Eine wunderbare Männerfreundschaft
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Ein guter Freund und Kollege, seit ca. 30 Jahren passionierter "feliner Resteverwerter" (will sagen: er hatte immer Katzen, die niemand sonst wollte), zog vor drei, vier Jahren aus praktischen Gründen vom eingemeindeten Dorf aus einem freistehenden, kleinen Haus ins Zentrum der betreffenden Kleinstadt in eine Dreizimmerwohnung im ersten Stock und ließ blutenden Herzens seine letzte Freigängerkatze bei seinen damaligen Vermietern, wo Madame immer noch als verwöhnte Einzelprinzessin residiert.
Nach dem Umzug, nun katzenlos, übernahm er immer mal wieder Patenschaften oder spendete für "feline Reste" im örtlichen Tierheim und hielt natürlich fleißig Ausschau nach einer passenden Mitbewohnerin, die die reine Wohnungshaltung schon kannte, bevorzugt schon älter, da selber auch nicht mehr ganz taufrisch.
Nun, vor einigen Wochen war es soweit:
H., ein kastrierter Kater, hatte früher einer alten Dame gehört, die gestorben war, kam in ein anderes Tierheim, wurde als Freigänger auf einen Pferdehof vermittelt - und war dort mit all dem Trubel und den ganzen anderen Katzen todunglücklich, lief weg, wurde schließlich in der Nähe der besagten Kleinstadt aufgegriffen und kam ins dortige Tierheim.
Auch hier musste er einzeln gehalten werden, und zudem stellte sich heraus, dass er starker Allergiker ist. So mussten ihm die dauerwunden Ohrspitzen amputiert werden.
Laut Tierheim ein Kater, der "einfach nur dasitzen und seine Ruhe haben will".
Unnötig zu sagen, dass sich niemand für ihn interessierte; ich glaube, er war noch nicht mal auf der Vermittlungsseite, weil eben tierärztlich noch an den allergischen Symptomen gewerkelt wurde.
Mein Freund, M., erfuhr nur zufällig von H., weil er mittlerweile im Tierheim gut bekannt ist, ließ sich alles berichten, was die Mitarbeiter von H. wussten, und beschloss, ihn sich mal anzusehen.
H. saß wohl einfach nur in seinem Einzelzimmer da und ließ sich aus einer bestimmten Entfernung - bei Unterschreitung verschwand er in der Höhle am Katzenbaum - betrachten, an Anfassen war nicht zu denken.
M. ging in sich, beschloss, der oder keiner, und holte H. eine Woche später ab, weil er erst mit dem neuen Vermieter wegen der Einnetzung des Balkons sprechen musste - und natürlich das Netz installieren...
Langer Rede kurzer Sinn:
Das Katertier, das die ersten Tage in seinem Katzenkorb unter dem Bett verbracht und sich nur nachts geregt hatte, um zu fressen und seine Geschäfte zu erledigen, taute mit jedem Tag mehr auf und interessierte sich brennend für das von M., der selber starker Allergiker ist, zubereitete Fleisch.
Das Kratzen und Beißen und Herausreißen von Fell ist Geschichte, Katers Fell ist wieder dicht und glänzend, und wenn M. ihm nicht selber frisches Fleisch zubereitet (roh mögen der gnädige Kater nicht), gibt es eine Auswahl der besten, feinsten Reinfleischdosen.
Auf den Balkon geht König Kater nur, wenn auch sein neuer Leibkoch rausgeht, ansonsten ist er schwer in der Wohnung beschäftigt.
So kommen fast täglich Katerfotos per Mail mit kurzen Kommentaren von H. darunter.
Die vorletzte Mail zeigte das Katertier in mehreren Posen (u. a. mit Tatze am T-Shirt) vor dem Wäscheständer, dazu der lakonische Text à la Torsten Sträter:
"Hallo. Helfe gerade M. im Haushalt. Prüfe, ob die Wäsche schon trocken ist, und hänge sie ab. Aufsammeln und zusammenlegen darf M. selber. Viele Grüße Euer H."
Ich finde, H. sollte unter die Schriftsteller gehen
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