Was muss man sich als Hundehalter gefallen lassen?

  • Kontakt aber =/= Körper- oder Direktkontakt. Wenn sich Hunde entgegen kommen, kommunizieren sie auf Distanz schon und auch ein Passieren ohne "Hallosagen" ist Kontakt. Die meisten ernsthaften und Gebrauchsrassen legen im Erwachsenenalter keinen Wert auf direkten Kontakt und kommunizieren das in der Regel sehr deutlich. Leider verstehen das infantil bleibende Rassen und ihre HalterInnen oft nicht und zwingen direkte Interaktion innerhalb der Individualdistanz auf. Wer hat da nun mehr recht?


    Exemplarisch für einen Hund, der überhaupt keinen Wert auf Fremdhundekntakt legte, der im Gegenteil Fremdhunde beschädigt hätte, wenn man sie ihm nicht vom Leib gehalten hätte, die großartige blonde Katastrophe. Dieser Hund kam ins Tierheim und wollte alle Hunde plätten. Er wurde sehr langsam und sinnig trainiert, sie in seinem Dunstkreis zu dulden und hatte zum Schluss ganze fünf Freunde. Meine und die drei Hunde von meinen Freundinnen. Nach jahrelangem Training. Mehr als gemeinsam Gassi gehen und mal kurz aneinander oder an der gleichen Stelle schnuppern war nicht drin, mehr wollte er gar nicht. Fremde Hunde hätte er bis zum Ende beschädigt. Kompetenz im Umgang mit Fremdhunden kann halt auch heißen, ihnen auf Distanz zu verstehen zu geben, dass sie sich nicht nähern sollen.


  • Die meisten ernsthaften und Gebrauchsrassen legen im Erwachsenenalter keinen Wert auf direkten Kontakt und kommunizieren das in der Regel sehr deutlich. Leider verstehen das infantil bleibende Rassen und ihre HalterInnen oft nicht und zwingen direkte Interaktion innerhalb der Individualdistanz auf. Wer hat da nun mehr recht?

    Es hält sich immer noch hartnäckig, dass Problemlosigkeit im Umgang mit anderen Hunden - auch Fremden - und Freude am Spiel ein Zeichen von Infantilität ist.

    Das ist wissenschaftlich - sowohl verhaltensbiologisch als auch psychologisch - absolut unhaltbar.

    Ich zitiere mal aus der Erinnerung Feddersen-Petersen: "Wir haben die Entwicklungsstadien von Hunden und Wölfen miteinander verglichen ... und obwohl es Unterschiede im Auftreten dieser Stadien gibt - Hunde erreichen z. B. viel früher die sexuelle Reife als Wölfe - gab es keinerlei Hinweise für irgendeinen Infantilismus bei Hunden."


    Dieses Andichten von Infantilismus ist eine Mär, die immer wieder erneut von Möchtegern-Hundeverstehern in die Welt gesetzt und verbreitet wird; es gab und gibt nirgendwo in der seriösen! wissenschaftlichen Literatur irgendwelche Hinweise oder gar Beweise für eine Infantilität.


    Um das Ganze mal verständlich zu machen, übertrage ich diese "Infantilitätsthese" mal auf ein - hoffentlich - nachvollziehbareres Beispiel.


    "Die Neandertaler waren als Erwachsene viel ernsthafter und kompromissloser fremden Neandertalern gegenüber, und hatten als Erwachsene kein Interesse am Spiel.

    Die heutigen Menschen sind viel kontaktfreudiger, auch fremden Menschen gegenüber, und bewahren sich oft bis ins hohe Alter eine große Spielfreude. Deshalb sind die heutigen Menschen infantil."


    Exemplarisch für einen Hund, der überhaupt keinen Wert auf Fremdhundekntakt legte, der im Gegenteil Fremdhunde beschädigt hätte,

    Alle Fremdhunde, die in erreichbare Nähe kommen beschädigen zu wollen, ist mit Sicherheit kein Nachweis für "erwachsene Ernsthaftigkeit", sondern mit absoluter Sicherheit ein Nachweis dafür, dass da im Oberstübchen dieses Hundes etwas mal so gar nicht richtig läuft.


    ................

    Diese "Ernsthaftigkeit", im Sinne von "der macht Ernst", mit Erwachsen-Sein gleichzusetzen, zeugt von einem ... hmmm :denker: moderat ausgedrückt "ziemlich verschrobenen Blick" auf Hunde, der keinesfalls der Spezies Hund gerecht wird.

  • Hundundmehr

    Ich frage mich worauf du schlussendlich eigentlich hinaus willst :ka:


    Du hast Deine Sicht und Erfahrungen auf Hundebegegnungen und andere, nun ja, andere.


    Solange Du Deine Hunde abrufst von angeleinten Hunden oder auf Bitte anderer Hundehalter, finde ich Deinen Weg sympathisch und gut. Es klappt halt für dich und deine Hunde, andere werden nicht von euch belästigt, wunderbar.


    Ich finde es aber bezeichnend andere Hunde als „nicht ganz dicht im Oberstübchen“ zu betiteln, die ab adulten Alter Artgenossenunverträglich sind, und dabei auch beschädigen würden.


    Joah, das würde wahrscheinlich auf einen niedrigen zweistelligen Prozentsatz von adulten Hunden ernsthafter Rassen zutreffen, die einen völlig normalen „Werdegang“ und erfahrene, sachkundige Halter haben.


    Ich halte es für normal das z.B. ein Malinois alle Fremdhunde um sich herum akzeptiert (bestenfalls), solange diese seine Individualdistanz nicht unterschreiten (sagen wir 1m) und dann nach diversen, nicht als solche angenommenen oder als solche akzeptierten, körpersprachliche Warnungen auch beschäfigt. Ein solcher Hund ist keineswegs nicht „dicht im Oberstübchen“.


    Ich würde mir vielmehr Gedanken über einen Tut-Nix machen, der angesichts eines deutlich warnenden Fremdhundes trotzdem meint man könnte vielleicht doch mal die Nase in den Po stecken.

  • Und zum Wörtchen Infantil.


    Klar kann man jedes Wort auf die Goldschale legen, aber in meinem Weltbild gibt es viele Hunde die als Hauptstrategie in Konflikten ins fiddeln fallen, was für mich vergleichbar ist mit infantilen Verhalten - Situationsbezogen! Vergleichbar mit einem Hund nicht dominant ist, sondern sich vergleichsweise oft dominant verhält. Und das altersunabhängig bis zum Lebenswinter.


    Nenn es von mir aus umgangssprachlich. Dafür erwarte ich von anderen nicht den wissenschaftlich korrekten Einsatz dieses Begriffes :roll:.

  • "Die Neandertaler waren als Erwachsene viel ernsthafter und kompromissloser fremden Neandertalern gegenüber, und hatten als Erwachsene kein Interesse am Spiel.

    Die heutigen Menschen sind viel kontaktfreudiger, auch fremden Menschen gegenüber, und bewahren sich oft bis ins hohe Alter eine große Spielfreude. Deshalb sind die heutigen Menschen infantil."

    Netter Einwand :D

    Wobei ich nun überlege, sind die fremden Beteiligten aus den Schilderungen der Mitschreiber hier nun ernsthafte kompromisslose Neandertaler vergangener Zeit, oder heutige Menschen die nur spielen wollen :denker: nach ihren Regeln natürlich ...


    ---


    Scherz beiseite.
    Es dreht sich im Kreis.


    Wichtig ist schadfreies Auskommen miteinander.

    Gegeneinander ist nie gut.

  • Ich denke auch das es da kein pauschales Richtig oder Falsch gibt. Dazu sind Hunde und Rassen viel zu unterschiedlich/individuell.


    Meinen Mittelspitz konnte ich bei Fremdhundbegegnungen auch ganz anders führen als meine DSHündin. Den Kleinen konnte ich im Freilauf auch nach Absprache zu anderen Fremdhunden lassen und es ging zu 99% friedlich und nett zu. Bei meiner DSHündin hingegen ging das nicht, Punkt. Die wurde immer rangerufen, angeleint, kein Fremdhundkontakt. Weder im Freilauf und schon gar nicht an der Leine. Nach einer konditionierten Zusammenführung kam sie aber mit fast jedem Hund klar. Das ist dann aber kein Fremdhund mehr.


    Am Ende ist es doch jedem Hundehalter selbst überlassen solange er seinen Hund so führt das er andere nicht belästigt oder gar gefährdet.


    Wichtig finde ich vielmehr die Akzeptanz, das der eigene Weg nicht der Maßstab ist.

  • Also, wenn schon - ich liebe Wortklauberei.


    Bei Wölfen WÄRE es ein infantiles Verhalten, wenn ein adulter Wolf noch so ausgeprägt spielen würde, wie es Jungtiere tun. Viele adulte Hunde zeigen daher - weil es ein Selektionsvorteil im Verlaufe der Domestikation war UND weil ihre Umwelt das erlaubt - ein Verhalten, dass beim Wolf infantil wäre/ist.


    Oder das Verhalten fremden Artgenossen gegenüber:


    Wölfe, die in einem festen Rudel leben, interagieren typischerweise nicht mit Artgenossen, die nicht zu ihrem Sozialverband gehören. Sie wollen sie auch keinesfalls direkt umbringen.


    (Reaktionen können sehr unterschiedlich sein - der Fremde wird vertrieben. Oder wandert eine Weile parallel mit und schliesst sich nach und nach der Gruppe an. Oder klaut sich eine Gefährtin. Oder Gruppenmitglieder schliessen sich dem Neuling an.

    Es kommt auch vor, dass Rudel sich zum Zwecke der Jagd oder Wanderschaft zu einem größeren losen Verband zusammenschliessen und wieder trennen, je nach Umweltbedingungen.)


    Hunde haben Fremden gegenüber ein anderes Verhaltensrepertoire, als Wölfe. Und zwar ein sehr uneinheitliches (was vermutlich die unheitlichen Meinugnen der Hundehalter erklärt..)


    Es gibt Hunde, bei denen Aggression gegenüber allem Fremden (durch menschliche Selektion) stark erhöht ist und die öfter die Option Kampf wählen, statt Flucht oder Deeskalation (im Vergleich zu Wölfen).


    Es gibt (erwachsene) Hunde, die wesentlich aufgeschlossener gegenüber fremden Artgenossen sind, als (erwachsene) Wölfe es typischerweise sind, und die den Kontakt suchen und dabei stark auf Deeskalation setzen. Das ist ein (züchterisch selektiertes und domestikationsbedingtes) Verhalten, dass beim Wolf in das Verhaltensrepetoire von Welpen und Jungtieren gehört, und bei akulten Tieren nicht/weniger zu beobachten ist. Für den Wolf ist/wäre das also ein infantiles Verhalten.


    Wenn ein adulter Hund dieses Verhalten zeigt, heisst das nicht, dass der ganze Hund infantil ist - aber sein Verhalten in diesem Moment ist, wenn man es mit seinen undomestizierten Verwandten vergleicht, infantil.

  • Zum Thema Fremdhundekontakt hatte ich ein Gespräch mit jemandem, der aus der Großstadt aufs Dorf gezogen ist und sich wunderte, dass hier alle Hunde ständig angeleint werden, wenn ein anderer Hund kommt. Er kenne das aus der Großstadt nur so, dass in den Parks alle Freilauf haben und es nie Probleme gäbe (die Unverträglichen gehen dort wahrscheinlich gar nicht hin?).

    Manchmal finde ich es auch schade, dass hier die Hunde doch sehr eingeschränkt werden. Andererseits habe ich kleine Hunde und habe kein Interesse daran, dass da ein Großer drüber brettert. Meine Zwei haben sich selbst, Hundefreunde, die sie häufig sehen und dann die Dorfhunde, die man regelmäßig trifft. Sollte hoffentlich reichen.


    Mehr Probleme als mit HH habe ich hier mit Fahrradfahrern. Mittlerweile ist es ruhiger geworden, aber während des Lockdowns rasten die massenhaft durch den Wald und beschwerten sich, wenn sie abbremsen mussten, weil ich mit den Hunden nicht so schnell aus dem Weg springen konnte.

  • Ich halte es für normal das z.B. ein Malinois alle Fremdhunde um sich herum akzeptiert (bestenfalls), solange diese seine Individualdistanz nicht unterschreiten (sagen wir 1m) und dann nach diversen, nicht als solche angenommenen oder als solche akzeptierten, körpersprachliche Warnungen auch beschäfigt. Ein solcher Hund ist keineswegs nicht „dicht im Oberstübchen“.


    Dafür braucht es keinen Mali. Mein Emil ist auch so. Lässt ihn ein Hund nicht in Ruhe, dann macht er eine klare, knackige Ansage. Ist laut, sieht krass aus, aber er hat noch nie ein Loch in einen Hund gemacht. Ich finde, das ist Kommunikation. Lässt man ihn in Ruhe, passiert das nicht. Er geht auch selber Bögen. Aber viele Hunde können es nicht lassen, ihm dann nach zu laufen. Er hebt zweimal die Lefze und brummt, kommt das nicht an, gibts eins auf die zwölf. Und ich finde es auch befremdlich, wenn ich dann gefragt werde, warum mein Hund so aggressiv ist. Wenn ich dem jeweiligen Halter hinterher laufen würde um ihm, trotz Bitte es zu lassen, beherzt in den Schritt zu greifen, würde ich vermutlich eingewiesen werden. Natürlich sind Menschen keine Hunde und das Kennenlernen läuft anders ab, aber Kommunikation bleibt Kommunikation. Und hab ich keinen Bock auf mein Gegenüber, dann ist es ok das zu sagen. Als Mensch und auch als Hund. Habe ich einen Hund, der das wirklich mit Beschädigungsabsicht ausdiskutiert finde ich das je nach Situation auch verständlich und bin dann als HH natürlich gefragt das zu verhindern.

  • Bei Wölfen WÄRE es ein infantiles Verhalten, wenn ein adulter Wolf noch so ausgeprägt spielen würde, wie es Jungtiere tun. Viele adulte Hunde zeigen daher - weil es ein Selektionsvorteil im Verlaufe der Domestikation war UND weil ihre Umwelt das erlaubt - ein Verhalten, dass beim Wolf infantil wäre/ist.

    Ja, wenn du innerartlich einheitliches Verhalten vergleichst - dann, und nur dann liegt bei einem Wolf, der statt zum Rudelwohl beizutragen lieber spielt, möglicherweise eine krankhaftes Verkindlichung vor.


    Hunde sind keine Wölfe.

    Oder das Verhalten fremden Artgenossen gegenüber:


    Wölfe, die in einem festen Rudel leben, interagieren typischerweise nicht mit Artgenossen, die nicht zu ihrem Sozialverband gehören. Sie wollen sie auch keinesfalls direkt umbringen.


    (Reaktionen können sehr unterschiedlich sein - der Fremde wird vertrieben. Oder wandert eine Weile parallel mit und schliesst sich nach und nach der Gruppe an. Oder klaut sich eine Gefährtin. Oder Gruppenmitglieder schliessen sich dem Neuling an.

    Es kommt auch vor, dass Rudel sich zum Zwecke der Jagd oder Wanderschaft zu einem größeren losen Verband zusammenschliessen und wieder trennen, je nach Umweltbedingungen.)

    Was du hier beschreibst, in ein hohes Maß an Kooperationsfähigkeit mit Artgenossen. Diese Kooperationsfähigkeit ist ein Muss für Lebewesen, die in Sozialverbänden leben, je komplexer und komplizierter diese Sozialverbände, desto größer ist auch die Fähigkeit zur Kooperation.

    Kooperationsbereitschaft ist das Gegenteil von Artgenossenunverträglichkeit.

    Hunde haben Fremden gegenüber ein anderes Verhaltensrepertoire, als Wölfe. Und zwar ein sehr uneinheitliches (was vermutlich die unheitlichen Meinugnen der Hundehalter erklärt..)


    Es gibt Hunde, bei denen Aggression gegenüber allem Fremden (durch menschliche Selektion) stark erhöht ist und die öfter die Option Kampf wählen, statt Flucht oder Deeskalation (im Vergleich zu Wölfen).

    Und diese erhöhte Bereitschaft zum Kampf (was Wehrverhalten ist und der biologisch verankerten Verhaltensschiene des Aversionsverhaltens zuzuordnen ist) macht diese Hunde jetzt "erwachsener"?

    Diejenigen, bei denen diese Kooperationsbereitschaft ausgebaut wurde, um ihnen ein möglichst kompatibles Leben in der Menschenwelt überhaupt möglich zu machen ... sind dann infantil?



    Es gibt (erwachsene) Hunde, die wesentlich aufgeschlossener gegenüber fremden Artgenossen sind, als (erwachsene) Wölfe es typischerweise sind, und die den Kontakt suchen und dabei stark auf Deeskalation setzen. Das ist ein (züchterisch selektiertes und domestikationsbedingtes) Verhalten, dass beim Wolf in das Verhaltensrepetoire von Welpen und Jungtieren gehört, und bei akulten Tieren nicht/weniger zu beobachten ist. Für den Wolf ist/wäre das also ein infantiles Verhalten.

    Ja, nochmal: Für den Wolf - aber nicht für den Hund, und erst recht nicht im innerartlichen Vergleich von Hunden.

    Wenn ein adulter Hund dieses Verhalten zeigt, heisst das nicht, dass der ganze Hund infantil ist - aber sein Verhalten in diesem Moment ist, wenn man es mit seinen undomestizierten Verwandten vergleicht, infantil.

    Du kannst aber nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.

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