Risiken der Rohfleischfütterung unterschätzt und Grundannahme falsch?

  • off topic: "born again raw feeders" lese ich tatsächlich zum ersten mal

    Ich habe vor etlichen Jahren mal gebarft, als es tatsächlich ein richtiger Trend war. Und damals hieß es "biologisch artgerechtes rohes Futter", was es im Grunde ja trifft.

    Mit Esoterik hatte es zumindest damals absolut nichts zu tun. Wir wollten unsere Hunde einfach gut ernähren.

  • Allein, dass die Bewegung das Ganze "Born again raw feeders" genannt hat, spricht doch schon Bände über die Wissenschaftlichkeit aus.


    Die ganze Nahmensgebung ist eine Geschichte für sich - und wenn man englisch kann, weiß man, dass das Akronym von Anfang an wohl eher augenzwinkernd gemeint war. wer das eigentlich erfunden hat, weiß keiner so genau. Es gibt jede Menge Geschichten und Varianten, was das eigentlich bedeuten kann... Biologisch Artgerechte Rohe Fütterung ist auch eine.

    Wir wissen, dass die Menschen früher ein sehr kurzes Leben mit furchtbaren Krankheiten geführt haben.

    Ach? Und das weißt du... woher?


    Was wir wissen, ist dass die individuelle Gesundheit des einzelnen Menschen mit der neolithischen Revolution (Ackerbau) deutlich schlechter wurde. Es konnten aber trotzdem sehr viel mehr Menschen ernährt werden. Daher die Bevölkerungsexplosion.

    Das mal in aller Kürze.

    Das, was als "Paleo-Diat" verkauft wird, ist sehr fleischlastig - dass das der tatsächlichen Ernährung in der Altsteinzeit entspricht, ist unbewiesen und unwahrscheinlich.

    Aber vor der Fertig Futter Zeit wird es wohl ehr nicht so was wie Barf serviert worden sein.

    Ja, und was wurde serviert?

    Reste. Schlachtabfälle (die sicherlich keiner vorher gekocht hat). Und alles, was halt so an essbarem rumflog.


    Wie hoch der Fleischanteil bei einer Ernährung mit Frischkost ist, kann man ja sehr gut steuern.


    Ich bin echt die letzte, die da ideologisch wird. Ich esse gerne mal TK-Pizza und mein Hund kriegt (auch) Trofu.

    Aber weder Mensch noch Tier leben grundsätzlich gesünder, wenn sie mit industriell verarbeiteten Lebensmittel ernährt werden. Das kann mir keiner erzählen.


    Aber man hat uns ja auch mal hochwissenschaftlich bewiesen, dass Muttermilch schädlich ist für Säuglinge.

  • Und was lernen wir da jetzt draus? Wenn man BARF falsch füttert, dann kann das Konsequenzen haben? Das ist weder neu, noch ein Geheimnis, noch ein Beleg dafür, dass richtig barfen ungesund ist. Also, was soll man jetzt hier diskutieren?

    Ich mein im Mittelalter gab's für den einfachen Menschen schon ehr dürftige Kost.

    Da wird der Mensch das Fleisch wohl ehr nicht in den Hund gesteckt haben.

    Woher kommt eigentlich dieses Gerücht? Alleine die Anweisung Freitags kein Fleisch zu essen, die Fastenzeiten usw., besagt doch eigentlich relativ deutlich, dass Fleisch für die breite Bevölkerung nicht nur dreimal im Jahr auf den Tisch kam.

    Hunde wurden damals in erster Linie als Nutztiere gehalten. Sprich, die saßen nicht dekotrativ bei armen Leuten in der Stadt, sondern höchstens bei den reichen Leuten, zmuindest aber bei denen die sich den Hund schlicht leisten konnten. Wobei Stadt aus der heutigen Sicht ja eh irreführend ist. Auch in der Stadt hatte man damals einen Selbstversorgergarten, Sprich Obst, Gemüse UND Kleinvieh.

    Ansonsten lebten die Hunde auf den Höfen auf dem Land. Bauernhöfe! Die hatten mindestens, genau die die Städter, ihren Selbstversorgergarten MIT Kleinvieh, normalerweise, wenn sie nicht ganz arm waren, noch einiges an größeren Nutztieren dazu.
    Dazu kommt, dass Hunde eben in erster Linie zum Arbeiten da waren, mehr als ein Spitz o.ä. als Wachhund fand sich also in erster Linie dort wo es auch die tpischen Arbeitsfelder gab. Herdengebrauch, Jagdgebrauch. Beides ist nichts anderes als Fleischproduktion und liefert daher mehr als genug Reste für den "Mitarbeiter".

    Klar wurde früher definitiv mehr selbst verwertet und die Hunde bekamen definitiv nicht die Filets. Aber auch da fielen mehr als genug Reste an. Dazu kamen dann noch Ratten und Co, die die Hunde ja meist eh fern halten sollten.

  • Javik


    Es gibt einige überlieferte Hundefutterrezepte für zb Kriegs- und Jagdhunde. Die basieren häufig auf Getreidebrei. (Beim erwachsenen Hund. Beim Junghund wusste man, dass die mehr Kalzium brauchen).

  • Ach? Und das weißt du... woher?

    Zum Beispiel:

    https://archaeologie-der-zukun…people-get-in-prehistory/

    Die Lebenserwartung ist ein gemitteltert Wert. Die hohe Kindersterblichkeit wird doch sogar angesprochen.
    Eine Kindersterblichkeit von ca. 50% heißt, dass die die es geschafft haben erwachsen zu werden, rein rechnerisch schonmal in etwa die doppelte angegebene Lebenserwartung erwarten konnten. Da auch die Erwachsenensterblichkeit, durch Krankheiten, Unfälle; Kämpfe und Kindbett, höher war als heute sogar eher noch mehr.

    Heißt, die Menschen wurden fast genauso alt. Es haben nur weniger dieses Alter auch wirklich erreicht. Aber definitiv nicht so wenige, dass der 70st Geburtstag eine absolute Ausnahme war. Irgendwer muss ja bei dieser hohen Kindersterblichkeit und den Gefahren des Erwachsenenlebens ja dann auch den Schnitt hoch getrieben haben.

  • Im Verlaufe des o.g. Themas wurden wahrscheinlich auch noch so ziemlich alle offenen Fragen geklärt, aber die "ich will barfen, aber keine professionelle Beratung" - Haltung gibt es nunmal und die kann gefährlich sein.

    Also ganz ehrlich - ich selbst geh auch nicht zum "Ernährungsexperten" (mal abgesehn davon, daß da eh jeder was Andres erzählt *gg), und lebe noch immer ganz gut. Bissel gesunder Menschenverstand und Abwechslung, damit man alle Nährstoffe abkriegt, die man braucht, und gut ist.

    Würd ich hier jede Mahlzeit für jeden Hund einzeln ausrechnen, ich hätt viel zu tun...


    Meine älteren Hunde sind jetzt 16 und fast 17, beide topfit, ohne irgendwelche Beschwerden, meine Frieda ist 18.5 Jahre alt geworden - ich denke, so ganz falsch kann ich das mit dem Barfen nicht machen... :person_shrugging:


    Man muß nicht aus Allem eine Wissenschaft machen. Was andersherum natürlich nicht heißt, daß man gar nicht auf Fleischanteil etc. zu achten braucht! Aber prozentual und grammweise abwiegen - also sorry, ne - nicht mit mir..... Kein Ernährungseperte kann mir sagen, wieviele Einheiten Vitamin C mein einer Hund heute braucht, und ob der Andre mehr braucht. Stoffwechsel ist nunmal individuell, und man kann nur versuchen, möglichst an den Bedarf heranzukommen.


    Wenigstens weiß ich, was drin ist in meinem Futter..... (nämlich kein MÜLL!) und NATÜRLICH ist barfen tödlich gefährlich, bzw. Essen allgemein: schließlich stirbt jeder Hund irgendwann :ugly: (sonst kauft man ja kein Fertigfutter mehr.... *pfeif......), und JEDER Hund frißt. Muß also am Futter liegen. Egal, welchem. :smiling_face_with_horns: :rolling_on_the_floor_laughing:


    Über Hygiene mach ich mir da genauso wenig oder viele Gedanken wie bei meinem Essen. Ich laß halt nix lange oder gar ungekühlt rumstehen, wasche die Hände vor und nach der Zubereitung. Und wäre das Fleisch graugrün, würd ichs jetzt nicht mehr unbedingt verfüttern *gg Und das Geschirr spült die Maschine. Das Spülmittel tötet wahrscheinlich eh alles, was da nicht dran gehört... *gg


    Achja - klar, es gibt keinen Grund, einen Hund barfen zu MÜSSEN. Aber ganz ehrlich: ich vertraue irgendwie eher MIR als der Futtermittelindustrie, was die Inhaltsstoffe des Futters betrifft..... Und eine Standardrezeptur kann auch nicht exakt auf 100% den Bedarf jedes einzenen Hundes erfüllen können. Weil Stoffwechsel halt individuell ist.


    Wenn jemand sich mit Fertigfutter sicherer fühlt - gibt bestimmt genügend Angebote, die ´s auch tun. Ich fühle mich mit BARF in keinster Weise unsicher, und werde das daher weiterhin so handhaben. Und angesichts der Tatsache, daß man derzeit immer schlechtere Qualität und kleinere Inhalte für dasselbe Geld bekommt, wenn man shoppen geht, gehe ich davon aus, daß auch die ein oder andre Rezeptur von Hundefutter angesichts steigender Rohstoffpreise derzeit in Richtung "schlechtere Qualität, weil billiger zu kriegen" angepaßt wird.

    (OT: Selbst wenn ich zum Junkfoodanbieter gehe, is der Burger aktuell nur noch halb so dick und kostet trotzdem mehr.... :winking_face_with_tongue:)

  • Der Artikel fassts ganz gut zusammen, wie Hunde in anderen Epochen gefüttert wurden

    Das ist extrem spannend, danke! 🙂 Ich habe schon ein paar tolle Artikel zu Hundehaltung in verschiedenen Epochen gelesen. Aber spezifisch zur Ernährung war eher nichts enthalten. Außer das mit den Paria-Hunden.


    Heißt, die Menschen wurden fast genauso alt. Es haben nur weniger dieses Alter auch wirklich erreicht. Aber definitiv nicht so wenige, dass der 70st Geburtstag eine absolute Ausnahme war. Irgendwer muss ja bei dieser hohen Kindersterblichkeit und den Gefahren des Erwachsenenlebens ja dann auch den Schnitt hoch getrieben haben.

    Deine Rechnung ist nicht korrekt. Wenn es dich interessiert guck mal was der Anthropologe Trinkaus dazu veröffentlicht hat. Ich wollte hier jetzt nicht noch Links dazu posten, da das ja nicht das Thema ist. Es geht ja um Hundeernährung. Zu der Hundehaltung im Mittelalter sage ich deshalb auch nicht mehr. Da würde ich teilweise widersprechen.

  • Javik


    Es gibt einige überlieferte Hundefutterrezepte für zb Kriegs- und Jagdhunde. Die basieren häufig auf Getreidebrei. (Beim erwachsenen Hund. Beim Junghund wusste man, dass die mehr Kalzium brauchen).

    Ja, ich habe nie behauptet, dass die Hunde rein oder auch nur weitgehend mit Fleisch gefüttert wurden. :ka:

    Ich habe gesagt, dass es für die Menschen, im Gegensatz zu der weit verbreiteten Ansicht, normalerweise recht gut verfügbar war. Und das aus "eigener Herstellung" was bedeutet, dass genug Schlachtabfälle (=/= Fleisch) angefallen sind um den Hund zu ernähren.
    Kriegshunde finde ich jetzt nicht unbedingt ein gutes Beispiel, da Kriegszeiten meist auch Notzeiten waren und die Hunde ganz unten in der militärischen Hierarchie (wenn man sie da überhaupt eingliedern will), aber die Jagdhunde sind ein gutes Beispiel. Dem Jagdhund steht für seine Arbeit traditionell ein Anteil an den Innereien zu.

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