Plötzliche Aggressivität

  • Hallo liebe Community,


    ich bin schon lange stille Mitleserin und hoffe nun auf Hilfe bzw. Ideen bei einem neu aufgetretenen Problem mit meinem Tierschutzhund (Rüde, kastriert, 4 Jahre bei mir, Windhundmix, ca. 7).


    Ich habe auch länger überlegt wie ich die Überschrift meines Beitrags nennen soll, weil ich weiß , dass es bereits viele Themen dieser Art gibt und die Aggressivität meist nicht plötzlich auftritt.


    Wir stehen nun jedoch wirklicher einem Rätsel, obwohl sich bereits 2 Trainer und 2 Tierärzte meinen Hund angeschaut haben.


    Bis vor 4 Wochen hatte mein Hund absolut kein Thema mit Menschen, im Gegenteil er war kontaktfreudig, nie aufdringlich , aber neugierig und verspielt bei bekannten Menschen. Allerdings hat er seit ca. 2 Jahren Probleme, wenn es ihm bei Hundebegegnungen zu nah wird, daran üben wir aber bereits mit Abstand und Umorientierung und es ist schon besser geworden. Über 6 Monate hat er hier bereits nicht mehr ausgelöst.


    Nun kam es aber vor ca. 4 Wochen zu einem Vorfall als meine Schwester, die im selben Haus wohnt und den Hund zweimal wöchentlich Gassi führt, mit ihm draußen war. Beim Spaziergang verhielt er sich völlig normal, beim Reingehen ins Haus jedoch ging er ohne für sie erkennbaren Grund keifend auf sie los und biss in die Wade (blauer Fleck). Wir dachten zunächst an ein Erschrecken oder Schmerzimpuls (da er gelegentlich unter Verspannungen und Magenbeschwerden leidet). Beides würde den Biss keinesfalls rechtfertigen, wir versuchten nur eine Erklärung zu finden. Er wurde sofort beim Tierarzt vorgestellt, ohne Befund. Auch unsere Hundetrainerin kam zu uns.


    Zwischenzeitlich war meine Schwester bereits wieder 2mal mit ihm draußen ohne Probleme. Beim dritten Mal wollte er sich von ihr nicht das Geschirr ausziehen lassen, als sie sich runterbeugte, hing er keifend in der Leine, ging aber nicht auf sie los.


    Trotzdem unternahmen wir weitere Diagnostik und ich wandte mich an meine alte Hundetrainerin, die vor 2 Tagen zum Hausbesuch kam. Sie filmte wie er auf meine Schwester reagierte und ging mit beiden spazieren. Anschließend meinte sie, sie könne kein Meideverhalten oder Stressanzeichen bei ihm erkennen und er verhielt sich total normal. Anschließend brachte meine Schwester ihn in meine Wohnung und kam ca. 5 Minuten später wieder zurück um mir noch etwas zu sagen. Als sie die Tür reinkam stürmte er unvermittelt keifend auf sie zu, sprang an ihr hoch und war wie von Sinnen. Hätte er nicht noch den Maulkorb von vorher angehabt, wäre dies sicherlich nicht so glimpflich ausgegangen.


    Die zweite Hundetrainerin ist nun auch völlig ratlos und wir auch. Ich erkenne meinen Hund nicht wieder. Es ist für uns kein klarer Auslöser erkennbar und nichts was die Heftigkeit der Reaktion erklärt. In der einen Minuten ist er völlig normal ihr gegenüber und plötzlich triggert ihn irgendetwas und er flippt aus. Mir ist klar, dass ihr über das Forum keine Lösungen bieten könnt, aber vlt. gibt es ja noch Erfahrungen, was medizinisch noch abgeklärt werden könnte, oder andere Ansätze, die das Verhalten erklären könnten.


    Was bis jetzt getestet wurde:

    - Blutbild mit Schilddrüse

    - Schmerzpunkte Rücken (nächste Woche wird noch reröngt)

    - Magenspiegelung , Ultraschall und Kotprobe

    - Toxoplasmose

    - Zähne


    Bei mir verhält er sich soweit ich das beurteilen kann relativ normal, allerdings starrt er beim spazieren manchmal ins Leere und ist phasenweise schreckhafter als sonst. Insgesamt muss man sagen ist er eher ein sensibler und unsicherer Hund, er merkt natürlich, dass bei uns jetzt die Nerven blank liegen. Ich weiß nicht wie wir weiter vorgehen sollen, da ich auf Unterstützung meiner Familie angewiesen bin, diese aber nun Angst vor ihm haben.


    Für alle, die sich durch meinen langen Text gequält haben, vielen Dank!

  • Reagiert er nur auf die Schwester so oder auch bei Fremden?


    Gesundheitlich würde mir neben den anstehenden Röntgen noch ein Check der Augen beim Spezialisten einfallen.

  • Bis jetzt nur auf meine Schwester. Zwischen dem ersten Biss und dem letzten Vorfall hatte er Kontakt zu meinen Großeltern, den Tierärzten, den Hundetrainerinnen und drei Freundinnen. Alles ohne Probleme. Mit völlig Fremden habe ich jetzt nichts getestet, aber wir waren vor 4 Tagen an einem belebten Ort spazieren, an dem viele Menschen ohne Probleme relativ nah an uns vorbeigegangen sind.


    Nach dem letzten Vorfall habe ich mich bis jetzt nicht getraut ihn mit irgendjemand außer der Trainerin zusammen zu lassen. Ich bin völlig verunsichert.

  • Wenn’s nur die Schwester ist, auf die er reagiert, dann sollte die Schwester mal in sich horchen oder zum Arzt gehen, ob mit ihr vielleicht irgendwas nicht in Ordnung ist.manche Hunde reagieren auf Stoffwechselstörungen, tumore oder auch Schwangerschaft plötzlich anders auf Menschen.


    Ich würde den Hund zusätzlich einfach mal Schmerzmittel geben, auch wenn nichts gefunden wird.

  • Mir fällt auf, dass es immer in der Wohnung bzw während des Reingehens / im Hauseingang stattfindet.


    Ich weiß nicht ob man das wagen möchte (wenn natürlich nur abgesichert) aber um auszuschließen dass es speziell etwas mit deiner Schwester sondern eher mit der Situation / dem Kontext / dem Ort zutun hat müsste man die Situation mit einer anderen Person (die nicht du bist und die auch nicht völlig fremd ist) unter professioneller Anleitung nachstellen.


    Das kam mir gerade in den Sinn weil es sich eben immer um die gleiche (?) Situation in/an Eurer Wohnung und NACH dem Gassi handelt.

  • Lara004 : Danke für deine Antwort . Schmerzmittel bekommt er momentan schon und zusätzlich Zylkene.

    Das mit der Krankheit oder den Hormonen habe ich auch schon öfter gelesen und darüber nachgedacht. Aber dann so eine heftige Reaktion? Und müsste er dann nicht immer reagieren, wenn er sie sieht?


    Yelly Danke das ist auch ein guter Ansatz, ich bespreche es mit meiner Trainerin. Allerdings gab es zwischen dem ersten Biss und jetzt dem letzten Vorfall auch schon die Situation, dass ein anderes Familienmitglied das Geschirr ausgezogen hat und da gab es keine Probleme. Aber bei meiner Schwester reagiert er ja auch nicht immer, von daher ist es auf jeden Fall einen Versuch wert.

  • Ist der Zugang zum Haus vielleicht besonders eng und der Hund kann sich nicht zurückziehen, wenn er mehr Abstand braucht?

    Vielleicht wird ihm der Rückzugsweg versehentlich abgeschnitten.

    Wenn er auch bei Hundebegegnungen Enge unangenehm empfindet, könnte man eine andere örtliche Möglichkeit finden, wo ihm das Geschirr an/ausgezogen wird?

  • allerdings starrt er beim spazieren manchmal ins Leere und ist phasenweise schreckhafter als sonst.

    Wurde denn auch in Richtung Epilepsie bzw Veränderungen des Gehirns mal geschaut?

    Gerade dieses " ins Leere schauen", erhöhte Schreckhaftigkeit und dazu noch plötzliche (unerklärliche) Verhaltensänderungn können durchaus ein erstes Anzeichen für eine Erkrankung des Gehirns sein.

  • Hat deine Schwester vielleicht ein neues Deo, Parfum, Dusch- oder Haarshampoo, oder einen neuen Freund nach dem sie riecht?

    Dann könnte es sein, dass ihn der neue Geruch irgendwie triggers und er den eben im Treppenhaus bzw. beim Rüberbeugen zum Geschirr anziehen verstärkt in die Nase bekommt. Vielleicht hat er da mal schlechte Erfahrungen gemacht.

    Neues Putzmittel, Handseife, Desinfektionsmittel oder neuer Job könnten auch sein.


    Ich drück auf jeden Fall die Daumen, dass ihr die Ursache schnell findet :)

  • Danke für eure Tipps!


    DerFrechdax Beim ersten Biss vermuteten wir, dass es etwas mit der Enge zu tun hatte. Das Geschirr jedoch wollte sie in einem offenen Raum ausziehen und dies war auch 4 Jahre lang nie ein Problem. Der letzte Angriff geschah dann völlig unbedrängt. Sie kam die Tür hinein und er stürzte auf sie zu. Natürlich wäre es möglich, dass er in der ersten Situation irgendetwas blöd verknüpft hat mit ihr. Dies würde für mich aber nicht die Wechselhaftigkeit und die plötzliche Vehemenz erklären.


    Eulili Ich hatte auch schon etwas in Richtung Hirntumor oder Epilepsie vermutet. Mein Tierarzt meinte jedoch, dass es dann noch andere Anzeichen gäbe und die Aggressivität ungerichtet auftreten würde, also zb auch bei mir. Er selbst kann auch kein MRT machen, aber ich werde mich mal nach Ostern in den Kliniken umhören.


    Gab es nicht auch mal einen Thread, wo ein Schäferhund aufgrund einer Augenerkrankung plötzlich die Tochter angriff?

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