Gibt es kein Bauchgefühl mehr?

  • In ebenso vielen Fällen auch nicht.

    Und nu?

    Nu ist die allgemeine Aussage immer noch falsch, anekdotische Evidenz hin oder her.


    Deine Wette würde ich bei so einigen Hunden die ich kenne halten und den Einsatz erhöhen xD

  • Hummel,

    aber in meiner Umgebung sind so viele Menschen, die dann Gewalt anwenden. Weil ihnen Ihr Bauchgefühl sagt, dass dieser Köter genau weis, was er soll, aber nicht will. Oder nicht weiß, wer der Boss ist, oder was auch immer. Und das sind eher keine Theoretiker.

    „Hör einfach mal auf dein Bauchfühl“ ist daher ein Rat, den ich keinem geben würde, den ich nicht wirklich gut kenne.

    Zumal:mein eigenes Bauchgefühl auch manchmal sagt: der Kerl will dich nur ärgern, verpass ihm mal ne richtige Abfuhr. Und dann schalte ich lieber wieder meinen Verstand an…

    Also bei dir in der Umgebung würden viele Menschen eher auf nen Hund eindreschen (treten - was auch immer jetzt mit Gewalt gemeint ist), wenn sie nicht zB ein Deckentraining mit dem Clicker shapen oder so?


    Hm - also so extrem auseinander klafft es in meiner Bekanntschaft und Umgebung eher nicht.


    Oder meinst du grundsätzlich gewaltbereite Menschen, die auch ihre Kinder und Mitmenschen mit Gewalt behandeln? Die sind A.... so oder so, da gebe ich dir recht. Aber gerade wenn es keine "Theoretiker" sind, würde ich dann meinen, wären sie mit theoretischen Konstrukte auch eher überfordert - was dem Hund auch nix bringt.


    Ich sag ja auch nicht, dass man überall einfach so handeln soll, wie einem die Laune gewachsen ist.


    Irgendwie ists schwer zu vermitteln, was ich meine offenbar. Es geht doch nicht um ein "nur das ist immer richtig" - es geht mir um genau das Gegenteil!


    Ich schrieb ja: Bauch und Kopf. Oft hilft uns der Bauch, dass wir uns im Kopf nicht verfransen. Oft reicht es, in den Anfängen schon auf den Bauch zu hören - wenn ich warte bis der Hund ein extrem unschönes Verhalten bis zur Ekstase gefestigt hat, wirds schwerer.

    Und was dann trotz klarem inneren Bild wie es aussehen soll und was man tun sollte in den Anfängen noch übrig bleibt, darf der Kopf dazu lernen und bringen (wenn es noch an der richtigen Technik zB hapert, obwohl einem total klar ist: Hund ist frech und regt sich zu viel auf.).

  • Hund ist heftig erschrocken und jault laut.

    Lerntheorie sagt, Verhalten tritt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr auf, wenn es beim ersten Auftreten eine zeitlich zusammenhängende Konsequenz in so hoher Intensität erfährt, dass der Handelnde nachhaltig beeindruckt ist.

    Würde darauf wetten, das mich dieser Junghund nie mehr anspringt.


    Also zur Lerntheorie, nein, da hast du anscheinend etwas falsch verstanden. Und ansonsten bwaha, sich wehzutun ist Alltag von Hunden, was kennst du denn für huschige Hündchen, dass du ernsthaft diesen von dir beschrieben Vorgang als plakatives Beispiel nimmst

  • Hund ist heftig erschrocken und jault laut.

    Lerntheorie sagt, Verhalten tritt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr auf, wenn es beim ersten Auftreten eine zeitlich zusammenhängende Konsequenz in so hoher Intensität erfährt, dass der Handelnde nachhaltig beeindruckt ist.

    Würde darauf wetten, das mich dieser Junghund nie mehr anspringt.


    Also zur Lerntheorie, nein, da hast du anscheinend etwas falsch verstanden. Und ansonsten bwaha, sich wehzutun ist Alltag von Hunden, was kennst du denn für huschige Hündchen, dass du ernsthaft diesen von dir beschrieben Vorgang als plakatives Beispiel nimmst

    Anscheinend nicht die gleichen merkbefreiten Bomber wie du.

    PS. Wäre nett, wenn du meinen Fehler in der Theorie argumentierst. Ansonsten ist hier der Lerneffekt auch gleich Null.

  • Also zur Lerntheorie, nein, da hast du anscheinend etwas falsch verstanden. Und ansonsten bwaha, sich wehzutun ist Alltag von Hunden, was kennst du denn für huschige Hündchen, dass du ernsthaft diesen von dir beschrieben Vorgang als plakatives Beispiel nimmst

    Anscheinend nicht die gleichen merkbefreiten Bomber wie du.

    PS. Wäre nett, wenn du meinen Fehler in der Theorie argumentierst. Ansonsten ist hier der Lerneffekt auch gleich Null.

    Man kann erst dann von Strafe sprechen, wenn das in Kontingenz stehende Verhalten in der Auftrittswahrscheinlichkeit gesunken ist. Es gibt eine Menge aversiver Reize im Leben von Lebewesen, die nicht zu einer konkreten Änderung der Verhaltensfrequenz führen. Und zweitens


    Zitat

    punished behaviors can reappear spontaneously or due to changes in context, and often return rapidly once the punishment contingency is suspended

    Behavioral and neurobiological mechanisms of punishment: implications for psychiatric disorders
    Punishment involves learning about the relationship between behavior and its adverse consequences. Punishment is fundamental to reinforcement learning,…
    www.ncbi.nlm.nih.gov


    Spontanremission ist biologisch auch wichtig und das zweitere erklärt, warum z.B. dieses "einmal heftig strafen" ganz ganz selten dauerhaft Hundeverhalten ändert (man muss immer Mal "nachkorrigieren", das ist ja auch nicht schlimm, aber passt nicht zu deinem Beispiel)

  • Also bei dir in der Umgebung würden viele Menschen eher auf nen Hund eindreschen (treten - was auch immer jetzt mit Gewalt gemeint ist), wenn sie nicht zB ein Deckentraining mit dem Clicker shapen oder so?

    Gewalt, die ich regelmäßig auf der Straße und im Park sehe:

    Leinenrucken, im Extremfall bis der Hund stolpert und hinfällt.

    Am Halsband hochheben und würgen.

    den Hund am Nacken runterdrücken in vielen unschönen Varianten.

    Ich versuche mich rauszuhalten, aber manchmal schaffe ich das nicht und dann bekomme ich keine Lerntheorien zu hören sondern: Ich weiß selbst, was für meinen Hund gut ist, der muss wissen/lernen, wo sein Platz ist, usw. Auf jeden Fall jede Menge "Bauchgefühl".

    Irgendwie ists schwer zu vermitteln, was ich meine offenbar. Es geht doch nicht um ein "nur das ist immer richtig" - es geht mir um genau das Gegenteil!

    Ehrlich gesagt machst Du in diesem Forum und auch in dem Beitrag so gar nicht den Eindruck, dass Du aus dem Bauch handelst. Du weißt doch genau, warum du was tust, auch speziell für Deine Rasse und Du kannst das auch beschreiben und begründen. Du hast geschrieben, dass Du die Effekte Deines Handeln beobachtest und es veränderst, wenn es nicht den gewünschten Erfolg hat. Dein Bauchgefühl kommt mir wie das intuitive Handeln eines Menschen mit viel Erfahrung und Wissen in einem bestimmten Bereich vor.


    Aber "Tu, was dein Gefühl dir sagt" zu einem Menschen zu sagen, der kein Wissen und Erfahrung hat, finde ich einfach schwierig. Denn wer weiß, was das Bauchgefühl dieses Menschen dann wirklich sagt?

  • Ich hab mich natürlich sehr viel mit Hunden beschäftigt, weil ich sie toll finde, liebe und um mich haben möchte. Sowohl mit Malis, als auch mit allen möglichen anderen Rassen und Mixen. Es macht mir einfach Spaß!


    Aber ich habe auch die Erfahrung gemacht: Seit ich das tue, ist es in vielen Situationen gar nicht mehr so leicht, intuitiv zu handeln, weil der Kopf so viele Wenns und Abers einbaut. Meinen ersten eigenen Hund habe ich ohne irgendein Wissen von Lerntheorie, ohne irgendein Wissen von Ernährung und ohne überhaupt irgendeinen speziellen Hunde-Input zu haben erzogen.

    Ich habe sogar einmal eine Trainerstunde gebucht, weil ich wissen wollte, was so ein Trainer eigentlich macht (ist wirklich lang her, 25 Jahre glaub ich). Und nach der Stunde sagte die Trainerin, sie würde mir gern das Geld für die anderen 4 Stunden (man musste da immer so 5 Stunden buchen) zurück geben, weil sie nicht weiß, was sie uns beibringen soll. Sitz, Platz konnte Pepe nicht - er war aber auch weder verfressen noch verspielt. Aber er wusste, je nachdem wie ich seinen Namen sage ist es ein "Lass den Quatsch", ein "Komm her" oder eben ein "Mein allerbester süßer Hund". Und er konnte nach dem ersten Jahr bei mir den Rest seines Lebens egal wo ohne Leine laufen. Als ich ihn aus dem Tierheim bekommen habe, hatte er Angst vor Menschen, hat auch gebissen, konnte nicht allein sein, etc pp - so die üblichen Dinge halt, die dann alle noch nicht da sind. Also etwas, wo sich ein Kopf, wäre er denn schon gefüttert gewesen mit Bücherwissen, bestimmt sehr gern eingehakt hätte. Natürlich hatte ich die Hundeerfahrung von Kindertagen in mir - aber eben nichts, was "Wissenschaft" oder "Trainingsmethoden" angeht. Und ich erinnere das an eine tolle Zeit, die ich damals als gar nicht so weltbewegend empfand, weil ich da gar nichts Großes draus gemacht hab.


    Natürlich gibt einem theoretisches Wissen viele Möglichkeiten. Aber auch ich handle in dem Rahmen, der trotz "viel Wissen aneignen" noch möglich ist für mich aus dem Bauch raus. Gerade mit Welpen und mit Hunden, die ich noch nicht gut kenne. Da ist es das Bauchgefühl, was mir oft sagt "Mach dies oder das", bevor mir mein Kopf später erklärt, warum das richtig war. (Oder natürlich auch falsch - ist ja nicht so, dass ich alles richtig mache, auf keinen Fall tu ich das.)


    Ich will weder das Wissen noch die vielen Hunde, die mich Dinge gelehrt haben, missen! Das ist vielleicht auch hier nie wirklich rausgekommen? Es ist gut und richtig und hat absolut Berechtigung. Aber manche Dinge macht unser Bauch (egal ob mit viel Wissen und Erfahrung drin oder ohne Bücherwissen), schon intuitiv richtig.


    Es gibt ja zum Glück auch immer noch Menschen, die ihren ersten Hund haben und ohne jeden Trainer, Hundebuch oder sonstwas sehr gut zusammen auskommen.

  • Hummel so kann ich das sehr gut nachvollziehen und Machers ähnlich.

    Es gibt ja zum Glück auch immer noch Menschen, die ihren ersten Hund haben und ohne jeden Trainer, Hundebuch oder sonstwas sehr gut zusammen auskommen.

    Auch bei den Hunden gibt es ja sehr begabte, die auch mit schwierigen ( weil unwissenden) Menschengut zurecht kommen😀

  • Aber was willst du denn damit jetzt sagen?


    Mag sein, dass deine Strafe stark genug war, dass sie wirkt. Das will ich jetzt gar nicht diskutieren, ob das "intenisiv" genug ist. Was Strafe und was Belohnung ist, bestimmt nur der Empfänger.


    Aber auch wenn sie wirkt, also lt Lerntheorie als Strafe ankommt:

    Bei meinem Hui Buh-Hund hätte es sicher "funktioniert" - aber es hätte nicht nur bewirkt, dass mich der Hund nicht mehr anspringt, sondern dass er mich massiv meiden würde. Der hätte mich evtl. nicht mehr angesprungen, aber NUR weil er sich mir nicht mehr hätte nähern wollen. Man würde also zwar ein Ziel (vermeintlich) erreichen, dabei aber ganz viel kaputt machen.


    Hätte ich beim hochsensiblen Hüpf-Hund so agiert (aus dem Bauch raus) wäre das eine mittlere Katastrophe gewesen.


    Von daher verstehe ich nicht so ganz, was das Beispiel besagt.

  • Ich musste gerade unweigerlich schmunzeln, bei dem ewig gleichen "früher vs. heute" und heute wollen alle perfekt und bloß nicht anders als andere und...

    Und dann denke ich an mein früher, wo es ortsweiten Aufruhr gab, weil sich Familie Mustermann eine Waschmaschine angeschafft hat vor allen anderen :shocked: und die Familie Mustermann ganz offensichtlich einfach nur zu faul war mit der Hand zu waschen. Die wollten damit auch nur zeigen, dass sie besser sind als andere.


    Das Drama beim Aufkommen von Wegwerfwindeln, mit denen auch irgendwann mal der Erste um die Ecke kam. Gefärbte Haare bei Teenies. Eltern, die ihre Kinder nicht mehr schlugen. Leute, die öffentlich dazu standen, Sachen anders zu machen.... Eieiei. Wie individuell und vom Bauchgefühl geleitet das doch alles nicht war. Wer anders war, war komisch und wurde gemieden. Bis es dann halt irgendwie schleichend doch cool war und alle mitgemacht haben.


    Kein Stück anders als heute.


    Nach wie vor gilt bei vielen, das macht man so, weil man das so macht! Alle anderen machen das so, dann mache ich das auch. (aktuelle Trends hier einfügen)


    Gilt bei Hunden wie bei Kindern. Ob das jetzt ist, dass sie möglichst früh durch 93 Kurse gezottelt werden oder überall unkontrolliert/ohne Leine sein müssen. Was gerade "in" ist, muss man machen! Oder man fällt auf, weil man es anders macht - und genau das wollen sehr viele nicht. Eventuell haben sie ein komisches Bauchgefühl, aber das Gefühl vermeintlich negativ "anders" zu sein wiegt dann doch schwerer.

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