Hunde mit Jobs/Arbeit für Hunde

  • Ich kenne drei, die sich einen Hund angeschafft haben in der Hoffnung er kann ihnen das Leben wieder bunt malen und ihn selbstständig als "Assistenzhund" bezeichnen

    Okay, aber das ist - zumindest in meinen Augen - dann kein Assistenzhund, nur weil die Leute es so nennen. Genau so wie ein Hund der seinen Besitzern im Ärmel hängt, auch kein krasser IGP-Hund ist, egal was dann in der Kleinanzeige steht, in der er weitergereicht werden soll.


    Finde, da muss man schon unterscheiden, ob da vernünftig rangegangen und mit einem erprobten Konzept trainiert wird, oder ob die Leute einfach Grütze machen.

  • Und es dann am Halter ist, umzulenken.

    Und ich bezeweifle einfach, dass die Person, die von diesem Angebot profitiert bzw darauf angewiesen ist, die richtige Instanz ist, um zu bewerten, wann es den Hund überfordert.

    Das gilt fürs Wachen ebenso wie für Assistenzshunde.

  • Ich kenne drei, die sich einen Hund angeschafft haben in der Hoffnung er kann ihnen das Leben wieder bunt malen und ihn selbstständig als "Assistenzhund" bezeichnen. Und die Hunde sind massiv mit dieser Aufgabe überfordert, insbesondere dann wenn man sich darüber aufregt warum der Hund nicht zu einem kommt, sondern weggeht, meidet, wenn es einem selbst sehr schlecht geht und der Hund erwünschte Verhaltensweisen nicht zeigt o.ä

    Du, ich unterschreibe sofort dass das Mist ist. Aber nicht jeder Assistenzhund wird so angeschafft, gesehen, "ausgebildet" und geführt. Man kann grundsätzlich gegen Assistenzhunde sein, oder grundsätzlich gegen Assistenzhunde im mentalen Bereich, aber die Begründung sollte differenziert sein. Weil es Fälle gibt, die mies laufen, bedeutet das nicht, dass es nicht gut laufen kann. Ich würd ja so weit gehen und Skeptiker einladen, sich meinen Hund anzuschauen... weil ich wirklich davon überzeugt bin, dass es ihm gut geht und dass es möglich ist, diese Hunde gut zu führen.


    Wenn es einem selbst sehr schlecht geht, kann man dem Hund eben grad auch nicht vermitteln, dass nichts passiert und was er machen kann/soll. Ist schon gut, wenn dann jemand da ist, der den Hund anleiten kann und selber nicht im Stress ist. Das sollte man bei angeleiteter Selbstausbildung im Kopf haben. Man kann dem Hund beibringen, dass er dann das tut was einem hilft, aber das nicht erwarten bevor er es gelernt hat. Das ist kontraproduktiv. Das Tempo in dem sowas gelernt wird richtet sich halt nach dem Hund.

  • Und ich bezeweifle einfach, dass die Person, die von diesem Angebot profitiert bzw darauf angewiesen ist, die richtige Instanz ist, um zu bewerten, wann es den Hund überfordert.

    Das kann ich nachvollziehen. Dafür stehen wir ja auch nicht alleine da, sondern mit einer Trainerin, die mir die Dinge beibringt zu verstehen und zu lenken. Alleine wär ich aufgeschmissen!

  • Aber es liefe für dich doch nicht darauf hinaus, dass eine Form der Ausbeutung andere Ausbeutungsweisen relativiert oder?

    Ich glaube, das kommt darauf an, wo Ausbeutung beginnt. Wenn ich für mich zB Milch trinken ethisch vertretbar finde, in dem Wissen, dass dafür Kälber von ihren Müttern getrennt werden und die Kälber/Kühe auch bei Unproduktivität geschlachtet werden, ist das für dich mit Sicherheit Ausbeutung. Für mich ist es Nutzen, das an gewisse Regeln gekoppelt sein muss (Haltungsbedingungden, Lebensqualität der Nutztiere). Ich möchte also nicht relativieren, sondern in Relation stellen. Weil für mich jedes Leid gleich viel Wert ist und es unterm Strich darum geht, das kleinste Maß an Leid für alle Beteiligten zu erstreben, das aber auch wieder in Relation zum Aufwand. Hab zB eine Weile Milch vermieden oder zumindest stark reduziert und Alternativen ausprobiert, war für mich damals ein riesen Problem (Umstellungsprobleme, damals auch finanzielle Probleme, sowas), heute hab ich teils teils, verzichte aber immer noch nicht komplett. Und finds auch ethisch okay, sofern ich mit dem Standard des Biolabels konform gehe. Noch weniger Tierprodukte verbrauchen fänd ich gut. Ist Thema, aber nicht mein ganz akutes.

  • Aber nach Abschluss des Trainings fällt diese Instanz ja nunmal weg.

    Stimmt, dann bleiben noch die regelmäßigen Überprüfungen, die dann vorgeschrieben sein werden. Aber ich glaube, dass ich dann bei diesem einen Hund doch sehen kann, was Sache ist, dann waren wir anderthalb Jahre oder so im intensiven Einzeltraining, ich glaube, dass ich gehen wird. Hab neulich mit einer Kollegin gesprochen die ihren Assistenzhund mit 6 in Rente schickt, der bleibt bei ihr, aber bekommt schon den zweiten Hund. Ich denke schon, dass den Haltern ihre Tiere sehr am Herzen liegen und sie ein Auge darauf haben. Möglich, dass man betriebsblind wird, macht vielleicht tatsächlich Sinn auch danach in regelmäßigen Abständen die Trainerin, die diesen Hund so gut kennt drüber schauen zu lassen. Guter Punkt.

  • Ist es nicht Teil des Assistenzhunde-Trainings, dem Besitzer des Hundes auch zu vermitteln, wann der Hund Pausen braucht, wie man diese Pausen aufbaut, wie man für den Hund klar macht wann er arbeitet und wann nicht, wann der Hund in Rente muss usw.? Bei Blindenführhunden ist es das zumindest. Denen wird z.B. beim Pipi machen die Weste abgezogen, damit sie ganz klar wissen, dass die Weste = Arbeit und während der Arbeit darf man nicht eben mal pinkeln. Ich denke, da wird auch ganz klar gemacht, wann der Hund überfordert sein kann, welche Arbeitsbereiche der Hund kennt (damit die Besitzer von dem Hund nicht etwas erwarten, was er nicht kann), und wie der Hund zeigt, dass er nicht mehr arbeiten kann (und dann in Rente muss und entweder behalten oder abgegeben wird).

    Bei einem begleitetem Training von einem Austismus-Hund o.ä. sollte das, finde ich, auch beinhaltet sein.

    Und dass die Trainer auch sagen, dass sie den Hund nicht ausbilden, wenn sie ganz klar sehen, dass der Mensch nicht dazu bereit ist, diese Verantwortung zu übernehmen.

  • Ist es nicht Teil des Assistenzhunde-Trainings, dem Besitzer des Hundes auch zu vermitteln, wann der Hund Pausen braucht, wie man diese Pausen aufbaut, wie man für den Hund klar macht wann er arbeitet und wann nicht, wann der Hund in Rente muss usw.?

    Ich kann dir nicht sagen, wie es bei anderen Teams ist - bei Blindenführhunden ist es ja etwas anders gelagert.

    Ich hab gelernt zu erkennen wann der Hund müde ist, und generell wie anstrengend für den Hund was ist von dem was wir so machen. Insgesamt, also auch Gassi gehen wie lang, bekannte oder unbekannte Gegend, was an Pensum für den Hund okay ist, was zu viel. Wenn ich was hab wo ich mir nicht sicher bin, frag ich halt und sie sagt "Mach" oder "Warte damit noch" oder "Das ist zu anstrengend".

    Wie Pausen aufgebaut werden haben wir gemacht, ja, und auch wie viel am Tag an Gesamtpensum okay ist. Das war so das erste was wir gemacht haben, erstmal runter kommen üben, Pausen installieren. Ist aber normal denk ich in dem Alter, dass das dran ist. Mir wurde mal gesagt das ist das wichtigste und einzige, was der Hund im ersten Jahr lernen MUSS: zur Ruhe kommen, Langeweile ertragen, abschalten. Alles andere ist Bonus. Okay, Leinenführung und Rückruf ist mir persönlich sehr wichtig, weil ich furchtbar gern raus gehe uns das stressfrei haben will, und Impulskontrolle zum Thema Vögel sind keine Spielzeuge und keine Jagdbeute. Zum Thema Rente haben wir bisher noch nichts besprochen/ gemacht, wir sind aber halt auch noch im ersten Jahr, also haben kein spezifisches Training angefangen. Nur umrissen, was ich will, und geschaut, wie sie reagiert auf Dinge, die den Bereich betreffen, den ich später von ihr will. Aber wenn es mal so weit ist, dass wir prüfungsreif sind, dann werd ich sie das fragen. Ich find die Idee, wenn möglich den Ausbilder des Hundes ab und zu weiterhin drüber schauen zu lassen, echt ziemlich gut.

  • Das macht doch glaube ich niemand, der psychisch krank ist und sich einen Hund holt

    Doch, ich kenne einige. Und die möchten dann ihre Bedürfnisse erfüllt haben bzw sind dann nicht in der Lage sich um ein anderes Lebewesen angemessen zu kümmern und seine Bedürfnisse zu sehen. Da wird auch ganz ganz viel relativiert.

    . Aber vielen psychisch kranken Leuten hilft alleine die Präsenz von einem Hund im Haushalt, da sie unvoreingenommen sind und ohne Vorurteile lieben und halt auch immer präsent sind

    Ja natürlich haben Tiere einen positiven Effekt auf Menschen alleine schon durch ihr Vorhandensein. Aber dann haben die Hunde keine Daueraufgabe, sie sind eben da. Und müssen dann klar kommen.

    Viele Leute machen das gleiche auch z.B. mit Pferden. Wer hat nicht schonmal gehört, dass nach einem Besuch im Stall plötzlich alles besser ist und nichts mehr wehtut und das Pferd alle Sorgen löst

    Das Pferd hat aber eigene Artgenossen, steht auf der Weide, ist von dem Besitzer nachts getrennt, hat Ruhephasen usw. Wenn jemand für 2, 3h in den Stall geht und ein Tier versorgt oder bewegt, ist das doch was völlig anderes als wenn der Hund jeden Tag den ganzen Tag mit dir zusammen ist und deine Aktionen und Emotionen mitbekommt.

    Was ist der Unterschied zwischen einer Person mit Epilepsie-Hund, der vor einem Anfall warnt und dann in der Nähe bleibt oder sogar auf der Person liegt und den Kopf schützt, während die Person auf den Anfall wartet, und einer Person mit Autismus-Hund, der bei einem Meltdown die Hände oder das Gesicht ableckt? Ich sehe da keinen, es sind beides antrainierte, für den Hund unnatürliche Verhaltensweisen.

    Ja sind beides unnatürliche Verhaltensweisen. Abgesehen davon, dass man bei psychischen Krankheiten eben auch eine lange Zeit am Stück in diesen latenten Phasen sein kann. Ein epileptischer Anfall kommt entweder oder nicht.

    Macht auch soweit ich weiß kein Assistenzhundhalter. Jedenfalls die nicht, die ich kenne.

    Ich kenne da einige.

    Richtig, das ist künstlich beigebracht. Wie das meiste, was Hunde so leisten, alleine schon vernünftig an der Leine gehen.

    Das sind auch wieder so völlig unpassende Vergleiche. Man kann an der Leine gehen nicht vergleichen mit einem Handlung, wo der Hund selbst erkennen soll, dass sich nun ein Anfall oder ähnliches anbahnt, er Hilfe anbieten soll, dann adäquat reagieren und im Zweifel völlig selbstständig handeln, während der Mensch, der ihn ja führen sollte, ggf völlig weggetreten ist. Und dann auch noch solche Dinge wie Mensch abschirmen, was schon an den Schutztrieb kratzt und für den Hund auch einfach absolut gefährlich werden kann, wenn er seinen Job auch nur ein bisschen zu überengagiert macht. Kommen Helfer nicht an den Hund ran, weil er gelernt hat zu beschützen, wird als erstes der Hund entfernt. Was hat das mit Gassi gehen an einer Leine zu tun?

    Hat niemand, ich lese nur immer wieder unzutreffende Annahmen dazu wie Autisten zu sein haben

    Es geht hier auch nicht nur um Autisten, die einen emotional support Hund haben.

    Oder möchtest du jetzt speziell deine Ausbildung am Hund und seinen Einsatz in deinem konrekten Fall zur Diskussion stellen?

    Ist es nicht Teil des Assistenzhunde-Trainings, dem Besitzer des Hundes auch zu vermitteln, wann der Hund Pausen braucht, wie man diese Pausen aufbaut, wie man für den Hund klar macht wann er arbeitet und wann nicht, wann der Hund in Rente muss usw.

    Ja. Und trotzdem ist man irgendwo gefangen in der Bubble und sieht eben nicht alles. Wie oft seh ich bei der Arbeit mit den Besuchshunden, wo der Mensch ja als Anker da ist, dass die Hunde eigentlich nicht mehr können oder wollen und der Besitzer merkt das nicht. Oder man denkt sich: ach die 5min zum Ende machen wir jetzt noch durch.

    Und ein Mensch, der grad so stark mit sich selbst oder anxiety oder sonstwas zu kämpfen hat, da kann mir keiner erzählen, dass man immer den Hund an 1. Stelle im Fokus hat.


    Ich bin ja mit meinen Hunden in einer Einrichtung für psychisch erkrankte Menschen und die oberste Regel ist da: es gibt kein eigenes Haustier und erst recht keinen Hund. Natürlich ist die Frage direkt aufgekommen und der Wunsch sehr groß, wenn wir da regelmäßig mit den geprüften Hunden sind. Aber da sieht man nicht die Ausbildungszeit, jicht das Warmup, nicht das Cooldown, nicht, dass der Hund am nächsten Tag nen absoluten Chilltag hat, wo gar nichts von ihm verlangt wird usw.

    Da gehören ja noch weitere Dinge dazu, zB was ist, wenn aus einer guten Phase wieder eine schlechte wird und man wochenlang in die Klinik muss. Wer kümmert sich dann um den Hund? Was ist, wenn man durch Medikamentenbehandlung starke Nebenwirkungen hat und sich nicht adäquat kümmern kann? Wer bezahlt die Ausbildung? Was ist, wenn der Hund sich doch nicht eignet oder durch Erkrankung nicht eingesetzt werden kann? Wer kümmert sich in aktuen Phasen um den Hund, wo man es mal nicht schafft aufzustehen oder sich selbst zu motivieren?


    Bei uns in der Gruppe ist ein Hund verstorben, das hat manche Menschen so aufgewühlt, dass sie tagelang nicht fähig waren auch nur ihr Zimmer zu verlassen. Das hat sie in der Therapie extrem stark zurückgeworfen und es wurde beraten, ob es nicht doch besser wäre damit aufzuhören.

    Solche Probleme treten neben dem, was der Hund selbstständig leisten können soll, mit auf. Und damit soll der Hund dann auch spontan umgehen können. Die Bezugsperson, auf die er geprägt ist, ist spontan mal für paar Wochen weg, Hund wohnt dann woanders, Bezugsperson ändert sich. Gassi ist heute morgen vielleicht nicht ganz so lang, wenn überhaupt, es geht nicht so gut. Oder eine andere Person kommt und dreht mit dem Hund eine große Runde. Gestern gab's kein Feedback auf eine Aktion, heute ist Frauchen richtig sauer usw.

    Also die Parameter können sich ständig ändern und das kann gut gehen, es kann aber auch extrem belastend sein für das Tier. Und das hat keine Wahl und muss den ganzen Kram mitmachen.


    Es ist eben so, dass Hunde damit ein Problem haben können, einerseits ihre Aufgaben zu anspruchsvoll sind, sie entweder zu viel zu lange arbeiten sollen (und viele Hunde bieten das ja gerade über ihr Limit hinaus an) oder die wechselnden emotionalen oder organisatorischen Umstände den Hund jedes Mal raushauen. Das ist ein riesen Thema im Bereich Assistenzhund, dessen muss man sich bewusst sein.

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