Den eigenen Hund nicht mögen?

  • Jeder kennt sie wohl, die Momente, wo man den eigenen Hund gern an die Wand klatschen will. Das hat für mich nichts mit „nicht mögen“ zu tun, sondern sind einfach Phasen und Momente. Man ist ja auch nicht immer gut drauf und hoffentlich nicht immer mies gelaunt.

    Ein Tier, was bei einem lebt, gar nicht zu mögen, halte ich beinah für unwahrscheinlich, aber das ist nur meine persönliche Einstellung gegenüber Lebewesen. Ich habe sogar eine Lieblingsspinne unter dem Bett 🤪


    Ich glaube aber tatsächlich, dass sich oft Menschen ein Tier zulegen, die eigentlich gar keins wollen. Aus welchen Gründen auch immer. Zusätzlich finde ich es schwerer erwachsene Tiere mit schon fertigem Charakter lieb zu gewinnen, dauert länger, ist schwieriger und manchmal unmöglich. Mit einem Welpen ist man ja sehr eng und viel zusammen, da baut sich im Normalfall automatisch eine Bindung auf. Wie fest die ist und ob die überlebenswichtig ist, zeigt sich im Laufe der Zeit.


    Ich finde aber, es gibt tatsächlich Abstufungen in der Liebe.

    Meinen ersten Hund wollte ich unbedingt und habe mir dann Anfang 20 meinen Herzenswunsch erfüllt. Es war mein Seelenhund. Er war wie eine Klette und aus heutiger Sicht meiner Erziehungsansprüche war er voll verzogen und schlecht erzogen, aber ich habe ihn tief und innig geliebt und er mich auch. Mein Partner war nur der Notnagel.

    Unser zweiter Hund kam etwa ein Dreiviertel Jahr nach dem Tod meines Seelenhundes, war allerdings vom Charakter ganz anders. Ja wir mochten unser Döggelchen alle sehr gern, war ein geliebter Familienhund, doch so eine tiefe Bindung hatte ich nicht zu ihr, obwohl sie ein Mama-Hund war, aber nicht so krass wie mein erster Rüde.

    Eros ist schon wieder eher wie mein erster Hund und wir beide haben eine innige Bindung, aber so eine krasse Klette und Einmannhund ist auch er nicht.

    Also Liebe und Bindung entsteht auf jeden Fall, wenn man offenherzig an eine Beziehung geht, den anderen in sein Herz lässt ( und ich denke, Hunde haben damit keine Probleme, eher die Menschen). Vielleicht war ich bei meinem 2. Hund noch nicht so richtig über den Tod meines langjährigen Gefährten hinweg, oder aber, es hat zwischen uns charakterlich einfach nicht 100% gepasst. Dabei haben die Dogge und ich uns in den letzten Jahren wortlos verstanden und vielleicht hat sich mich ebenso tief geliebt, wie mein erster Hund. Ich kann nur von mir sprechen und sage, dass die Qualität der Beziehung durchaus variieren kann.

    Von nicht mögen oder gar hassen, kann ich allerdings nicht sprechen.

  • Für meine Hunde ist mein Freund auch verzichtbar, wobei ich nicht sagen würde, dass sie ihn nicht mögen. Er verteilt immer Käse. xD
    Aber mir tut es leid, ich würde ihm einen Hund wünschen, der ihn anhimmelt, und dann würde ich großzügig gerne die zweite Geige spielen!


    Zum eigentlichen Thema: Ich kann es mir nicht vorstellen, weil ich meine Hunde bisher alle sehr geliebt habe. Aber sollte es dazu kommen, würde ich der Ursache auf den Grund gehen und dann entscheiden, was a) das Beste für den Hund ist -also ob ihn das tangiert oder nicht und b) ob ich damit leben kann, wenn es dem Hund bei mir trotz allem gut geht.
    Da ich immer ältere Hunde nehme, lege ich mich ja nicht auf 15 Jahre fest.

    Aber wie gesagt: Ich kann´s mir kaum vorstellen.


    Wichtig finde ich, dass es kein Tabu sein sollte! Wenn jemand schreibt, dass er seinen Hund nicht mag, dann ist er deswegen kein schlechter Mensch, sondern vielleicht nur ehrlich, vielleicht sogar verzweifelt. Und dann sollte er auch nicht zerrissen werden, wenn er vielleicht ein anderes, passenderes Zuhause für den Hund sucht.

  • Du bist ich????

  • Ich habe das mit Leni :shushing_face:

    Geholt aus dem Tierheim für mich hatte sie andere Pläne. Leni "mag" weder mich noch meine Mutter, dafür hängt sie wie doppelseitiges Klebeband an meinem Vater. Deshalb habe ich auch nie eine richtig enge Bindung zu ihr aufbauen können.


    Ich versorge sie, sie schläft bei mir im Zimmer und ich "darf" sie auch ab und zu mit zum Hundeplatz nehmen.


    Aber "brauchen" tut sie mich nie. Nehme ich sie mal mit zum Gassi geht sie ernsthaft mittig auf der Straße hin, pinkelt einmal und geht mittig wieder zurück. Es vergehen Tage wenn nicht Wochen wo ich sie nichtmal streichle. Einfach weil sie mich keines Blickes würdigt außer ich habe Futter :smiling_face_with_halo: Und wenn ich die 3 Jungs zum Gassi einpacken dreht sie sich nichtmal zu mir um.


    Dafür klebt sie wie Pattex an meinem Vater, liegt immer in seiner Nähe, ist stundenlang ohne Leine mit ihm am Stall oder liegt zu seinen Füßen.

    Wir haben sogar schon den Klassiker ausprobiert, ich steh mit der Leine da, sie dreht sich rum und legt sich zu meinem Vater. Deutlicher geht es kaum :dizzy_face:


    Dann halt nicht :shushing_face:

  • Ob man den Hund wirklich in sein Herz lassen kann und lieben, hängt meiner Meinung auch nach ganz stark damit zusammen, ob man sich die richtige Rasse ausgewählt hat.

    Wenn man sich zb aus Unkenntnis einen Jagdhund holt, aber diese ganze Jagdsache einen total nervt. Oder man holt sich einen verschlossenen Akita, obwohl man eigentlich einen offenen fröhlichen Pudel gebraucht hätte. Wenn man die jeweiligen Rasseeigenschaften komplett nicht ab kann oder verstehen kann, wird es schwierig.

    Meine Leidenschaft ist zb der BC, ich hab aber auch 15 Jahre lang einen Kleinpudel gehabt. Ich hab den Kleinen lieb gehabt, aber er hat mich mit manchen seiner Eigenschaften - für die er nichts konnte, weil sie einfach Rassetypisch sind! - immer wieder zum Wahnsinn gebracht. Beim BC kann mich merkwürdigerweisen nichts nerven, obwohl diese Rasse auch sehr anstrengend sein kann. Für mich blieb der Pudel immer wie ein Kleinkind, er wurde mental nicht erwachsen, das hat mich gestört.

    Deswegen finde ich eine Rasseberatung durch erfahrene Trainer, bevor man sich einen Ersthund zulegt, keine schlechte Idee. Ich sehe hier in meinem Umfeld immer wieder Hunde und Haltergespanne, die überhaupt nicht zusammen passen.


    BettiFromDaBlock - deine Sichtweise ist sehr philosophisch und sehr interessant, ich muss das noch ein Weilchen in meinem Kopf wälzen - Danke fürs Teilen deiner Gedanken.

  • Das Rassedings kann ich nur unterschreiben. Ich hatte mir damals den Spitz als Rasse rausgesucht. Aber als ich Charly das erste Mal gesehen hab, schoss mir gleich durch den Kopf „Das ist nicht mein Hund!“ Er sah vollkommen fertig aus, unnahbar und einfach fremd. Noch dazu sein spezielles Verhalten, wegen dem er schon xmal das Zuhause gewechselt hatte. Drei- oder viermal ist er mir angeboten worden und ich habe jedesmal abgelehnt. Ich hätte alle genommen, nur nicht den.


    Nun ja, hat ja wunderbar funktioniert, wie man sieht. Er kam auch erst unter dem Deckmantel der Pflege, da baute sich auch sehr lange kein „Wir gehören zusammen“ Gefühl auf. Allerdings gab es für ihn keinen Plan B und so blieb er. Und wenn er nicht zumindest ein paar rassetypische Eigenschaften gehabt hätte und als Spitz in seiner Rolle als Wach- und Hofhund voll aufgegangen wäre, wäre er definitiv wieder ausgezogen.


    Ich glaube, es hat mehr als ein Jahr gedauert, bis ich nicht mehr daran dachte, ihn abzugeben. Und auch heute noch bin ich oft von ihm genervt, aber ich mag ihn und wir haben eine gute Bindung zueinander. Es hat aber sehr lange gedauert, bis sich die entwickelt hat.


    Was ich außerdem wichtig finde zu unterscheiden: Ist es so ein „Ich mag den Hund irgendwie nicht, aber er ist trotzdem voll okay“ oder ein „Ich mag den Hund nicht, er geht mir ständig auf die Nerven“. Das erstere finde ich relativ unproblematisch, wenn niemand drunter leidet. Im letzteren Fall wäre eine Abgabe wohl besser.

  • bei Hunden die ich mir selber ausgesucht habe, kann ich mir das nicht vorstellen. Wohl aber wenn ich "durch einen Zufall" an einen Hund kommen würde.

  • Hmm eine sehr vielschichtige Frage und ich finde nicht, dass man irgendwas pauschal antworten kann.


    Zum einen sehe ich es inzwischen so: Hunde stecken eine Vermittlung in sehr gute, ggf sogar besser passende Hände sehr gut weg oder blühen evtl auf. Wenn es genauso gut oder besser passt, empfinde ich eine wohldurchdachte Abgabe in vielen Fällen als verantwortungsbewusster und fürs Tier als positiver, als es rein aus Prinzip zu behalten (immer vorausgesetzt dieser besser passende Halter ist verfügbar und möchte den Hund aufnehmen).

    Beispiel dazu: mein Felchen. Die Vorbesitzer haben sie sicher auch sehr geliebt, aber aus verschiedenen Gründen musste Feli zurückstecken. Zu uns kam sie, als sie 5 Jahre alt war. Sie ist regelrecht aufgeblüht und in den folgenden zwei Jahren hatte man das Gefühl, sie werde jünger, als älter (auch optisch, wenn man sich Fotos anschaut)



    Zum anderen finde ich persönlich aber die romantische Vorstellung, alles ist immer rosarot und passt perfekt von Anfang an, man versteht sich nur mit Blicken und hat keine Probleme, sehr verklärt.

    Mag sein, dass man sowas mal mit einem Hund hat. Aber in der Realität sieht das doch meistens etwas anders aus... und das ist überhaupt nicht schlimm. Bei dem einen Hund hat man sofort eine Bindung, bei dem anderen muss man daran arbeiten. Der eine beschert einem Falten und graue Haare, der andere ist viel unkomplizierter. Aber das alles ist für mich noch kein Grund zur Sorge. Wichtig finde ich jedoch, dass man darüber reden darf und es kein Tabu ist! Man ist KEIN schlechter Hundehalter, nur weil man mit einem Hund nicht sofort ein inniges Verhältnis hat. Und es ist überhaupt KEIN Problem, wenn man sich eingesteht, dass man vielleicht nicht immer Seelenhunde / once in a lifetime dogs und sonstwas Abgefahrenes hat.


    Ich für mich kann sagen, dass ich alle meine Hunde sehr lieb hab und zwar bedingungslos, sie müssen nicht immer funktionieren. Aber es hat durchaus unterschiedlich lange gedauert, diese Zuneigung zu entwickeln, es bei dem einen vielleicht mehr Stolpersteine gab als bei dem anderen.

    Und jeder hat seinen eigenen Platz. Ich finde "lieb haben" kann man nicht quantifizieren, im Sinne von den einen hab ich zu 45% lieb, den anderen zu 60%. Jeder hat seinen besonderen Stellenwert, der eine ist einem etwas näher als der andere, aber auch das mag sich im Zeitverlauf vielleicht ändern.

    Und dass man sich dem einen näher fühlt, finde ich auch überhaupt nicht schlimm. Das heißt ja nicht, dass man den anderen schlechter behandelt.



    Abgabe käme für mich in Frage, wenn man anhaltend nicht zueinander findet, die Lebensumstände so gar nicht zusammen passen oder die eigene Gefühlswelt Auswirkungen auf die Behandlung des Hundes hat.

  • Ob man den Hund wirklich in sein Herz lassen kann und lieben, hängt meiner Meinung auch nach ganz stark damit zusammen, ob man sich die richtige Rasse ausgewählt hat.

    Wenn man sich zb aus Unkenntnis einen Jagdhund holt, aber diese ganze Jagdsache einen total nervt.

    Hm, habe das ganze Spektrum und wusste vorher nicht so richtig, worauf man sich da einlässt. Pointer, der eigentlich nie bei einem beim Spaziergang ist (hatte ich in diesem Ausmaß nicht erwartet), superwuseliger durchgeknallter Springerspaniel (nein, das Maß an Wuselikgeit hatte ich auch hier nicht erwartet) und ein viel zu viel denkender Akitamix. Wahl erfolgte nüchtern gesagt 100 Prozent nach Optik. Ich hab sie alle gleich lieb und nach wenigen Tagen. Da musste nichts "großartig wachsen". Wortloses Verständnis wird es hier glaub ich niemals geben, ich weiß, davon berichten hier viele im Dogforum. Mein Senior war bis zum letzten Tag zur kreativen Lebensgestaltung motiviert, Wortlosigkeit würde hier Chaos bedeuten.


    Zitat

    Ich finde es eher befremdlich, wenn jemand sagt, ich hab den Welpen zwar erst seit zwei Wochen, aber ich liebe ihn schon heiss und innig.


    War bei mir bei jedem Welpen nach wenigen Tagen so und die ersten Wochen hab ich auch jeweils übermäßig viel an den jeweiligen Hund gedacht^^. Das Phänomen gibt es eigentlich bei frischen Eltern.


    Zitat

    Zum anderen finde ich persönlich aber die romantische Vorstellung, alles ist immer rosarot und passt perfekt von Anfang an, man versteht sich nur mit Blicken und hat keine Probleme, sehr verklärt.


    Für mich persönlich sind Probleme und meine Bindung zum Hund irgendwie vollständig dissoziiert. Ich weiß aber, dass tendenziell verschiedene Faktoren dazu führen, dass die Bindung zum Hund schwächer wird. Laut Studien sind das eigene Kinder, die Verwendung als reine Arbeitshunde , als problematisches empfundenes Verhalten, wenig miteinander verbrachte Zeit und wenig vom Hund gegenüber dem Menschen gezeigte Affektivität.


    Zitat

    Jeder kennt sie wohl, die Momente, wo man den eigenen Hund gern an die Wand klatschen will. Das hat für mich nichts mit „nicht mögen“ zu tun, sondern sind einfach Phasen und Momente. Man ist ja auch nicht immer gut drauf und hoffentlich nicht immer mies gelaunt.


    Nope

  • Zitat

    Zum anderen finde ich persönlich aber die romantische Vorstellung, alles ist immer rosarot und passt perfekt von Anfang an, man versteht sich nur mit Blicken und hat keine Probleme, sehr verklärt.


    Für mich persönlich sind Probleme und meine Bindung zum Hund irgendwie vollständig dissoziiert. Ich weiß aber, dass tendenziell verschiedene Faktoren dazu führen, dass die Bindung zum Hund schwächer wird. Laut Studien sind das eigene Kinder, die Verwendung als reine Arbeitshunde , als problematisches empfundenes Verhalten, wenig miteinander verbrachte Zeit und wenig vom Hund gegenüber dem Menschen gezeigte Affektivität.

    Zitat

    Ich finde es eher befremdlich, wenn jemand sagt, ich hab den Welpen zwar erst seit zwei Wochen, aber ich liebe ihn schon heiss und innig.


    War bei mir bei jedem Welpen nach wenigen Tagen so und die ersten Wochen hab ich auch jeweils übermäßig viel an den jeweiligen Hund gedacht^^. Das Phänomen gibt es eigentlich bei frischen Eltern.

    Da stimme ich einerseits zu, ich hatte ja auch geschrieben, dass ich die Hunde ohne Bedingungen lieb hab. Also unabhängig von gezeigtem Verhalten.

    Aber ich muss andererseits sagen, dass dieses Gefühl schon wachsen muss - ich habe das nicht quasi "sofort von Tag 1 an". Besonders beim erwachsenen Hund musste man sich auch erstmal "Kennenlernen" - ein Welpe ist vllt nochmal was anderes, denn das ist einfach nur ein Baby. Zumindest mir ging es so, dass ich Feli zB zwar von Anfang an mochte, aber eine Bindung und dieses "lieb haben" hat schon eine Zeit lang gedauert.


    Das Gefühl des "verschossen seins" in den Welpen ab sofort kenne ich auch, hat aber für mich irgendwie eine andere Qualität als die Bindung, die ich dann mit meinem 1 oder 2 Jahre alten Hund habe :denker:

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