Vergesellschaftung in der Mehrhundehaltung - Realität & Vorstellung

  • Hallo liebe Community!


    Ich hab mich jetzt ganz kurz ein wenig in eure Beiträge eingelesen, und möchte jetzt auch meine Geschichte teilen, bzw. freue ich mich dann sehr über Ratschläge, Hinweise und Erfahrungen von euch!


    Seit 5 Tagen wohnt neben unserer 22 monatigen belgischen Schäferhündin Ally nun auch eine junge Mischlingshündin namens Erni bei uns. Sie kommt aus dem Tierschutz und ist dort als "Angsthund" deklariert worden. Wir haben vorab mehrere Stunden dort mit ihr und Ally gemeinsam verbracht um zu sehen ob die Chemie stimmt.. Erni ist entsprechend zurückhalten gewesen, aber sonst schien alles gut zu passen. Nun ist die kleine Maus bei uns, und natürlich ist das für uns alle eine große Veränderung. Sie macht aber gute Fortschritte, isst brav, geht super beim Gassi gehen aufs Klo, und wird (wie ich finde für einen "Angsthund") schon langsam "warm" mit uns und der Umgebung. Damit hatten wir auch gerechnet.


    Womit wir nicht gerechnet haben ist Allys verändertes Verhalten. Sie war unsere erste Hündin und ehrlicherweise "die Prinzessin". Mein Freund und ich haben seit sie hier ist sehr sehr intensiv mit ihr trainiert und man merkt deutlich, dass sie bislang "unser Augapfel" war. Jetzt ist da ein anderer Hund, und der hat sie zu allem Überfluss auch noch am ersten Abend aus Unsicherheit ein wenig gezwickt. Unsere Ally ist ein grds. sozial mit anderen Hunden, aber eig. nicht agressiv, also hat sie nur etwas gefiept und wollte bei uns Schutz suchen. Seitdem ist Erni bei ihr ein wenig "unten durch". :woozy_face:


    Erni auf der anderen Seite kannte bis jetzt nur die Rudelhaltung aus dem Tierschutz und möchte sich jetzt eig. immer sehr gern an der anderen Hündin orientieren. Ally stellt aber auf stur und legt sich, ganz untypisch jetzt sehr viel in ihre Box und möchte eher keine Interaktion. Meinen Freund (Ally ist quasi "sein" Hund) belastet das sehr, weil sie jetzt einfach weniger Elan und Motivation zeigt. Das erweckt sein Mitleid und zieht ihn selbst ziemlich runter..


    Gestern haben wir die ganze Nacht geredet. Erni ist jetzt quasi "mein" Hund und daher fühle ich mich jetzt auch verantwortlich, das sich alle zu Hause möglichst schnell wieder wohl fühlen können. Dazu gehören natürlich auch Ally und mein Freund! Wir haben uns vorgenommen, dass wir Menschen zumindest immer mit einer positiven Stimmung mit den Hunden agieren, wir haben ja auch irgendwo eine Vorbildrolle an der sich die Hunde orientieren. Gerade wenn sich jetzt die Rahmenbedingungen so grundlegend geändert haben.


    Aber was ich wenig einschätzen oder beeinflussen kann ist die Kommunikation zwischen den Hunden... Ally meidet Erni, und Erni sucht relativ direkt den Kontakt zu ihr. Leckt ihr über den Fang, läuft ihr nach. Ally zeigt keine Aggressionen, aber geht ihr einfach konsequent aus dem Weg. Wir versuchen viel mit den beiden gemeinsam spazieren zu gehen oder sie auch mal zu einer gemeinsamen Futtersuche im Garten zu motivieren. Spielen geht offenbar nicht, da Erni kein Spielzeug kennt, aber auch keine hündischen Spielaufforderungen zeigt. Es läuft zwar mal besser mal schlechter und ich glaube dass es einfach noch Geduld braucht, bis sich die beiden an das neue Leben miteinander gewöhnen. Aber mich würde interessieren, wie ihr das Verhalten der beiden Hunde interpretieren würdet! Ich kann da ehrlich gesagt nicht so viel rauslesen. Gleichzeitig möchte ich nur bei Gefahr im Verzug eingreifen, da die beiden ihre Beziehung zueinander selbst klären müssen..


    Wir werden uns nächste Woche wh. mal mit einer Hundetrainerin in Verbindung setzen, einfach um hier etwas Klarheit zu haben... bzw. brauche ich auch für Erni allgemein Unterstützung.


    Aber wie gesagt, ich würd mich über eure Hilfe und/oder eure Erfahrungen freuen!


    Danke schon einmal im Voraus fürs Lesen und für eure Rückmeldungen! :relieved_face:

  • Es ist absolut normal, dass der Ersthund den Zweithund anfangs nicht prickelnd findet. Da heißt es, drauf zu achten, dass der Ersthund seinen Freiraum bekommt und der Zweithund lernt, den Ersthund in Ruhe zu lassen (und genauso umgekehrt). Meistens regelt sich das nach ein paar Wochen und es wird entspannter zwischen den Hunden. Man darf halt in der Zeit nicht einfach nur zugucken, sondern muss die Hunde unterstützen, die Kommunikation und Wünsche des andren Hundes zu erkennen.

  • Der Post hätte von mir kommen können - aus April/Mai diesen Jahres.

    Ich habe zu meiner "Prinzessin" (Bordercollie, 8 Jahre) und meinem Rentner (Zwergpinscher, 13 Jahre) einen BC-Welpen dazugenommen.

    In der ersten Zeit lief es genau so, wie ihr beschreibt: die Prinzessin hat sich zurückgezogen, Welpi wollte unbedingt immer Kontakt. Prinzessin wollte nicht, hat sie immer einfach abtropfen lassen.

    Es ist schon richtig: ihr vertraut eurer Ersthündin, und auch die Neue scheint im Sozialverhalten keine größere Baustelle zu haben - das müssen sie tatsächlich unter sich klären. Wie ihr sagt, außer es ist wirklich Gefahr im Verzug. Das habe ich mir auch immer vorgebetet. Meine Prinzessin hat die Kleine auch mal ordentlich zurechtgewiesen, darf sie auch, denn die Kleine war schon manchmal aufdringlich. Ich vertraue ihr da. Für mich wäre es auch ok gewesen, wenn die zwei nicht die Suuuuuper-Best-Friends werden, wenn sie friedlich nebeneinander her leben.

    Und siehe da - fast forward 3-4 Monate - die beiden mögen sich und spielen mittlerweile miteinander.

    Natürlich hab ich auf andere Sachen auch geachtet, zB möglichst der Prinzessin noch Qualitätszeit mit mir zu geben, der Kleinen Auszeiten zu verordnen (BC-Welpe - die muss man manchmal einfach zur Ruhe zwingen), die Kleine aber eben auch überall zu integrieren, aber das sind halt Sachen, die beziehen sich eher auf die individuellen Charaktere hier.

    Was allerdings bei einem Mali auf keinen Fall passieren darf, in diesem Alter, ist, das Training bzw die Auslastung zu vernachlässigen. mE deswegen nicht das optimale Alter für einen Zweithund, aber egal, ist ja jetzt da.

    Also nehmt euch weiterhin Zeit dafür und lasst das nicht schleifen, nicht nur, weil sie in dem Moment "wieder Prinzessin" ist, sondern auch, damit sie vom Kopf her Sicherheit in der ganzen Situation findet.

    Viel Erfolg

    -s-

  • Ich lese in Deinem Beitrag zwei Sachen, bei denen ich an Eurer Stelle sehr vorsichtig wäre.


    1. „Es sollen sich alle möglichst schnell wieder wohlfühlen“. Völlig verständlich übrigens.


    Das macht Druck - Euch und den Hunden. Druck in eine Situation zu bringen, in der sich ein neues Gleichgewicht bilden soll und kleinere und auch größere Konflikte geklärt werden müssen, ist gefährlich. Dass es bei den Hunden gerade grummelt, ist normal. Ihr tut Euch leichter, wenn Ihr diese Situation gleich so entspannt wie möglich annehmt und die Hunde souverän und locker dadurch begleitet.


    Kommt noch dazu, dass der Wunsch unspezifisch ist. Hier würde ich ganz genau schauen, was denn bei allen Beteiligten sein (oder sich ändern) soll, damit sich alle miteinander wohlfühlen. Dann gucken, wer was leisten kann und das unter einen Hut bringen. Auch bei Mensch und bei Hunden. Trainieren passiert kleinschrittig und geht umso besser, je konkreter das Ziel ist :smile:


    2. Ich würde sie zumindest am Anfang nicht zueinander „schubsen“ (also Sachen wie eine gemeinsame Futtersuche initiieren, wenn die Hunde das selbst nicht wollen). Das würde ich sich entwickeln lassen. Gleichzeitig würde ich aber schon regulieren, wenn der neue Hund den alten Hund bedrängt bzw. mit den Hunden klären, wer wo seinen Platz hat, an dem er völlig in Ruhe gelassen wird.


    Es gibt Hundefreundschaften (haben wir hier gerade), es gibt aber auch friedliche Koexistenz bei Hunden, die kein beidseitiges Interesse an Dauerkontakt haben (hatten wir früher). Und wenn Ally kein Interesse an Kontakt hat, würde ich sie da auch schützen und ihr ggf. „Quality Time“ mit Deinem Freund alleine verschaffen, wenn der ihre Hauptbezugsperson ist. Denn wenn sie irgendwann die Nase voll hat und selbst regelt, dass ihr Wunsch nach Distanz berücksichtigt wird, kann das unschön werden.


    Gebt Allen Zeit, beobachtet die Hunde genau, nehmt den Druck an und sorgt dafür, dass Jeder seinen sicheren Platz im Gefüge findet.


    Hier hat es 2-3 Wochen gedauert, bis Lilly den Welpen nicht mehr nur doof fand. Und da waren die Umstände für eine Vergesellschaftung günstiger als bei Euch.


    Ist Erni kastriert?

  • Um deinen Freund zu beruhigen: hier wohnen zwei Hündinnen zusammen und beide sind absolut Modell „Prinzessin auf der Erbse“ und werden hier (besonders von Herrchen) gut verwöhnt und verhätschelt. ;)

    Es können also auch zwei Prinzessinnen in einem Haushalt leben mit ihren Menschen.

  • Iceclew : lasst euch allen Zeit. Ich konnte zumindest beim Lesen nicht erkennen, daß es bei euch kritische Situationen gäbe.


    Wichtig ist Zeit, Zeit, Zeit.


    Und gemeinsame Aktionen, wie zB Ausflüge in unbekanntes Terrain oder Urlaub.


    Das hatte ich vor nicht ganz einem Jahr auch Dogs-with-Soul empfohlen.

    Meiner Erfahrung nach funktioniert das (fast) immer, wenn es keine größeren Streitpunkte gibt und beide Tiere gut sozialisiert sind.

    Egal ob Pferd oder Hund - ein Aufenthalt in der Fremde, wo niemand "ältere" Rechte hat und alles neu ist, schweisst zusammen. ;)

  • Wie die anderen schon schrieben, es ist völlig normal (zumindest oft) das der erste Hund erst einmal anders ist. Ist ja logisch, da ist der Ersthund so lange der Mittelpunkt bzw Prinzessin oder Prinz, und dann kommt da ein völlig fremder Hund und die Aufmerksam gilt nicht mehr einzig und alleine dem Ersthund.


    Damit muss dieser erst einmal klar kommen. Und man als Mensch auch.


    Aber gebt euch Zeit, gebt den Hunden Zeit und baut keinen Druck aus.


    Was hier auch sehr sehr gut geholfen hat ist, den Zweithund zu duschen und auch den Ersthund. Der Geruch vom anderen Rudel oder wie auch immer ist somit „abgewaschen“


    Und weiterhin eben auch gemeinsame Ausflüge machen, zusammen was erleben usw. Das bringt die Hunde auch mehr zusammen.


    Und natürlich dem Ersthund nicht das Gefühl geben das er nun einfach Einer von Zwei ist. Sondern er bleibt die Nummer Eins. Finde ich jedenfalls.

  • 5 Tage ist quasi nix. Stella wollte djini am Tag des Einzuges sehr vehement wieder dorthin zurück schießen wo sie her kam |) ich hab geheult wie ein Schlosshund und hab den Welpenkauf sofort bereit. Dabei war das dass 3. Mal dass ein Hund zu uns dazu kam.

    Im Großen und Ganzen hat es hier gut 6 Monate gedauert bis wirklich Harmonie und Freundschaft Einzug gehalten haben. Bis sie sich gut genung kannten, vertrauen hatten und einfach zusammen gewachsen waren.

  • Ich finde es bei einem Zusammenleben auf lange Sicht nicht richtig, einem der Hunde eine „höhere“ Stellung zu verschaffen.

    Man möchte ja, dass die Hunde gleichberechtigt zusammenleben, da sollte man nicht als Mensch irgendwie dazwischen pfuschen und einem Hund eine Position künstlich zuspielen, nur weil er zuerst da war.


    Hier werden beide Hunde gleich behandelt im Großen und Ganzen. Details unterscheiden sich, weil sie einfach unterschiedlich sind zb wer darf wo freilaufen, wer darf sich wie bei Besuch verhalten etc.

    Aber sowas wie „der Ersthund darf zuerst durch die Tür und bekommt immer das Leckerli zuerst“ das gibts hier nicht und finde ich auch unnütz.

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