Hundehaltung: Vorstellung vs. Realität

  • In meiner Familie gabs zwei Hunde, bevor Ronja eingezogen ist. Ich war auf recht viel vorbereitet und hab auch gar nicht sooo viele Erwartungen gehabt, die Familienhunde waren immer ziemlich unerzogen :D


    Wie sehr ein sehr alter und nicht ganz gesunder Hund den Alltag neu strukturiert, damit habe ich nicht so ganz gerechnet. Aber da sind wir reingewachsen.


    Der einzige wirklich richtige „Aha-Moment“: Ich habe vorher in meinem Leben nie erwartet, dass ich mal mit dem kompletten Oberkörper in eine Güllegrube eintauchen musste, um einen Junghund rauszufischen, der zwar rein- aber nicht mehr rausspringen konnte. Und dann noch dreieinhalb Kilometer nach Hause laufen muss :fluchen:


    So nah war Ronja in ihrer ganzen Zeit bei uns einem deutlich verfrühtem Ableben nicht mehr gekommen :nicken:

  • Das " hätte ich ja nie gedacht", kommt so nach und nach.

    Die Umgebung verändert sich, die Menschen, die Hundepopulation, die eigenen Bedürfnisse, Ansprüche, Gebrechlichkeiten....

    Anfangs Wege ohne Ende. Jetzt viel Asphalt, viele Hunde und verkackte Seitenstreifen, E-Scooter, Mountainbikes, Jogger und Walker, um nur ein paar Dinge zu erwähnen. Sonntags Kolonnen von joggenden Männern mit Kinderwagen und Handy vor dem Gesicht. Die Väter laden alles auf, wenn du nicht rechtzeitig zur Seite springen kannst und fangen dann an zu schreien, dass schon wieder Hundehalter unterwegs sind.


    Einer meiner Hunde hasste manche Ferienwohnungen und schlief lieber im Auto.

    Er war es auch der in Ostfriesland komplett im Dükker versank und sehr aufwändig von dieser öligen, stinkigen Schlammasse befreit werden musste.

    Mit Vorliebe rettete er dicke, lange Äste aus Gewässern aller Art.


    Mein jetziger Hund ist im Alter von 6,5 Jahren zur Geldvernichtungsmaschine mutiert.

    Die Gewschwindigkeit und Effizienz dieser Anlage war mir nicht vertraut.


    Aber, alles gut.

    Man wächst an seinen Aufgaben und es ist einfach schön einen Hund zu haben.

  • Wie emotional belastend die stetige Sorge um einen alten Hund sein kann; wieviele Tränen und schlaflose Nächte damit verbunden sind. Schlaflos, weil einen die Sorgen umtreiben, oder schlaflos weil der Hund umtreibt...

    Und wie wertvoll ein eigener Garten mit einem sehr alten und dementen Hund ist.

  • Ich würde sagen besonders unsere Welpenzeit war anders als ich mir das vorgestellt hatte.


    Allgemein hatte ich nicht erwartet wie viel man doch zwischen Mensch und Hund ohne Worte kommunizieren kann, wenn man nur gut zuhört. Auch er bringt mir regelmäßig etwas Neues bei. :smiling_face_with_hearts:


    Zu unserer Welpenzeit

    Durch die Hunde in der Familie hatte ich beim ersten eigenen Welpen eine Idee was auf mich zu kommt, aber mich zum Glück relativ frei von Erwartungen gemacht. Unser Süßer war dann ganz anders als die Welpen, die ich zuvor kennen gelernt hatte.

    Die groben Zeitpläne was ein Hund bis dann und dann kann oder man üben kann an Umweltreizen haben bei uns überhaupt nicht zugetroffen. Ich habe bei mir zwei bekannte Welpenbücher, bei denen ich froh bin nicht dem Trainingsplan sondern meinem Bauchgefühl und dem Feedback des Hundes gefolgt zu sein. Auf die Idee zu kommen, dass ein Welpe auch mal von der Norm abweicht und das mit ein zu planen habe ich hier zum ersten mal gehört. Das sollten Ersthundehalter öfter hören. Ein "Ach toll, du nimmst 3 Wochen frei und den Hund dann mit zur Arbeit", hätte bei uns nicht funktioniert. Im Nachhinein bin ich mega froh, dass ich damals ganze 3 Monate Zeit hatte, bevor wieder das HO los ging.


    Bis er so 5 Monate war, hatten wir folgende Baustellen, mit denen ich nicht in dem Maß gerechnet hätte

    - Schlaf: Einschlafen nur wenn's gar keine Geräusche gibt (Mehrparteienhaus :woozy_face: ) oder ein Podcast läuft, Frauchen vorher beruhigt hat, Frauchen max. einen Meter daneben ist, Hund nicht anguckt und sich nicht bewegt, besonders nicht weg (!) und ggf. noch die Rolläden etwas unten sind. Nachts werden mindestens 7 mal gruselige Geräusche gemeldet, nach denen man wieder beruhigt werden muss sonst kann man nicht weiter schlafen. Mit dem Konzept hatte der Schlaf dann relativ gut funktioniert aber auch nur SO.

    - Pinkel Pausen: Aus lauter Stress wird Näpfeweise Wasser getrunken. Wir waren nicht nur die ersten Wochen 14-16 mal in 24h zum pinkeln draußen (ohne Garten). Das wäre auch mit HO schwer geworden. Man hat ja doch mal Termine..

    - Welpenauslauf oder Box ganz OK aber nur wenn Frauchen MIT DRIN ist. Irgendeine Abgrenzung zwischen Hund und Herrchen = purer Horror und sei es auch nur die glasklare (!) Duschkabinentüre

    - Alleine bleiben: Wir haben täglich geübt, was er noch gut aushalten kann aber das Thema nicht forsiert da der Kleine schon genug Stress hatte und wir zum Glück nicht darauf angewiesen waren. An entspannt länger alleine bleiben war mit 6 Monaten jedenfalls auch noch nicht zu denken.

    Mit der Zeit wurde dann alles langsam besser. Er hat einfach sein eigenes Tempo.


    Im Endeffekt bin ich heute dadurch immernoch mega stolz auf unseren Hund, wenn er einfach weg von uns ins Wohnzimmer schlendert, schläft, und ich für ein paar Stunden die Tür zumachen kann, damit ich ihn beim Mittagsschlaf nicht störe.:smiling_face:

  • Gerade beim ersten Hund- Wie war eure Vorstellung vom Leben mit Hund und ist die eingetroffen? Was ist vielleicht jetzt ganz anders als erwartet?

    Ich bin mit Hunden aufgewachsen und hatte mich als Jugendliche weitgehend allein um unseren Schäferhund gekümmert. Mit Nachbarshunden war ich auch gern Gassi, damals konnte man einfach noch klingeln und hat den Hund (Bearded Collie und LH Collie) einfach in die Hand gedrückt bekommen.


    Danach hatte ich als junge Erwachsene einen Hund aus dem Tierschutz, der aus Teneriffa kam. Der hatte Special Effekts und mich erstmal gebissen, als wir nach dem Abholen daheim ankamen.


    Aber irgendwie habe ich auch mit diesem Hund alles hingekriegt, er war irgendwann recht verträglich, gehorsam und ein prima Begleiter. Wir haben sogar die BH Prüfung geschafft. Ich fühlte mich als großer Hundeversteher.


    Dann stand nach einigen Jahren im Raum (ich war inzwischen verheiratet und ausgezogen), dass der junge Hund meiner Oma einen neuen Platz sucht. Er war als Welpe von der Straße ins Shelter gebracht worden und von dort aus von meinen Eltern als Geschenk geholt worden. Der Hund wurde dann zu groß und zu kräftig für meine Oma, und sie hat ihn auch nicht wirklich erzogen.


    Dann kam der Satz, der mir in meinem Leben dann noch ein paarmal um die Ohren geflogen ist: "Das kann doch nicht so schwer sein!!" xD


    Was hat mich der Hund Nerven gekostet. Er ist abgehauen, sobald man die Tür einen Spalt aufgemacht hat. Also immer gucken, wo ist der Hund, bevor man die Tür öffnet. Er ist über den Zaun geklettert. Er ist jagen gegangen. Er hat sich mitsamt der Leine losgerissen und ist jagen gegangen. Er hat gezogen wie ein Ochse.


    Erkenntnis 1: Ich bin doch kein Hundeversteher.


    Wir haben uns dann unsere Schäferhündin als Zweithund dazugeholt. Damit er ruhiger wird. :ugly:


    Erkenntnis 2: Mit einem zweiten Hund werden bestehende Probleme nicht weniger, sondern potenzieren sich.


    Wir haben ihn dann abgegeben, und dazu stehe ich. Es ging nicht anders.


    Erkenntnis 3: Es ist keine Schande, seine Grenzen zu erkennen und die Reißleine zu ziehen.



    Wichtige Erkenntnisse für mich kamen dann nochmal dazu mit dem Jungspund.


    Der kommt aus VDH Zucht und hat EPI. Außerdem ist er ziemlich scheu mit Fremden, schreckhaft und er mag keine Besucher. Das hatte ich noch nie, bisher mochte jeder Hund andere Menschen. Ich denke, das wurde in der Prägephase einfach schlicht verpasst, da Corona und Lockdown und wir hatten uns isoliert, Hundeschulen hatten zu. Wie die EPI sich aufs Nervenkostüm auswirkt :ka:


    Erkenntnis 4: Es kommt immer anders als man denkt.


    Erkenntnis 5: Es ist sinnlos, an Denkweisen und Ansichten festzuhalten, die sich überholt haben. Auch ein "wenn der Hund so und so wäre, dann..." und "Hätte ich doch..." bringt nichts. Der Hund ist so halt nicht, und ich hab halt nicht, und je eher ich ihn so annehme, wie er ist, desto früher bekomme ich einen Fuß in die Tür und kann das Training und die Erziehung anpassen. Ich lieb ihn ja, egal wie er ist und was er hat.


    Erkenntnis 6: Auch ein etwas komplizierterer Kandidat kann ein echtes Goldstück sein und viel Spaß machen. Es ist super wertvoll, wenn man es schafft, sich zurückzulehnen und auch das Gute sehen zu können anstatt dem nachzuhängen, was man eigentlich für Vorstellungen hatte.


    Und, das möchte ich nochmal hervorheben, wie tinkar schreibt, ja, ein Hund verändert einen. Und zwar in der Regel nicht die easy peasy Mitlaufhunde, sondern die Exemplare, die Mühe machen. Die sind die besten Lehrmeister.

  • Dass Hunde alt werden, weiß man.

    Aber, dass sie sterben?

    Dass sie krank werden, weiß man.

    Aber, dass sie krank bleiben?


    Dass manche Rassen zum kläffen neigen, weiß man.

    Aber, dass sie es tatsächlich auch tun?

    Dass Hunde gepflegt werden müssen, weiß mann

    Aber, weiß die jeweilige verfilzte Dreckschleuder das auch?


    Dass manche Hunde sabbern, weiß man.

    Aber manche Hunde wissen das nicht.

    Dass Hunde Zähne haben, weiß man.

    Aber, dass Mensch die bei manchen Hunden aus manchen Gründen täglich putzen muss?

  • Ich bin auch mit Hunden aufgewachsen und mein erster eigener Hund ist noch mit in der Familie aufgewachsen, so dass ich nicht völlig allein verantwortlich war, sondern immer jemanden hatte, der ( auch finanziell) unterstützen konnte.

    Erst bei Kaya war ich vollständig allein für alles verantwortlich. Ich wusste da aber schon, wie Hundehaltung "geht" und es kam kein Realitätsschock. Mir war klar, dass ein junger Hund Zeit und Mühe kostet, aber darauf habe ich mich gefreut, weil mir in meiner "hundelosen Zeit" echt was gefehlt hat.

    Grosse oder sehr spezielle Erwartungen an den Hund hatte ich nicht, aber ich wusste, wo ich so nach 3 Jahren stehen wollte. In Grunde hat das gut geklappt und Kaya ist so, wie ich mir einen alltagstauglichen Hund vorstelle. Dass wir eine ernsthafte Jagdthematik haben, ist halt so und ich muss eben schauen, wie ich das im verantwortbaren Rahmen halte. Das vergrätzt mir aber weder den Hund noch die Hundehaltung. Da das die einzige Baustelle ist, sehe ich das als Herausforderung, an mir und dem Hund zu arbeiten.

  • Mit geht's andersrum.


    Vor dem ersten Hund hatte ich gar keine Vorstellung, außer, dass ich eben unbedingt einen Hund will. Mein Kindheitstraum war quasi Hundebesitzer zu sein.


    Mein erster Hund konnte somit gar nichts falsch machen. Er hatte Fell, vier Pfoten, vorn eine Schnauze und hinten eine Rute, ergo ein Traumhund.


    Der zweite lief als Familienhund mit, immer noch heile Traumwelt.


    Und dann kam das Hundeforum. Und jetzt muss ich aufpassen, das die dort vermittelte perfekte Theorie nicht mit meiner unspektakulären, aber weit weg von perfekten Lebensrealität kollidiert. Und ich mich und den Hund nicht zu sehr unter Druck setzte, weil doch laut Theorie das alles viel perfekter laufen müsste.


    Aber dann geh ich einfach wieder eine Runde spazieren und freu mich über meinen kreativen Quatschkopf.

  • Und dann kam das Hundeforum. Und jetzt muss ich aufpassen, das die dort vermittelte perfekte Theorie nicht mit meiner unspektakulären, aber weit weg von perfekten Lebensrealität kollidiert. Und ich mich und den Hund nicht zu sehr unter Druck setzte, weil doch laut Theorie das alles viel perfekter laufen müsste.

    Da finde ich mich auch ein gutes Stück weit wieder.

    Ich weiss nicht, ob ich als Ersthundehalter an den Ansprüchen im Forum nicht völlig irre geworden wäre.

    Klar ist hier eine riesen Expertise unterwegs, aber daran, alles immer perfekt machen zu wollen, muss man einfach scheitern.

    Es war also schon echt gut, dass ich viele Fehler noch ohne den moralischen Zeigefinger des Forums machen durfte.

  • Ich hatte nie eine Vorstellung wie viele tausend Euro mal eben schnell weg sind, wenn Hund krank ist. Zum Glück, hätte ich vorher gewusst, was auf mich zukommt, ich hätte gedacht, ich schaffe das nicht. Inzwischen ist klar - komme was da wolle, irgendwie geht es schon.


    Ich dachte nicht, wie viel man wegräumen muss, wenn man diebische Hunde hat.


    Und ich dachte nie, dass ich mal auf einen Hundeplatz gehen werde, kam auch erst mit Hund 3. Inzwischen sind es ca. 10-12h pro Woche.

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