Hund aus dem Ausland ist schwierig. Was kann ich tun?

  • Auch, wenn sicher vieles bereits geschrieben wurde, möchte ich meinen Senf, als Angsthund-Besitzerin auch gern dazu geben.

    Die kleine Maus ist seit 2 Monaten bei dir, das ist (gerade auch im Bezug auf ihr Alter) im Grunde keine Zeit. Sie hat vermutlich auf der Straße/ im Schelter gelebt und kennt keine Umweltreize.

    Jedenfalls komme ich jetzt gern - zusätzlich zu meinen Kommentaren im Zitat in fett - mit meiner "Geschichte" / meiner Hündin um die Ecke. Es ist zwar nicht so schlimm, wie bei dir, aber vielleicht macht es dir dennoch Mut:

    Kira ist jetzt 10 Monate alt, als ich sie zu mir holte, war sie 5 Monate alt. Sie kommt aus Deutschland, lebte aber (vermutlich) die ersten Monate lediglich in der Scheune. Als wir sie angesehen haben, ich bin durch Zufall auf sie aufmerksam geworden, habe ich direkt gesagt: Den Hund nehmen wir JETZT mit. Sprich, wir sind abends um 20:00 Uhr noch zur Bank gefahren, haben Geld geholt und Kira mitgenommen. Und das, obwohl ich keinerlei Dinge für sie zuhause hatte und eigentlich immer sehr gern und sehr viel bewusster plane. Jetzt weiß ich auch, warum: Kira hat panische Angst vor Autos/ Menschen/ Hunden/ Fahrrädern... eigentlich vor allem gehabt. Sie rannte die erste Woche vor mir und meinem Freund weg, unser erster Spaziergang endete auf einem Feld, weil sie vor zwei entgegenkommenden Spaziergängern Panik hatte. Sie ist auch auf dem Feld (obwohl wir 30m von den Leuten entfernt waren) nicht stehen geblieben, sondern wollte weiter weg und hat sich vor Panik im Kreis gedreht. Ich bin mir sicher, wenn sie ohne entsprechende Sicherung unterwegs gewesen wäre, würde sie noch heute laufen.

    Zuhause ist sie mittlerweile halbwegs entspannt, wir haben eine ausreichend große Box, in die sie, wenn sie sich partout nicht runterfahren mag. Aber das kommt Gott sei Dank nur noch selten vor. Wir kuscheln auch sehr viel und manchmal darf sie auch ins Bett :pfeif:

    Mittlerweile sind Autos zu 99% kein Problem mehr, Menschen gehen auch, solang sie sie nicht anpacken wollen. Das vermeide ich übrigens grundsätzlich, selbst bei uns zuhause hat jeder den Hund zu ignorieren - und das bedeutet nicht nur "nicht anfassen", sondern: nicht anfassen, nicht angucken, nicht ansprechen und wenn möglich nicht in die Richtung schauen). Das ist für die meisten Menschen zwar schwierig, aber wir haben zum Ausgleich der "Kuschelbedürftigen" noch unsere Shih Tzu Hündin zuhause, mit der jeder Besuch "alles machen darf". Aber all das ist Management. Fahrräder findet Kira noch immer richtig scheiße und würde am liebsten flüchten, aber zu 80% klappt es, dass sie sich am Rand absetzt und wir warten. Manchmal schnuppert sie dem Rad sogar noch hinterher. Aber auch hier: alles Management. Und ohne das wirst du das Leben für dich und vor allem deine Hündin nicht einfacher machen.

    Wenn du/ jemand anderes Interesse hast, kann ich gern noch weiter ausholen/ einen eigenen Thread aufmachen oder per PN kommunizieren. Denn sonst sprengt das hier den Rahmen.

  • Oder aber du gestehst dir ein, dass du nicht so viel von deinen Vorstellungen für den Hund opfern möchtest. Es ist Einschränkung, das sollte man nicht beschönigen. Und man muss selbst entscheiden, ob man darin aufgeht den Hund langsam schrittchenweise sich entwickeln zu sehen.

    Ich finde das einen ganz wichtigen Punkt und gehöre auch zu den Menschen, die es absolut nicht schlimm finden, wenn man sich eingesteht, dass es einfach nicht passt und gemeinsam mit der Orga einen Platz sucht, der für den Hund besser geeignet ist und wo das Tierchen einfach besser in den Alltag und die Lebenssituation integriert werden kann.


    Leider gibt es einfach viele Organisationen, die Tiere vermitteln und die zukünftigen Halter nicht darüber aufklären was es bedeuten kann einen Hund zu übernehmen, der kein Haus, keine Stadt, kein spazierengehen, kein regelmäßiges Futter, kein Zusammenleben mit dem Menschen etc. kennt, der von Stubenreinheit noch nie etwas gehört hat und bis zum Zeitpunkt der Übernahme vermutlich noch in einer Hundegruppe gelebt hat.

    Ich mache selbst ab und an Vorkontrollen und beschönige da wirklich gar nichts.


    Ich habe einen Hund vom Züchter und einen aus dem Tierschutz und letzterer war die ersten Wochen einfach nur eine riesige Katastrophe auf 4 Beinen. Jetzt nach 4 Monaten wird es zunehmend entspannter aber es war ein sehr steiniger Weg, mit viel Management, Stress und das alles bei dem Glück von Selbstständigkeit und Homeoffice.

    Ich kann das alles so gut nachvollziehen und denke, dass auch in diesem Fall ein gut gezogener Welpe vom Züchter einfach die bessere Wahl gewesen wäre :( :



    So viele haben schon so treffend beschrieben, was das gerade für den Hund für eine Situation ist und, dass der gerade die Welt einfach nicht mehr versteht. Das ist viel Arbeit und dem sollte man sich bewusst sein. Wenn man das nicht leisten kann oder will finde ich immer noch ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende.


    Meiner Meinung nach befindet sich die Hündin gerade immer noch in einer absoluten Schockstarre. Da wird also auch in den nächsten Monaten noch ordentlich was kommen.

  • „Wenn sie reinpinkelt, schimpfe ich natürlich“


    Was tut mir da das Herz weh.


    Das arme Vieh kann doch nix dafür, dass du fandest, so ein unerzogener Shelter-Auslandshund aus einer völlig anderen Welt passt am Besten in dein ‚Ich hab keine Geduld und keine Ahnung von Hunden aber mal was Schönes auf Youtube gesehen und das muss klappen“-Leben.


    Normalerweise schreibe ich sowas nicht, aber ich finde das SO unfair und herzlos… das arme Tier, das so unverfroren ist, in einer wildfremden Welt die halbe Zeit in Angst zu leben und nicht Susi und Strolch nachzuspielen…


    Bin jetzt auch wieder ruhig, zum Thema ‚was geht besser‘ haben ja schon einige Leute was Gutes geschrieben, da kann ich nichts hinzufügen.

  • Wenn ich so lese was ihr schreibt, dass dass das Jahre, vielleicht sogar ein Leben lang, anhalten kann, dann bin ich etwas demotiviert.

    sorry, aber dann hole ich mir keinen Tierschutzhund und schon gar nicht aus dem Ausland :roll:



    Seit knapp 3 Monaten wohnt bei mir ein Junghund aus einem rumänischen Shelter. Yari wird dort wahrscheinlich nicht unbedingt was schlechtes erlebt haben wie manche Straßenhunde, trotzdem trägt er einen Rucksack mit Vorgeschichte.

    Yari ist alles andere als ein Angsthund sondern einfach nur etwas unsicher weil er noch nix kennengelernt hat. Viele Sachen sind erst mach einigen Wochen möglich gewesen, zB kurze Gassirunden. Auf den dunklen Flur oder die dunkle Kellertreppe hat er sich auch eine ganze Weile nicht getraut.


    Da hilft nur Geduld und Verständnis. Verständnis für ein Tier, welches DU hast importieren lassen. Der Hund hat nicht geschrien "Hiiiiier!!!! Ich will nach Deutschland. Ich will in eine Wohnung gesperrt sein, von komischen Menschen gegen meinen Willen angefasst werden! Ich möchte vorgeschrieben bekommen wann, wo und wie ich meine Geschäfte verrichte!!"

    Wenn man sich mal in so einen Hund hineinversetzt, dann ist sein Verhalten für ihn nur logisch.


    Gibt ihr Zeit. Sichere sie ab (am besten doppelt mit Sicherheitsgeschirr, Halsband und 2 Leinen, ggf Hausleine), stets gleiche kleine Löserunde. Schirme sie vor Besuch ab, richte ihr eine sichere Ecke ein, in der sie niemals nie gestört und angefasst wird, damit sie dort wirklich einen absoluten Sicherheitbereich hat.


    :winken:

  • Zusätzlich zu den bereits geschriebenen Empfehlungen der anderen User: Ich würde dir empfehlen, ab sofort die Feierabendbeschäftigung "Fachliteratur über Hunde lesen" mit in dein Repertoire aufzunehmen.


    Calming Signals - Die Beschwichtigungssignale der Hunde wäre mal ein Startpunkt, da du von der Körpersprache offenbar noch nicht so viel Ahnung hast.

    Dann kriegst du sicher auch nocht Buchempfehlungen von anderen Usern hier im Forum im Bezug auf Angsthunde. Wenn du deine Postleitzahl hier reinstellst, kann dir vielleicht auch jemand ein*e gut*e Trainer*in empfehlen, die sich mit Angsthunden auskennt.
    Der Thread zu Angsthunden hier im Forum ist auch sicherlich empfehlenswert.

  • Oh ja, Buchempfehlungen habe ich auch noch zwei:

    1.) Leben will gelernt sein v. Birgit Lager/ Wibke Hagemann (allerdings ist das Buch seeeehr doof zu bekommen, da es nicht mehr nachgedruckt wird... ich hatte durch das Forum hier extrem Glück und konnte es für unter 40€ erwerben :herzen1: )

    2.) Schreck lass nach v. Heike Westedt


    Ansonsten kann man dir vielleicht wirklich Trainer empfehlen, die sich mit Angsthunden auskennen. Viele machen ja auch "Hausbesuche", dann könnte man deine Hündin zuhause live erleben.

    Und ergänzend zu meinem anderen Post: Ich habe mir mein Leben mit zwei Hunden auch anders vorgestellt. Mir war schon bewusst und klar, dass sich mein Leben ändert und ich meine kleine Begleithündin anders auslasten muss als den neuen Hund, wenn ich mir meinen heißersehnten Wunsch eines Gebrauchshund erfülle. Jetzt kommt es bekannterweise ja immer erstens anders und zweitens als man denkt.... Aber abgeben ist für mich keine Option. Kira ist so ein Traumhund, wenn sie sich sicher fühlt :herzen1: und schlussendlich kann es ja leider bei/ mit jedem Hund so kommen, dass es schwieriger wird.

    Aber bevor du dich da nicht in der Lage siehst, dich zu gedulden und dein Leben evtl. etwas anzupassen, würde ich auch eher sagen, dass eine Abgabe evtl. in Betracht gezogen werden sollte/ könnte. Denn das Hündchen hat ja auch ein schönes Leben verdient, in dem es verstanden wird und in dem mit ihr Geduld gehabt wird.

  • Ich kann deinen Frust verstehen, auch wenn ich noch nie so einen Hund hatte (aber sieben Hunde aus dem Ausland bisher). Trotzdem sind die ersten Tage und Wochen nicht meine liebste Zeit! Aber für den Hund ist das ja alles noch deutlich gravierender.


    Mir tut es immer etwas leid, wenn solche Hunde als Einzelhunde vermittelt werden, denn sie sind es oft (nicht immer!!) gewohnt, mit anderen Hunden zusammenzusein. Wie gesagt - nicht immer!
    Aber meiner Erfahrung nach profitieren solche Hunde sehr von der Anwesenheit anderer, souveräner oder zumindest netter, ausgeglichener Hunde, die ihnen zeigen, wie man hier so lebt.
    Hast du vielleicht solche Hunde im Bekanntenkreis? Einen Versuch wäre es vielleicht wert bzw. vielleicht kannst du ja auch schon einschätzen, wie sie auf andere Hunde reagiert.


    Ich bin neulich mal mit meinem sehr coolen Rüden (aus Italien) zu einer Nachbarin gegangen, die einen sehr ängstlichen Hund aus Rumänien aufgenommen hat. Diese Hündin hat draußen keinen Schritt getan und wollte immer nur wieder rein in ihre Box. Als sie meinen Hund sah, hat sie sofort mit ihm Kontakt aufgenommen und ihre Anspannung löste sich spürbar. Sie stellte sich sogar quer unter ihn, "parkte" quasi ein. Das fand ich sehr vielsagend.

  • Ich kann mir gut vorstellen, daß das irgendwie so ganz anders ist als geplant..... ;-(

    Das ist glaub ich auch letztlich damit gemeint mit dem Post, in dem wer geschrieben hatte, daß die Orga komplett ahnungslos sein muß. Der Hund ist (derzeit) ganz sicher nicht in der Lage, Deinen Wünschen zu entsprechen, und damit sch.... vermittelt (das heißt nicht, daß Du das net schaffen kannst, oder nicht in der Lage wärst. Aber der Hund wurde so vermittelt, daß es überhaupt nicht zu Deinen Anforderungen paßt. Du hast nen Kühlschrank gebraucht, aber ne Mikro angedreht bekommen, sinngemäß!). Der fühlt sich glaub ich grad echt, wie abends daheim im warmen Bettchen eingekuschelt, und am nächsten Morgen aufm Mond wieder aufgewacht *ggg

    Liest sich, als hätte sie auf der Straße gelebt. Hat mit Sicherheit vom Menschen nicht viel Gutes erfahren. Gschweige denn, eine menschliche Behausung von innen gesehen (siehe die Sache mit dem Boden).


    Es wird anders werden. Anders als geplant - aber gerade mit solchen Hunden kann man wundervolle Momente erleben, wenn man ihnen Zeit gibt, und man zusehen kann, wie sie ankommen, lernen, die neue Umgebung wahrzunehmen, sich darin zu bewegen, wenn sie Vertrauen fassen nach und nach - da ist oft jeder noch so kleine Schritt nach vorn ne Party wert, und das Herz geht einem über.


    Das kann schon werden. Aber dieser Hund braucht Dich jetzt. Nachdem er auf diesem Mond gelandet ist, wo er NIX kennt: zeig ihm seine neue Welt, DEINE Welt. Erklär sie ihm, Schritt für Schritt. Laß ihm zwischendurch viel Zeit, neue Schritte/Erlebniss zu verdauen. Lerne die Körpersprache vom Hund, um wahrnehmen zu können, wenn ihr was zu viel ist, oder sie Angst bekommt. Damit kann sie Dir vertrauen, wenn Du richtig reagieren kannst auf ihr körpersprachliche Kommunikation. Tip:

    Das kann Dir dabei helfen.


    Laß sie erstmal die nächste Umgebung kennenlernen. Garten, oder drei Schritte vorm Haus. Am besten zu (immer denselben!) Zeiten, wo net so viel los ist draußen. Setz Dich auf die Treppe vorm Haus, und laß sie einfach mal 5 Minuten nur beobachten, was da so vor sich geht. Und dann laß sie den Rest des Tages schlafen, nix außer zum Pipimachen rausgehen, damit sie das verarbeiten kann. Mach das ne Zeitlang jeden Tag zur gleichen Zeit. Du wirst sehen, wie sie immer entspannter wird beim Gucken. Laß ihr die Zeit dafür. Wenn sie anfängt, herumzugucken. Nimmer erschrickt, wenn ein Geräusch kommt. Vielleicht von sich aus in Richtung eines Gegenstands geht, um den anzugucken/zu beschnuppern. Laß sie das tun, auch wenns nur ein erster Schritt ist, und sie dann "kneift". Am nächsten Tag gehts vielleicht schon. Ermutige sie, Dinge zu erforschen, die sie zu interessieren scheinen. Aber: zeig ihr, daß sie ungefährlich sind, indem DU dort hingehst, und den Gegenstand untersuchst. NICHT den Hund dazu zwingen, hinzugehen, a la "das tut nix!", und sie hinzerren!! (damit würdest Du jegliches Vertrauen kaputtmachen). Die Erfahrung muß sie selbst von sich aus machen, dafür muß sie bereit sein, von sich aus hingehen. Zeit lassen.


    Mach Dich zum sicheren Pol. Zeig ihr, daß sie bei Dir sicher ist, indem Du alles von ihr fern hälst, das sie ganz offensichtlich ängstigt. Bei Dir ist sie safe, Du beschützt sie. Du sorgst für Essen. Wenn jemand Dir entgegenkommt beim Gassi, nimm sie auf die andre Seite oder hinter Dich, signalisier ihr "ich mach das schon". Laß sie ihr Zuhause als sicheren Ort kennenlernen, ohne Besuch in den nächsten Monaten. Die soll sich wohlfühlen, sich entspannen daheim. Wenn sie daheim noch Streß hat, hat sie keinerlei Kapazitäten, zu lernen. Also laß entweder keinen Besuch kommen, oder schaff ihr einen sicheren Ort daheim, wo keiner sie ungebeten antatscht, oder auch nur anspricht. Und wenn Du sie dann ins Schlafzimmer sperrst und abschließt, damit keiner reingeht und sie bedrängt. Halt ihr auf der Straße fremde Leute fern. Und wenn Du dafür eklig zu jemandem werden mußt, dann werd eklig. Dann wirst Du für sie die Allergößte sein! Bleib immer ruhig mit ihr, souverän. Das gibt Sicherheit. Gib ihr 1-2 Hausregeln, das reicht: Grenzen geben Sicherheit. Weil sie dann weiß, was sie darf und was nicht. Das können ganz einfach Dinge sein: zB evtl. "Sofa ist tabu". Oder: "geh ins Körbchen, während wir essen". oder: "wenns klingelt, geht ins Körbchen". Nicht zu viel, und einfache Dinge (die sie auch in der jetzt noch als stressig empfundenen Situation umsetzen kann!), aber dafür immer darauf bestehen, daß es umgesetzt wird. zB indem Du sie ganz ruhig dort hinführst/schickst, und wieder und wieder, wenn sie aufsteht.

  • Erst, wenn sie, u.U. erst nach Monaten (!), daheim komplett entspannt ist, Dir neugierig folgt, Dinge daheim untersucht und nicht mehr vor neuen Dingen erschrickt - wenn Du zu ihrem Zufluchtsort geworden bist, dann geh nach und nach weiter raus mit ihr. Erobert die Welt. Immer ein wenig. Erstmal die Straße auf und ab. Dabei genau beobachten, wann es ihr zu viel wird, und möglichst kurz vorher schon (wenn sie leicht nervös zu werden scheint, oder sich rumdreht Richtung Heimat), dann gib ihr nach, geh wieder heim mit ihr. Das zeigt ihr, sie kann beruhigt mit Dir mitgehn, weil Du merkst, wenn sie genug hast, und sie dann wieder in die Sicherheit führst. So wird sie immer weiter durchhalten, und entspannter unterwegs sein können. Wenn sie umdrehen möchte, versuch, Dich genau an der Stelle am (über)nächsten Tag infach mal 5 Minuten aufzuhalten, bevor Du zurückläufst. Grenzen testen, was sie schon aushält, und auch ihre Grenzen erweitern, was sie zu ertragen in der Lage ist, in kleinen Steps. Wenn sie an dem Tag net gut drauf ist und nur 5 Meter gehen will, dann in der nächsten Woche nochmal testen, bis dahin zu kommen.



    Dann setz Dich mal 5 Minuten an einen Platz irgendwo in der Nähe, wo sie einfach nur Menschen beobachten kann. Ohne Kontakt von denen zum Hund zuzulassen, vlt. bissel Abstand. Dann wieder heimgehen, verarbeiten lassen. Wenn Du was Neues zeigst, anschließend zwei Tage nur Routine machen, damit sie wieder entspannen kann von der Aufregung. Adrenalin braucht bis zu einer Woche, um abgebaut zu werden! Machst Du jeden Tag was Neues, dreht sie immer weiter hoch in der Aufregung, und kann wieder nix aufnehmen/lernen.


    Das wird für den Hund mehr als genug geistige Arbeit sein, das alles zu verarbeiten.



    Und bring Routine rein. Routine ist langweilig, schafft damit Sicherheit. Der Hund weiß genau, was wann ansteht. Früh Pipi, dann Frühstück, dann 10 Minuten Garten, bis sie Geschäft machen kann. Also, nur als Beispiel - halt wie es bei Dir am besten in den Tagesablauf paßt. Dann wieder rein, schlafen. Mittags vlt. nochmal in den Garten. Wieder schlafen. Kurz Pipi, dann vlt. einfach dazusetzen, nix tun. Oder ein Buch (laut vor-) lesen neben dem Hund. So kann sie Dich nur beobachten, sieht, Du bist entspannt, tust ihm nix, kann Deine Stimme kennenlernen, Deine Körpersprache. Dann wieder schlafen lassen. Abendessen, Pipi. Fertig. Jeden jeden Tag dasselbe. Das entspannt. Und erst, wenn der Hund entspannt ist, kann man anfangen, gaaanz leicht zu variiieren. Oder im Garten mal ein Waserbecken hinstellen, den Stuhl woanders hin, oder nen fremden Gegenstand, und schauen, was sie dann macht. Geht sie neugierig hin, hat sie eher Angst, ignoriert sie es und bleibt entspannt? Das zeigt Dir, daß sie bereit sein könnte für einen weiteren Schritt. Teste aus, was sie ab kann, und was ihr Angst macht. Nimm wahr, wenn sie nen schlechten Tag hat und schraub dann die Anforderung für den Tag runter.



    Wenn sie daheim über Teppich läuft - dann stell doch den Napf mal einen Meter weiter weg am Teppichende - geht sie hin? Oder besser: ein Meter ohne Teppich, dann der Napf wieder auf Teppich, als sicheres Ziel zum Weiterlaufen animierend. Immer nur ganz kleine Steps, sodaß sie sich gewöhnen kann. Am nächsten Tag wieder alles mit Teppich. Immer nur Millimeterweise MAL was Neues ausprobieren, nach paar Tage wiederholen.



    Beobachte sie tagsüber, und schau, wie sie körpersprachlich verrät, wenn sie mal muß. Wenn man das mal raus hat, sieht man´s dem Hund dann der Nasenspitze an, wenn er mal muß. Mein Bossi kommt und stupst mich an, rennt raus, läuft hibbelig rum. Biene setzt sich einfach vor die Wohnungstür und wartet, daß ich´s kapiere und mit ihr rausgehe. Faro rennt hektisch rum, springt an mir hoch. Dann braucht sie nicht in ein Versteck zu pinkeln, sondern Du kannst mit ihr kurz im Garten Pipi machen gehen. Das hast Du ihr selbst beigebracht: sie pinkelt, Du schimpfst. Du meinst: "Pinkel nicht im Haus!" Sie versteht aber: "Pinkel nicht vor meiner Nase!", und macht das dann folgerichtig in ner cke, wo Du nicht danebenstehst. Eigentlich sehr rücksichtsvoll gedacht von ihr ;-). Also bestraf sie nicht dafür, Du hast es ihr so beigebacht. Ungewollt, klar *gg Dann zeig ihr jetzt, wie es richtig geht, indem Du mit ihr rausgehst, wenn sie Anzeichen zeigt, zu müssen. Du kannst ihr zeigen, wo die Leine liegt und diese immer holen, wenn sie Anzeichen zeigt, zu "müssen". Irgendwann kapiert sie, die Leine ist Dein Frage, ob sie raus möchte. Dann ght sie vlt. sogar von alleine Richtung Ausgang. Oder kommt auf die Idee, wenn sie mal muß, sich neben die Leine zu stellen, und Dir so zu zeigen, wenn sie mal muß.


    Wenn sie alleine ist und pinkelt irgendwo hin, gehe ich davon aus, daß sie mit dem Alleinblieben in dieser bedrohlichen "Mond-Umgebung" (also im Haus) massiven Streß hat. Klar, daß sie dann dauernd Pipi muß, und das auch irgendwo erledigt. Wenn sie von der Straße kommt, fühlt sie sich in nem Haus erstmal nicht wohl. Das kommt erst, langsam und mit der Zeit.



    Also: Deine Devise ist einfach nur: zeig ihr Deine Welt, den "Mond". Versteh, daß selbst einfachste Dinge wie der Wasserhahn für sie ein UFO sein können.



    Das ist anders, als Du gedacht hattest. Aber eigentlich keine Arbeit. Im Gegenteil: weniger ist mehr, weil streßärmer. So lernt sie besser und schneller, als wenn Du erreichen willst, daß sie innerhalb einer Woche am Bahnhof streßfrei leinenlos rumrennen kann, und deswegen Druck machst und jeden Tag was Andres Neues mit ihr machst, um sie schnell zu gewöhnen. Das würde sie komplett überfordern. Du mußt Dich also nur ein wenig in sie reinversetzen, und auf Dein Bauchgefühl hören. Und ihre Körpersprache zu interpretieren lernen. Das ist wichtig, denn wenn sie merkt, Du verstehst, was sie sagen möchte, kann sie Dir zeigen, was sie ängstigt, und das Dir dann überlassen, weil: Fraule macht das schon. Das gibt Entspannung, so lernt sie besser. Ausgangspunkt dabei ist aber, durch Routine, gleichmäßige Zeitpläne und Abläufe und Gassiorte, stets zuverlässig gleiche Reaktionen von Dir eine entspannte Situation zu schaffen, damit sie bereit ist, sich dann irgendwann auf mehr einzulassen und mehr kennenzulernen. Aber in Ministeps, um die Entspannung nicht wieder in Streß kippen zu lassen.


    Viel Erfolg! ;-)

  • Schimpf sie nicht mehr.

    Wenn sie sich erschreckt, wenn du vorbei läufst: werf doch vorsichtig und entspannt jedes Mal beim Vorbei gehen ganz nebenbei ein super tolles Leckerlie.

    Ggf kann sie dich dann auf Dauer positiver verknüpfen.


    Wie versteht sie sich mit anderen Hunden?

    Wenn das nicht stressig ist, such im Bekanntenkreis nach einem lieben und entspannten Hund.

    Ggf kann dieser Hund euch öfter besuchen?

    Also ohne Aufregung, sondern quasi in den Alltag integriert.

    Von dem Hund kann sie sich abschauen, dass es hier gar nicht so schlimm ist.

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