"Welpenblues" oder sollte ich einfach keinen Hund halten?

  • Welchen Mehrwert siehst du denn persönlich bei dir in der Hundehaltung, also was ziehst du daraus? :)

    Das klingt so platt, aber ich hatte richtig Lust darauf ein Tier ganz intensiv kennenzulernen. Das Leben teilen mit einem Wesen, das eben kein Mensch ist und dadurch Einblicke in eine andere „Sichtweise“ auf die Welt zu bekommen.


    Unter diesem Zusammenfinden habe ich mir in der blanken Theorie aber auch schon viel Training, viel zusammen Herausfinden, viel „Rumwurschteln“ vorgestellt und habe meine Fähigkeiten als Ersthundehalterin in dieser Hinsicht pragmatisch lieber erstmal unter- als überschätzt. Ich denke das war mit der Grund, dass ich auch an den Herausforderungen (in der Erziehung) irgendwie immer grundsätzlich Freude behalten habe.


    Und ja, ich wollte auch die Dinge, die ich eh schon gerne mache, zusammen mit einem Hund machen. Ich habe viele Interessen (Wandern, Trekking, draußen Schwimmen bei Wind und Wetter), in die ein Hund gut reinpasst und da hatte ich schon diese typische Vorstellung der gemeinsamen „Abenteuer“.

    Gleichzeitig musste der Hund irgendwie auch in meinen (Großstadt)Alltag passen, also da geht dann die Romantik schnell wieder flöten.


    Mein Hund hat es mir in vielen Punkten sicherlich auch sehr einfach gemacht. Er hat einen tollen Charakter und wir kommen sehr gut miteinander aus. Aber es ist wie in jeder Beziehung: man muss den anderen stehen lassen können, so nehmen wie er ist. Macht der Hund mit mir genauso.

  • Ich find jetzt nicht, dass hier klar ist, dass die TE kein Hundemensch ist. Wie soll sie denn das nach einer Woche wissen? Für mich hört sich das nach Crash von Erwartung und Realität und Hormonchaos an.


    Ich z.B. komm mit Schlafentzug auch null klar und bin total der Hundemensch.

    Nur dazu noch einmal. Möchte kurz daran erinnern, dass das Schlafbedürfnis bei Menschen individuell ist. Ob man jetzt 5 oder 9 Stunden braucht, wir müssen hoffentlich nicht darüber diskutieren, dass Menschen unter Schlafentzug leiden. Ich kann bei Schlafmangel weder essen, noch entspannen, noch klare Gedanken fassen. Und die paar Stunden Schlaf, die ich hatte, waren ja kein erholsamer Tiefschlaf, sondern mit einem halben Ohr beim Hund, immer bereit aufzuspringen.

    Mag sein, dass Eltern das genauso kennen und locker wegstecken. Ich hatte davor weder Baby noch Hund, war es einfach gewohnt, dass ich einschlafe, durchschlafe, und morgens erholt wach bin nach 8 Stunden. Und ja, es hat meinen Körper fertig gemacht, als das weg war. Ob das andere nachvollziehen können oder nicht. Auch Menschen sind Gewohnheitstiere.

    Es ist wie du sagst - es gibt Menschen die sowas länger gut wegstecken. Aber nur weil man Eltern wird, kriegt man das leider nicht mitgeliefert. Mein Baby schlief schlecht und ich hatte innert 3 Tagen ein echtes Problem. Durchgeschlafen hat er übrigens das erste Mal als er 2.5 Jahre alt war. Für nichts in der Welt würde ich das nochmal mitmachen. Aber man weiss halt vorher nicht, wie es wird und wie man reagiert.


    Ich denke, es läuft ganz gut. Du wirst dich entspannen mit der Zeit. Irgendwann schaust du draussen nur noch nach den „relevanten“ Sachen. Bei uns z.B. Katzen/Wild und Hunde und Fressbares. Du wirst nicht Monate und Jahre sich bei jedem Handgriff hinterfragen obs richtig ist oder ob du es anders machen sollst. Du hast dich doch z.B. auch in die Beziehung mit deinem Freund reinentspannt - neue Beziehungen sind am Anfang immer anstrengend. Zumindest für mich. Und wenn du in ein paar Monaten merkst, ne, ich bin kein Hundemensch, dann ist nichts verloren und der Kleine kann ohne Komplettschaden auch bei jemand anderem glücklich werden.

  • Du schreibst, Du musst bei Spaziergängen auf so viel achten und sie wären total unentspannt.... auf was achtest Du und warum?


    Und warum bist Du nicht entspannt?

    Naja, ich setze ja nicht Kopfhörer auf und latsche los, so wie ich es ohne Hund machen würde. Ich beobachte eben das Umfeld und achte aufmerksam auf alle Reize. Auf Fußgänger, Radfahrer, Hunde, Kinder, Lärm, wie ich die Leine halte, wo er hinläuft, woran er schnüffelt, ob er etwas fressen will, wie es ihm geht, ob er rennt/zittert/steht/schlurft, beschäftigt oder gelangweilt ist, ob er in der Leine verheddert ist, wer uns so entgegen kommt, etc etc.

    Alleine das ist schon etwas, was spannend ist und schön sein kann :smile: Die Umgebung wahrnehmen, auf das achten, was um einen herum ist - die meisten Leute, die ich kenne, lernen das mit der Zeit schätzen.


    Diese Frage, ob es sich lohnt bzw. ob man etwas (oder genug) zurück bekommt, die finde ich immer sehr schwierig, wenn ich bewusst darüber nachdenke. Das liegt an menschlicher Neigung, alles als eine Art Handel zu betrachten. Gefühle funktionieren aber nicht nur so. Letztlich hast Du es ein gutes Stück weit in der Hand, ob Du das Tolle am Leben mit Hund schätzen lernst und wie Du das priorisierst, was Du an Einschränkungen dadurch hast. Aber natürlich wird sich dauerhaft etwas an der Lebensführung ändern, wenn ein Hund im Leben eine wichtige Rolle spielt. Es ist ein Lebewesen mit im Haushalt, das ganz eigene Vorstellungen und Bedürfnisse hat und das wird zum festen Bestandteil aller Planungen. Alleine dadurch ändert sich schon was.

  • Nur kurz nochmal zur Auslastungsfrage...


    Versuch es mal mit Futtersuche. Im Gras, in der Wohnung, im Schnüffelteppich.

    Nasenspiele lasten mental aus und sind ebenso für Hunde geeignet, die gerade nicht so viel Input vertragen...auch körperlich.

  • Phonhaus :gut:


    Was ich vorher vergessen hatte:


    Der absolute Killer ist Perfektionismus bei der Hundehaltung. Du wirst Fehler machen, Dinge übersehen, Umwege gehen. Am Anfang fragt man sich vielleicht auch, wie man dieses fremde Wesen bloss am Leben erhalten soll. Wie man all diese SACHEN lernt. Erstaunlicherweise ist es gar nicht so schwer, gute HF zu werden. Gut genug reicht nämlich.


    Du fragst was wir vom HF sein haben: Ich hab einen anstrengenden Start gehabt mit Vespa. Aber das was mich sehr getragen hat war tatsächlich von Anfang an das gemeinsame Lernen. Es ist wie eine neue Sprache. Dieses einander irgendwann richtig lesen zu können ist genial. Und gerade die nicht so einfachen Dinge und das was man trainieren musste macht einem zum Team. Für mich die ich sehr lernhungrig bin war das alleine schon alles wert. Und dann der Körperkontakt… all die kleinen Momente mit dem warmen Hundefell neben mir. Die Abenteuer die man zusammen erlebt.

  • Ich würde gerne in die Zukunft sehen und wissen, ob ein Hund wirklich "so viel zurückgibt"

    Ein Hund gibt nüchtern betrachtet erstmal gar nix zurück, außer ner Menge Arbeit und finanzielle Belastung. Sag ich mit 8 Hunden, die mir die Haare vom Kopf fressen und wegen denen ich nichtmal spontan ins Kino kann, geschweige denn Urlaub etc.


    Jetzt ist die Frage, die mir auch schon viele Leute gestellt haben: Wieso tu ich mir das an?

    Die Antwort ist ganz einfach: Ich mag es genau so und nicht anders.


    Den Großteil meiner Hunde habe ich auf Grund des Schlittenhundesports, aber bspw meinen ersten Hund und auch zwei weitere habe ich einfach nur, weil ich gerne Hunde habe, mit denen gerne unterwegs bin, gerne den Großteil meiner Freizeit mit ihnen verbringe, die Hunde gerne nachts im Bett habe und einfach 90% der Zeit mit ihnen genieße. Und das alles macht die "Einbußen" wieder wett. Eine Fahrt am Schlitten ist mir 10.000 Kinobesuche wert, das abendliche Kuscheln ist mir jeden Cent für s Futter wert, das gemeinsame durch die Natur Stromern ist mir jeden Urlaub wert…


    Ob ein Hund dann tatsächlich "was zurück gibt" liegt da eher am Menschen. Sprich, man muss es mögen was Hundehaltung so mit sich bringt, damit sich Hundehaltung "lohnt".


    Darüber solltest du dir Gedanken machen.


    Wenn man merkt, das alles ist nix für einen ist es auch keine Schande sich das ein zu gestehen, denn es bringt weder dem Hund noch dir was, wenn du dich dazu zwingst.

  • Was habe ich als HF?


    Die Runden mit Jette sind für mich Qualitiytime. Ich kann von meinem Alltag abschalten und entspannen. Jette verführt mich so oft dazu doch mal die Welt mit Hundeaugen zu betrachten und sie zeigt mir so viel schönes, was ich ohne sie nicht sehen würde.

    Ich bin nicht perfekt und ja, mir unterlaufen auch Fehler. Und? Ich bin ein Mensch und keine Maschine und das tolle ist:


    Das Leben stellt über Nacht das Gewesene auf reset und Du startest jeden Tag neu.

  • Hunde geben dir nur das zurück was du dir nimmst. Ich nehm die Action, die Kuschelzeiten, das Vertrauen, den Altersstarrsinn, die quietschende Kniekehlenschubserin, ... eigentlich können und konnten die nie was tun wo ich nicht irgendwann drüber lache. Sie tun mir einfach gut. Andere würden sie irre machen.


    Bitte dem armen Hund jetzt keine Auslastung reindrücken. Der Hund ist sozusagen krankgeschrieben. Wer ABS bekommt und Schmerzmittel hat hier sozusagen Bettruhe. Das rumghopse wird wahrscheinlich auch eher Streßabbau sein. Nutz die Zeit der Heilung jetzt einfach auch zum gemeinsamen runterkommen. Ohne, so hab ich den Eindruck, würdet ihr euch die Zeit nicht nehmen.

  • Mir wird die Frage nach dem: "Warum tust du dir das an?" auch oft gestellt, weil ich viele habe.


    Aber für mich ist das die falsche Frage. Ich tue mir gar nichts an.


    Ich mache das gern. Ob mit ihnen Blödsinn machen und lachen, wenn sie mal wieder "kreativ" werden, abends kuscheln, morgens zusammen ewig lange laufen, zusammen lernen, sich darüber freuen, wenn was klappt, sie sich an irgendwas freuen, einfach nur zusammen rumhängen. Ich freue mich bei jedem Fortschritt ebenso wie einfach daran, dass es ihnen gut geht. Zufriedener Schnaufer nach einer schönen Runde und Essen - wenn sie satt und zufrieden neben mir liegen - das ist das beste Lob.


    Wenn man mich jetzt in diesem Moment vor die Wahl stellen würde: Sushi essen, Kino, Tanzen, Urlaub oder nimm dieses verflohte, kranke Pflegetier, das angstaggressiv ist - ich würde das Tier nehmen. Weil ich mich freue, wenn es flohfrei ist. Weil ich mich freue, wenn es sich endlich sicher fühlt. Weil jeder kleine Erfolg besser ist als ein paar nette Stunden. (abgesehen davon kann ich mir Sushi liefern lassen, hab Netflix und tanzen kann ich auch zuhause und zwar ohne, dass sich jemand über mich lustig macht).

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