Hund(e) und Kind - Plauderthread - Nr.2
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Ja. Absolut nachvollziehbar. Ich bin auch wütend. Und ich habe das Gefühl, je weniger äußerlich sichtbar die Behinderung des Kindes ist, desto weniger Hilfe bekommt man.
Ist auch so. Viele laufen immer noch durch die Welt und glauben, Behinderungen fangen erst bei Menschen, die im Rollstuhl sitzen an.
Und viele glauben, sie würden sich für Inklusion und Barrierefreiheit einsetzen, indem sie einem Rollstuhl Fahrer im Supermarkt Produkte aus dem oberen Regal reichen.
Auch wenn zu uns mal jemand, der Beispielsweise "nur" Alt ist im Bus Frech wird, dann sag ich einfach "Mein Kind hat PG3. Wer ist denn ihr Betreuer hier, oder können sie auch ohne gut zurecht kommen?" Tatsächlich Ratterts dann und es kommt eine Entschuldigung und man kommt freundlich ins Gespräch. Und "Das wusste ich nicht, man siehts ihm ja nicht an", ist so ziemlich der Standard Satz.
In England haben sie ja diese Ausweise, mit der Blume als Erkennungszeichen, für nicht sichtbare Behinderung. Wurde wohl hauptsätzlich an Flughäfen eingeführt. Aber soll wohl auch durch andere öffentliche Einrichtungen mittlerweile dort zur Kenntnis genommen werden.
https://www.aerotelegraph.com/…nsichtbaren-behinderungen
Ernalie puh, obwohl du schon solange für dein Kind kämpfst, klingt es so, als ständest du noch am Anfang zur Bildung deines Notwendiges Netzwerks. Viel Kraft für dich. Halt die dir Leute nah, die euch Unterstützen. Wenn dir Ärzte und andere "Fachkräfte" nur Steine in den Weg werfen, Wechsel sie. Es wird auch nicht besser, wenn man länger mit ihnen zusammen Arbeitet. -
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Hi
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In England haben sie ja diese Ausweise, mit der Blume als Erkennungszeichen, für nicht sichtbare Behinderung.
das funktioniert super, im ÖPNV, in Geschäften, in Museen etc.
Zumindest in Südengland gibts auch viel flächendeckender als hier ‚reizarme‘ Einkaufszeiten in Supermärkten etc.
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acidsmile Einen Pflegegrad haben wir nicht, weil es ihr mit den Medikamenten sehr gut geht. Sie darf im Sportunterricht nicht alles mitmachen, wegen dem Herzschrittmacher und wird im Sport auch nicht benotet werden, aber sie ist, wie man im Englischen sagt ein ‚toughes Cookie‘.
Beantragt es trotzdem... Euch stehen damit Gelder zu, die man sicher gebrauchen kann. Und sei es nur zum ansparen für das Kind damit es zb später mal eine zusätzliche Therapie machen kann die sonst nicht gezahlt wird, für einen nötigen Hausumbau usw...
Nehmt mit was geht
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Aus meiner jahrelangen beruflichen Praxis in der Eingliederungshilfe kann ich nicht bestätigen, dass es Eltern von sichtbar eingeschränkten Kindern es einfacher hätten.
Ich würde mir wünschen, Eltern von Kindern mit jeglichen Formen sollten sich zusammenschließen und nicht auch noch darüber debattieren, wessen Kind mehr oder weniger von Behörden und Krankenkassen behindert wird.
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Ich habe nicht gesagt, dass sichtbar behinderte Kinder und deren Eltern es einfacher haben. Ich habe gesagt, dass ich das Gefühl habe, dass nicht sichtbar behinderte Kinder und deren Eltern weniger Hilfe bekommen. Was schlicht damit zusammenhängt, dass man erstmal dafür kämpfen muss, dass die Behinderung überhaupt als Solche anerkannt wird. Oder gar überhaupt ERkannt. Was bei einem sichtbar behinderten Kind niemand in Frage stellen wird und demnach das Hilfesystem (zum Glück!!) direkt greift und man nicht erstmal viele Jahre lang zu hören bekommt, dass man selbst (oder wahlweise die Medien) Schuld wäre, dass das Kind ist wie es ist.
Ich maße mir sicher nicht an zu sagen, dass es irgendjemand leichter hat als jemand anderes. Und ich würde mir eine heile Welt für ALLE wünschen. Mit Missgunst hatte meine Aussage nichts zu tun.
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Ich habe gesagt, dass ich das Gefühl habe, dass nicht sichtbar behinderte Kinder und deren Eltern weniger Hilfe bekommen.
Ich habe mit ganz unterschiedlich stark eingeschränkten Kindern mit sichtbaren und unsichtbaren Behinderungen andere Erfahrungen gemacht.
Ich habe unter anderem ein komplex beeinträchtigtes Kind ohne Verbalsprache, dem der x-te Antrag auf ein für ihn geeignetes Kommunikationsmittel von der KK erneut abgelehnt wurde. Sinngemäß steht in dem Schreiben, dass in Zweifel steht, dass das Kind von dem Hilfsmittel, das von einer professionellen UK-Beratung empfohlen wurde, profitiert. Klar, wer profitiert schon davon, wenigstens ein, zwei Grundbedürfnisse mitteilen zu können?
Andere erhalten nur 2 Windeln pro Tag als Hilfsmittel bezahlt bei einem Kind, das urin- und kotinkontinent ist. Das muss reichen. Ja, danke auch.
Etc.
Kämpfe hat fast jeder, nur nicht immer die gleichen. Ich war kürzlich mit einer Gruppe mit auf einem Ausflug, wo eine ältere Frau ein stark beeinträchtigtes Kind wirklich widerwärtig angesprochen hat (dumm für sie, dass ich daneben stand, denn als ich mit meinem Text fertig war, hatte sie nicht mehr viel zu sagen). Bei vielen anderen, die dabei waren und die keine klare Morphologie haben, hätte sie das ziemlich sicher nicht gemacht.
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Ich möchte das hier gar nicht weiter diskutieren, denn ich habe bereits gesagt, dass es Kinder mit sichtbaren Behinderungen und deren Eltern sicher nicht leichter haben und ich auch niemals bezweifelt habe, dass diese auch kämpfe führen müssen.
Ich glaube aber, dass sich niemand, der nicht persönlich betroffen ist, vorstellen kann, wie hoch das Maß an Verzweiflung ist, wenn einem jahrelang alle erklären wollen, dass das Kind ganz normal sei, oder man selbst Schuld und man ja nur da ändern müsse und dann läuft alles, weil man dem Kind eben nicht ansieht, dass das Kind eine Behinderung hat. Für mich war es an einem Punkt tatsächlich fraglich, ob ich das überlebe. Und obwohl ich das so deutlich wie es nur geht kommuniziert habe, gab es nicht den Hinweis, dass das Kind einen Pflegegrad bekommt und man alleine darüber Unterstützung bekommen kann. Oder eine Familienhebamme. Oder die frühen Hilfen. Oder medikamentöse Behandlung der Symptome der Krankheit/Störung (weil diese eben bestritten wurde). Oder Ergotherapie. Oder dass man überhaupt Eingliederungshilfe beantragen kann (weil es ja keine Behinderung gibt). Alleine bis zur Eingliederungshilfe zu kommen ist für Kinder mit nicht sichtbarer Behinderung häufig ein irre langer Weg.
Man muss sich nur mal in eine Selbsthilfegruppe von Eltern mit Kindern mit Autismus und ADHS setzen und den Geschichten der Eltern zuhören. Sie sind immer gleich.
Ich finde, das darf man auch ruhig Mal problematisieren ohne darauf hingewiesen zu werden, dass es alle schwer haben. Ja. Haben sie. Definitiv. Und ich würde mir für viele, oder eigentlich alle Gruppen jedweder Art, leichtere Wege zu Hilfe und Unterstützung wünschen. Wenn ich mich da anders ausgedrückt habe, tut es mir leid. Das war nicht meine Intention.
Aus meiner persönlichen Sicht ist es mir jetzt aber ein Anliegen, darüber zu sprechen und zu problematisieren, was es bedeutet, ein nicht sichtbar behindertes Kind zu haben.
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Ernalie ich kann das nachvollziehen.
8 Jahre lang haben wir von allen Seiten nur gehört "ihr Kind ist auffällig " und im Unterton schwang mit "sie sind daran schuld! ". Erzieher, Lehrer aber auch Ärzte haben uns nicht unterstützt sondern eher darauf hingewiesen dass es doch an der Erziehung liegen müsse.
Hilfe für Kindergarten oder Schule gab's keine weil er ja nix hatte, es keine Diagnose gab. Eltern anderer Kinder haben sich von uns abgewandt weil "wir ja in der Erziehung versagt haben". Gerade hier auf dem Dorf wurde auch viel über uns getratscht und auch die Geschwister haben darunter gelitten (unsere mittlere zb wurde ständig verglichen. Hat sie nur schräg geschaut wurden wir schon angerufen - sie könnte ja genauso ausrasten wie ihr Bruder... Dabei ist sie ganz anders )
Da zweifelt man schon an sich selbst. Und irgendwann "stirbt man innerlich ab".
Ich habe oft gedacht "ich hätte lieber ein"richtig behindertes Kind" denn dann hätten wir früher Hilfen bekommen da man von Anfang an gesehen hat dass da etwas nicht stimmt! " Dieses jahrelang hilflose daneben stehen und das Kind zugrunde gehen sehen ohne dass man etwas machen kann oder Hilfen bekommt ist echt übel!
Diese inneren Kämpfe und Selbstzweifel gibt's mit sichtbaren Behinderungen nicht so in diesem Ausmaß! Deren Eltern haben aber genauso zu kämpfen aber eben an anderen Stellen!
Auch jetzt noch hören wir oft "er muss daß doch können"! Er ist fast 15 und hat viele "normale skills" nicht drauf, aber man sieht ihm nicht an warum das so ist! Als hochbegabter Autist (das was man früher als Asperger bezeichnet hat) kann er vieles überspielen und masken, aber eben nicht alles.
Das sehen Außenstehende aber nicht - für sie läuft ein gesunder 15 jähriger an ihnen vorbei der unhöflich ist (grüßt nicht. Spricht nicht mit Fremden), der sie anrempelt (weil er andere Menschen nicht wahr nimmt und nicht sieht dass er sie berühren wird beim vorbei laufen), der verschloddert aussieht (weil er keinen Wert auf Kleidung legt und ich nur noch bedingt darauf Einfluss habe mit 15), der Flecken auf der Kleidung hat (sieht er nicht. Nimmt er nicht wahr), der keine Schleifen binden kann (bekommt er motorisch nicht hin), usw
Einen 15 jährigen mit Rollstuhl dagegen würde jeder als "behindert" wahr nehmen!
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Mir ging es in meienr ersten Antwort dazu hauptsächlich um acidsmile. Deswegen habe ich das Zitat von dir gleich wieder entfernt, weil ich gemerkt habe, dass ich eigentlich auf "Ja, ist auch so." reagieren wollte. Und um Diagnosestellung ging es da ja zunächst nicht, sondern generell um Hilfen - und die sind vielfältig.
Deine Gefühle zu der ganzen Situation wollte ich in keiner Form als unberechtigt darstellen. Das wäre sehr anmaßend und vollkommen unfair.
Viele Hilfen starten erst ab der Diagnose und bis dahin ist der Weg der unsichtbaren Behinderungen oft wesentlich weiter. Oft braucht es mehrere Diagnostikdurchläufe und Jahre ziehen ins Land.
Einer der großen Unterschiede, die ich erlebe, ist, dass Eltern von Kindern mit sichtbarer Behinderung schon vor der Geburt oder spätestens ab der Geburt in den Verareitungsprozess starten können, während dieser Prozess bei Eltern von Kindern mit nicht sichtbaren Behinderungen wesentlich später beginnen kann. Und viele - damit bist du überhaupt nicht gemeint, das sage ich vorsichtshalber gleich dazu - verleugnen viele Jahre. Wenn ich ein Kind mit Rett habe oder mit Cerebralparese, ist es fast unmöglich, das zu leugnen.
Ich glaube aber, dass sich niemand, der nicht persönlich betroffen ist, vorstellen kann, wie hoch das Maß an Verzweiflung ist, wenn einem jahrelang alle erklären wollen, dass das Kind ganz normal sei, oder man selbst Schuld und man ja nur da ändern müsse und dann läuft alles, weil man dem Kind eben nicht ansieht, dass das Kind eine Behinderung hat.
Wie immer, wenn man nicht direkt persönlich betroffen ist nur bis zu einem gewissen Grad. Wobei ich durch die Begleitung hunderter betroffener Familien sicher einen anderen Einblick habe als Durchschnittsbürger*innen.
Und ich würde mir für viele, oder eigentlich alle Gruppen jedweder Art, leichtere Wege zu Hilfe und Unterstützung wünschen.
Ja, definitiv.
Ich merke auch, mir hängt der Ärger mit den "gelangweilten Hausfrauen" noch nach. Ich finde das klingt einfach unglaublich herablassend, obwohl ich doch hoffe, dass es so nicht gemeint war, und wird den allermeisten Leuten, die als Sbgl. arbeiten und im Rahmen ihrer Möglichkeiten das Beste geben, nicht gerecht. Frustration und Wut über das System, ja, kann ich verstehen, insbesondere, wenn das eigene Kind seit Jahren nicht im System beschult wird, aber Schulbegleitungen sind wirklich nicht die Ursache dafür.
Wenn ich die aktuellen Parteiprogramme lese, sehe ich auch wieder nichts Konkretes für Menschen mit Behinderung jeder Form und Altersklasse. Das ärgert mich unglaublich. Ja, wir finden ganz viele Fachkräfte und werden ganz toll inklusiv. Aja, toll.
Ich nehme gerade wieder ein Kind mit ASS aus so einem tollen inklusiven System auf, das in einem offenen Angebot nachvollziehbarerweise total verloren ist und sich vermutlich unter unseren Bedingungen relativ schnell positiv entwickeln wird. Und wenn das die Zukunft sein soll, frage ich mich, wie lange es bis zum großen Knall dauert.
Ich bin inzwischen von Inklusion sehr desillusioniert. Inklusion braucht Bedingungen, die sie möglich machen. Kinder einfach im bestehende Systeme zu schieben und sich nicht auf sie einstellen zu können, ist einfach hochgradig unfair.
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Und viele - damit bist du überhaupt nicht gemeint, das sage ich vorsichtshalber gleich dazu - verleugnen viele Jahre.
Davon fühle ich mich auch überhaupt nicht angesprochen. Im Gegenteil, ich kämpfe ja seit Jahren dafür, dass mein Kind als das gesehen wird, was es ist und uns und ihr geholfen wird. Ich verstehe Eltern absolut nicht, die die Auffälligkeiten ihres Kindes vehement leugnen. Ich habe so jemanden auch im engen Familienkreis und das Kind tut mir einfach nur unfassbar leid.
Ich bin inzwischen von Inklusion sehr desillusioniert. Inklusion braucht Bedingungen, die sie möglich machen. Kinder einfach im bestehende Systeme zu schieben und sich nicht auf sie einstellen zu können, ist einfach hochgradig unfair.
Da gebe ich dir absolut recht.
Ich nehme gerade wieder ein Kind mit ASS aus so einem tollen inklusiven System auf, das in einem offenen Angebot nachvollziehbarerweise total verloren ist und sich vermutlich unter unseren Bedingungen relativ schnell positiv entwickeln wird. Und wenn das die Zukunft sein soll, frage ich mich, wie lange es bis zum großen Knall dauert.
Genau dieses Problem haben wir gerade mit unserer Tochter. Sie ist in einem Kindergarten mit offenem Konzept. Da ist wirklich komplett alles offen. Das fängt schon dabei an, dass sie sich morgens, wenn sie zur Kita kommt, entscheiden muss in welchem Raum sie geht. Das kann sie schlichtweg Weg nicht. Wir haben aber auch wenige Möglichkeiten, da ein ein Kitawechsel wiederum mit anderen Schwierigkeiten verbunden ist. So möchte ich z.b unbedingt, dass sie jetzt schon Kinder kennenlernt, mit denen sie später zur Schule geht. Alleine deswegen, weil sie die größten Probleme in der sozialen Interaktion mit anderen Kindern hat. Die nächste Kita mit Integrationsplätzen und nicht offenem Konzept ist derartig weit entfernt, dass da ganz sicher keine Kinder hingehen werden, die im Einzugsgebiet der Schule wohnen, wo sie hingehen wird.
Meine Tochter hat übrigens erst seit drei Monaten einen Pflegegrad. Obwohl wir seit Jahren ins SPZ gehen. Das hat uns einfach niemand gesagt. Ich habe es erst durch andere Eltern in der Selbsthilfegruppe erfahren. Was ist das bitte für ein System?
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