Tierheimhund einschätzen
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Hallo zusammen,
ich brauche mal wieder eure Hilfe. Kurze Warnung: Das wird wohl ein sehr langer Beitrag.
Als Ergebnis meines anderen langen Themas hier haben mein Mann und ich uns darauf geeinigt, dass wir zwei Tierheime und zwei Züchter besuchen, um zu schauen, was uns mehr anspricht.
Ich bin eher pro Züchter, wegen "da weiß man, was man bekommt", und mein Mann ist eher pro Tierschutz, wegen "gibt so viele Hunde, die Hilfe brauchen" - das ist sehr plakativ dargestellt, soll jetzt aber auch wirklich nur eine Kurzfassung sein.
Was wir bieten können und uns wünschen steht im ersten Beitrag meines Themas "Ersthund-Überlegungen", bei Bedarf könnte ich das auch hier noch einmal reinkopieren.
Jetzt zum eigentlichen Thema: Wir hatten gestern unseren ersten Besuch in einem regionalen Tierheim. Angemeldet waren wir als Interessenten für eine 9 Monate alte Hündin aus Rumänien (seit einigen Monaten im hiesigen Tierheim), die auf der Homepage so beschrieben wurde, dass sie schüchtern ist, aber schnell auftaut und dann auch zutraulich ist. Kuscheln wäre nicht so ihrs. Das klang jetzt nicht nach absolutem Traumhund, aber wir wollten generell auch einfach das Tierheim und einen Teil der Mitarbeiter kennenlernen und ins Gespräch kommen.
Im Tierheim angekommen wurden wir sofort in einen Auslauf geführt und der Hund dazu geholt. Die Mitarbeiterin hat bewusst nichts erzählt und wollte, dass wir den Hund 15 Minuten selbst kennenlernen.
In diesen 15 Minuten kam der Hund maximal - und auch erst nach langem Überlegen - bis auf einen Meter Entfernung an uns heran, um ein geworfenes Leckerlie aufzusammeln. Beim darauffolgenden Gassigang (ich musste die Kleine regelmäßig ein bisschen ziehen, da hat mir das Herz geblutet) hat sie immer wieder zu uns hoch geschaut (im Sinne von "Oh Gott, die sind ja immer noch da!") und hat von uns weg gezogen. Wenn ich mal einen ruhigen Moment kreiert habe, also einfach stehen bleiben, sie mal kurz umschauen lassen, in die Hocke gehen, hat sie sich auch streicheln lassen. Toll fand sie das aber nicht. Als sie gemerkt hat, dass es zurück zum Tierheim geht, hat sie wie verrückt gezogen.
Im Gespräch mit den beiden Mitarbeiterinnen waren die dann auch nach meinem Eindruck sehr ehrlich: Es wird vermutlich nie ein wahnsinnig verkuschelter Hund werden, fremde Personen und Situationen wird sie wahrscheinlich immer ziemlich doof finden, es wird viel Zeit und Arbeit kosten, einen guten Alltag mit ihr aufzubauen.
Damit ist dieser Hund für uns ziemlich abgehakt, weil wir uns das nicht zutrauen und uns ja schon einen "macht alles mit"-Hund wünschen.
Die Mitarbeiterinnen haben dann unsere Situation und Wünsche abgefragt und meinten daraufhin, dass sie noch eine Hündin hätten, die passen könnte. Sie steht noch nicht online, konnte also von uns nicht vorab gesehen werden, und heute kommen auch schon Interessenten, sodass es sein kann, dass es sich sowieso "erledigt" hat.
Folgendes haben die Mitarbeiterinnen zu der Hündin erzählt:
Ebenfalls aus Rumänien, wurde vom Tierheim bereits im Juni letzten Jahres an eine Familie mit kleinen Kindern vermittelt. Die Kinder haben nicht beigebracht bekommen, dass man den Hund auch mal in Ruhe lässt, wohl an ihm gezogen, und dann kam es halt zu Problemen (welcher Art auch immer, wurde bislang nicht näher definiert). Der Hund wurde vor Kurzem daher wieder abgegeben, hat sich die ersten Tage nur ins Körbchen oder eine Hütte verkrochen und braucht immer Zeit, um ein wenig aufzutauen, dann ist sie aber sehr verkuschelt und menschenbezogen.
Dann haben sie die Hündin (die direkt davor mit einem Helfer Gassi gehen war) zu uns in den Auslauf geholt.
Sie war überhaupt nicht ausweichend oder schüchtern, aber einfach unfassbar abgelenkt von diesem Auslauf (normalerweise ist sie immer in einem anderen, daher war dort alles neu). Sie hat überall geschnüffelt und geschaut und hat sich nur ab und zu mit viel Überzeugungsarbeit (Leckerlies hatten wir da leider keine) anlocken lassen. Dann ließ sie sich aber gerne kraulen - bis eben ein Geruch oder eine miauende Katze interessanter war und sie schauen musste, was da los ist. Sie war nicht ängstlich der Umwelt oder uns gegenüber. Wir waren ihr in dieser Konstellation einfach nicht wichtig genug, um ihre Zeit uns zu widmen - was ja generell auch in Ordnung ist.
Wir konnten sie davor beobachten, als sie vom Helfer zum Gassi geholt und wieder gebracht wurde. Da hat sie sich unfassbar gefreut (und mit der Rute den Helikopter-Antrieb gestartet), hat kein einziges Mal gebellt und ist ganz brav an der Leine gegangen.
Wir sind nun so verblieben, dass wir für Freitag einen weiteren Termin vereinbart haben. Dort werden wir erfahren, wie der heutige Interessentenbesuch für Hündin Nr. 2 ausgefallen ist, und mit irgendeinem Hund Gassi gehen (damit wir Übung bekommen, dem Tierheim ein wenig helfen und vielleicht ja doch Hündin Nr. 2 kennenlernen).
Ich frage mich allerdings inzwischen, wie ich einen (oder konkret: diesen) Hund so kennenlernen soll, dass ich einschätzen kann, ob er zu uns und unserem Leben passt. Das Tierheim bietet laut Homepage ausdrücklich kein "Probewohnen" an. Weiter weg mit dem Hund darf man auch nicht (Autofahrt, etc.). Es bleiben also nur dieser Auslauf (wo ja auch viele andere Hunde und Katzen drumherum sind) und im direkten Umkreis Gassi gehen.
Natürlich müsste man noch intensiver mit den Tierheimmitarbeitern sprechen. Das war ja jetzt ganz bewusst wegen des heutigen Interessententermins kurz gehalten. Trotzdem denke ich darüber nach, wie man von diesen Kennenlernarten auf einen Alltag schließen können soll... Ist das normal, dass man da einen absoluten Blindschuss machen würde - als würde man online ein Kleidungsstück bestellen und wenn es nicht passt, geht es eben wieder zurück?
Generell macht die Hündin einen sehr guten Eindruck, finde ich. Positiv fand ich, dass sie nicht gebellt hat, neugierig aber nicht aufdringlich war, nicht ängstlich, freudig bei der Aussicht auf Gassi, gut an der Leine gegangen ist (zumindest innerhalb des Tierheims, mehr konnten wir ja nicht sehen).
Also, ich würde mich total über eure Erfahrungen und Tipps zum Thema Tierheimhund richtig kennenlernen und richtig einschätzen freuen. Sorry für den langen Text und danke vorab für eure Beteiligung :)
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Es ist ganz schwierig - ohne den Hund gesehen zu haben - eine Beurteilung abzugeben. Von daher würde ich empfehlen mehrere Besuche und Gassigänge zu tätigen um den Hund näher kennen zu lernen.
Es ist möglich, dass die Hündin sich in ihrer vertrauten Umgebung ganz entspannt verhält; in fremder Umgebung aber ganz anders reagiert. Kann so sein, muss aber nicht!
Vielleicht habt ihr aber auch die Möglichkeit einen Hundetrainer mit einer nachweisbaren Prüfung als Verhaltenstherapeut für Hunde, zu einem Besuch im Tierheim mitzunehmen. Er könnte das sicherlich vor Ort besser einschätzen.
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Wenn ich einen Überall-Mitnehm-Hund möchte, würde ich persönlich keinen Hund mit unbekannter Vorgeschichte nehmen und auch keinen Hund, der bereits schlechte Erfahrungen mit Kindern gemacht hat. Das kann zwar alles gut gehen, u.U. kann man mit Fingerspitzengefühl und Erfahrung auch "solche" Hunde zu entspannten Begleitern erziehen. Aber es besteht auch immer das mMn nicht gerade kleine Risiko, dass das eben nicht funktioniert.
Also entweder einen "einheimischen" TS-Hund mit bekannter Vorgeschichte, einen Rückläufer vom Züchter oder eben einen Welpen vom Züchter; u.U. ginge auch ein Welpe aus dem TS - da müssten aber für mich wieder viele Faktoren zusammen kommen.
Für einen TS-Hund muss man mMn relativ flexibel sein in seiner Erwartungshaltung dem Hund gegenüber - man weiß halt nie genau, was man bekommt. Das Verhalten eines Hundes im TH unterscheidet sich meist von dem Verhalten in einer eigenen Familie. Also kann auch das TH keine genauen Aussagen treffen.
Ansonsten kann man mMn zu der Auslaufsituation nicht viel sagen: für den Hund seid ihr völlig fremde Personen - warum sollte er mit euch interagieren? Im Grunde ist es für einen Überall-Mitnehm-Hund durchaus besser, wenn er fremde Personen ignoriert. Viel wichtiger wäre sein Umgang mit ihm bekannten und vertrauten Personen.
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Einschätz-Tipps per Ferndiagnose und per Textbeschreibung (deine Beschreibung ist ja logischerweise auch subjektiv gefärbt) funktionieren nicht. Ich würde einen Hundetrainer mit ins Tierheim nehmen, der dich und den Hund beobachtet und dann beraten kann. Vielleicht gibt es Forumsempfehlungen für deine Region?
Wie kompetent oder inkompetent der jeweilige Trainer ist, das müsstest du irgendwie versuchen abzuklopfen. Idealerweise über irgendwelche Empfehlungen, denen du trauen magst. Wenn nicht von hier, dann vielleicht über Hundebesitzer/Tierärzte etc. in deiner Umgebung?
Trotzdem denke ich darüber nach, wie man von diesen Kennenlernarten auf einen Alltag schließen können soll... Ist das normal, dass man da einen absoluten Blindschuss machen würde - als würde man online ein Kleidungsstück bestellen und wenn es nicht passt, geht es eben wieder zurück?
Ja und nein. Wie der Hund wirklich bei dir ist, findest du circa 3-12 Monate nach Einzug des Hundes raus. Bzw sogar noch später, falls der Hund noch nicht erwachsen ist. Das ist aber immer so. Und im Grunde genommen auch beim Züchterhund so.
Wie Tierheime die Vermittlung handhaben ist unterschiedlich. Das auf "Probewohnen" in verschiedenen Varianten von Seiten des Tierheims bestanden(!) wird, das gibt es auch. Oder das häufige Gassigänge, auch "weiter weg" inklusive Autofahrt gewünscht sind, bevor die Vermittlung stattfindet. Das kann auch innerhalb eines Tierheims für spezielle Hunde unterschiedlich gehandhabt werden. Je nachdem.
So ganz ideal finde ich es bei dem TH, wo ihr jetzt wart, nicht. Deiner Beschreibung nach. Aber das muss nichts heißen. Mir sind da gerade zwei bis achtzig Filter zu viel zwischen mir und der Situation
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Hm,
unser Jacky war am Anfang ähnlich. Er fand uns,auch beim ersten Besuch gut, aber alles andere auch. Er fand es einfach immer toll, aus dem Zwinger, der aber echt groß war, heraus zu kommen. Er hat dort immer viel kaputt gemacht ( Kissen, Decken,etc). Er war ziemlich wild an der Leine und da hatte ich echt Bedenken. Wir waren dann ziemlich oft da, um ihn zu besuchen, das waren aber immer 30 km.
Wir haben ihn dann in der Kennlernzeit reserviert.
Dann haben wir ihn zum Probewohnen geholt. Autofahren fand er mäßig. .. aber bei uns zuhause wurde er von Tag zu Tag ruhiger. Wir waren dann nochmal zu Besuch im Tierheim und er hat die Pfleger freudig begrüßt, ist aber auch gerne wieder ins Auto eingestiegen. Bei uns hat er noch nie etwas kaputt gemacht und ist eher eine Couch Potato .
Also Fazit,man kann ja nie vorher alles ausprobieren, aber vieles ergibt sich auch erst im Alltag. Jacky war 14 Monate,als wir ihn geholt haben. Er fand alle Hunde toll. Als er sicherer war,hat er Kontakte schon sortiert.
Eine gewisse Unsicherheit bzgl. Geräuschen etc wird er wohl aus seiner Straßenhundzeit für immer behalten.
Er sucht dann auch eher einen Schutzraum, als Schutz bei uns. Obwohl wir eine ziemlich enge Beziehung haben .
Also, wissen kann man es nie. Bei uns hat das Bauchgefühl entschieden und bereut haben wir es nie
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Du kannst da so gut wie gar nichts beurteilen - außer, dass Hündin Nr 1 eher ängstlich bei Neuem ist. Die Aufregung der zweiten Hündin kann auch in alle möglichen Richtungen gehen.
Mein Hund würde ssich in so einer Situation auch vollkommen anders zeigen, als er zuhause ist. Und das Verhalten völlig Fremden Menschen gegenüber sagt nullkommanichts darüber aus, wie der Hund in seinem eigenen sozialverband agiert.
Wenn ihr einen unkomplizierten "immer dabei" Hund wollt, dann ist ein Auslandshund für euch nicht das richtige. Wenn ihr einem "Hund helfen" wollt, dann müsst ihr auch für alles offen sein, was dieser Hund eben mitbringt - Ängste, Anlagen, die euch evtl. nicht gefallen (Jagdtrieb, Wachen), Unverträglichkeit. Einen Tierschutzhund holt man nicht, um sich die eigenen Wünsche zu erfüllen...
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Ich hab mir jetzt mal deine Wünsche aus dem ersten Thread durchgelesen.
Ihr wollt einen "überall dabei" Hund, der die mit den gängigen Dingen des Alltags keine Probleme hat.
Ja, die Angebote aus dem Ausland in den Tierheimen sind da groß, aber man darf da einfach nicht vergessen, dass selbst wenn diese Hunde zu Anfang ein schönes Leben hatten und nicht irgendwo in einem Stall, an der Kette oder auf der Straße aufgewachsen sind, die wenigsten mit dem vertraut sind, was sie hier in D im Alltag erwartet.
Ja, es gibt Hunde aus dem Ausland mit denen es geht, die Frage ist, ob man das als Anfänger einschätzen kann und ob man es als Anfänger schafftm einen Hund, der das nicht mitbringt, entsprechend geführt und trainiert zu bekommen, dass es zumindestens keine Probleme gibt
Was mich stören würde bei dem zweiten Hund, ist dass nicht offen heraus gesagt wird, welche Probleme es gegeben hat.
Das hat so ein bisschen was von Eiertanz, wie du das beschreibst. Auch finde ich dieses "ja die ist ganz neu, noch nicht auf der Homepage, aber eigentlich vielleicht sogar schon fast vermittelt, aber schaut sie euch mal an..." seltsam.
Unabhängig von der Einschätzung des Hundes würde ich persönlich nach deinen Erzählungen eher Abstand von dem Tierheim an sich nehmen.
Ihr seid Anfänger, die einen überall dabei Hund suchen. Dass man euch den ersten Hund überhaupt vorgstellt und zum Gassi mitgegeben hat und da nicht das gespräch gesucht hat, wieso das ziemlich sicher - deiner Beschreibung nach - nicht der richtige Hund für euch und eure Wünsche sein dürfte, find eich persönlich da ein großes no Go.
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Ich würde mich dem anschliessen, dass ein Hund mit unbekannter Vorgeschichte eher nicht optimal ist wenn der Hund ein Überall-mithinnehm-Hund werden soll.
Wenn es sich um einen Hund handelt der in den wichtigen Phasen der Sozialisiertung wenig kennengelernt hat bekommt ihr das wahrscheinlich schlecht oder nicht ausgebügelt.
Wenn Tierheimhund dann vielleicht eher einer der das Leben in Deutschland, dass ihr ihm bieten werdet von klein auf schon kennengelernt hat.
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Das seh ich auch so. Wenn die Bereitschaft da ist, sich auf alles mögliche einzustellen, dann kann man das machen mit einem Auslandshund aus dem Tierschutz. Bei den Rumänen sind sehr oft HSH drinnen, mit all den Eigenschaften, die sie mitbringen und die fürs (Stadt)leben in D nicht die besten Voraussetzungen sind.
Wenn ein Hund von Kindern sekkiert oder Schlimmeres wurde, dann ist sehr wahrscheinlich, dass er Kinder ziemlich kacke findet. Da reicht es dann womöglich, dass ein Kind sich auf der Straße schnell auf ihn zu bewegt oder vor ihm stolpert und er wird dadurch getriggert. Wäre mir ein zu großes Risiko als Ersthundehalter und außerdem würde ich in dem Fall über einen Beisskorb nachdenken wenn ich rausgeh. Zumindest die ersten Monate, bis ich den Hund besser einschätzen kann.
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Ich frage mich allerdings inzwischen, wie ich einen (oder konkret: diesen) Hund so kennenlernen soll, dass ich einschätzen kann, ob er zu uns und unserem Leben passt.
das wirst du nie können auch bei einem Züchter nicht. Du bekommst nur Momentaufnahmen und die können auch einfach gar nichts bedeuten. Mit einem Züchter unterhält man sich ja ne Weile und lernt sich kennen und die wiederum kennen ihre Welpen und helfen dann bei der entscheidung. Im Tierheim ist das so nicht möglich, Die Pfleger kennen die HUnde ja auch nur in der Ausnahmesituation Tierheim und können zu den Hunden eigentlich nichts sagen.
Wenn du einen unkomplizierten Begleiter suchst schau vielleicht auf Pflegestellen, wo die Hunde länger sind. EInen Hund aus dem Ausland, der dannhier erstmal im TH hockt ist da vielleicht nicht die beste Idee
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