fiktives Beispiel:


    Mein Hund rennt im Freilauf Fahrrädern hinterher.


    Jetzt kann ich meinen Hund jedes mal "korrigieren", wenn er das tut, indem ich z.B. mit der Wasserflasche spritze. Wozu führt das? Mein Hund unterbricht höchstwahrscheinlich sein Verhalten und rennt dem Fahrrad nicht mehr hinterher. Somit ist erstmal das erreicht, was man als Mensch möchte. So kann man natürlich arbeiten, aber es kann schnell passieren, dass der Hund irgendwann abstumpft und es plötzlich gar nicht mehr schlimm findet mit Wasser bespritzt zu werden. Was macht man dann? Dann muss man zu härten Methoden greifen, damit der Hund sein Verhalten unterbricht. Zudem kann es passieren, dass Fehlverknüpfungen entstehen und man plötzlich noch ganz andere Baustellen hat.

    Und ich finde es dem Hund gegenüber auch nicht fair, weil es ja erstmal nichts ungewöhnliches ist, dass Hunde Bewegungsreizen hinterher jagen wollen. Hier wird halt oft gesagt, dass es falsch ist, wenn der Hund das tut. Aber wie gesagt, richtig und falsch sind menschliche Konstrukte. Aus hündischer Sicht ist es erstmal selbstbelohnendes Verhalten, was Hormone ausschüttet, wenn Hund dem Rad hinterher rennt. Also lohnt sich das für ihn.


    Was kann man noch tun? Wenn man weiß, dass der Hund auf Bewegungsreize anspringt, dann kann man über eine Schleppleine sichern und dem Hund beibringen, was man von ihm erwartet, wenn ein Rad kommt. Ich übe also erstmal in einer reizarmen Umgebung, dass wenn ich "Fahrrad" sage, der Hund zu mir kommt, sich hinsetzt und mich anschaut. Das ist natürlich super viel Arbeit und muss kleinschrittig aufgebaut werden. Im nächsten Schritt kann ich das dann einsetzen, wenn Fahrräder kommen. Hund natürlich zusätzlich über Schlepp sichern und dann jedes mal "Fahrrad" sagen ,wenn ein Rad kommt. Dann verknüpft der Hund das im besten Fall irgendwann automatisch und kommt von alleine zu mir und setzt sich hin, wenn er ein Fahrrad sieht, weil er weiß bei mir gibt es dafür einen tollen Keks oder ein Spiel oder sonstiges.

    Und das finde ich fair. Ich gebe dem Hund eine Anleitung und "erkläre" ihm, was ich von ihm erwarte, wenn ein Fahrrad kommt. Dann weiß er auch woran er ist. Natürlich muss man dabei konsequent sein und natürlich dauert das seine Zeit. Aber man ist in jedem Fall ein berechenbarer und verlässlicher Partner für seinen Hund und man läuft nicht Gefahr, dass Fehlverknüpfungen durch Strafen passieren.



    Ich verstehe immer nicht das Argument, dass man Hunden nur durch Korrekturen zeigen kann "woran sie sind". Man kann das alles auch positiv aufbauen und dem Hund trotzdem Grenzen setzen und einen Rahmen stecken, in dem er sich bewegen soll. Vor allem bewirkt eine Korrektur ja auch nur, dass der Hund sein aktuelles Verhalten unterbricht, aber trotzdem weiß er ja dadurch nicht, was nun von ihm erwartet wird. Vor dem Hintergrund finde ich eine positiv trainierte "Anleitung" umso fairer dem Hund gegenüber.

  • Arbeitest du denn grundsätzlich nur über einen Abruf, wenn dein Hund irgendwas sieht und da nicht hin soll? Oder lernt er auch, was er in dieser Situation tun soll? Weil Abruf schön und gut, aber das ist doch eher Management und dein Hund lernt dadurch nicht, dass man seinen Impulsen nicht ungehemmt nachgehen darf.

    Hier lernt z. B. jeder Hund, dass er Blickkontakt zu mir aufnehmen soll, wenn z. B. ein anderer Hund auftaucht. Dafür wird er belohnt und dann entscheide ich, ob mein Hund Kontakt aufnehmen darf oder ob wir weiter gehen. Bis das sitzt, muss natürlich ne Leine am Hund bleiben.

    Bevor man jetzt also anfängt, etwas planlos mit Strafen zu hantieren, würde ich dem Hund erst mal grundsätzlich beibringen, was er denn überhaupt tun soll.

    Chuwi kennt das Stopp :) das wird aufgelöst sobald der Blick bei mir ist. Aber auch das scheint nicht nachhaltig genug aufgebaut zu sein :thinking_face: Bei Mala werd ich 0.0 gefragt...

  • Arbeitest du denn grundsätzlich nur über einen Abruf, wenn dein Hund irgendwas sieht und da nicht hin soll? Oder lernt er auch, was er in dieser Situation tun soll? Weil Abruf schön und gut, aber das ist doch eher Management und dein Hund lernt dadurch nicht, dass man seinen Impulsen nicht ungehemmt nachgehen darf.

    Hier lernt z. B. jeder Hund, dass er Blickkontakt zu mir aufnehmen soll, wenn z. B. ein anderer Hund auftaucht. Dafür wird er belohnt und dann entscheide ich, ob mein Hund Kontakt aufnehmen darf oder ob wir weiter gehen. Bis das sitzt, muss natürlich ne Leine am Hund bleiben.

    Bevor man jetzt also anfängt, etwas planlos mit Strafen zu hantieren, würde ich dem Hund erst mal grundsätzlich beibringen, was er denn überhaupt tun soll.

    Chuwi kennt das Stopp :) das wird aufgelöst sobald der Blick bei mir ist. Aber auch das scheint nicht nachhaltig genug aufgebaut zu sein :thinking_face: Bei Mala werd ich 0.0 gefragt...

  • Und was genau soll der Unterschied zwischen "Strafe" und "Aktion - Reaktion" sein rinski ? Was das einzelne Individuum als Strafe empfindet, kann nicht das Individuum entscheiden, das die aversiven Mittel einsetzt, sondern nur das Individuum, das die aversiven Mittel erfährt


    Yara hüpft gern. Wenn sie mir frontal ins Gesicht hüpft und die Nase trifft, dann schupse ich sie eher grob weg. Aktion-Reaktion.

    Wenn ich sie nach dem Hüpfen anfahre, dann ist das Strafe.


    Wenn Yara auf Goofys Bauch tritt, dann faucht er sie an. Aktion-Reaktion.

    Wenn ich sie nacher maẞregel, dann ist das Strafe. (Das Beispiel zeigt auch, daß Hunde reagieren, aber nicht strafen.)


    Wenn du einen Tutnix blockst, dann ist das Aktion-Reaktion. Wenn der Halter ihn danach ausschimpft, dann ist das Strafe.


    Wenn ein Hund prügeln will gibt's was Aversives vor den Latz. Aktion-Reaktion.

    Wenn die Prügelei vorbei ist und ich hinter einem Hund her gehe um was Aversives zu tun, dann ist das Strafe.

  • Du schreibst, Du hättest einmal versucht, Deine Chuwi zu erreichen, um sie vom Hinlaufen abzuhalten. Zum einen hast Du ja schon selber festgestellt, dass Du angespannt und hektisch dabei warst. Das merkt Deine Hündin, sie weiß nur nicht, dass Du mit Deinen Gedanken in der Zukunft, nämlich bei der drohenden Gefahr bist, dass sie lossprintet. Sie merkt nur: ich bin angespannt und meine Chefin ist ja auch angespannt, bestätigst somit ihr aktuelles Gefühl.

    Zum anderen wirst Du wahrscheinlich von hinten auf sie zugelaufen sein, womit Du sie quasi nur vor Dir hertreibst. Wenn Du eine Chance haben willst, dann musst Du einen Bogen um sie machen, um sie dann von vorne zu blocken.

    Hmm sehr einleuchtend :thinking_face: muss ich dringend ändern.

    Am Rückruf weiter zu arbeiten, ist natürlich nicht verkehrt. Ich würde aber dabei vielleicht mindestens genauso viel Augenmerk darauf legen, wie Du Dich selber fühlst, wenn Du den Rückruf bei größerer Ablenkung absetzt. Kannst Du dann tatsächlich weiterhin entspannt bleiben, oder schickst Du angespannte Emotionen mit? Wenn es z. B. ein Wort-Kommando ist, dann kann durch Lautstärke, Betonung, Länge der Vokale, unnötiges (bis hin zu stakatoartiges) Wiederholen etc. viel mitgesendet werden.

    Dieses Fehlverhalten ist mir tatsächlich bewusst. Ich verändere meine Stimme "wenns mir ernst ist" und dann weiss sie ja schon, dass da vorne was zu verwalten ist :see_no_evil_monkey:

    Ich hatte selber so einen Fall mit meinem Rudi. Sam hieß der Schäferhund, dem wir mehrfach pro Woche begegneten. Bei beiden sah es so aus, als würden sie sich gegenseitig töten wollen, wenn sie sich nur aus der Ferne erblickten. Ich bin dann mit dem Herrchen zig-mal parallel gelaufen, bis die Vehemenz bei den beiden Hunden abnahm.

    Inzwischen ist mein Hund nicht davon abzuhalten, zu Sam hinzurennen und diesen (zwar unterwürfigst) zu begrüßen, nach der Begrüßung bleiben beide aber entspannt zusammen, Aggressionen sind komplett verschwunden.

    Hätten wir damals nicht immer und immer wieder (über ca. 2 Monate) den Parallelspaziergang gemacht, hätten wir wahrscheinlich auch heute immer noch ein Riesenproblem.

    Wichtig war natürlich dabei, dass beide Herrchen entspannt blieben. Tickte einer der Hunde aus (bei den ersten ca. 5 Spaziergängen passierte das alle Nase lang), wurde nur ruhig der jeweilige Hund wieder neben sich gebracht. Im Gehen, bloß nicht stehen bleiben! Die Menschen innen, die Hunde außen. Anfänglich war auch der Mensch-zu-Mensch-Abstand recht groß, so ca. 3m. Erst wurde der dann verkleinert, wie die Hunde es tollerieren konnten. Dann wieder vergrößert, damit der ruhigere Hund nach innen konnte.

    So wurde peu a peu eine Gemeinsamkeit bei den Hunden erzeugt.

    Das macht mir Mut :hugging_face: ich werde dran bleiben. Ich überarbeite mein Verhalten und werde das ganze anders lenken.


    Vielen vielen dank für deine sehr konstruktive Rückmeldung. Das hilft mir weiter :smiling_face_with_halo:

  • Ich verstehe immer nicht das Argument, dass man Hunden nur durch Korrekturen zeigen kann "woran sie sind". Man kann das alles auch positiv aufbauen und dem Hund trotzdem Grenzen setzen und einen Rahmen stecken, in dem er sich bewegen soll.

    Toll veranschaulicht :smiling_face_with_hearts:

  • Noch als Nachtrag,


    Negative Reaktion hat mMn tatsächlich nicht viel mit Erziehung zu tun, sondern mit Krisenmanagement. Strafe ist Mist und zerstört Vertrauen.


    Natürlich ist es Ziel, den Hund positiv dahingehend zu erziehen, daß er erst gar keinen Mist baut. In diesem Fall eben gar nicht erst zu Mala hin rennt.

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