Wenn reaktive Hunde alt werden...

  • Hallo liebe Foris!


    Ich habe mich gefragt, jetzt wo ich mit Pelle nach drei Jahren auf einem wirklich entspannten Weg bin, was passiert wohl, wenn "solche" Hunde alt werden? Wenn Sinne nachlassen? Wenn Geduld nachlässt? Wenn Wehwehchen dazu kommen?


    Pelle hat ein ausgeprägtes Problem mit anderen Hunden (on- und offline) und jetzt, nach drei Jahren Arbeit sind wir in der Lage fast alle Begegnungen so zu gestalten, dass er nicht auslösen muss. Soll heißen: ich manage die Situationen auf unterschiedliche Weise - allein ist er, bei Begegnungen die dichter als 10m sind, nicht in der Lage selbst kluge Entscheidungen zu treffen. An manchen Tagen auch auf 20m nicht.


    Er ist 6,5 Jahre alt. Ich denke, dass wir uns noch mehr Ruhe und Entspannung in der Hinsicht erarbeiten können. Aber (auch nach Profi-Einschätzung) es wird immer einen ersten Reflex in ihm geben, der "ACHTUNG!" beinhaltet, wenn er fremde Hunde trifft.


    Gibt es eine Tendenz, ob diese Hunde im Alter gnädiger werden oder noch einmal zurückfallen in die Reaktivität? Da es keine Kristallkugel gibt, wird es keine definitive Antwort geben. Aber Erfahrungsberichte von euch fänd ich sehr spannend! Auch wie ihr damit dann umgegangen seid.

  • Ich hatte eine Hündin, die wurde irgendwie altersmilde ...und das innerhalb weniger Wochen. Ich dachte zunächst, dass sie krank wäre, weil sie sich plötzlich nicht mehr oder kaum noch für andere Hunde interessierte, aber es war alles bestens mit ihr. Vielleicht hat es plötzlich im Köpfchen "Klick" gemacht und sie hat einfach gedacht "Ihr könnt mich mal. Außerdem hab ich's im Kreuz" 😅 Die Spaziergänge in ihrer Rentenzeit waren total entspannt.


    Ein Vereinskollege musste vor kurzem seinen Rüden mit knapp 13 Jahren einschläfern lassen. Der hat bis zuletzt - obwohl er kaum noch kreuchen konnte - alles ins Visier genommen, was ihm entgegen kam. Er musste bis zuletzt gemanagt werden.


    Bei meiner jetzigen Hündin denke ich manchmal, dass es bei ihr genau so laufen wird. Sie ist irgendwie anders :dizzy_face:

    es wird immer einen ersten Reflex in ihm geben, der "ACHTUNG!" beinhaltet, wenn er fremde Hunde trifft.

    Genau so wird's sicher bei ihr auch sein. Aber ich lass mich da gerne vom Gegenteil überraschen. Wäre toll, wenn sie im Alter ein bisschen tüddelig wird und das Rumpöbeln einfach vergisst.

  • Ich glaube das ist wirklich komplett vom Hund abhängig. Ich kann mal von Narnia erzählen. Sie kam mit 2 Jahren zu mir, nachdem sie ein Kind schwer gebissen hat. Es hat einiges an Training und Zeit gekostet, bis ich sie so weit hatte, dass sie Kinder und Kinderwägen und manchmal einfach generell Menschen ignoriert hat.


    Einige Jahre war sie jetzt sehr gut (für mich) händelbar im Alltag. Nächstes Jahr wird sie 10 und ich merke, dass sie langsam anfängt grantiger zu werden.


    Vor 4 Wochen war ich mit ihr im Ort spazieren und auf der gegenüberliegenden Straßenseite war eine Frau mit Kinderwagen + darin liegenden schreienden Baby. Narnia hat extrem darauf reagiert, wollte hinziehen, hat gebellt und geknurrt. Das hat sie seit Jahren nicht mehr gemacht. Auch generell, bei Leuten mit denen sie sich eigentlich arrangiert hatte kommt sie plötzlich nicht mehr so gut aus.


    Da sie im Ort sowieso nie ohne Maulkorb und Leine unterwegs ist, musste da nichts geändert werden, aber ich trainiere wieder bewusster und mehr mit ihr seit ich das gemerkt habe.


    Gesundheitlich abgecheckt ist sie, da ist alles in Ordnung. Ich habe aktuell eher das Gefühl, dass mit dem Alter die Zündschnur wieder kürzer wird.


    Und das beobachte ich auch in meinem Umfeld. Da gibt es einige reaktive Hunde, die als Senioren nochmal Dinge auspacken, die sie seit 10 Jahren "verstaut" hatten. Ich glaube also durchaus, dass viele Hunde weniger geduldig im Alter werden.


    Ich glaube aber auch generell, dass man mit dem Training von reaktiven Hunden nie "fertig" ist, egal wie alt sie sind.

  • Aiko ist im Alter deutlich gnädiger geworden. Bei Begegnungen mit Hunden so ab 40cm Schulterhöhe musste ich managen (kleinere Hunde waren ihm meistens egal), mittlerweile ist das nur noch sehr selten nötig. Die meisten Hunde ignoriert er; seine ausgewählten Todfeinde hat er aber weiterhin :barbar: Französische Bulldoggen und Möpse, die ihn aufgrund der Geräusche auf die Palme gebracht haben sind mittlerweile total uninteressant. Die hört er einfach nicht mehr :hust: und werden jetzt als kleiner harmloser Hund einfach links liegen gelassen.

    Und er geht mittlerweile bei anderen Hunden auf "Kuschelkurs". Den Hund meiner Eltern fand er nie spannend. Bei gemeinsamen Spaziergängen sind die beiden nebeneinander hergeschlappt, aber Interesse war nie da. Mittlerweile sucht der Opa aktiv Kontakt, muss unbedingt zur Begrüßung an Benni schnuppern und auch während des Spaziergangs geht er von sich aus hin und steckt ihm einfach mal so die Zunge ins Ohr :lol:

  • Ich denke, es kommt auch immer drauf an, wie diese Hunde alt werden.

    Alt ist etwas anderes, als alt und krank.

    Bei Mr E konnte man seine Tagesform zB sehr deutlich an seiner Laune ablesen. wenn es ihm schlechter ging und er Schmerzen hatte, war er richtig eklig und hat schon auf Entfernung oder auch am Zaun gedroht und gepöbelt. An guten Tagen konnte er die Umwelt ganz gut ignorieren im Alter, so lange sie nicht in in rein gerumpelt ist.

  • Ich habe mich gefragt, jetzt wo ich mit Pelle nach drei Jahren auf einem wirklich entspannten Weg bin, was passiert wohl, wenn "solche" Hunde alt werden? Wenn Sinne nachlassen? Wenn Geduld nachlässt? Wenn Wehwehchen dazu kommen?


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    Gibt es eine Tendenz, ob diese Hunde im Alter gnädiger werden oder noch einmal zurückfallen in die Reaktivität?

    Das kann so oder so kommen. Entweder der Hund wird im Alter entspannter oder es wird ein garstiger Grantel-Opa. :ugly:


    Nachlassende Sinne sorgen erst mal dafür, dass der Hund nicht mehr jeden potentiellen Auslöser schon auf Entfernung wahrnimmt. Es kann außerdem dafür sorgen, dass der Hund, wenn er den Auslöser dann wahrnimmt, ihn nicht mehr so "stark" wahrnimmt. Oder es ist genau andersrum, und der Hund regt sich auf, weil der den anderen erst bemerkt, wenn der schon viel zu nah ist.


    Geduld kann im Alter nachlassen oder mehr werden. Meine erste Hündin wurde im (hohen) Alter deutlich geduldiger mit anderen Hunden (mit Menschen war sie es immer). Bei Dina (die ist jetzt 13) habe ich auch den Eindruck, dass sie geduldiger wird. Aber noch bilde ich mir ein, das läge mehr an meiner Erziehung als am Alter. :lol:


    Wehwehchen können unleidlich machen, vor allem wenn sie nervig aber nicht allszu sehr körperlich einschränkend sind. Es kann aber auch sein, dass der alte Hund wegen seiner Einschränkungen plötzlich die Deeskalation lernt. Meine erste Hündin fing irgendwann an, selbst ihren Lieblingsfeind konsequent zu ignorieren. Ich vermutete dass sie selbst wusste dass ihre alten Knochen nicht mehr so gut für eine gepflegten Prügelei taugen. |) Aber das muss natürlich nicht nicht bei allen Hunden so sein.

  • Dino kam mit ±3 Jahren zu mir, er wird nächstes Jahr 7 und ich merke, dass er bei manchen Dingen geduldiger und entspannter geworden ist. Das heißt aber nicht, dass unser Alltag völlig managementfrei ist - es gibt immer noch Tage, an denen er laut wird oder sogar explodiert.


    Er hat ein Problem mit Hundebegegnungen, Radfahrern, Pferde sind auch ganz ganz übel, fremde Menschen je nach Tagesform und Umgebung sind auch schwierig für ihn.


    Was aber sehr stark auffällt: je älter er wird, desto einfacher wird es für ihn, nach einem Ausraster wieder runterzufahren. Früher hing er dann oft noch tobend in der Leine und wir standen 5± Minuten rum, bis Herr Hund wieder ansprechbar war... heute wird kurz gepöbelt, ich warte 10-30 Sekunden, bis er wieder ruhig ist und wir können weiter.


    Ich denke, dass sein Problem mit Radfahrern uns wieder häufiger begleiten wird, wenn das Hören nachlässt. Er erschrickt sehr schnell, wenn sich etwas von hinten nähert und er das nicht rechtzeitig hört - und das ist für ihn dann erstmal ein Grund, um auf Angriff zu gehen.

    Ähnlich wird es vermutlich sein, wenn die Sehkraft nachlässt.


    Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dino irgendwann so ein netter, tüddeliger Hunde-Opa sein wird. Eher geh ich davon aus, dass er im hohen Alter dann eher sehr grummelig und schnappig wird |)

  • Ich dachte mal, dass ich irgendwann mit meinen beiden alten Hunde-Omis entspannt durchs Dorf tüddel und alle milde belächeln kann, die einen „jungen Wilden“ an der Leine führen und mich liebevoll daran zurückerinnern werde, wie das mal bei uns war…


    … jetzt sind die Hunde 11 und 9,5 Jahre alt.


    Ich denke das obige nicht mehr und nehme es hin, dass es so ist, wie es immer war :lol:

  • Ich dachte mal, dass ich irgendwann mit meinen beiden alten Hunde-Omis entspannt durchs Dorf tüddel und alle milde belächeln kann, die einen „jungen Wilden“ an der Leine führen und mich liebevoll daran zurückerinnern werde, wie das mal bei uns war…

    Ich stelle mir ja mittlerweile vor, wie ich die alte, gebrechliche Holly im Bollerwagen durch die Stadt ziehe und an jedem Hund stehen bleibe, damit sie sich kurz aufregen kann und glücklich ist :lol:



    Im ernst - ich kennne da solche und solche Hunde. Auch immer abhängig, was für Begleiterscheinung dabei kommen. Gerade die Schmerz Kandidaten und die Hunde mit beeinträchtiger Sehkraft sind tendenziell eher heftiger geworden. Die Tauben eher gemütlicher. Aber muss natürlich auch nicht so sein.

  • Ach, man wird mit seinen älteren Hunden ja schon milder in Erziehung und toleriert das Verhalten besser. Daher „entschuldige“ ich das Verhalten gegenüber anderen Hundebesitzern und Passanten nur noch mit „Die sind noch jung *milde lächel*“ und wir gehen unserer Wege.

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