Draußen ängstlich, drinnen (manchmal) ein freches Biest

  • Hallo zusammen,


    ich habe mich vor einige Zeit hier angemeldet und seitdem schon diverse Threads verschlungen und sehr zu schätzen gelernt, welches Know How hier vorhanden ist.

    Um keinen anderen Strang zu sprengen und auch, weil unsere Thematik sehr unterschiedlich gelagert ist, wollte ich jetzt mal einen eigenen Strang aufmachen.


    Zum Hintergrund - mein Nickname sagt es schon, unser Shy (Mischling aus Bulgarien, 8 Monate alt, seit November bei uns) ist ein sehr sensibler und schlecht sozialisierter Hund (außer mit anderen Hunden). Alles neue, vor allem draußen, macht ihm Angst. Durch die schlechte Sozialisierung, ist das halt auch fast alles. Menschen, Autos, Fahrräder, Kinderwagen, diverse Geräusche etc. Ob er ein echter Angsthund ist oder "nur" vorsichtig vermögen wir noch nicht zu sagen.


    Im Feld oder Wald, ohne / mit wenig menschlicher Zivilisation ist er entspannt und "wild" (wie ein "normaler" Junghund).

    Zuhause ist er grundsätzlich entspannt, er schläft gut, er frisst gut, vertraut uns glaub ich auch.

    Wir arbeiten mit einer Trainerin an seinen Ängsten, unterstützen seit Neustem mit Zyklene und haben auch schon große Fortschritte gemacht. Autos z.B. kann er mittlerweile recht entspannt vorbeifahren lassen und bei etwas Entfernung auch schon weiterlaufen, am Anfang ist er immer in die Leine und wollte weg. Darum soll es hier auch nicht gehen.


    Es geht mehr um das, was "inhouse" passiert. Auch das besprechen wir natürlich mit der Trainerin, aber da würd ich mir einfach noch ein wenig mehr Austausch wünschen.


    Grundsätzlich bemühen wir uns, unseren Tagesablauf so gut es geht zu strukturieren und es gibt natürlich diverse, konstante "Regeln".

    Oft klappt das auch gut. Aber ab und an schlägt der Herr halt über die Stränge und protestiert / diskutiert mit uns oder interessiert sich auch mal nicht für eine Regel und da bin ich manchmal etwas unsicher.

    Ein Teil in mir findet das gut, weil es normales Junghund-Verhalten ist und wir eben auch immer froh sind, wenn er sich ganz normal verhält... Aber wir wollen das natürlich trotzdem nicht durchgehen lassen.

    Er kennt "nein" und "schluss" und "aus", aber es sitzt noch nicht zu 100% und manchmal interessiert es ihn halt nicht. Wir arbeiten noch daran.

    Beispiel: er fängt an die Decke in seinem Körbchen zu buddeln und anzufressen oder seinen Liegedonut mit Pfoten und Zähnen zu bearbeiten. Soll er natürlich nicht. Jetzt könnte man ihm ggf ein altes Handtuch o.ä. als Ersatz geben, das Problem ist, dass er das nicht nur zerfetzt, sondern auch frisst, finden wir also nicht so optimal... Wenn jetzt "nein" und / oder "Schluss" nicht funktionieren, was können wir machen? Bzw. wie können wir es durchsetzen?

    Ein weiterer Punkt - wir arbeiten mit tauschen. Eben wollte ich ihm einen Kauknochenrest wegnehmen und habe ihm dafür ein Leckerlie (hochwertig) zum Tausch angeboten. Also geöffnete Hand unter sein Maul, andere Hand mit Leckerlie vor seine Nase. Knochen war aber besser als Leckerlie. Ich habe dann vorsichtig nach dem Knochen gegriffen - da hat er geknurrt (war im Übrigen das erste Mal, dass er mich angeknurrt hat). Ich habe es erst mal respektiert und bin kurz weg, als ich wiederkam hatte ich Glück und er hatte den Knochen grad nicht im Maul, so dass ich den Tausch dann durchziehen konnte. Etwas das vor ihm liegt wegnehmen ist kein Problem, aber anscheinend wird es das jetzt langsam, wenn er etwas im Maul hat.

    Das ist grundsätzlich auch völlig ok, aber hier ist die Frage, wie bekommen wir ihn dazu, das auszuspucken?

    Wir nehmen ihm nicht ständig was weg, im Gegenteil. Sein normales Futter gehört eh ihm, Leckerlies auch, Hasenohren und kleine Kauknochen auch. Aber es gibt ein paar Kauknochen, die so langlebig sind, dass er nicht den ganzen Knochen auf einmal bekommen kann / soll. Und generell muss es ja auch funktionieren, ihm vllt mal was wegzunehmen, was nicht gut für ihn ist...

  • Zu dem Tauschgeschäft. Habe ja einen Hund hier der ernsthaft Ressourcen verteidigt und durfte daher viel trainieren. 😅

    Hat er ein ihm wichtiges Teil im Maul bleibe ich in einer Entfernung stehen die er entspannt aushält. Dann spreche ich ihn an, bei Blick fliegt ein Leckerchen. Er nimmt das Leckerchen auf, lässt das Teil los, und (Anfangs war das schon alles aber deiner scheint ja recht entspannt zu sein) dann ist der Bann oft schon gebrochen. Er lässt sich dann sein Teil tauschen wie du es machst. Wird es kritischer lock ihn etwas von der Ressource weg bevor du sie aufnimmst.

  • Hallo Danimonster,


    vielen Dank für deine Antwort! Bisher war er super entspannt, also wir können eigentlich alles mit ihm machen, also auch so Themen wie medical training, duschen /Pfoten waschen nach dem Feld usw. Ich hoffe nicht, dass sich das ändert, er kommt ja auch noch an. Ich werde auf jeden Fall mal mit meinem Freund sprechen, dass wir da sehr sensibel darauf achten in der nächsten Zeit.

    Aber eben in der Situation war es kein Problem, dass ich nah bei ihm war und auch nicht, als ich dann den am Boden liegenden Rest weggenommen habe. Nur eben das Knurren, als ich Richtung Maul gefasst habe.

    Aktuell würde ich sagen, muss man ihn "nur" dazu bringen, es auszuspucken. Ich versuch das mal, mit ansprechen und Leckerchen werfen. Und vermutlich mich in etwas Geduld üben, bis das Leckerchen gewinnt. Ich werde berichten ;-)

  • Erstmal schön, dass ihr einem Hund ein Zuhause gegeben habt!

    Dann Pubertät lässt grüßen.

    Und auch reflektieren, wie man sich selber benimmt, warst du besonders genervt davon?

    Wenn du weißt, so ein Knochen ist Stress, gibts den halt im Moment nicht.

    Ich nehme sehr lange Rinderhautstangen, die gibts zusammen mit mir, ich halte die fest, wird geknurrt, ist sie weg, dann warte ich bis Hund sich zurücknimmt und dann kriegt er ihn freundlich wieder. Gibts halt nur mit mir und ich entscheide wie lange, werde nicht! streng in der Stimme, also kein Gegeneinander, ich kündige ein Schluss an und steh dann auf und nehme das Ding mit. Kann man gerne zum Unterstützen Futter streuen. Aber es ist eben ein großes Stück, die Finger sind nicht in der Zone und ich übe das ruhig, natürlich nicht nur drei Sekunden kauen lassen, da übt man dann nur Frust, aber ein bisschen Frust aushalten muss halt sein. Das sollte schnell Erfolg bringen, also Akzeptanz, sie gibt, sie nimmt. Wenn nicht und sich das aufschaukelt, besser mit Trainer und Konflikte erstmal vermeiden. Aber durch muss man da mal. Leben ist halt auch Frust und es gehört einem nicht alles und Frauchen muss auch mal unverständliche Entcheidungen treffen. Aufpassen sollte man da auf die eigene Körpersprache, nicht drüberbeugen, vorbeugen in großem Maß, merken wo man zuviel Druck ausübt. Ist halt das Ding, selbstbewusst, aber nicht so bedrohen, das Hund in den Oh Gott, jetzt wirds ernst Modus kommt. Selber den Gedanken haben, es ist nur ne Kaustange, Welt geht nicht unter Hund, wenn du das nicht auffressen kannst. Aber eben auch nicht Oh Gott, igendwann wird er ... wenn der einen Giftköder im Maul hat, der mussssss ... Da kann man auch, wie du sagst, sagen, mutiger großer starker Rüde .... sehr süß, ich nehm das aber jetzt trotzdem mit. Und nach dem Wegnehmen und weglegen nochmal loben, einfach so, damits nicht wirkt als hättet ihr nun einen größeren Konflikt.

    Nebenher kann man das Aus auch noch mit Spaß Trainieren und den Reflex bei aus einfach alles auszuspuken, egal was hochwertig trainieren. Das kann man natürlich auch nur so trainieren, ohne in einen Konflikt zu gehen. Ich wollte das schnell vom Tisch haben, weil ich viele Hunde habe und so ein Verteidiger immer eine Gefahr war, das andere eben attackiert wurden entweder aus verteidigung oder beim Stehlen, deshalb habe ich nettes Verhalten im Turbo und darüber geübt. Nicht über den Aufbau eines positiven Aus, weils mir da auch um das verbieten können ging. Was man über ein solches Training umgehen kann


    Jedenfalls nur machen, womit du dich wohlfühlst und keine Panik, ich will das behalten ist eine ganz normale Reaktion und das er sich das sagen traut ist auch was gutes, wie du auch gefühlt hast.

  • Hallo Sockensucher,


    danke für deinen Input und auch das Video! Da ist auf jeden Fall viel dabei für uns zum Üben :upside_down_face:

    Und ich glaube, dass wir schon auch die Möglichkeit haben, das ohne Konflikt zu üben, tendenziell ist er glaub ich ein schlauer und wenn er etwas davon hat, dann lernt er echt schnell, also verkaufe ich ihm das am Besten so positiv wie möglich :winking_face: Aber klar, generell muss es natürlich auch so sein, dass man das einfach mal machen kann und Hundi es hinnimmt.

    Jaja, die Pubertät ist schon was tolles ;) Das Wissen darum hilft, aber durchsetzen muss man es ja trotzdem :partying_face:

    Du hast übrigens Recht, ich war etwas gestresst, weil ich parallel in einem Workshop im HO war und es "schnell gehen" sollte - außerdem war eben vorher die andere beschriebene Situation, wo er seinen "Donut" bearbeitet hat und generell nicht zur Ruhe kam und schlafen sollte / musste. Ist noch mal ein guter Hinweis, da beim nächsten Mal mehr auf meine Ausstrahlung zu achten.

  • Hey!

    Ich habe dann vorsichtig nach dem Knochen gegriffen - da hat er geknurrt

    Oh, da bist Du aber mutig. Für so eine Handlung habe ich mir vor Jahren als Neuling auch mal einen Abschnapper in die Hand eingefangen. Der Ball lag damals unter dem Kinn der Hündin und sie zuckte vorher schon mit den Lefzen. Der Besitzer wollte seinen Hund damals dafür schimpfen, ich habe ihn aber davon abgehalten, weil es klar mein Fehler war und ich die Kommunikation des Hundes nicht beachtet habe.


    Dinge, die Du dem Hund wegnehmen willst, sollten vom Hund nicht mehr beansprucht werden. Dies kommuniziert der Hund am besten, indem er vom Objekt weggeht. Hat er es noch im Maul, steht er darüber/davor, fixiert er es noch mit dem Blick, hat er es noch nicht frei gegeben. Das kann dann zu einem Biss führen.


    In Deinem Fall wäre mir das Tauschgeschäft, so wie Du es beschreibst, nicht sicher genug gewesen. Du "fuchtelst" mit beiden Händen vor seinem Maul herum. Da hat er gleich 2 Ziele, in die er schnappen kann. Dann wäre er, würde er den Knochen in Deine offene Hand fallen lassen, nur wenige Zentimeter von der Ressource weg, wenn er sich Dein Leckerchen abholt, also kann diese Nähe zum Objekt für ihn immer noch Anlass genug sein, diese weiterhin zu beanspruchen. Obendrein: woher weiß Dein Hund, was die offene Hand unter dem Maul für eine Bedeutung hat?!


    Ganz allgemein: der junge Herr ist in der/kommt in die Pubertät. Wie heißt es hier so schön: da haben die nur noch bunte Knete im Kopf. Außerdem lernst Du das Wesen Deines Hundes gerade kennen, wenn es nicht von Angst überlagert ist. Sollte er sich also irgendwann an die Außenwelt gewöhnt haben, wird er vermutlich das Verhalten auch dort zeigen. Mach' also nicht den gedanklichen Fehler, dass er sich draußen toll verhält. Nö, tut er nicht, es ist nur die Angst, die ihn hindert sich frei zu benehmen.


    Das Buddeln und Zerfetzen des Körbchens/der Decke war hier schon vor kurzem woanders schon einmal Thema. Es ist ein Stück weit normal, dass ein Hund sich sein Nest/seine Höhle baut. Wenn er überm Strich ist und, wie Du sagst, die Decke auch frisst (Du meinst runterschlucken?!), dann braucht er diese Tätigkeit höchstwahrscheinlich und Du müsstest ihm eine Alternative anbieten. Kauholz, Kauknochen etc. Über Kauen können sich Hunde beruhigen. Und da Du ihn ja gerne ruhig hättest...


    LG
    Matthias

  • Hallo Matthias, vielen Dank!

    Antworten im Zitat in fett

  • Zitat

    Ich habe ihn in der Situation vorhin von seinem Bettchen weggerufen und ihm dann einen Kauknochen gegeben, weil ich mir schon gedacht habe, dass er das grad braucht. Dadurch entstand dann danach die andere Situation

    Verstehe ich das jetzt richtig? Du nimmst wahr, dass er etwas zum Kauen braucht, nimmst es ihm dann aber wieder weg?

    Warum? Nur, um des Wegnehmen-Könnens wegen? Irgendein Dominanzgedanke deinerseits?

    Lass' ihm doch das, was er gerade braucht und übe mit ihm das Wegnehmen-können in ruhigen Situationen.

  • Beispiel: er fängt an die Decke in seinem Körbchen zu buddeln und anzufressen oder seinen Liegedonut mit Pfoten und Zähnen zu bearbeiten. Soll er natürlich nicht. Jetzt könnte man ihm ggf ein altes Handtuch o.ä. als Ersatz geben, das Problem ist, dass er das nicht nur zerfetzt, sondern auch frisst, finden wir also nicht so optimal... Wenn jetzt "nein" und / oder "Schluss" nicht funktionieren, was können wir machen? Bzw. wie können wir es durchsetzen?

    Das Verhalten würde ich jetzt nicht als "frech" interpretieren. Hunde können ja nicht wissen, was angeknabbert und mit den Pfoten bearbeitet werden darf und was nicht. Klar kann ein Hund sowas lernen, aber eurer ist ja noch sehr jung.

    Zudem könnte sein Verhalten, gerade das Anknabbern, auch stressbedingt sein. Also dass er was ins Maul nehmen und dran rumknibbeln muss, um runterzukommen. So wie ihr ihn beschreibt, hat er ja ganz schön mit seiner Umwelt zu tun, da ihm vieles Angst macht und er häufig verunsichert ist.

    Es könnte also eventuell helfen, wenn er irgendwas frei rumliegen hätte, woran er immer mal bei Bedarf rumkauen könnte.

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