Gibt es kein Bauchgefühl mehr?

  • Abgesehen davon dass es Zeiten vor dem Patriarchat gab, wo sich Männer um die Kindern der Frauen gekümmert haben, sprichst du Männer ihre Empathie ab.

    Also, ohne jetzt irgendeine Seite in irgendwas einnehmen zu wollen, aber was genau meinst du konkret?

    Also wo, wann, wer? Einfach aus Interesse.


  • Ich muss gerade mal in mich reingrinsen, weil mich diese Diskussion gerade wieder an Kant denken lässt. Der Herr (weiß Gott kein Empath vorm Herrn) beschrieb vor etwa 240 Jahren die Aufklärung als den Weg aus der „selbstverschuldeten Unmündigkeit.“ „Unmündigkeit“ = „Unfähigkeit, sich des eigenen Verstands ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“ „Selbstverschuldet“ = wenn es nicht an „Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich dessen ohne Leitung eines andere zu bedienen.“ Während heute Manche ein Überangebot an Informationen als Hemmschuh beim Treffen guter und sicherer Entscheidungen betrachten, beklagte Kant den Mangel. Mehr aber noch das Fehlen von „Entschließung und Mut.“


    Und das trifft bei den Threads, die hier im Raum schweben, letztlich doch auch, finde ich. Menschen sind verunsichert, weil es für das gelieferte Wesen erstmal keine eins zu eins mitgelieferte Gebrauchsanweisung gibt. Weil es am Ende des Tags auch einfach ein Stück weit individuell bzw. von den beteiligten Individuen abhängig ist, welche Wege funktionieren und zu einem guten Team führen. Und dafür muss man erstmal sich selbst kennenlernen und dann das andere Wesen. Beobachten, ohne gleich zu werten oder zu analysieren. Um ein Gefühl für eigene und fremde Bedürfnisse in diesem Team zu bekommen, also ein mehr an Informationen. Das braucht Zeit und Offenheit und den Mut, auf dem Weg dorthin halt auch mal was „falsch“ zu machen. Die allermeisten Hunde verzeihen das und passen sich an (so lange es nicht wirklich gravierende Vertrauensverstöße sind).


    Und da gibts halt Menschen, denen fällt das leichter und Menschen, denen fällt das schwerer. Hat nichts mit der Menge an verfügbaren Informationen zu tun, sondern mit der Fähigkeit, aus ihnen das herauszuziehen, was man für sich selbst als sinnvoll/wichtig/relevant erachtet. Ich wüsste aber nicht, dass diese Fähigkeit früher stärker vorhanden war als heute.

  • Etwas ab vom Bauchgefühl sehe ich da eher das Problem, dass man heute mehr nach einer Art Perfektion strebt, alles nach irgendwelchen Normen ausrichtet und dabei so unglaublich Angst hat, dass man einen Fehler macht oder scheinbar etwas außerhalb der Norm ist.

    Das gehört absolut zum "Menschsein" und unserem Sozialverhalten und hat nichts mit aktuellen Entwicklungen zu tun.

    Ich finde, dass das extremer wird in allen Bereichen. Dieser Druck, dieses Normieren verbunden mit dem Effizienzgedanken und geringer Fehlertoleranz.

    Das schlägt meiner Ansicht nach auch auf den Umgang mit dem Hund durch.

    Aber ja, es ist nur eine Wahrnehmung von mir und erhebt keinen Anspruch darauf, eine absolute Wahrheit zu sein.

  • Verurteile nie jemanden, weil er etwas nicht so kann wie du selbst.

    Hilf ihm lieber, zu verstehen und zu lernen.


    Es ist immer einfach, zu sehen was der Andere "falsch" macht.


    Will oder kann er nicht lernen, ist das sein Problem. Das kann man selbst von aussen nicht ändern.

    Aber man sollte sich nie über den Anderen stellen.


    Unzählige Faktoren beeinflussen das Lernen, das Leben und den Umgang mit allem.


    Da jemanden auf "fehlendes Bauchgefühl" zu reduzieren ist unfair.

    Man weiss nie was sein Hintergrund ist.



    Wie ging der Spruch?

    "Bevor du über mich urteilst, zieh meine Schuhe an."

  • Ich habe eher den Eindruck, dass es durchaus noch hinreichend "Bauchgefühl" gibt, viele Menschen sich aber nicht trauen diesem Impuls zu folgen. Denn wir leben heut zu Tage in einer absoluten Informationsgesellschaft die auf die selbe Frage gerne mal locker 20 Antworten liefert; die natürlich

    a l l e absolut und allein gültig richtig sind. *Achtung Ironie* Gepaart mit dem, verständlichen, Wunsch alles richtig zu machen kann das schon stark verunsichern.

    Für mich ersetzt Bauchgefühl keinesfalls das Wissen! Für mich ergänzen sie sich im Idealfall.

    Ein Beispiel: Bevor Till bei uns einzog haben wir uns darüber informiert was speziell ein Beagle an besonderen Bedürfnissen und rassetypischen Eigenschaften mitbringt und die Hundeschule hat uns gezeigt was für Möglichkeiten es gibt ihn, seinen Bedürfnissen entsprechend zu beschäftigen. Mein Bauchgefühl hat mich das richtige Ausmaß und den richtigen Zeitpunkt spüren lassen.

    Das war jetzt einmal ganz grob umrissen.


    LG


    Franziska mit Till

  • Also, ohne jetzt irgendeine Seite in irgendwas einnehmen zu wollen, aber was genau meinst du konkret?

    Also wo, wann, wer? Einfach aus Interesse.


    Hmm. Interessante Vorstellung. Halte ich aber für erfunden... sorry. Es gab und gibt viele nomadische Gesellschaften, auch viele matrilineare (was nichts mit Matriarchat zu tun hat), aber diese Struktur wäre mir jetzt neu. Falls ich mich irre und du das konkreter bennen kannst, wäre super.

  • Das gehört absolut zum "Menschsein" und unserem Sozialverhalten und hat nichts mit aktuellen Entwicklungen zu tun.

    Ich finde, dass das extremer wird in allen Bereichen. Dieser Druck, dieses Normieren verbunden mit dem Effizienzgedanken und geringer Fehlertoleranz.

    Das schlägt meiner Ansicht nach auch auf den Umgang mit dem Hund durch.

    Aber ja, es ist nur eine Wahrnehmung von mir und erhebt keinen Anspruch darauf, eine absolute Wahrheit zu sein.

    Das kommt aber auch von außen.

    Das Beispiel kam ja schon oft, aber wurde früher ein Kind vom Hund gebissen, war häufig das Kind schuld und entsprechend behandelt. Heute ist es egal, ob das Kind mit Steinen geworfen hat, die Bestie von Hund muss am besten angezeigt und eingeschläfert werden!!

    Hunde und Hundehaltung werden immer mehr reglementiert (teilweise berechtigt mMn, alleine aufgrund der Masse an Hunden mittlerweile, aber nicht immer), dementsprechend soll jeder Hund idealerweise der perfekte Begleithund sein, der nie bellt, beißt oder auch nur knurrt.

    Ich kann den Druck, den manche Hundehalter dadurch empfinden, gut nachvollziehen.

  • Heute ist es egal, ob das Kind mit Steinen geworfen hat, die Bestie von Hund muss am besten angezeigt und eingeschläfert werden!!

    Also, ganz ehrlich, wo kommen denn die Stories immer her?

  • Also, ganz ehrlich, wo kommen denn die Stories immer her?

    Ich habe sowas schon selber erlebt. Kind bewirft uns mit kleinen Steinen und als der Hund gebellt hat - war ein Gassischäferhund - wurde ich angebrüllt, dass der Hund eingeschläfert gehört.


    Meine verbale Antwort war nicht Forumskonform und hatte ein heulendes Kind zur Folge. :ka:

  • Wir leben in einer Welt, wo mittlerweile alles perfekt sein muss.... Und wenn jemand nicht so agiert wie man selbst, oder wie erwartet, muss da was falsch laufen...

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