Wie mit "Kontrollwut" bei Hütehund umgehen?
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Hallo ihr Lieben,
unser Kurzhaarcollie ist jetzt 13 Monate alt und ein toller Hund, sehr lieb, im Haus mittlerweile total unauffällig (im Welpenalter und frühem Junghundealter mussten wir sehr sehr viel anleiten, Ruhe halten fiel ihm extrem schwer) und es läuft im Alltag wirklich gut.
Worum es mir geht, ist seine extreme Reaktivität und die Vehemenz, mit der er vorgeht, wenn er einen Reiz kontrollieren möchte.
Wir üben von Anfang an regelmäßig Reizgewöhnung, Impulskontrolle und Frustrationstoleranz. Zum Beispiel fahren wir oft auf einen Parkplatz, er kann bei offener Kofferraumklappe, ich sitze vor ihm auf der Stoßstange, alles beobachten, und wenn er sich hingelegt und entspannt hat, fahren wir wieder. Oder wir setzen uns irgendwo auf eine Bank, lassen in Ruhe jeden vorbeiziehen, Orientierung an mir wird belohnt, und nach 15, 20 Minuten geht es zurück. Es wird nicht einfach aus dem Haus oder aus dem Gartentor gestürmt, gegessen wird erst auf Freigabe, aus dem Kofferraum springt man auch nicht einfach usw. - das alles haben wir von Welpenbeinen an so gemacht und das klappt prima. Er wartet draußen auch in Ruhe, bis ich etwas versteckt habe, und erst wenn ich wieder bei ihm bin und das Kommando gebe, sucht er. So lange wir allein sind, ist wirklich alles fein.
Wir sind 1x die Woche in einem Junghundekurs und dort wird auch fast nichts anderes gemacht als Impulskontrollübungen. In der Welpengruppe in der wir waren, war es ähnlich (war keine Spielgruppe).
Und trotzdem hält er es absolut nicht aus, wenn andere Hunde sich bewegen dürfen und er nicht. Das hat er zum ersten Mal deutlich gezeigt, als er ca. 12 Wochen alt war. Da schoss er plötzlich knurrbellend nach vorne, als einer der anderen Welpen bei einer Übung mit Abstand von etwa 3 Metern vorbeilief. Durch Fuß auf der Leine hatte er nicht viel Spiel, aber mit damals schon >10kg war das trotzdem nicht angenehm, zumal ich damit nicht gerechnet hatte, und heute mit 27kg ist es erst recht nicht witzig.
Autos, Jogger, Fahrradfahrer usw. stören ihn überhaupt nicht. Fremde Menschen findet er mittlerweile auch nicht mehr spannend, vorbeigehende Hunde sind zwar ziemlich interessant, aber kein Grund, aus dem Fell zu springen.
Was ihn anpiekst, sind dynamische Hunde. Dafür muss es nicht mal zwingend ein Hund aus seiner "Gruppe" sein, es reicht, wenn in 50 Meter Entfernung zwei Hunde miteinander spielen. Dann macht er sich groß, wird kribbelig und will sofort hin um - wie ich denke - das zu kontrollieren bzw. zu stoppen. Ich drehe dann kommentarlos um und wir gehen den Weg zurück.
Ich habe außerdem zufällig mal ein Video davon gemacht, wie er gesehen hat, dass unsere Hündin beim Spaziergang verbotenerweise den Weg verlassen wollte - er ist sofort mit Vollspeed auf sie losgeschossen, hat sie umrundet und zu uns zurückgedrängt. Wir haben da nichts gesagt, um zu sehen, was passiert. Dasselbe wollte er letztens bei dem Retriever von Freunden machen, mit denen wir spazieren waren, das haben wir abgebrochen.
Gefiept hat er von Anfang an bei Aufregung gern (und ich finde, das Geräusch kommt direkt aus der Hölle ), aber gebellt hat er nach einer kurzen Phase direkt nach seinem Einzug so gut wie nie. WENN wir uns nicht in einer Situation befinden, in der er meint, den Polizisten spielen zu müssen.
In den Gruppenstunden, sobald ein anderer Hund etwas dynamisches machen darf (zB ausgeworfene Dummies holen), schießt er fast immer nach vorn (= die 2 Schritte, die er Spiel hat) und bellt dazu tief. Ich gehe dann immer so weit wie möglich weg mit ihm (noch lieber wäre mir, ich könnte ihn während des Wartens irgendwo festmachen, aber da es eine mobile Hundeschule ist, gibt es keinen Zaun o.ä.).
Dasselbe bei unserem Wurftreffen vor ein paar Wochen. Sobald sich einer der anderen mit seinem Besitzer ein Stück entfernt hat, um sich zu lösen oder kurz die Beine zu vertreten, stand er auf, hat kurz fixiert und sich dann sofort nach vorne geworfen und tief gebellt. Die Geschwister haben sich alle ähnlich verhalten, waren nur nicht ganz so vehement.
Gestern waren wir zum ersten Mal bei einem Hundesportverein, um in Agility reinzuschnuppern, das war der bisherige "Höhepunkt".
War er dran, war er mit Feuereifer dabei und viel mehr auf mich fokussiert, als ich gedacht hätte. Mehr als in der Hundeschule. Trotz der Anwesenheit fremder Hunde. War er nicht dran, hat er sich komplett in Rage gebellt. Wir reden von teilweise 30 Minuten tiefem Bellen am Stück, mit immer wieder in die Leine schießen wollen (bzw. ins Geschirr, weil ich ihn nach den ersten paar Malen daran festgehalten habe). Weg gehen hat nichts gebracht, noch weiter weg gehen und Tricks abrufen hat für ein, zwei Minuten was gebracht. Das Einzige, was geholfen hat, war, den Platz ganz zu verlassen und hinter einem Baum ohne Sicht auf den Parcours zu warten.
Die Trainerin war ganz cool und meinte, deswegen wären die Hunde der regelmäßigen Teilnehmer in Boxen oder außer Sicht festgemacht, sie hätten schon deutlich schlimmeres erlebt, das Verhalten sei normal, da die Dynamik der Hunde im Parcours die Hunde außerhalb dazu animieren würde, das entweder stoppen oder mitmachen zu wollen. (Wir waren uns einig, dass bei Brodie die erste Variante zutrifft )
Wer diesen ganzen Roman gelesen hat : Wie gehe ich damit am besten um? Weiter machen, also weiter auf den Hundeplatz fahren, oder lieber alles canceln (auch die Hundeschule) und bis er mit 3, 4 Jahren wirklich erwachsen und vielleicht ruhiger ist, mit ihm allein was machen, zB Canicross?
Ich habe einfach das Gefühl, dass sämtliche Impulskontrollübungen an seiner Impulsivität überhaupt nichts ändern.
Es sollte ein lebhafter, temperamentvoller Hund werden, um mit diesem sportlich aktiv zu sein. Er macht auch super gerne etwas mit mir und das zu erleben macht einfach Spaß. Mit einer derartigen Reizoffenheit, diesem Temperament (er ist immer "an", gibt immer 200%, beim Rückruf zB kommt er auch bei 25 Grad im Vollspeed angerast), und so einem - für mich - extremen Kontrollverhalten hatte ich allerdings nicht gerechnet, als ich mich für einen "sanften, sensiblen Collie" (das halte ich mittlerweile für einen Mythos ) entschieden habe.
In sämtlichen Büchern und Artikeln, die ich über Collies mittlerweile gelesen habe (leider gibt es nicht sehr viele, idR geht es überall vor allem um Border Collies), steht, dass Drängen, Schubsen usw. collietypisches Hüteverhalten ist, er ist also eigentlich ein ganz normaler Collie, aber ich habe noch nichts dazu gefunden, wie ich das am besten in die richtigen Bahnen lenke. In einem Buch steht, besser kein Hundesport, im nächsten Artikel steht, unbedingt
Wer kennt dieses Verhalten und wie wäre euer Lösungsweg?
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Du steckst vom Alter in den Anfängen von dem Mist. Jetzt geht's erst so richtig rund, dass die ihren Kontrollwahn platzieren wollen. Jagdverhalten entwickelt sich zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr am massivsten.
Mein Rat: Nur das machen, was sinnvoll geht. Das, wo er sich wegbeamt, lassen. Bis die Murmeln irgendwann gerade liegen.
Agi halte ich für diesen Hundetyp im Übrigen für nicht sinnvoll ... Ich würde mich anderweitig orientieren.
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"Vermeidung" wäre nicht mein Lösungsweg. Allerdings ist der Hund auch erst knapp über 1 Jahr alt, da kann man meiner Ansicht nach gerade in dynamischen Situationen nicht erwarten, dass ein sehr reizoffener, temperamentvoller Hund sich immer "unter Kontrolle" hat.
In dem Alter ist der Hund ja noch lange nicht "fertig" und daher würde ich ganz realistisch überlegen, was kann er eben schon leisten, was noch nicht? Es ist gut und wichtig, an Impulskontrolle und Frustrationstoleranz zu arbeiten, aber Wunder würde ich da keine erwarten, schon gar nicht mitten in der Entwicklung, wo sich ja auch im Hundehirn noch ganz viel tut.
Konkret würde ich es wohl so handhaben, dass gewisse Situationen einerseits einfach gemanaged werden, wenn klar ist, das ist ihm jetzt einfach zu viel/"Misserfolg" ist wahrscheinlich, z.B. indem man in der Hundeschule wirklich auf SEHR viel Abstand geht. Und beim dynamischen Agility ist so ein Verhalten halt auch relativ üblich, laufen lassen würde ich das jetzt nicht unbedingt, aber Hund außer Sicht/bei passenden Temperaturen im Auto warten lassen fände ich da durchaus okay.
Konditionierte Entspannung könnte in manchen Situationen ebenso ein gutes "Werkzeug" für euch sein.
Ganz wichtiger Punkt finde ich noch, immer überlegen, welches Verhalten man sich eigentlich in einer gewissen Situation vom Hund wünscht, also nicht nur, was man nicht haben möchte, sondern vor allem die Frage: Was möchte man haben?
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Wie sehen denn die Übungen zur IK aus?
Werden die nicht in die Praxis eingebaut?
Beim Agi würde ich jetzt nicht zuschauen, das ist heftig, da muss er deutlich weiter sein...andere Hunde in schneller Aktion und womöglich mit Ton ist eher Königsklasse als für Einsteiger im Thema angewandte IK. Agi selbst geht auch Richtung pushen, da würde ich erstmal nur ruhig Geräte kennenlernen, ein zwei Übungen und dann Hund verräumen, bisschen laufen. Keinesfalls anbinden und hoffen er geht irgendwann ko, das ist ja nicht Dein eigentliches Ziel.
Kannst Du den Dummy schon von euch wegwerfen oder musst Du ihn wegtragen damit Dein Hund ruhig bleiben kann?
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Ich muss sagen, ich finde es schon eine große Anforderung, still im Kofferraum liegen lassen und rausgucken. Würde ich mit meinem inzwischen sehr entspannten Hund nicht machen. Seh ich den Sinn nicht so ganz drin.
Ich bin kein Hütehund-Spezialist und hab auch keinen. Aber hatte einen sehr leicht hochzufahrenden und ablenkbaren Kandidaten, und war auch überrascht, hatte das vorher auch nicht. Zum einen wuchs sich das aus, zum anderen habe ich eher das Gefühl gehabt, man kann das auch "kaputt üben".
Mein Weg war eher, in der Situation ganz klar anzuleiten und zu kontrollieren, und zwar ging das bei uns immer viel viel besser dynamisch, also in Bewegung.
Extra diese Situationen konstruieren zum Üben - das hätte ich nicht unbedingt gemacht.
Und zum Stressabbau - lange Strecken gleichmässig Traben (am Fahrrad) hat hier sehr gut getan.
Agility wäre für uns auch nix. Wir sind keine Sportler, machen bissel dies und das.
Rally Obedience könnte was für euch sein z.B.
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Hast du ihm einfach mal sehr deutlich verboten sich so aufzuführen?
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Ich hab ja ein ähnliches Temperamentsbündel wie Du. Sie war in der Welpenschule und mit den selben Hunden im Junghundekurs. Sie hat sich dort extrem hochgeputscht und wollte eigentlich nur herumtoben und spielen. Die Übungen machte sie widerwillig und beiläufig, war die ganze Zeit manisch nur auf die anderen Hunde fixiert. Die Trainerin hat gemeint, sie muss halt lernen, sich auch unter anderen Hunden zu konzentrieren aber als sie vor Aufregung die Leckerli ausgekotzt hat war bei mir Schluss mit Lustig. Sie bekommt jetzt Einzelstunden und es zahlt sich aus.
Auch uns wurde von Agility abgeraten daher habe ich jetzt ein paar Mal Mantrailing versucht. Sie sucht die Person bzw. den Gegenstand auch aufgeregt, wie es halt ihre Art ist, aber letztens kamen wir in ein Gewitter, davor hat sie normalerweise panische Angst. Und siehe da, sie ließ sich nicht vom Donner beeindrucken, sondern suchte konzentriert und fokussiert weiter. Vielleicht etwas für euch?
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Ich mache mit Kasper ja auch eher ruhigen „Hundesport“. Mantrailing seitdem er 6 Monate alt ist und einen Longierkurs sowie einen Dummykurs haben wir gemacht. Dummy ist nicht seins und beim Longierkurs war er vermutlich zu jung. Das von mir wegschicken hat er nicht verstanden. Wir werden es demnächst nochmal versuchen. Kasper will ja auch immer gerne zu anderen Hunden hin, ist nur nicht so vehement wie Brodie und mittlerweile, mit jetzt 3 Jahren, haben wir das Problem kaum noch. Auch in den Hundeschulstunden ist er fast vollständig leinenlos, ohne zu den anderen abzudüsen. Er tut zwar immer noch seinen Unmut kund, wenn er in der Hundeschule warten muss, aber er bleibt im Platz. Von daher auch mein Rat…..nicht verzweifeln, Ruhe bewahren, weiter dran bleiben und die Zeit wird euch vermutlich auch helfen
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Klingt in gewisser Weise nach Loki (auch KHC) in dem Alter.
Bei uns war es nicht Agi sondern Hoopers. Laufen in Vollspeed war total seine Sache, aber ruhig warten? Keine Chance. Joah, ich hasse Kläffen am Rand. Es gab erst einen Abbruch - damit er weiß, dass ich das scheiße finde. Als er dann weiter gekläfft hat, war der Trainingstag beendet. Hund ins Auto, Heim gefahren, fertig. Das haben wir ein paar Mal gemacht und siehe da, wir konnten plötzlich warten ohne zu kläffen. Ich belohne ihn doch nicht noch wenn er ewig am Rand kläfft. Ich gehe auch nicht außer Sicht damit er sich beruhigt. Wer nicht ruhig warten kann, trainiert nicht.
Andere Hunde wurden noch nie gehütet, egal in welcher Art und Weise. Das habe ich von Anfang an abgebrochen. ER hat nicht zu entscheiden ob da jetzt jemand spielt, tobt oder sich prügelt. Geht ihn nichts an. Da hat bei uns immer ein Abbruch gereicht, manchmal braucht er jetzt noch eine kleine Erinnerung.
Ich würde ein ruhiges Arbeiten suchen. Rally Obedience, Obedience, ZOS etc. irgendetwas ohne Dynamik wo er sich konzentrieren muss und sich nicht in Rage rennt/kläfft. Und etwas Rücksicht aufs Alter nehmen, die bunte Glitzerknete im Kopf muss erst wieder ein Gehirn werden. Da ist weniger oft mehr und auch im Kofferraum/an der Bank liegen und schauen, kostet sehr viele Löffelchen. Meiner ist danach durch und schläft erstmal einige Stunden und der ist jetzt 4,5.
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Ich kenne Collies schon aus meiner Kindheit so, dass sie Bewegung gern kontrollieren wollen. Die Leute in unserem Nachbargarten hatten einen Collie, einen Pool und am Wochenende entsprechend viel Kinderbesuch im Sommer.
Die Kinder tobten im und um den Pool und der Collie rannte kläffend drumrum. Den ganzen Tag lang. So oder so ähnlich waren die insgesamt 3 Collies an die ich mich aus Kindertagen erinnere.
Ich habe das bei deiner Beschreibung sofort mit Fussballfans im Stadion assoziiert. Wer käme auf die Idee, dass diese Fußballfans entspannt Popcorn knabbernd in ihren Sitzen fläzen und das Spiel anschauen? Tun die nicht. Selbst die, die nicht ständig aufspringen und schreien, fiebern mit, sind angespannt und aufgeregt. Völlige Entspannung halte ich für schwer bis unmöglich.
Das gesagt, kann ich beschreiben, wie ich mit Dina zumindest teilweise Erfolg hatte. Als sie zu mir kam, stand sie bei Hundesichtung in 100m Entfernung kreischend in der Leine. Ich habe einfach Leckerli gestopft und war froh, wenn sie das annehmen konnte. Später gab es Leckerli erst, wenn sie sich beruhigt hatte. Noch später gab es Leckerli nur, wenn sie nicht gekreischt hatte. Noch später gab es Leckerli nur, wenn sie nicht in die Leine gehüpft war... Wenn sie sich (fast) von allein zu mir umdrehte, gab es Leckerli-Regen. Was es immer gab: möglichst so viel Abstand zu den anderen, dass mein Hund eine Chance auf das "richtige" Verhalten hat. Heute ist die einzige Situation, in der Dina noch sehr aufgeregt ist und auch mal einen Beller von sich gibt, wenn Hunde am Fahrrad vorbeilaufen. Agility-Parcour wäre vermutlich mindestens genauso aufregend.
Dieses Vorgehen muss für dich und deinen Hund nicht passen. Was aber passen könnte: möglicherweise ist die Erwartung, dass dein Hund völlig entspannt rumliegt, während andere aktiv rennen, zu hoch. Wichtiger wäre mir, dass der Hund sich benehmen kann und sich eher zu mir orientiert als nach außen. Und vor allem: wenn er anfängt sich hochzuspulen, würde ich ihn eher aus der Situation holen (= den Abstand vergrößern) als zu warten, ob er von selbst runterkommt. Die Dosierung des Reizes, den er aushalten soll, ist wichtig - hat er zu viel davon, lernt er nur Aufregung und keine Ruhe.
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