Ruhe beim Hund - ein bedenklicher Trend?

  • Witzig, ich habe als Anfänger hier immer das "stumpfe Spazierengehen" als ganz schöne Klatsche empfunden und gar nicht als "empfohlenes Entspannungsprogramm für den Hund".


    Für mich kam das damals so an, als würde ich dem zukünftigen Hund damit etwas ganz Schlimmes zumuten, dass er "stumpf" neben mir (und noch schlimmer: neben Pferd oder Fahrrad) herlaufen soll, anstatt über Hundesport "richtig ausgelastet" zu werden, "so dass auch der Hund etwas davon hat". Ironischerweise habe ich jetzt einen Hund, der es absolut liebt, einfach "stumpf" vor sich hintraben zu können, während ich nebenher radle oder reite, obwohl ich hier nach den ersten Anfragen schon ziemlich verunsichert war, ob ich einem Hund so ein "langweiliges Nebenhertrabhund-Dasein" überhaupt zumuten "darf", nur weil ich mir den egoistischen Traum von Ausritten mit Hundebegleitung erfüllen will.

  • Ich seh "stumpfes Gassi gehen" nicht als negativ konnotierten Begriff - "stumpfes Gassi gehen" ist hier Standard und heißt für mich, dass z. B. Dino an der 10 m-Flexi vor sich hinbummeln, mal ne Böschung hochklettern oder 2-3 m vom Waldweg runter und schnüffeln darf, ohne dass ich ständig Kommandos gebe oder irgendwas mit ihm übe. Er macht sein Ding, ich schlender hinterher und pass auf, dass er keinen Mist baut.

    Gassi gehen ist nämlich genau das für uns: Gassi gehen. Und wenn ich einem Neu-User hier sage "Hey, lass doch mal das ganze Actionprogramm links liegen und geh einfach stumpf mit deinem Hund spazieren", dann meine ich "schlender mit deinem Hund einfach mal durch den Wald, lass fünfe gerade sein, lass deinen Hund einfach mal machen (im Rahmen der geltenden Gesetze, versteht sich!) und entspann dich mal MIT Hund".


    Ich finds nämlich doch durchaus anstrengend, wenn ich meinen Hund beim Spazierengehen nach der Arbeit permanent mit Kommandos und "Ey, lass es" runterregeln muss. Solange wir alleine im Wald unterwegs sind, ist's mir sowas von latte, ob Dino und Bonny jetzt irgendwo schnüffeln oder ob die stumpf vor sich hinschlendern. Hauptsache, sie bewegen sich und halten sich an unsere Regeln :ka:


    Nu muss ich dazu sagen: die Omas sind berentet und machen keinen Hundesport, aber mit Dino geh ich min. 2x wöchentlich zum UO-Training im Schäferhundverein und zum Mantrailing. Das ist unser festes Sportprogramm - weils uns beiden Spaß macht und weils dem Dicken auch unheimlich beim Bewältigen seiner Probleme mit Menschen geholfen hat. Der wär auch ohne Hundesport happy, aber mit Hundesport isser halt noch zufriedener als eh schon.

  • Ich habe ja ehrlicherweise das Gefühl, die meisten Hunde können heutzutage überhaupt nicht mehr Gassi gehen :mute:


    Zu viele Reize, zu viel Jagdtrieb, zu viel was auch immer.

  • Naja mit vielen Hunden ist man früher auch nicht wirklich Gassi gegangen. Das Konzept, dass man mit Hunden täglich Gassi geht dürfte recht neu sein und nein, ich bin nicht der Ansicht, dass man mit Hunden nicht Gassi gehen soll, aber wie für einen Hund ein netter Spaziergang aussieht dürfte doch sehr variieren.

  • Ich gehe doch selbst nicht Gassi. Also Gassi Gassi, weil es nicht in mein Leben passt.

    Aber ich gehe gerne mit Hund wandern und finde es erschreckend wie viele Hunde das nicht können.

    Das nicht jeder Hund 2-4x am Tag die volle Dröhnung Zivilisation verknuspert, ok. Aber halt so nie, nie einfach nur laufen finde ich schlimm.

  • Kannste mal sehen, wie unterschiedlich Begriffe wahrgenommen und eingesetzt werden, das hätte ich nie so übersetzt.

    Blöd ist eben, dass hier der komplette persönliche Eindruck fehlt. Mimik, Körpersprache etc.. Ich glaube, dass dann viele Beiträge anders gewertet werden würden. Erlebe ich ja selbst bei Usern, die ich in meinen Anfängen hier als ganz schön derb empfunden habe, bei denen der Eindruck aber inzwischen komplett verflogen ist, weil ich sie besser einschätzen und greifen kann.

    Nicht, dass ich ausschließen will, dass die Verwendung des Begriffs in Einzelfällen nicht tatsächlich abwertend und in dem von Dir interpretierten Sinne gemeint ist. Aber überwiegend erlebe ich die Verwendung wirklich als bildliche Sprache und den Versuch, zu vermitteln, was gemeint ist. Ich hätte jetzt ad hoc auch niemanden auf dem Schirm, von dem ich denke, dass er sich ein Ei drauf kloppt, einen total fancy Sport mit seinem Hund zu machen. :D

    Aber bei der Masse an Beiträgen und dem Gegenwind, den Neuuser hier teilweise bekommen, kann der Eindruck natürlich schon schnell entstehen.

  • Naja mit vielen Hunden ist man früher auch nicht wirklich Gassi gegangen. Das Konzept, dass man mit Hunden täglich Gassi geht dürfte recht neu sein und nein, ich bin nicht der Ansicht, dass man mit Hunden nicht Gassi gehen soll, aber wie für einen Hund ein netter Spaziergang aussieht dürfte doch sehr variieren.

    Also „Gassi gehen“ im Sinne von entspannt im Feld den Hund einfach laufen lassen und vor sich hinschlendern hab ich schon beim ersten Hund täglich vor über 30 Jahren gemacht.

    Da war aber auch damals nichts außer dem Feldweg und Feldern….heut steht da n Industriegebiet. :/

    Hundeschulen gab es keine im Umkreis und schon gar kein Internet wo man sich informieren und austauschen hätte können.

    1 Stunde am Tag…und wir hatten einen sehr entspannten Familien Hund (Münsterländer-Heidewachtel).

    Das hab ich eigentlich so fortgeführt mit dem folgenden Rotti mit dem ich dann noch 1 mal die Woche auf dem Hundeplatz war.

    Auch der war völlig entspannt.

    Da sich die Lebensumstände geändert haben geht unser heutiger Labbi 2X amTag ne Stunde. Auch völlig entspannt.

    Ich weiß ehrlich gesagt nicht wo dieses „überdrehte“ was einige beklagen herkommt….

    Oder ist der Hund nicht überdreht und die Leute sind einfach zu bequem täglich bei Wind und Wetter mit ihm loszugehen?

    Grade wenn man einen Jungen Hund hat will der doch beschäftigt werden und nicht den ganzen Tag auf dem Sofa liegen.

    Der brauch dann keine Ruhe sondern Beschäftigung.

  • Naja mit vielen Hunden ist man früher auch nicht wirklich Gassi gegangen. Das Konzept, dass man mit Hunden täglich Gassi geht dürfte recht neu sein

    Wann ist früher?

    Wir sind schon in den 70ern liebend gern durch die Nachbarschaft geflitzt, um potentielle "Gassi-Hunde" abzugreifen. Haben deren Menschen auf der Straße angesprochen, ob wir mit dem Hund Gassi gehen dürfen usw.

    Wir waren im Ort quasi die beliebtesten & bekanntesten, für alle hilfreichen Tätigkeiten einzuspannenden Hunde-Gassi-Mädels und haben höchstens mal ein Danke oder ne Tafel Schoki dafür bekommen.

    Und alle waren glücklich, die Wohnungshunde ja eh, die dadurch mit uns stundenlang Feld, Wald & Wiesen erkunden durften.


    Also frag ich mich grad, wieso das Konzept des Draußenspazierganges so neu sein soll? Die Wohnungshunde mußten doch auch damals schon alle mehrfach täglich raus?

  • Also auf dem Dorf vor 35 Jahren waren wir die absoluten Exoten, die jeden Tag mit dem Hund ne Runde gedreht haben. Es gab gar nicht so wenige Hunde, allerdings hab ich die quasi nie auf unseren Spaziergängen getroffen. 3 Häuser weiter gab es sogar eine Pudelzüchterin, hätte ich die Hunde nicht ab und an bellen gehört und von unserem Garten einen Blick in deren Garten gehabt, hätte ich nicht bemerkt, dass da überhaupt nur ein Hund wohnt. Die Pudel habe ich tatsächlich niemals auf der Strasse gesehen. Zumindest in ländlicher Gegend war das nicht üblich mit den Hunden Gassi zu gehen, die Hunde waren zum Geschäft verrichten halt im Garten oder auf dem Hof. Und noch viel weiter zurück in der Geschichte, als man Hunde noch eher als Nutztier gesehen hat dürfte das noch viel seltener vorgekommen sein, da war der Hund dann für die entsprechenden Arbeiten mit dabei, aber den Luxus Gassi zu gehen dürfte es kaum gegeben haben.

  • Im städtischen Bereich war es auch in meiner Jugend durchaus üblich Gassi zu gehen. Und das ist ca. 45 Jahre her. Als ich mit Anfang 20 meine ersten eigenen Hunde hatte war Gassi gehen längst normal auch auf dem Land. Die Hunde der Bauern sind halt bei der Arbeit mitgelaufen und Jagdhunde wurde tatsächlich eher selten Gassi geführt, haben aber auch meist ausserhalb der Jagd kaum gehört. Ansonsten gab es doch auch damals schon viele Wohnungshunde und die mussten nunmal raus. Allerdings sind die meisten einfach Gassi gegangen ohne sich Gedanken ums Gassi zu machen. So meine Erinnerung an früher.

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