Was ist und braucht es "Druck" im Erziehung und Ausbildung?

  • Wie baue ich absichtlich Druck auf, aber auch unabsichtlich (was ja eher doof ist und kontraproduktiv sein kann)?

    Absichtlich durch Körpersprache, Stimme, allem was ich tue und was der Hund dann so empfindet. Der eine ist da empfindlicher als der andere.

    Unabsichtlich auf die gleiche Art, würde ich sagen, nur dass ich es dann eben nicht bewusst mache.


    Wann sollte ich mit/über Druck arbeiten oder sollte man das besser ganz lassen?

    Ich denke, völlig ohne Druck kann man nicht erziehen.

    Es ist ja durchaus schon Druck für manchen Hund, wenn man einen anderen Weg als der Hund gehen will, man am ruhenden Hund zu nah vorbei muss, man gerade nicht spielen oder kuscheln möchte oder genau das möchte, der Hund aber nicht.

    Beim Erlernen von Kommandos versuche ich aber, auf absichtlichen Druck zu verzichten.


    Wie reagieren Hunde auf Druck?

    Wenn der Druck sich im für die Hunde erträglichen Rahmen bewegt, reagieren sie darauf nicht in besonders auffälligem Maße.

    Sie befolgen dann das Kommando, beenden, was sie gerade tun und leben eben einfach damit.


    Wie sehe ich, dass ich zu viel Druck beim Hund mache?

    Mein erster Hund reagierte mit Gegendruck und teils sogar Aggression.

    Meine jetzigen Zwei reagieren mit Meiden, Flucht, Angst, Rückzug.

    Außerdem verhindert zu viel Druck, dass meine jetzigen Hunde ein Kommando überhaupt noch ausführen können, weil ihr Hirn dann in den Angst-Modus schaltet, sie flüchten möchten.


    Wie nehme ich Druck weg und was bewirkt das?

    Indem ich das, was der Hund gerade als Druck empfindet, beende.

    War es zu viel Druck, reagieren meine Hunde zunächst vorsichtig, manchmal mit Übersprung oder fiddeln und dann merken sie aber auch recht schnell, dass es ok war, sie nicht sterben werden und wir uns wieder völlig normal benehmen können und das tun sie dann auch.


    Auf jeden Fall sollten Hunde lernen, auch mit Druck umzugehen. An Hunde werden einfach viele Ansprüche gestellt, da lässt es sich nicht vermeiden, dass irgendwann, irgendwo und von irgendwem mal Druck ausgeübt wird. Und dann möchte ich ungerne einen Hund, der völlig zusammenbricht, weg rast oder zu packt.

  • Ach, schön, dass du dazu ein Thema aufgemacht hast :smiling_face_with_hearts: Ich geb hier gleich meinenSenf mit dazu, wenn ich darf :sweet:


    Ich verlinke dir mal eine Faden, den ich vor einiger Zeit aufgemacht hatte:


    Vielleicht sind dort für dich auch ein paar Anregungen drin. Für mich hat er damals eine Wende markiert.

    Ich hatte mich mit ähnlichen Fragen beschäftigt und war damals auf der Suche nach dem Führungsstil, der besser zu mir und meinen Hunden passt, auch durch den Input hier im Hundeforum. Ich hatte damals den Senior neu und vorher noch nie einen Terrier gehabt (okay, er ist nur ein halber, aber dazu der Dackelanteil :dizzy_face: xD ).


    starre ich sie mit einem tiefen Blick in die Augen ins Platz (gut ein bisschen körpersprachliche Drohung ist auch dabei)

    Das zum Beispiel würde ich nicht tun (du sagst ja selbst, du machst das ganz selten, und es ist eine Drohung, deshalb soll das jetzt keine Kritik sein, ich würde es halt nur nicht tun). Warum sollte ich so unfreundlich kommunizieren, wenn mein Hund durch Training ein ganz tolles Kunststückchen kennt?

    Und zwar, (stell dir vor... xD ), sag ich in freundlichem Tonfall "Jack, Platz", er klappt sich ins Platz, und dann freu ich mich wie Bolle, komm zu ihm und leg ihm was Leckeres zwischen die Pfoten und löse auf, oder ruf ihn ab und er darf mich ne Runde anspringen und ein bisschen mit mir toben, oder ich lobe ihn zumindest kurz und er hat das gute Gefühl, mir etwas recht gemacht zu haben. So oder so, ein ganz tolles Unterfangen :partying_face: :bindafür:   :lol:


    Ansonsten arbeite ich viel mit Fingerzeig und eingeübten, positiv verstärkten Abläufen, und viel, viel Begeisterung.


    Ich lass dir noch einen weiteren Link da, weil auch diese Gedanken mein Bild, wie ein guter Hundeführer auszusehen hat, beeinflusst hat. Und zwar den hier https://www.hundeherz.ch/fachb…wie-lernt-ein-hund-teil-1


    Kommt als erstes, wenn man "Lerntheorie Hund" googelt. Es lohnt sich, alle 4 Teile zu lesen, besonders Teil 3 über positive und negative Verstärker: https://www.hundeherz.ch/fachb…gative-verstaerker-teil-3


    Hier ein Auszug aus Teil 1:

    Zitat

    Welche Voraussetzungen braucht ein Hund zum Lernen?

    Die richtige Lern-Atmosphäre ist äusserst wichtig. Es gibt gewisse Grundvoraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit Lernen beim Hund überhaupt stattfinden kann:

    Der Wohlfühl-Faktor

    • Die Stimmung sollte fröhlich und entspannt sein. Negative Gefühle wie Angst, Furcht, Stress, Schmerz und Druck etc. sowie auch eine zu hohe Erregungslage (beim Mensch wie beim Hund) sind gänzlich zu vermeiden, denn unter diesen Bedingungen kann Lernen kaum oder gar nicht stattfinden.

    [.....]


    Ohne Motivation, kein schönes Hundetraining!

    Schaffen wir es nicht, den Hund zu motivieren - ihn also mittels Begeisterung und einer positiven Erwartungshaltung von einer neuen Verhaltensweise zu „überzeugen“ - bleibt uns als Alternative eigentlich nur noch Druck, Einschüchterung, Gewalt, usw.

    Das ist nicht nur unprofessionell, unwissend und unschön (Gewalt fängt da an, wo Wissen aufhört), sondern es gewährleistet auch keinen Wohlfühlfaktor für den Hund, was darüber hinaus zu Lernblockaden führen kann.


    Da echter Druck hier nicht gut funktioniert, bin ich eh gezwungen gewesen, mich umzuorientieren. Und, es macht so viel mehr Spaß.

    Das heißt nicht, dass man nie Druck ausübt, und ich übe auch Druck aus, indem ich meinen Hund abdränge, wenn er prollt, oder wenn er gekämmt wird oder Krallen geschnitten kriegt und stillhalten muss, oder wenn er gern den Briefträger lochen wollen würde und ich ihn deshalb kurzzeitig in seiner Freiheit einschränke oder ich Besuch einlade und ihn nicht um Erlaubnis gefragt habe. All das setzt ihn unter Druck, aber ich betüdel ihn dann, bemitleide ihn ein bisschen, lobe, wenn es was zu loben gibt und bedanke mich bei ihm, wenn er Situationen, die für ihn eigentlich superunangenehm sind, aushält, weil ich ihn drum bitte.



    Jack verträgt es auch gar nicht, wenn Fremde ihn anstarren, ihm in die Augen schauen, sich zu ihm runterbeugen.

    Da nehm ich ihn weg, erklär ihm das auch in ruhigem, freundlichemTonfall, was ich jetzt mit ihm mache, und wenn er knurrt oder bellt, weil er sich gezwungen fühlt und sich nicht anders zu helfen weiß (und ich geschlafen hab) und der Abstand zu eng ist, sag ich ihm in freundlichem Ton "Nee, das machen wir hier nicht" und nehm ihn weg, sprich, bringe Abstand rein. Würde ich jetzt nämlich einen bösen Abbruch rufen, würde ihn das noch mehr anstacheln und seine Ressentiments schüren. Inzwischen haben wir enorme Fortschritte gemacht, weil ich alles ruhig und vorausschauend händel für ihn und das auf ihn überschwappt. Bin ich ruhig, ist meistens auch der Hund ruhig :partying_face: Wer hätte das gedacht xD  :lol:

  • Zitat

    Welche Voraussetzungen braucht ein Hund zum Lernen?

    Die richtige Lern-Atmosphäre ist äusserst wichtig. Es gibt gewisse Grundvoraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit Lernen beim Hund überhaupt stattfinden kann:

    Der Wohlfühl-Faktor

    • Die Stimmung sollte fröhlich und entspannt sein. Negative Gefühle wie Angst, Furcht, Stress, Schmerz und Druck etc. sowie auch eine zu hohe Erregungslage (beim Mensch wie beim Hund) sind gänzlich zu vermeiden, denn unter diesen Bedingungen kann Lernen kaum oder gar nicht stattfinden.

    [.....]


    Ohne Motivation, kein schönes Hundetraining!

    Schaffen wir es nicht, den Hund zu motivieren - ihn also mittels Begeisterung und einer positiven Erwartungshaltung von einer neuen Verhaltensweise zu „überzeugen“ - bleibt uns als Alternative eigentlich nur noch Druck, Einschüchterung, Gewalt, usw.

    Das ist nicht nur unprofessionell, unwissend und unschön (Gewalt fängt da an, wo Wissen aufhört), sondern es gewährleistet auch keinen Wohlfühlfaktor für den Hund, was darüber hinaus zu Lernblockaden führen kann.

    Das ist aber ja nur ein Teil.

    Neuroplastizität ist nicht nur auf das menschliche Gehirn begrenzt.

    =)


    Naja, wenn man den Begriff soo eng fasst, dann ist schon Anleinen Druck (oder Zug, je nachdem).

    Wenn man mit Angsthunden arbeitet - ja, dann ist man sehr schnell bei Druck.


    Wie gesagt: es ist nicht nur das, was man macht - es ist vor allem das, was ein Hund als Druck empfindet.

  • Es ist doch auch wirklich so: Anleinen beispielsweise ist streng genommen Druck/Zwang. Aber ich dachte, in diesem Thema hier ist eine Art Druck gemeint, die über das "normale" Maß hinausgeht.

  • Es ist doch auch wirklich so: Anleinen beispielsweise ist streng genommen Druck/Zwang. Aber ich dachte, in diesem Thema hier ist eine Art Druck gemeint, die über das "normale" Maß hinausgeht.

    Eingangspost ging auch um den unbeabsichtigten Druck.

  • Es ist doch auch wirklich so: Anleinen beispielsweise ist streng genommen Druck/Zwang. Aber ich dachte, in diesem Thema hier ist eine Art Druck gemeint, die über das "normale" Maß hinausgeht.

    Eingangspost ging auch um den unbeabsichtigten Druck.

    Wenn du einen Hund anleinst, machst du das doch absichtlich? Der unbeabsichtigte Druck ist vielleicht sowas, was ich schon sagte: schlechte Laune, drängeln, Zeitdruck. Aber auch das ist ja irgendwo "Absicht", da vermeidbar.


    Vielleicht sollte man nochmal trennen in vermeidbar und unvermeidbar: Welcher Druck ist vermeidbar, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen und welcher ist unvermeidbar. Sollte man den vermeidbaren trotzdem anwenden oder gibt es bessere Möglichkeiten?

  • Ja, mir geht es tatsächlich um alle Aspekte von Druck.

    Ich hab mir da erst bei Kaya größere Gedanken gemacht, weil eben mein Schäfer gut mit Druck klarkam. Nicht, dass ich jetzt da alles über Druck aufgebaut hätte, aber sie hat halt auch mittels Druck "funktioniert".

    Kaya hat da eben schnell dichgemacht oder angefangen zu fiddeln.

    Danach musste ich eben lernen, den Druck rauszunehmen.

    Bei der Hündin meiner Schwester habe ich vorher gelernt, wie fein ein Hund auf körpersprechlichen Druck reagieren kann. Die kann man quasi nur mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung des Oberkörpers "schieben". Dabei empfindet sie meiner Ansicht nach den Druck nicht als beängstigend oder so, sondern die reagiert da halt ganz fein drauf.

    Fand und finde ich irgendwie faszinierend.

  • Eingangspost ging auch um den unbeabsichtigten Druck.

    Wenn du einen Hund anleinst, machst du das doch absichtlich? Der unbeabsichtigte Druck ist vielleicht sowas, was ich schon sagte: schlechte Laune, drängeln, Zeitdruck. Aber auch das ist ja irgendwo "Absicht", da vermeidbar.


    Vielleicht sollte man nochmal trennen in vermeidbar und unvermeidbar: Welcher Druck ist vermeidbar, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen und welcher ist unvermeidbar. Sollte man den vermeidbaren trotzdem anwenden oder gibt es bessere Möglichkeiten?

    Ich hatte es vorhin in meinem ersten Post hier im Thread geschrieben, wie unbeabsichtigter Druck gerade bei Angsthunden aussehen kann, da geht's dann um solche Sachen wie ein Mü Muskelspannung im Arm, wie setz ich meine Füße auf, geschlossene Hand und offene Hand.


    Unbeabsichtigter Druck ist ja schon wieder was anderes als Vermeidbar bzw unvermeidbar.

    Beispiel Anleinen: mache ich das seitlich abgewandt, in der Hocke, keine hektischen Bewegung, guck den Hund dabei nicht an, meine Hände und Finger bleiben in ihren Bewegungen gleich, ist es je nach Hund zwar immer noch Druck, aber nen anderer Schnack

    - Als zwar seitlich und in der Hocke, aber frontal zugewandt und den Hund anguckend

    - Als seitlich abgewand in der Hocke, aber frontal dem Hund zugewandt mit schnellen Bewegungen

    - als mich über den den Hund beugend, den Karabiner im Nacken am Halsband des Hundes befestigend


    Etc.

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