Erziehung Junghund

  • Sie versucht mich wieder zu zwicken, auf mein "Nein" reagiert sie nicht. So, jetzt versucht sie ihren Dickschädel durchzusetzen um ihr Ziel zu erreichen. Hier darf ich sie nicht "gewinnen" lassen, richtig?

    Hier ein Beispiel, weil ich geschrieben habe, nichts persönlich zu nehmen.

    Es geht gar nicht um einen Dickschädel und gewinnen.


    Es geht darum, dass dieser Hund deine Intim/Privatzone um dich nicht respektiert und in diese eindringt (macht er beim Randrücken beim Kuscheln auch. Kennt man sich gut, kann man das natürlich erlauben, ist wie bei menschlichen Interaktionen.). Dann zwickt er dich.

    Die Motivation dazu kann alles mögliche sein. Frustabfuhr, Aufregung abreagieren, dich zu einer Handlung bewegen... es folgt ein Nein.

    Ich bin mir ziemlich sicher, dass dein Hund ohne passende Körpersprache nicht versteht, was Nein ist. Das kann dazu führen, dass sie erstmal einfach weitermacht. Das hat nichts mit Sturheit zu tun.


    Dann führst du sie zur Decke und legst sie ab oder bindest sie fest und gehst weg. Da hat niemand gewonnen, sondern du hast ihr gezeigt, was du statt Zwicken gern sehen möchtest.

  • Ist vielleicht noch nicht perfekt die Situation. Aber wenn ich vergleiche, was du am Anfang geschrieben hast:

    Wenn sie eben das schnappen, zwicken etc. hat dann gehe ich ruhig in einen anderen Raum und mache dort irgendwas, sie rennt dann zwar nach und springt einen an, zwickt in die Waden zum Beispiel aber wenn ich dann im anderen Raum bin lässt sie dann auch ab. Irgendwann später aber wiederholt sich das Ganze dann eben wieder.

    Und dann lese, was du jetzt schreibst:

    Wenn ich an die Leine fasse, schnappt sie ja auch nicht nach mir.

    Lässt sich natürlich auch nicht freiwillig zur Decke führen. Wenn ich aber etwas kräftiger zu Beginn ziehe, dann läuft sie auch ohne Meckern mit und legt sich auf die Decke.


    Dann ist das doch schon eine gute Verbesserung. Du gehst nicht mehr weg (und wirst zwickend verfolgt), sondern kannst im gleichen Raum bleiben und sie bleibt auf der Decke (und ruht?).

    Mal sehen, was der nächste Trainer sagt. Vielleicht gibts da nochmal gute Anregungen. Als Zwischenlösung, damit du die Situationen mit dem Schnappen entschärfen kannst, finde ich das, was du beschreibst, in Ordnung :gut:

  • Also eine gewisse Härte bzw. eine strenge Führhand ist, besonders bei so einem Fall, nicht verkehrt?

    Also damit meine ich natürlich keine Gewalt aber zum Beispiel etwas strenger an der Hausleine zur Decke führen?

    Nein! Einfach die Leine nehmen und ohne viel Getüdel zur Decke bringen dort nochmal das Kommando dafür geben und vorsichtig entfernen, geht sie da wieder runter "Nein" und sie wieder ruhig aber bestimmt mit dem Körper zurückdrängen. Das macht man die ersten Tage eben gerne 100mal. Darum wirklich auch nur damit anfangen wenn man gerade Zeit dafür hat und genau weiß dass man nicht in 2 Minuten kleinbeigeben muss

  • Es gibt eben Momente, da hört sie sofort auf "Decke" macht dort auf brav Platz, ohne Aufforderung. Dann meint sie wieder frech werden zu können, ich will sie auf die Decke schicken aber ohne Erfolg. Wenn ich die Leine in die Hand nehme zickt sie auch manchmal rum und weiß daher nicht, ob ich sie dahin auch etwas "ziehen" darf

    Nimm den Druck raus. Dein Hund kann noch gar nicht wirklich wissen, was das Signal "Decke" bedeutet, sie ist gerade erst dabei es zu lernen. Was heißt: immer, wenn sie "frech" wird oder "rumzickt" war deine Anforderung zu hoch. Das kann vielerlei Gründe haben: Abstand zu groß, Aufregung zu hoch, widersprüchliche Körpersprache und/oder Mimik deinerseits, etc.


    Kleines Beispiel:

    Ich versuche seit einiger Zeit Jin die Signale "rechts" und "links" zum Umrunden einer Pylone beizubringen (soll uns später im Agility nützlich sein). Eigentlich ganz einfach: der Hund soll rechtsrum bzw. linksrum um die Pylone gehen. Ich habe wochenlang kleinschrittig trainiert. Ergebnis: mein Hund verstand die Aufgabe nicht, verknüpfte wohl irgendwas von ihrer Position zu mir und wurde jedesmal verwirrt, wenn ich die Anforderung erhöhte, weil das dann widersprüchlich zu dem war, was sie dachte, was die Aufgabe sei. War echt ermüdend :muede: und ich gebe zu: ich wurde dabei ungeduldig und hab dann auch etwas unfair reagiert - aber mein Hund kennt mich seit über 7 Jahren, wir haben eine gefestigte Beziehung, die das aushält. Ich hab dann das Training abgebrochen, noch ein paar nette Tricks verlangt und mich im Anschluss an den PC gehockt und nach andren Methoden gesucht.


    Dein Hund befindet sich grad mitten in einem Prozess aus einem Wust von Signalen, die du (unbewusst) abgibst, das rauszufinden, welches du meinst und zeitgleich was du damit meinst. Das ist anstrengend und führt unvermeidlich zu Missverständnissen - zumal dein Hund parallel auch noch das Problem hat, sich an eine ihm fremde Welt gewöhnen zu müssen und überhaupt erst die Grundlagen der menschlichen Sprache zu erlernen - etwas, was Welpen vom ordentlichen Züchter von kleinauf nebenbei wie die Hundesprache lernen. Dein Hund muss das nun im erwachsenen Alter mühsam nachholen.


    Hunde (wie alle Lebewesen) haben verschiedene Möglichkeiten mit Konflikten (dazu gehören auch kleine Unsicherheiten im Alltag, das bezieht sich nicht nur auf aggressive Auseinandersetzungen) zu reagieren, die vier Fs: fight, freeze, fiddle, flight. Wenn dein Hund also z.B. auf ein Signal von dir hin rumkaspert, dann ist das eine verlegene Übersprungshandlung, weil dein Hund nicht versteht, was von ihm verlangt ist. Dein Hund ist nicht "frech" oder "zickig", er ist einfach verunsichert.


    Ich glaube, dass du im Umgang mit deinem Hund noch sehr bewusst auf deine Körpersprache achten solltest: z.B. kann frontales auf den Hund zugehen von diesem als bedrohlich empfunden werden. Gerade Männer haben oft eine "härtere" Körpersprache als Frauen, dazu die tiefere Stimme - all das kann einen Hund verunsichern oder gar ängstigen und damit eines der vier Fs auslösen.

    Besser ist: möglichst weiche Haltung, den Hund nicht direkt anschauen, eher so leicht an ihm vorbei schauen, leichten Bogen laufen und/oder eine Stelle neben dem Hund als Bewegungsrichtung wählen.

  • Es gibt eben Momente, da hört sie sofort auf "Decke" macht dort auf brav Platz, ohne Aufforderung. Dann meint sie wieder frech werden zu können, ich will sie auf die Decke schicken aber ohne Erfolg. Wenn ich die Leine in die Hand nehme zickt sie auch manchmal rum und weiß daher nicht, ob ich sie dahin auch etwas "ziehen" darf

    Ich würd das völlig kommentarlos machen, natürlich darfst du sie da hinziehen. Aber nicht hinschubsen oder sonst was grobes. Und dann auch nicht belohnen, schliesslich ist sie einfach aufgestanden. Erst wenn sie wieder schön chillt, belohnen.


    Idealerweise erwischst du sie halt auch mal in dem Moment wo sie von allein aufstehen will und kommst ihr mit dem Abbruch (Nein) zuvor, sofern einer da ist.


    Du musst weder streng, noch hart und vor allem nicht gewaltätig sein. Sei erstmal einfach konsequent, aber bestimmt. Du weisst ja noch gar nicht wie dein Hund auf Druck (drüberbeugen zB, frontal zugehen, anfixieren) und Co reagiert.


    Und hey: Entspann dich ein bisschen. =) Du scheinst mir mega verkopft und bloss nix falsch machen.

  • Wenn du „nein“ sagst, verstehen Hunde sehr wohl, dass du etwas sagst, die verstehen auch das Wort an sich, aber deren Bedeutung kennen sie nicht.

    Wenn die Körpersprache nichtssagenden ist, wenn du zögerst oder dieses Wort nicht immer die gleiche Konsequenz hat, konnte das für den Hund heute „super gemacht“ bedeuten, morgen „der Himmel ist blau“


    Mit Babys ist es das gleiche. Wenn du ein Bilderbuch anschaust und du deutest auf die Kuh und sagst „Ziege“ und das machst du immer so, wird das heranwachsende Kind zur Kuh Ziege sagen. Einfach weil das die Bedeutung ist, die die Bezugsperson ihm beigebracht hat.


    Statt nein könntest du auch „Fleischklößchen“ sagen, wenn die Konsequenz „hör auf mit dem was du tust“ ist, ist das ok.


    Mach dir doch eine Liste, welche Regeln du im Zusammenleben erwartest, welche Signale du benutzt und reflektiere welche Art Mensch du bist. Zusammen mit dem Trainer guckst du dann wie du A) das zwicken unterbindest und B) wie du auf einem für dich authentischen Weg deine Regeln durchsetzt.

    Wenn du kein autoritärer Mensch bist, wirkt das nicht, wenn du das spielst. Wenn du ein kerniger Mensch bist, wirkt es aufgesetzt, wenn du in vögelchen-sing-sang Stimme mit dem Hund sprichst.

  • Hm, ich persönlich finde das alles nicht so optimal irgendwie. Also von der Trainerin will ich gar nicht erst anfangen. Unausgesprochen etwas nach dem Hund werfen geht überhaupt nicht.

    Aber insgesamt habe ich den Eindruck, dass hier vieles verkompliziert wird, aber trotzdem nicht das Große & Ganze gesehen wird.


    Dass der Hund zwickt und drüber ist, ist ein Symptom davon, dass der Hund massiv gestresst und überfordert ist. Das zwicken irgendwie abzubrechen ist natürlich richtig, aber das ist keine dauerhafte Lösung. Finde ich auch sehr schade, dass die Trainerin da nicht weiter gedacht hat.


    Ich bin immer noch der Ansicht, dass der Hund weniger Programm und mehr Freiraum braucht, ohne permanent eine Ansprache bekommen zu müssen. Auch jetzt dieses ständige auf die Decke bringen ist zwar schön und gut, wenn es meistens funktioniert, aber auch da kann man es sich doch einfacher machen.


    Warum kein Welpengitter oder einen abgetrennten Bereich, den man richtig richtig positiv verknüpft als Ruhezone? Dann kann der Hund auch nicht einfach weggehen und muss ständig zurückgebracht werden, wenn es eine räumlich sichtbare Begrenzung gibt. Auch sowas wie konditionierte Duft- oder Geräuschentspannung ist super schnell aufgebaut, wenn man sich da einmal einliest. Das kann hier bestimmt mega hilfreich sein, um diesem Hund beim Entspannen zu helfen.


    Es dauert einfach länger als 6 Wochen bis sich ein Tierschutzhund an's Zusammenleben mit Menschen gewöhnt und da kann der Hund nichts zu. Und trotzdem finde ich, dass er hier gerade der Leidtragende ist, der gar nicht verstehen kann, was los ist und was die Menschen von ihm wollen.



    Ich würde hier genau 3 Sachen machen:


    1. Dem Hund helfen mehr Schlaf und Ruhe zu bekommen (Ruhezone aufbauen, konditionierte Entspannung einsetzen, keine stressigen Spaziergänge, langsames Heranführen an neue Reize, Schleckmatte, Kong zum ausschlecken)
    2. Dem Hund viel Zeit geben für Hundehobbies, um den ganzen Stress auszugleichen und abzubauen (Entweder Spaziergänge in der Pampa an langer Leine mit viel viel Zeit zum Schnüffeln und Erkunden oder Zeit im Garten mit der Möglichkeit zu rennen, Kekse im Gras zu suchen und vielleicht auch einfach mal zu chillen oder einen Kauknochen im Garten zu verspeisen)
    3. Vertrauen aufbauen, damit der Hund lernt, dass seine Menschen toll sind und nichts böses wollen (keine bedrohliche Körpersprache, vieles ankündigen zB "Geschirr anziehen" "Vorsicht, ich gehe an dir vorbei" "Achtung, ich stehe auf" etc.)


    Und dann hat man meiner Meinung nach eine gute Basis um wirklich Sachen zu trainieren und sich langsam an "normale" Spaziergänge ran zu wagen. Und ich würde fast meine Hand dafür in's Feuer legen, dass es dann auch kein Zwicken mehr gibt. Hund etwas aus dem Fokus nehmen, entspannt nebeneinander her leben und dem Hund genug Zeit für Hobbys, Ruhe und Vertrauensaufbau geben.

  • Also es entwickelt sich sehr positiv.

    Es wird von Tag zu Tag besser.

    Sie schläft auch vieeeel mehr als zu Beginn. Das Zwicken hat sie heute zum Beispiel noch gar nicht mal probiert.

    Gassi gehen habe ich aktuell auch mal komplett von der Tagesordnung gestrichen, da bekommt sie Ausgang im Garten.

    Besuch findet sie immer noch nicht so toll aber da lässt sie sich dann einwandfrei auf ihre Decke führen und beruhigt sich dann dort.

    Was mir aber bei Besuch aufgefallen ist, da stellt sie sich ganz dicht an mich ran und bellt den Besuch an.

  • Mag auch an ihrer Unsicherheit liegen.


    Was du aber ansonsten berichtest, hört sich doch supertoll an.


    Merk dir, oder notier es, was du alles mit dem anderen Trainer ansprechen möchtest und mach bis dahin so weiter.

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