Plötzlich aggressiv gegenüber Artgenossen

  • Hallo zusammen,

    Meine Hündin, Goldie mix (genau sagen kann ich es nicht, kam als Welpe aus einem Tierheim) ist jetzt etwas über 2 Jahre und seid ca. 4 Wochen zeigt sie plötzlich vermehrt Aggressionen gegenüber anderen Hunden.

    Bisher waren andere Hunde eigentlich kein Problem (ausser, das sie wirklich mit jedem Spielen wollte - auch mit denen, die klar gezeigt haben das sie nicht spielen wollen). Wir konnten auf den Hundeplatz gehen wo sie mit den anderen rumgetobt ist und auch bei Begegnungen auf der Straße konnte man sie ohne bedenken zu anderen Hunden lassen. Leider ist das jetzt nicht mehr so - auf dem Hundeplatz wird sie schnell aggressive anderen Hunden gegenüber: wenn sie mit anderen rennt fängt sie schnell an sie während dem rennen anzuknurren und zu bellen. Wenn es mehrere Hunde waren, kam es jetzt öfter zu Situation wo sie sich auf andere gestürzt hat, nicht gebissen, aber Spielen war das auch nicht mehr.
    Wenn mir ein anderer Hund zu nahe kommt, oder ihr, wenn sie gerade ,ir mir auf ein Leckerli wartet ,wird der andere sofort angegangen. Wenn ein Hund ihrem Wassernapf zu nahe kommt auch (gut, das war auch früher schon so), wenn wir apportieren und ein anderer Hund dem Gegenstand zu nahe kommt erst recht.

    Heute im speziellen gab es dann zwei Situation, die mich dann auch zu diesem Posting bewegt haben:
    Ich habe mir ihr apportiert und als sie zu mir zurückgelaufen kam, ist ein junger Hund (knapp über Welpenalter vielleicht) zu ihr gerannt (hab leider nicht gesehen, das der in der nähe war - ich achte schon drauf), den ist sie sofort aggressive angegangen, bis sie auf ihm drauf saß - Ich dachte eigentlich da gilt sowas wie Welpenschutz...
    Bei der Abendrunde saßen ich auf einer Parkbank und sie vor mir. 20/30m von uns entfernt hat ein Hund am Boden rumgeschnüffelt, und irgendwas aufgehoben, und sie ist total sauer geworden, hat geballt, geknurrt, und natürlich voll hingezogen. Ich hab sie dann zur Seite genommen, hinsetzen und Pfote geben lassen, das hilft eigentlich meistens wenn sie sehr aufgeregt ist, aber sie wollte sich lange nicht beruhigen.

    Soweit zu den Vorkommnissen die mich beunruhigen. Nun überlege ich natürlich woher diese Verhaltensänderung kommt, was mir an Vorkommnissen einfällt:
    Vor ein/zwei Monaten ist sie einmal auf dem Hundeplatz beim spielen voll in einen großen Felsbrocken gerannt (beim Fangen spielen nach hinten statt nach vorne geschaut) - sie hat kurz 10sec gefiept, aber ist dann gleich wieder weiter gerannt.

    Ebenfalls in dem Zeitraum habe ich angefangen, sie fürs Apportieren sehr toll zu belohnen (davor hat sie die Sachen zwar geholt, aber ist dann damit weggelaufen) - das apportieren klappt jetzt ziemlich gut, aber habe ich den Apportiergegenstand damit zu wertvoll gemacht?


    Allgemein ist sie in der Wohnung ein sehr ruhiger Hund, schläft den halben Tag und hört auch sehr gut auf Kommandos. Draussen, soweit ich das beurteilen kann, ist sie eher sehr nervös - Leinenführigkeit war lange sehr schwer, mittlerweile klappt es ganz gut, aber draussen (egal wo, Wald, Wiese, leere Straße, volle Straße, etc.) ist ihrer Aufmerksamkeit zu bekommen sehr schwer. Abrufen via Pfeife klappt trotzdem ganz gut (ausser es ist ein anderer Hund im Spiel).


    Last but not least und vielleicht ein bisschen unrelated, aber wenn ich schonmal am schreiben bin: Neulich war ein bekannter mit seinem Hund bei uns zu Gast (der Hund war unerwartet). Am Anfang hat alles eigentlich gut geklappt, der andere Hund ist durch die Wohnung getigert und hat alles beschnüffelt, sie hinterher und natürlich auch alles angeschaut. Und dann hat sich der andere Hund hingelegt, und hatte offensichtlich keine lust auf Kontakt. Meine Hündin aber schon, sie ist immer wieder hin, hat ihn beschnüffelt, mit der Pfote angetatzt, etc. Der hat sie dann irgendwann angeknurrt und signalisiert das er keine Lust auf speilen hat und sie hatte auch sichtlich Respekt vor ihm. Aber abgehalten hat sie das nicht. Ich war dann die nächste Stunde vollauf damit beschäftigt, sie von dem anderen Hund fern zu halten. Sie wollte einfach nicht auf ihrem Platz bleiben (oder auch nur Sitzen bleiben), nichts hat geholfen, sie musste immer wieder den anderen Hund nerven.

    So, das waren jetzt wahrscheinlich viele Themen auf einmal, und man merkt wohl das ich mit meinen Latein am Ende bin. Morgen gehen startet ein neuer Grunderziehungskurs an dem wir teilnehmen - ich habe die Hoffnung das training mit anderen Hunden ihr gut tut. Zusätzlich denke ich jetzt noch drüber nach zu einem Trainer zu gehen. Was könnte ich sonst noch tun? Tipps, Empfehlungen?

  • Nur ganz kurz, es werden andere sicher noch ausführlicher Antworten.


    Mit über zwei Jahren, wird deine Hündin allmählich erwachsen. Viele Hunde haben mit dem Erwachsenwerden keine große Lust mehr auf fremde Artgenossen.


    Vor allem, wenn sie bisher, so klingt es zumindest, immer alle Kontakte alleine regeln musste.


    Welpenschutz gibt es in dem Sinne nur im eigenen Rudel. Fremde Welpen werden zwar oft toleriert, aber Schutz gibt es da keinen.


    Weiß man was noch mit drin ist? Außer Golden Retriever?

  • Scheint, als hätte sie schon länger Konflikte bei Hundebegegnungen, die sie halt eher mit "fiddeln" gelöst hat. Jetzt ist sie bei den letzten Schritten zum Erwachsenwerden und erweitert ihre Strategie um "fight".

    Es liest sich so, als hättest du sie da von Anfang an sehr im Regen stehen lassen. Gerade bei Welpen und Junghunden sollten Kontakte überwacht und moderiert werden, damit der Hund ein angemessenes Kommunikations- und Verhaltensrepertoire aufbauen kann. Dazu sollte er eben auch angeleitet und ggf. auch geschützt und unterstützt werden.

    Jetzt musst du halt gegenarbeiten, d.h. die Kontakte regulieren und dir Hunde suchen die gelassen sind und ihr beibringen können, wie man sich im Kontakt angemessen benimmt.

    Meiner Erfahrung nach spielen die meisten erwachsenen Hunde nur noch mit gut bekannten Spielpartnern wirklich. Alles andere ist kein echtes Spiel sondern abchecken, hüten, mobben jagen...

    Du musst bei Begegnungen mehr Einfluss nehmen.

    Warum zum Beispiel muss ein fremder Hund in eurer Wohnung rumlatschen? Warum müssen die Hunde überhaupt interagieren? Kann doch jeder seinen Hund bei sich behalten und der soll einfach ruhig liegen bleiben.

    Ich behalte in jeder fremden Wohnung meinen Hund bei mir, egal ob da ein anderer Hund wohnt oder nicht. Kaya hat da einfach nicht rumzulatschen.

    Interaktion lass ich höchstens zu, wenn ich bei richtig guten Freunden bin, wo sich die Hunde gut kennen und auch miteinander können. Und auch da hat man ein Auge drauf.

    Ich denke, du musst da insgesamt viel mehr regulieren und darfst das nicht laufen lassen. Deine Hündin scheint mir - soweit das aufgrund der Informationen zu beurteilen ist - überfordert.

  • Wird sie vielleicht in der nächsten Zeit läufig?


    - Ich dachte eigentlich da gilt sowas wie Welpenschutz...

    Vergiss den Welpenschutz, den gibt es nur im eigenen Rudel


    Ist gesundheitlich alles in Ordnung bei Deiner Hündin?

    Wenn plötzlich so eine Verhaltensveränderung auftritt, denke ich in erster Linie an irgendein gesundheitliches Problem.

    Ok, sie ist mit 2 Jahren erwachsen, aber dass sich damit das Verhalten so dramatisch verändert, habe ich persönlich noch nie erlebt

  • Der Hund ist erwachsen geworden und hat festgestellt dass man sich nicht alles gefallen lassen muss und auch nicht immer nur alles überspielen kann wie die meisten Golden und Labbis das eben tun. Bring ihr Alternativen bei und halte sie aus derartigen Begegnungen raus.


    Es gibt übrigens keinen Welpenschutz ausserhalb des eigenen Rudels und selbst da bekommen ab einem gewissem Alter eins übergebraten wenn sie sich danebenbenehmen.

  • Wird sie vielleicht in der nächsten Zeit läufig?


    - Ich dachte eigentlich da gilt sowas wie Welpenschutz...

    Wenn plötzlich so eine Verhaltensveränderung auftritt, denke ich in erster Linie an irgendein gesundheitliches Problem.

    Ok, sie ist mit 2 Jahren erwachsen, aber dass sich damit das Verhalten so dramatisch verändert, habe ich persönlich noch nie erlebt

    Ach, das ist bei uns durchaus so schon gewesen. Unmittelbar vor und auch nach der Läufigkeit gab es hier teils massive Verhaltensänderungen. Es blieb nichts auf lange so dramatisch, wie es mal plötzlich für ein paar Tage gezeigt wurde, aber es war schon eine ziemliche Wendung zum Teil. Würde jetzt einfach nicht zwingend von Schmerzen ausgehen, auch wenn man das natürlich immer im Blick behalten sollte.


    Wie sicher ist denn der vermeintliche Retriever im Hund? Gibt es Bilder?

    Ich würd ja auch denken, da kommt "Erwachsen werden" und "wenig Führung" zusammen und der Hund regelt halt seine Angelegenheiten selbst - nur nicht so sozialverträglich und angesehen, wie es so unter menschlicher Gesellschaft erwartet wird. Kann das hinkommen?

  • Viele negative Erfahrungen führen halt auch bei einem Golden-Mix irgendwann dazu, dass er kippt.


    Viele Retriever benötigen sehr klare, sichere Führung. Und ja, auch Retriever können richtig stinkig werden wenn sie nicht mehr klar geführt werden. Aus lauter Not, weil sie nicht wissen was sie sonst tun sollen.


    Ganz oft ist der Hund einfach nur ganz gewaltig unter Stress und lechzt nach Führung und jemandem, der zeigt wie man sicher durch solche Situationen kommt.


    Ich kann dir nur wärmstens ans Herz legen, eine sehr gute Trainerin kommen zu lassen. Anschauen, wo es in eurem Alltag an der klaren Kommunikation mangelt und wo du dem Hund wie helfen kannst.

  • Ich würde unbedingt zu einem Trainer vor Ort raten, der euch das Verhalten eures Hundes erklären kann und hilft die richtigen Strategien für euch zu finden.


    Das klingt mir sehr nach einem Hund, der schon immer überfordert war im hundekontakt und zu viel selbst regeln musste und das nun mit dem Erwachsenwerden eben nicht mehr „spielerisch“ löst.

  • Die Stichworte wurden schon genannt:


    - Gesundheit: Eine verborgene Schmerzproblematik (zB Zähne, Ohren, Rücken usw) kann sich in "schlechter Laune" gegenüber Artgenossen äußern, lange bevor andere Anzeichen erkennbar sind. Der Verdacht liegt besonders dann nahe, wenn der Hund sein Verhalten quasi von heute auf morgen ändert.

    Das kennen wir auch von uns selber, mit Zahnschmerzen sind wir nicht unbedingt die nettesten und geduldigsten Mitmenschen. Da ist also ein Tierarztcheck angesagt.


    - Lebensalter der Hündin: Wenn Hunde nicht nur körperlich, sondern auch in ihrem Wesen wirklich erwachsen werden, möchten sie in der Regel mehr Abstand und Respekt von Artgenossen haben. Gespielt wird dann, wenn überhaupt, nur noch mit wenigen, gut belkannten Freunden. Sie sind dann auch eher bereit, Dinge zu verteidigen, die sie für sich beanspruchen.


    - eine mögliche anstehende Läufigkeit: kann auch zu einem Ernsterwerden bei der Hündin führen, gerade in diesem Alter gibt das noch mal einen Entwicklungsschub.


    Es gehört zum normalen Hundeverhalten, Dinge deutlich für sich zu beanspruchen und gegebenenfalls zu verteidigen. Das betrifft zB Beute wie Dummys oder Bälle, Futter, Liegeplätze und überhaupt den Heimbereich. Es ist also völlig normal, daß deine Hündin keine Konkurrenz dulden will.


    Als Hundehalter muß man sich dessen bewußt sein und viele Situationen managen. ZB niemals Wurf- und Beutespiele machen oder Leckerchen verteilen, wenn mehrere Hunde frei laufend anwesend sind. Auch nicht einfach so einen fremden Hund in der Wohnung herumlaufen lassen, besser beide Hunde anleinen, kontrollieren und trennen.


    Junge Hunde lösen ihre Konflikte mit Artgenossen oft durch "Fiddeln", das heißt anbiedern und anspielen, oft recht hektisch: "tu mir nichts, ich bin nur ein harmloser Welpe!". Das führt die Halter dann oft zu dem Trugschluss, ihr Hund würde alle anderen Hunde lieben und bräuchte möglichst viele Hundekontakte. Das ist aber gar nicht der Fall. Oft ist der Hund einfach überfordert mit den vielen Hundebegegnungen, weiß aber keine andere Lösung. Wenn er dann erwachsener und selbstbewußter wird, grenzt er sich durch Agressionsverhalten deutlicher ab. Der Grundkonflikt ist aber derselbe geblieben.

    Der Hund sollte lernen: man kann an anderen Hunden auch einfach ohne Kontakt vorneigehen und muß sich gar nicht mit ihnen befassen. Das kann enorm entlasten. Es erfordert aber Konsequenz und Geduld, ihm das beizubringen, wenn der Hund bis dahin alles immer selber regeln mußte.

  • Ich hätte jetzt echt fast das Gleiche geschrieben wie Dagmar.


    Mir ist v.a. die Ressourcenproblematik aufgefallen. Was an sich nicht ungewöhnlich ist. Ressource kann alles sein, wirklich ALLES, was dem Hund wichtig ist: Futter, Spielzeug, Wasser, Liegeplatz, Du.


    Da würde ich einfach schauen, dass nichts im Spiel ist, wenn andere Hunde anwesend sind.


    Junge Hunde sind für erwachsene Hunde oft nicht so toll. Mein Senior mag z.B. keinen Hund unter 1,5 Jahren wirklich gerne, das war auch schon so, als er erst so 2-3 Jahre alt war. Die nerven ihn einfach.


    Erwachsene Hunde brauchen nicht täglich 10 fremde Hunde zum "Spielen". 2-3 vernünftige Hunde, mit denen man sich z.B. mal zum gemeinsamen Spazierengehen trifft, genügen vollkommen. Und vielleicht wäre sogar ein Spielpartner dabei, der passt. Aber das erkennen oft nur Profis, also was wirkliches Spiel ist. Manche sagen sogar, es gäbe überhaupt kein Spiel mehr unter erwachsenen Hunden.


    Aber da sie diesen Unfall hatte, würde ich das echt mal abklären lassen.


    Und die Idee mit der Hundeschule ist auch gut, hoffentlich ist es eine gute.

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