Unser Mops ist aggressiv. Schon soviel versucht. Was hilft?

  • Ich bin zwar nicht flying-paws , aber ich kann es zumindest grob und laienhaft erklären.


    Sinn des Floodings (beim Tier) ist, dass der Organismus lernt, dass auch stärkste Angst- und Panikzustände überwunden werden können. Der Organismus kann biologisch kein „Dauerfeuer“ aufrecht erhalten, wenn der Angstauslöser andauernd gleichbleibend äußerst stark bleibt, die Hormonausschüttung mit den Stressfolgen für den Körper fährt runter.


    Beim Menschen ist der kognitive Anteil wichtig, die Erfahrung, dass die Angst von selbst abebbt, ohne dass der Mensch aktiv Gegenmaßnahmen ergreift, ist hilfreich zur Bewältigung der „Angst vor der Angst.“ Der Mensch lernt platt gesagt (wenns funktioniert), dass er auch die übelste angstbesetzte Situation überlebt und nicht in der Panikstarre verbleibt. Die Situation wird sehr gut vorbereitet.


    Beim Tier fehlt nach Lehrmeinung der kognitive Faktor und entsprechend auch die Vorbereitung, mit ein Grund, warum Flooding beim Tier sehr umstritten ist. Es gibt allerdings zahlreiche Berichte, dass es funktioniert, also ist die Vermutung da, dass auch der Organismus selbst „lernen“ kann, dass Angst nicht persistiert. Ohne den erleichternden Effekt des Schlafs der Erschöpfung würde das aber wegfallen, der Organismus bliebe in Panik und die Verknüpfung zwischen „Draußen sein“ und Panik bleibt erhalten.

  • Für die Tasche musst du sie anfassen und heben können. Solange sie sich dagegen dermaßen sträubt und mit beißen reagiert, bitte nicht. Dazu musst du erst wieder ihr Vertrauen haben und sie anfassen können.

    Bekommt Molly in der Tasche Panik, ist das ein weiterer Vertrauensverlust. Ggf. springt sie dir sogar aus der Tasche, wenn du diese anhebst.

    Nein, Stop, so darf es natürlich nicht laufen!!! :shocked:


    Ich habe es weiter vorne beschrieben, dass Selinchen die Kleine ganz langsam an die Tasche gewöhnen soll mit Leckerchen, Spielzeug, ihrer gewohnten Kuscheldecke, halt etwas, das sie kennt und toll findet.
    Erst wenn sie entspannt freiwillig in die Tasche reingeht, kann sie Molly mal etwas streicheln, die Tasche leicht bewegen und dann Schritt für Schritt vorsichtig hochheben.
    Das braucht halt eben auch "Hunde-Verstand", um so eine Tasche positiv zu besetzen, damit Molly nicht auch noch vor der Tasche Panik kriegt. Das alles braucht Zeit, viiiiiel Zeit!

  • Momo und Lotte , es geht mir aber hier darum, dass das kleine bisschen Vertrauen, was Molly hatte, als sie in ihre neue Welt kam durch die aversiven Erziehungsversuche kaputt gemacht wurde.


    Es ist einfach eine andere Ausgangslage, ob man einen Hund hat, der ängstlich ist und mit dem man von Anfang an verständnisvoll umgeht und ihn langsam an alles heranführen kann oder ob der Hund schon gelernt hat, dass von seiner Bezugsperson "böses" kommt..verstehst Du, was ich meine?

  • Aber wir wissen doch gar nicht, inwieweit Molly der TE vertraut?

    Die aversiven Methoden hat die TE schon kurz nach Thread-Erstellung eingestellt. Und auch vorher bestand nun nicht der ganze Alltag aus solchen Methoden, so wie ich es verstanden habe. Also finde ich es schwierig, jetzt einfach als Fakt festzulegen, dass überhaupt gar kein Vertrauen zwischen Molly und der TE besteht.

    Es gibt natürlich Hunde, die nach wenigen solcher Korrekturen erstmal komplett mit einem Menschen abschließen und Abstand halten. Andere Hunde verzeihen viel mehr solcher Methoden. Wir wissen schlicht nicht, wie das bei Molly ist.

    Und ich finde auch, Vertrauen baut man doch großartig dadurch auf, dass man den Hund im richtigen Tempo an die Welt ranführt. Deswegen würde ich ebenfalls denken, dass (weiterer) Vertrauensaufbau und an-die-Welt-ranführen (zB über sehr kurze Einheiten an der Haustür oder über Gartengewöhnung) parallel stattfinden können.

  • Ein Hund der mir vertraut, schnappt nicht wild um sich, sobald ich ihn anfassen möchte, sofern er keine körperlichen Beschwerden hat. Ein Hund, der mir vertraut kann auch mal unangenehme Dinge wie hochheben ertragen, weil er weiß ich tue ihm nichts...


    Also kann man hier leider sehr wahrscheinlich (anhand der Schilderungen von Selinchen) davon ausgehen, dass Molly momentan niemandem vertraut und jederzeit mit "schlimmen Dingen" rechnet.


    Das meine ich absolut nicht böse, es ist aber ein Punkt den man bedenken sollte. Für Molly ist Selinchen aktuell nicht "der Rettungsanker" draussen, sondern eine zusätzliche Bedrohung.

  • Zu lernen, als Hundeanfänger aus den ganzen zuerst geglaubten Falschinformationen rauszukommen - braucht Zeit.

    Sich Wissen, vor allem aber auch einen Blick für den Hund und richtiges Timing anzueigenen - braucht Zeit.

    Sich durch Trainingsansätze durchzutesten - braucht Zeit.

    Ein Vertrauensaufbau, vor allem wenn nie viel da war und das dann auch noch in Scherben liegt - braucht Zeit.

    Einem panischen, zutiefst verunsicherten Hund die Welt in kleinen Schritten näher zu bringen - braucht Zeit.

    Diesen Hund zuerst mal ein wenig aus dem Dauerstress runter zu fahren, schon rein hormonell - braucht Zeit.


    Das Problem ist: Diese Zeit hat es hier nicht!


    Und ein weiterer Faktor kommt mir hier immer ein wenig zu kurz, und das ist das Kind. Für all das, was für Molly nötig wäre, braucht Selinchen ordentlich Zeit und Nerven. Zwei Dinge, die mit einem Kleinkind im Haus nicht gerade üppig vorhanden sind, zumindest so, wie ich Kinder in diesem Alter täglich erlebe. Dazu die Ruhe, damit Molly draußen die Schritte in ihrem Tempo machen kann, gar nicht so einfach wenn dann im Hintergrund kommt "hab Hunger, muss Pipi, ..." Wieder drin bräuchte Molly dann viel Ruhe, um alles zu verarbeiten. Ruhe und Kleinkinder? Das ist oft genug so was wie die Quadratur des Kreises, Kinder sind lebhaft, entdecken die Welt, machen Quatsch, und all das sollen sie auch dürfen! Tja, und entgegen jeder Hoffnung wird sich das nicht unbedingt legen, im Gegenteil. Molly wird zu allem Glück als kleiner Hund in wenigen Monaten in die Pubertät kommen, mit all dem Chaos, das damit einher geht; das Kind - zwei Jahre, wenn ich das richtig im Kopf habe? - dann demnächst ordentlich in die Fantasiephase, in der die Welt von allerlei Eindrücken wimmelt, die man als Erwachsener nicht sehen kann, wo auch diffuse Ängste auftauchen, wo Rollenspiele gelebt und ernst genommen werden wollen, auch mit dem Hund... Das ist das, was absehbar bevorsteht. Bevor man es sich versieht, kommt das Kindergartenalter, da wird es laut und albern, und vor allem, nun wollen Kinder auch Freunde daheim haben, die mit ihnen laut und albern sind. Völlig normal und ok, aber die Hölle für einen Hund mit Angst. Nicht umsonst ist "nur Familienhund" ein echt harter Job, wenn es um eine Familie mit Kindern geht, da muss ein Hund so einiges abkönnen. Das krieg ich in meinem Kopf mit einem Hund wie Molly einfach nicht zusammen, ich sehe nicht, wie irgendwer damit glücklich werden soll. Auf keinen Fall Molly. Auch nicht das Kind, das lernen muss, "lass den Hund in Ruhe", "nicht anfassen", "nicht mit ihr spielen", "bleib da weg", "nicht so laut jetzt", "nein, du darst sie nicht an der Leine halten", "sag deinen Freunden aber dass...". Und Selinchens Traum kann da schnell zum Alptraum werden, wenn sie beides, Kind und Hund, unter diesen Umständen jonglieren soll. Deshalb wiederhole ich noch mal die Frage, die ich schon ganz zu Anfang dieses Threads gestellt hatte: Wer wird in dieser Situation eigentlich glücklich?

  • Montagsmodell, ich möchte deinen Beitrag gerne 100x liken!


    Es geht mir hier auch überhaupt nicht darum, Selinchen schlecht zu reden oder ihr ein schlechtes Gewissen zu machen, ich hoffe, das hat jeder hier verstanden.


    Aber: solange die Basis, sprich das Vertrauen, nicht stimmt, braucht man sich an irgendwelchen "Draussen-Gewöhnungs'Strategien" nicht zu versuchen, das kann einfach nicht funktionieren.


    Ich habe ja selbst Kind und Hund und ich muss ganz ehrlich sagen, selbst mit Hundeerfahrung und einer bereits etwas älteren Tochter mit 6 Jahren, wäre ein Hund wie Molly eine echte Hausnummer hier. Hinzubekommen ja, aber mit viel viel Herzblut und noch mehr Zeit und Opfern, die auch zu Lasten meiner Tochter gehen würden.


    Dessen muss sich Selinchen einfach bewusst werden.

  • Montagsmodell

    Das sehe ich jetzt bei uns mit den Enkelkindern, einer 4 Jahre, zwei 2 Jahre und eins im Kinderwagen. Da ist manchmal RICHTIG was los. Abby ist zu uns gekommen, als der Älteste 1 Jahr alt war. Sie steckt das Chaos cool weg, bleibt auch immer in der Küche, obwohl sie sich jederzeit in den Flur zurückziehen könnte. Ein Angsthund in wäre in dieser Situation nicht denkbar.

    Ich denke, dass das Kleinkind in der Familie auch nicht zu kurz kommen darf.

  • Ich kann dem ganzen nur zustimmen, ich habe drei Kinder plus Hund und das seit Dezember allein erziehend. Klar wir haben auch Baustellen - an denen wir stetig arbeiten. Aber ich muss Nymeria in einem loben, sie ist wirklich wahnsinnig geduldig und lieb mit meinen Kindern (zwischen 4 und 9 Jahre) - aber meine Kinder sind halt nun auch schon einen Ticken älter jetzt und verstehen wenn ich sage der Hund wird nun in Ruhe gelassen. Anfangs als die Jüngste erst zwei war und Nymeria noch ein Welpe, war das noch deutlich mehr Management und hat sehr viel Zeit und Geduld erfordert. Dazu kommt auch noch, das Nymeria nie ein Angsthund war zum Glück, da sie dort wo sie geboren wurde auch schon alles kannte - Kinder, andere Hunde (jetzt ein Problem), Pferde und Katzen.

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