Plötzliche Aggressivität

  • Trug deine Schwester evtl. beim ersten Vorfall eine offene Jacke, als sie mit ihm durch den Flur heimging? Es ist ja möglich, dass im Gehen das harte Eck der Jacke deinen Hund unabsichtlich (und ohne dass sie es bemerkt hat) im Auge getroffen hat und dein Hund hat daraufhin mit dem Schnapper in der Wade reagiert.


    Vielleicht könntest du deine Schwester bitten, sich noch einmal in Ruhe an alle Details dieser Situation im Flur zu erinnern und alles aufzuschreiben, auch das, was in der Situation normal war (Tageszeit, Wetter, welches Geschirr trug er, welche Leine, welche Kleidung trug sie, ging dein Hund hinter oder neben ihr durch den Flur etc.). Und auch alle Begleitumstände (im Flur hörbare Geräusche, Gerüche, andere Personen, Katze etc.) notieren. Vielleicht fällt euch dadurch etwas auf?


    Dass dein Hund ab dem ersten Vorfall nicht bei jedem Kontakt mit deiner Schwester reagiert hat, kann daran liegen, dass er sie ja seit Jahren als positive Bezugsperson kennt. Der erste Vorfall hat ihn verunsichert, aber da er ihr bisher vertraut hat, reagiert er beim nächsten Treffen nicht sofort negativ auf sie. Sollte er z.B. tatsächlich am Auge von der Jacke getroffen worden sein, könnte er beim Geschirrausziehen reagiert haben, weil sie ihm das Geschirr dabei ja über den Kopf (direkt in Augennähe) ziehen muss und dies seine Befürchtung getriggert hat, erneut am Auge Schmerzen zu erleiden.


    Dein Hund wird genauso verwirrt und verunsichert von der Situation sein wie ihr alle, aber er versucht, so gut es geht, sich normal zu verhalten. Das wiederum verwirrt euch, weil er sich nicht permanent deiner Schwester gegenüber aggressiv verhält. Was Lara004 geschrieben hat, erscheint mir daher goldrichtig und wichtig für alle Beteiligten, für deinen Hund, für dich und insbesondere auch für deine Schwester, um wieder Vertrauen aufbauen zu können. Auch in ihr soll sich ja nicht das Bild festigen, dass sie deinem Hund nicht mehr trauen kann.


    Es kann sein, dass er bei den ersten gemeinsamen Spaziergängen negativ reagiert, aber wenn ihr das vorab im Kopf habt und euch davon nicht verwirren lasst, sondern einfach weiter gemeinsame Spaziergänge (abgesichert mit Maulkorb, deine Schwester ist nur Begleitung, bezieht sich nicht auf deinen Hund) macht, kann dein Hund wieder lernen, dass von deiner Schwester keine Gefahr ausgeht. Aus irgendeinem Grund ist er ja zu dieser Schlussfolgerung gekommen. Dass das nicht stimmt, kann er nur durch wiederholte unspektakuläre Begegnungen mit ihr umlernen.

  • So blöd das alles jetzt ist, es wird Euch nichts anderes übrigbleiben, als den Hund konsequent und ständig zu sichern. Maulkorb auch daheim ständig drauf um da wenigstens die Gefahr einzudämmen.


    Dass er jetzt "nur" auf Deine Schwester so aggressiv reagiert muss leider nicht heißen, dass das auch so bleibt. Sollte es tatsächlich irgendein Geschehen im Gehirn sein, dann kann sich das ja auch genauso plötzlich gegen andere Personen richten.


    Hoffentlich bekommt ihr so schnell wie möglich einen Termin zu weiteren Untersuchungen!!

  • Wenn zwei Tierärzte und zwei Tiertrainer im Nebel stochern, wäre mein nächster Schritt ein Verhaltenstierarzt: https://www.gtvmt.de/service/suche-verhaltenstieraerzte/


    Der VTA untersucht nicht selbst, sondern führt Dich im Ausschlussverfahren durch die weitere Diagnostik und analysiert die Befunde mit Blick auf die Problematik und das weitere Vorgehen. Erst an dem Punkt, an dem alle für ihn möglichen gesundheitlichen Ursachen ausgeschlossen werden können, beginnt dann eben ggf. die Verhaltenstherapie/ das Training.


    Wenn Du gar keinen Ansatz hast, kann Dir der VTA helfen, gezielt untersuchen zu lassen (spart dann Kosten für unnötige Untersuchungen und Zeit, von TA zu TA oder Klinik zu wandern). Auf der anderen Seite hast Du eben die Kosten für den VTA, die auch nicht zu verachten sind.


    Wenn Du selbst weiter suchen willst, würde ich mir auch unbedingt eine Tierklinik mit einem Augenfacharzt suchen und mit dem behandelnden Haustierarzt einen probeweisen Wechsel des Schmerzmedikaments besprechen. Nicht jedes Medikament wirkt bei jedem Schmerz. Zusätzlich würde ich den Hund jemandem vorstellen, der Ahnung von Osteopathie hat. Bestenfalls einen Tierarzt mit Zusatzausbildung, der auch wirklich weiß, was er tut.

  • Vielen Dank für eure zahlreichen Antworten, ihr seid echt toll.


    Meine Tierärztin wird sich bei mir melden, obwohl Ostern ist und schauen ob der Termin vorverlegt werden kann. Kliniken werde ich nach Ostern direkt anrufen.


    Mit meiner Schwester ist es leider schwer, ich habe noch einmal mit ihr gesprochen. Sie traut ihm nicht mehr und würde ihn am liebsten abgeben (es sei denn es hätte eine gesundheitliche Ursache). Deshalb muss ich jetzt erst mal alle Untersuchungen abwarten und dann schauen, wie es weitergeht.


    Ohne ihre Unterstützung wird es für mich schwer mit Job und Pflege der Großeltern. Ich möchte gar nicht daran denken 😔

  • Kann es sein, dass ein Hund dieses Alters Zeichen von Demenz zeigt? Vielleicht diesbezüglich noch einmal untersuchen lassen. Ich hatte zunächst auch daran gedacht, dass vielleicht irgendetwas mit den Ohren nicht stimmt, also es schmerzt, wenn das Geschirr über den Kopf gezogen wird. Viel Glück euch!

  • Kamille Danke 😊


    Ohren sind untersucht, normal und als er in Narkose lag. Auch zeigt er bei mir da überhaupt keine Berührungsängste.


    Da das Alter nur geschätzt ist, könnte es natürlich sein, dass er vlt. etwas älter ist. Aber bei Demenz hätte ich noch andere Anzeichen erwartet oder? Er spielt noch ausgelassen mit mir, macht gerne Tricks und wirkt nicht orientierungslos. Ich werde es trotzdem einmal ansprechen.

  • Wenn Demenz evtl. eine Rolle spielen könnte, dann wäre zb sowas wie Karsivan eine Möglichkeit. Das fördert dje Durchblutung und macht damit „Fitter im kopf“

  • Auch Schmerzen im Bauchraum würde ich sorgfältig abchecken. Cara zeigte unklare Empfindlichkeit, die sich zum Glück nicht durch Agressivität äußerte. Jeweils nur sehr kurz, dann war alles wieder gut und es ließ sich nicht reproduzieren durch Anfassen, Massage des Bauches usw. Ursache war letztlich Gries in der Gallenblase.

    So etwas äühnliches und dazu eine Fehlverknüpfung mit der zufälligen Anwesenheit deiner Schwester könnte ich mir vorstellen.


    Daß deine Schwester alleine durch unerkannte Krankheit, veränderten Geruch usw die Ursache sein könnte kann ich mir deshalb weniger vorstellen, weil damit unter anderem das ins Leere gucken bei Spaziergängen (mit dir doch wohl) noch nicht erklärt werden kann. Mein Gedanke ist daher, die Ursache der Verhaltensänderung bei der Gesundheit des Hundes und nicht bei deiner Schwester zu suchen.

  • Wurde denn auch in Richtung Epilepsie bzw Veränderungen des Gehirns mal geschaut?

    Gerade dieses " ins Leere schauen", erhöhte Schreckhaftigkeit und dazu noch plötzliche (unerklärliche) Verhaltensänderungn können durchaus ein erstes Anzeichen für eine Erkrankung des Gehirns sein.

    Da Elvis im Dezember eine Bandscheibenvorfall hatte, denke ich natürlich auch hier an einen Bandscheibenvorfall. Daher finde ich es super, dass du ein MRT machen lassen willst/wirst.


    Das Zitat oben habe ich eingefügt, weil das bei Elvis Anzeichen waren, bevor sein BSV akut war (soweit ich es verstanden habe, tut der Rücken vorher schon weh). Er ist beim Gassi hin und wieder (alle paar Wochen mal) "eingefroren" und war insgesamt schreckhafter, was ich sonst nicht so von ihm kenne.


    Rein theoretisch könnte es z. B. sein, dass dein Hund einmal einen plötzlichen, starken Schmerz verspürt hat, während deine Schwester im Eingangsbereich mit ihm war bzw. mit ihm agiert hat und er das sehr ungünstig verknüpft hat.


    Aber wie du hier im Thread ja merkst, es gibt gefühlt 1.000 Möglichkeiten, was los ist. Ich drücke euch feste die Daumen, dass ihr bald herausfindet, was tatsächlich los ist und die Situation für euch alle wieder verbessern könnt.

    Die Angst deiner Schwester kann ich gut verstehen und für mich als HH würde auch eine Welt zusammenbrechen. Dazu die Schwierigkeit, den Alltag zu managen und die Sorgen beim Blick auf die Zukunft. Ich hoffe, ihr übersteht diese schwere Zeit gut und vor allem schnell.

  • Ich danke euch für eure zahlreichen Antworten und das Daumendrücken.


    Einige Ideen werde ich beim Tierarzt und der Trainerin ansprechen.


    Ich halte euch auf dem Laufenden.

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