Tierschutzgesetz vs. Vibrissen kürzen

  • Das Ganze ist halt auch eine ethische Frage und man muss sich halt immer wieder die Frage stellen, ab "wann" ist etwas nicht mehr vertretbar? Und die Grenzen sind da sicher fließend und werden von jedem auch an anderer Stelle gezogen.


    Natürlich kommen Hunde auch ohne Vibrissen klar! Weil sie es eben mit anderen Sinnen gut kompensieren können. Genau wie blinde Hunde, taube Hunde und zahnlose Hunde ihre Beeinträchtigungen auch gut kompensieren können.

    Und mir ist schon klar, dass im Verhältnis die Wahrnehmung der Umgebung durch Vibrissen vielleicht nicht so stark gewichtet werden kann/muss wie Taubheit/Blindheit.

    Aber wenn ein Hund funktionierende Vibrissen hat, dann nutzt er sie auch. Wahrscheinlich viel subtiler, als viele Menschen das mitbekommen.


    Ob er sie zwingend braucht? Wahrscheinlich nicht. Aber er braucht auch nicht zwingend vier Beine, alle Zähne oder ne Rute, um zu überleben.

  • Ich finde nicht, dass man Einschränkungen der Sinneswahrnehmungen in Kauf nehmen sollte, nur weil Hunde sie kompensieren können. Und wie gesagt, dass Vibrissen bei Hunden im Gegensatz zu ihren nächsten Verwandten nicht funktional sind - ihr Fehlen oder "so züchten, dass sie genau so gut fehlen könnten" also keine Einschränkung der Sinneswahrnehmungen darstellt - ist nicht bewiesen.

    Die derzeitigen Maßnahmen zielen aber nicht darauf ab, dass nur noch Hunde mit nachweislich funktionalen Vibrissen gezüchtet werden. Sondern es gibt schlicht ein Schneideverbot der Vibrissen, völlig unabhängig davon ob diese funktional sind oder nicht. Sofern man also von der Notwendigkeit funktionaler Vibrissen überzeugt ist und deren Fehlen als Qualzuchtmerkmal einstuft, hat diese Vorgehensweise m.A.n. wenig Sinnhaftigkeit sondern in erster Linie Alibifunktion.

  • Ich finde nicht, dass man Einschränkungen der Sinneswahrnehmungen in Kauf nehmen sollte, nur weil Hunde sie kompensieren können. Und wie gesagt, dass Vibrissen bei Hunden im Gegensatz zu ihren nächsten Verwandten nicht funktional sind - ihr Fehlen oder "so züchten, dass sie genau so gut fehlen könnten" also keine Einschränkung der Sinneswahrnehmungen darstellt - ist nicht bewiesen.

    Die derzeitigen Maßnahmen zielen aber nicht darauf ab, dass nur noch Hunde mit nachweislich funktionalen Vibrissen gezüchtet werden. Sondern es gibt schlicht ein Schneideverbot der Vibrissen, völlig unabhängig davon ob diese funktional sind oder nicht. Sofern man also von der Notwendigkeit funktionaler Vibrissen überzeugt ist und deren Fehlen als Qualzuchtmerkmal einstuft, hat diese Vorgehensweise m.A.n. wenig Sinnhaftigkeit sondern in erster Linie Alibifunktion.


    Naja, ist grad Symptombekämpfung. Genau wie das aktuell mit den Brachycephalen gemacht wird. Da gibts ja auch noch kein komplettes Verbot, sondern halt einzelne Hunde, die entsprechende Merkmale aufweisen, die dann ausgeschlossen werden (können).


    EDIT: und falls das so rüberkommt, nein, ich bin kein radikaler Vibrissen-Verfechter - aber ich denke, man muss auch einfach mal überlegen, auf welcher Argumentationsgrundlage die Ämter das aktuell durchsetzen und welche Entscheidungen es diesbezüglich eben auch schon bei Katzen und Pferden gegeben hat.

  • Was ich mich nur dann immer frage - was sind denn „funktionierende“ Vibrissen?

    Kimis Vibrissen locken sich fröhlich im Gesicht rum, „funktionieren“ die dann noch?

    Elliot hat nicht halb so viele Vibrissen wie Kimi und die wachsen echt eher kümmerlich und gebogen vor sich hin, „funktionieren“ die?

    Ich glaube immer noch daran, dass die ganze Sache sich beim Pudel wirklich anders verhält als bei anderen Rassen, aber das ist mein Gefühl und ich kann es nicht belegen. Ich merke an meinen Hunden definitiv keinen Unterschied, ob die Schnauze ausgeschoren ist oder nicht. Die haben beide ein gutes Körpergefühl, mit langen gelockten Vibrissen und mit abgeschorenen Vibrissen genauso.

  • Ich finde ja die Argumentation mit der Natürlichkeit in Bezug auf Hunde immer ein wenig schwierig.


    dass Hunde ohne diese in freier Wildbahn nicht überleben würden

    Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber ist das wirklich die Frage? Hunde sind nun mal nicht einfach so was wie defizitäre Wölfe. Sondern haben, evolutionär gesehen, die Anpassungsstrategie gefunden, ein Bündnis mit der zur Zeit erfolgreichen Spezies Mensch einzugehen. Was, ebenfalls Stand jetzt, durchaus aufzugehen scheint: Die Anzahl der weltweit lebenden Hunde übersteigt die der weltweit lebenden Wölfe um ein drastisches Vielfaches. Wobei auch der weite Großteil der freilebenden Hunde sich in Menschennähe aufhält, nicht in der Wildnis. Ist also die Frage nach einem Überleben in der Wildnis wirklich diejenige, die sich bei einem Tier, das wie kein anderes das Zusammenleben mit dem Menschen gewählt hat, in einer Welt, die drastisch menschengeprägt ist, aufdrängt?


    Ich wiederhole mich mal: Die Evolution macht keine Fehler die überleben, Fehler werden auf lange Sicht eleminiert.

    Auf lange Sicht wird keiner von uns als Spezies Bestand haben. Die Hunde nicht, wir nicht. Die Evolution ist einerseits eine Geschichte von Überlebenden, aber ebenso auch eine gewaltige Aneinanderreihung von Sackgassen. Was nicht heißt, dass diese nicht zu ihrer Zeit sehr erfolgreich waren. Wie viel Sinn macht also so eine Argumentationsweise? Wobei evolutionär gesehen durchaus Merkmale ohne jeden Sinn über lange Zeit Bestand haben können, so lange sie das Überleben und die Fortpflanzung nicht einschränken, quasi ein "ist doch egal" sind.


    Ich sehe also diese ganze Frage nach Natürlichkeit und Wildnis in Bezug auf den Hund ein wenig als "Thema verfehlt" an. Was mir dagegen wichtig ist ist eine Frage, die sich evolutionär gesehen gar nicht stellt: Wie geht es dem Individuum damit? Wie es Harari im Buch "eine kleine Geschichte der Menscheit" so treffend sagt: Die Evolution schert sich nicht um das Glück des Einzelnen. Genau das sollten wir bei unserem angeblich besten Freund aber tun, finde ich. Und zwar aus ethischen Gründen.



    Unter diesem Blickwinkel gesehen hat ein Hund in Wohnungshaltung zum Beispiel ein super isolierendes Fell gar nicht nötig, es kann sogar u.U. störend werden. Nicht nur für den Halter, sondern auch für den Hund, der sich beispielsweise, statt in der Nähe seiner Menschen zu liegen, in einen oft abgelegenen Raum mit Fliesen zurückziehen muss. Während ein Hund, der durch seine Anatomie Schmerzen hat, definitiv leidet. Die Vibrissen sind so gesehen in einer Grauzone angesiedelt. Hunde mit funktionalen Vibrissen können diese auch einsetzen, klar. Hat ein Hund mit weniger oder gar nicht funktionierenden Vibrissen dagegen nun Einschränkungen, die seine Lebensqualität herabsetzen? Beeinträchtigt ihn das in seinem Lebensglück? Und das weit genug, um andere Vorteile des entsprechenden Hundetyps zu überwiegen? Das ist doch die wichtige Frage.

  • Kurzer Einwurf, fernab von Vibrissen – würde der Pudel in freier Natur überleben? Oder würde er irgendwann total verfilzen und könnte keine Nahrung mehr aufnehmen, hätte so dicke Fellknäul, unter denen sich dann die Haut entzündet... . Die "verkümmerten" Vibrissen scheinen ja schon irgendwie mit der Beschaffenheit des Fells einherzugehen.


    Aber ich denke auch nicht, dass es ein Maßstab ist, ob der "Hund in der Natur" überleben könnte. Es ist ja eine "Zucht" und da ist es eben kein Zuchtziel, dass jeder Hund in der Wildniss zurecht kommen soll.

  • Was ich mich nur dann immer frage - was sind denn „funktionierende“ Vibrissen?

    Kimis Vibrissen locken sich fröhlich im Gesicht rum, „funktionieren“ die dann noch?

    Elliot hat nicht halb so viele Vibrissen wie Kimi und die wachsen echt eher kümmerlich und gebogen vor sich hin, „funktionieren“ die?

    Ich glaube immer noch daran, dass die ganze Sache sich beim Pudel wirklich anders verhält als bei anderen Rassen, aber das ist mein Gefühl und ich kann es nicht belegen. Ich merke an meinen Hunden definitiv keinen Unterschied, ob die Schnauze ausgeschoren ist oder nicht. Die haben beide ein gutes Körpergefühl, mit langen gelockten Vibrissen und mit abgeschorenen Vibrissen genauso.


    Aber wieso sollten die sich so krass anders verhalten?

    Das ist für mich ein Denkfehler. Hunde sind ja nicht plötzlich "behindert" ohne Vibrissen.

    Die Vibrissen liefern einfach nur noch "zusätzliche" Information. Beim Schnüffeln, beim Tasten/Erkunden etc.


    Ich glaube auch nicht, dass man da einen besonderen Unterschied im Verhalten bemerken muss.

    Wenn ich bei bestimmten Situationen einfach mal genau darauf achte, kann ich schon erkennen, dass meine Vibrissen auch benutzen, ohne, dass sich deswegen eine radikale Verhaltensänderung ergibt.

  • Ich hab hier im Threadverlauf bisher keine „Einigung“ gelesen. Sehe ich in einer Diskussion auch nicht für notwendig an. Genauer gesagt könnte man die sich dann tatsächlich sparen.


    „Es wurde schon alles gesagt, reden wir also nicht mehr darüber“ ist auch keine Lösung. Es blockiert das Potenzial für Veränderungen. Und sorgt dafür, dass man kalt erwischt wird, wenn Andere darüber reden und daraus Beschlüsse entstehen.


    Ich empfinde es auch so, dass der Vergleich mit Taubheit oder Blindheit nicht wirklich fassbar ist bzw. beim betroffenen Besitzer erstmal Abwehr auslöst. Diese Einschränkungen sind - bei aller Kompensationsfähigkeit des Hunds - im Verhalten und den Kompetenzen bemerkbar. Nicht sofort, aber es ergeben sich zwangsläufig Situationen, bei denen offenkundig ist, dass der Hund Kompetenzen nicht hat, die andere Hunde haben.


    Bei den eingeschränkten Vibrissen sehe ich als Halter da keine eingeschränkten Kompetenzen, in keinem der Bereiche, in denen nach aktuellen Erkenntnissen Vibrissen ihre Funktion haben. Also nicht bei Kommunikation, bei Orientierung, beim Gleichgewicht oder bei der Einschätzung von Situationen. Aber wie gesagt: Wahrnehmung ist fehleranfällig und letztlich sitze ich ja auch nicht im Hundekopf und erlebe, was da vor sich geht.


    Und Vibrissen haben eine Funktion. Ich denke nicht, dass meine Pudeline leidet, weil ihre diese Funktion nicht vollumfänglich ausüben können. Aber es liegt schon auf der Hand, dass es sinnvoller wäre, wenn sie das könnten. Ist nicht angenehm, darüber nachzudenken. Es aber nicht zu tun hat dich genau die Situation entstehen lassen, die wir jetzt haben.


    Schmerzhaft wird diese Frage in dem Moment, in dem man sich überlegt, ob es ethischer wäre, auf den Kauf eines Pudels in Zukunft zu verzichten (und ethischer gewesen wäre, man hätte verzichtet). Eben weil es auch so viel gibt, was für diese Rasse spricht. Es muss aktuell jeder für sich entscheiden, wie er mit dieser Frage umgeht. Ich für mich und meine Entscheidungen finde es hilfreich, wenn über solche Fragen geredet wird. Gerne auch immer wieder und ohne dass was Neues dabei rauskommt. Denn nur so bekommt man dann vielleicht irgendwann bessere wissenschaftliche Grundlagen als aktuell zur Verfügung stehen.

  • Ich finde nicht, dass man Einschränkungen der Sinneswahrnehmungen in Kauf nehmen sollte, nur weil Hunde sie kompensieren können. Und wie gesagt, dass Vibrissen bei Hunden im Gegensatz zu ihren nächsten Verwandten nicht funktional sind - ihr Fehlen oder "so züchten, dass sie genau so gut fehlen könnten" also keine Einschränkung der Sinneswahrnehmungen darstellt - ist nicht bewiesen.

    Die derzeitigen Maßnahmen zielen aber nicht darauf ab, dass nur noch Hunde mit nachweislich funktionalen Vibrissen gezüchtet werden. Sondern es gibt schlicht ein Schneideverbot der Vibrissen, völlig unabhängig davon ob diese funktional sind oder nicht. Sofern man also von der Notwendigkeit funktionaler Vibrissen überzeugt ist und deren Fehlen als Qualzuchtmerkmal einstuft, hat diese Vorgehensweise m.A.n. wenig Sinnhaftigkeit sondern in erster Linie Alibifunktion.

    Ja, natürlich, das sehe ich genau so.

  • Ich finde nicht, dass man Einschränkungen der Sinneswahrnehmungen in Kauf nehmen sollte, nur weil Hunde sie kompensieren können. Und wie gesagt, dass Vibrissen bei Hunden im Gegensatz zu ihren nächsten Verwandten nicht funktional sind - ihr Fehlen oder "so züchten, dass sie genau so gut fehlen könnten" also keine Einschränkung der Sinneswahrnehmungen darstellt - ist nicht bewiesen.

    Die derzeitigen Maßnahmen zielen aber nicht darauf ab, dass nur noch Hunde mit nachweislich funktionalen Vibrissen gezüchtet werden. Sondern es gibt schlicht ein Schneideverbot der Vibrissen, völlig unabhängig davon ob diese funktional sind oder nicht. Sofern man also von der Notwendigkeit funktionaler Vibrissen überzeugt ist und deren Fehlen als Qualzuchtmerkmal einstuft, hat diese Vorgehensweise m.A.n. wenig Sinnhaftigkeit sondern in erster Linie Alibifunktion.

    Zumindest machen die derzeitigen Maßnahmen auf die Problematik aufmerksam. Auch wenn das manche ärgert ist es ein erster Schritt.

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