"Welpenblues" oder sollte ich einfach keinen Hund halten?

  • Vielleicht ist es ganz hilfreich, noch einmal darauf einzugehen, was deine Erwartungen bzw. Wunschvorstellungen an das Leben mit einem Hund wären. Denn die gibt oder gab es ja, wie auch aus deinem Eingangspost ersichtlich ist:

    Einen Hund zu adoptieren, war mein großer Traum seit langer Zeit.

    Alles, was ich mir vorher so toll daran vorgestellt habe,

    Ob diese Vorstellungen nun realistisch sind oder nicht, mit diesem Hund oder einem anderen ist dann eher die nächste Frage.


    Ich muss ganz ehrlich sagen, ich sehe in eurem Fall keine Schande darin, den Hund wieder abzugeben (vorausgesetzt, du vermittelst ihn ehrlich und in gute Hände).

    Zumindest vor Corona kannte ich es so, dass kleine Hunde auch aus dem Tierschutz ziemlich gesucht sind, der Kleine also gute Chancen auf ein passendes Zuhause hätte.


    Denn für mich lesen sich viele deiner Beiträge nach dem Wunsch nach einem Ende dieser Situation. Und ich fände es auch dem Hund gegenüber fairer, ihn dann jetzt weiterzuvermitteln, als in ein paar Wochen oder Monaten.


    Hintergrund meiner Gedanken ist, dass zumindest für mich das Leben mit Hund (mitten in Berlin) komplett anders aussieht also vorher ohne Hund. Das war nicht so geplant und es ist auch vieles anders gelaufen, als ich mir das vorher so vorgestellt hatte. Aber es macht mich trotzdem richtig glücklich und ich bin immer wieder so froh, dass ich Elvis habe. Er ist auch ein kompletter Schmusehund und ich liebe es über alles, abends mit ihm auf der Couch zu netflixen oder ihn beim Arbeiten unter dem Schreibtisch auf meine nFüßen liegen zu spüren und schnarchen zu hören. Dafür gehe ich massiv weniger aus oder in Cafes usw., vermisse das aber auch nicht.


    Bei dir klingt das einfach anders. Ich war damals auch überrascht, dass Hunde so gar nicht Plug&Play sind, aber für mich war es kein großes Problem, mein Leben entsprechend anzupassen. Aber da war ich einfach in einer glücklichen Situation, persönlich wie beruflich. So wie es klingt, sieht das bei dir etwas anders aus und vielleicht ist jetzt einfach nicht der richtige Zeitpunkt für einen eigenen Hund bei dir.

    (Und selbst wenn klingt es für mich so, als hätte der Yorki damit immer noch gewonnen, weil er zumindest schon mal aus den Händen dieser zweifelhaften Organisation raus ist).

  • Könnt ihr mal aufhören es als normal darzustellen, dass ein Hund anfangs komplett fertig mit der Welt ist?

    Äh?


    Also ich gehöre hier ja zur Fraktion "Das kann schon noch gut werden". Und sicher nicht zu den Schwarzmalern.


    Aber dass eine Woche Eingewöhunungszeit für einen Tierschutzhund! nicht reicht, sondern wirklich einfach GAR NICHTS ist, dabei bleibe ich.


    Und selbst mein total unkomplizierter Hund war die erste Woche bei meiner Freundin, als ich zum ersten Mal in 10 Jahren ohne Hund im Urlaub war, ziemlich durch. Und ihr Hund bei mir läuft mir immer ein paar Tage auf Schritt und Tritt hinterher und will ständigen Kontakt. Das ist völlig normal. Dass es in diesem Fall nochmal krasser ist, ist auch normal. Sowas braucht Zeit.

    Selbst die coolsten Hunde waren nicht von anfang an cool. Jedenfalls nicht SO cool. Ich finde meinen Hund völlig unkompliziert, aber dieses Leben wäre für den nichts. Gar nichts.


    Und natürlich ändert sich das Leben radikal, wenn man einen Hund hat. Wenn man ein Leben führt, in das ein Hund nicht gut passt, umso mehr. Das kann man doch nicht wegleugnen.


    Ich finde die beschriebenen Lebensumstände übrigens ganz generell für einen Hund nicht so gut geeignet.

    Großstadt, Öffis, weite Wege, Vollzeitjob im Großraumbüro. Für mich ist die Hundehaltung unter diesen Umständen überdenkenswert.

  • Wir haben noch andere Erfolgserlebnisse dieser Art. Ich kann ja auch mal etwas Schönes berichten... Am Anfang fand er den Aufzug RICHTIG gruselig. Mit Zittern und Erstarren. Jetzt läuft er mutig rein, nach nur ein paar Tagen, und sitzt sogar während der ganzen Fahrt, anstatt unruhig hin und her zu rennen.

    Ja, is doch klasse! Das ist also schon die zweite Baustelle mit guter Verbesserung innerhalb kürzester Zeit! Das heißt für mich: wird net alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Bissel Geduld, eine Möglichkeit für mehr Schlaf schaffen, und der Rest könnte zügig besser werden.


    walkman Siehst Du das immer noch so drastisch? Ich finde, das ist ein sehr schneller Fortschritt. ;-)


    Freut mich sehr!

  • SherlyH  @Langstrumpf

    Es ging um das "JEDER". Groß geschrieben, ohne jegliche Einschränkungen.

    Ich finde auch, dass es unter den in mehrfacher Hinsicht suboptimalen Bedingungen hier nicht verwunderlich ist, wenn der Hund da auch reagiert, heftig reagiert. Aber dieser Hund hier ist ja nicht jeder Hund. Es gibt mehr als genug Hunde wie als Welpen aus optimalen Bedinungen in optimale Bedingungen kommen und es da nur noch eine Charakterfrage ist ob man überhaupt irgendwas merkt. Und selbst "irgendwas merken" ist, eine ganz andere Größenordnung als "durch den Wind".


    Und ich finde das relevant, wenn man einen Hund aus und/oder in suboptimale Bedingungen holt. Also, dass man sich klar macht, dass hier etwas eben nicht normal läuft, sondern man dem Rechnung tragen muss.

  • Wir haben noch andere Erfolgserlebnisse dieser Art. Ich kann ja auch mal etwas Schönes berichten... Am Anfang fand er den Aufzug RICHTIG gruselig. Mit Zittern und Erstarren. Jetzt läuft er mutig rein, nach nur ein paar Tagen, und sitzt sogar während der ganzen Fahrt, anstatt unruhig hin und her zu rennen.

    walkman Siehst Du das immer noch so drastisch? Ich finde, das ist ein sehr schneller Fortschritt. ;-)

    Aufgrund dieses Posts RE: "Welpenblues" oder sollte ich einfach keinen Hund halten? hat sich an meinen Überlegungen leider nichts geändert.

  • Nur gibt es eben auch viele andere tolle, schöne, spannende Orte, für die man Bahn fahren muss, und wo ich es sehr schade fände, wenn wir da nie hinkönnten.

    Laaaangsam...... Wenn Du JETZT noch nicht dort hinkannst, heißt das ja noch lange nicht, daß das NIE der Fall sein wird. Nicht bei dem Tempo, in dem sich ja schon erste tolle Verbesserungen gezeigt haben ;-) Ich sach doch: NICHT den riesigen Berg sehen, den Du überwinden willst, nicht alles auf einmal wollen, sondern den Weg angucken, wenn Du den ersten Schritt machst, und dann einen Schritt nach dem Andren.

  • Aber war es bei euch allen wirklich so, dass ihr in der ersten Woche mit eurem ersten Hund alles toll fandet? Weil wenn ja, dann bin ich vielleicht echt kein Hundemensch. Ich finde z.B. Spaziergänge gerade nicht besonders schön. Sie sind anstrengend, weil ich auf tausend Sachen achte, die mir vorher nie aufgefallen sind, mein Kopf rattert, ich bin in vielen Situationen unsicher, was jetzt zu tun ist, und eigentlich dauernd unter Strom. Ich fühle mich richtig erschlagen von der ersten Woche, nicht erfüllt.


    Mein Freund ist übrigens gar nicht gestresst, er spricht mir gut zu, er sagt er liebt den Hund, ist mega optimistisch, zählt mir die Fortschritte auf. Deshalb zweifle ich auch gerade, ob einfach mit mir was falsch ist. Ich fühle mich total antriebslos und entscheidungsunfähig und jede Kleinigkeit bringt mich zum Heulen.

  • Eine Woche ist halt einfach nichts für einen Hund aus dem Auslandstierschutz. Wir haben drei, zwei davon hatten nach einer Woche noch nie den Garten verlassen, da das noch viel zu viel war. Man sagt so grob 3 Tage zum Erholen vom Transport, drei Wochen dass der Hund anfängt sich Zuhause zu fühlen, drei Monate bis die Hunde anfangen sich sicher zu fühlen und den 'wahren' Charakter zeigen.

    Bei Trip und Leia haben wir ein bis zwei Wochen im Wohnzimmer auf einer Matratze auf dem Fußboden geschlafen.

    Selbst jetzt nach über zwei Jahren gibt es noch immer wahnsinnige Fortschritte im Verhalten. Das bedeutet aber halt Ausdauer, Geduld, viele Kompromisse und viel Arbeit.


    Zitat

    Aber war es bei euch allen wirklich so, dass ihr in der ersten Woche mit eurem ersten Hund alles toll fandet? Weil wenn ja, dann bin ich vielleicht echt kein Hundemensch. Ich finde z.B. Spaziergänge gerade nicht besonders schön. Sie sind anstrengend, weil ich auf tausend Sachen achte, die mir vorher nie aufgefallen sind, mein Kopf rattert, ich bin in vielen Situationen unsicher, was jetzt zu tun ist, und eigentlich dauernd unter Strom. Ich fühle mich richtig erschlagen von der ersten Woche, nicht erfüllt.

    Finde ich jetzt relativ normal. Es ist halt eine wahnsinnige Umstellung auch für dich. Ich würde auch gucken ob du Urlaub nehmen kannst. Und ganz ehrlich - Spazierengehen in der Großstadt stelle ich mir auch wahnsinnig anstrengend vor, gerade mit Auslandshunden die das nicht kennen.

    Ich erwarte nun von meinen Hunden nicht, dass sie mich 'erfüllen' aber die ersten Wochen empfand ich gerade mit Leia als furchtbar und ich habe auch permanent gezweifelt. Sie ist immer noch wahnsinnig ängstlich und anstrengend (gerade Freitag nur drei Stunden geschlafen weil sie Bauchschmerzen hatte), aber die Tatsache dass sie mir jeden Tag deutlich zeigt wie glücklich sie hier ist, lässt mich das absolut vergessen. Aber das dauert halt bis die Bindung dafür da ist, auf beiden Seiten.


    Ich würde auch sagen, nimm den Druck raus, versuche dir frei zu nehmen, und lebe von Tag zu Tag, nicht in der Zukunft. Aber Stelle ich dich auch darauf ein, dass Tierhaltung meistens Kompromisse bedeutet im eigenen Leben.

  • Aber war es bei euch allen wirklich so, dass ihr in der ersten Woche mit eurem ersten Hund alles toll fandet?

    :lol:

    Wo hast du das denn herausgelesen? So ziemlich jeder hier sagt dir, wie anstrengend die erste Phase ist, wo man als Mensch zurücksteckt, sich anpassen, Kompromisse finden muss. Vom auf dem Boden schlafen bis zum rausgehen gefühlt aller 5 Minuten. Es ist eine Umstellung.


    Ich hatte dich schon ein paar Seiten vorher gefragt, und frage nochmal: Was genau war deine Vorstellung vom Leben mit Hund?


    Was hast du erwartet, worauf hast du dich gefreut und warum? Warum war es dein Traum, einen Hund zu haben?

  • Ich frage mich gerade:


    Bin ich so traurig, weil ich ganz rational bemerke, dass ein Hund entgegen meiner Einschätzung nicht in mein Leben passt, und weil ich super viel Mühe, Zeit, sehr viel Geld... investiert habe, um einen Hund zu bekommen, nur, um ihn dann wieder abzugeben und seine kleine Hundeseele zu brechen?


    Oder sehe ich gerade einfach schwarz und eigentlich ist alles gut und diese düstere Phase geht vorbei, sobald ich ausgeschlafen bin und sich alles eingependelt hat?

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