"Welpenblues" oder sollte ich einfach keinen Hund halten?

  • Also erstmal: Atme durch!

    Dir mag das gerade wie eine komplette Katastrophe erscheinen und komplett ausweglos, aber das ist es nicht.


    Geh deine Optionen durch.


    1. Zurückgeben an die offensichtlich unseriöse Organisation.

    2. Jetzt sofort Tierarzt und die Verwurmung behandeln lassen sowie durchchecken.

    3. Körperkontakt geben - IMMER!

    Ihr liegt stundenlang tagsüber neben ihm, aber nachts geht nicht wegen der Würmer? Überlegen die sich nur nachts im Bett auf euch zu gehen, oder wo ist da die Logik? Da er sich ja beruhigt, wenn er Körperkontakt hat, wäre das eine super Gelegenheit und sehr wichtig, da mal zusammen Schlaf nachzuholen! Denn jetzt gerade seid ihr in einem schlafgemangelten Teufelskreis und alle erscheint deutlich schlimmer, als es ist. Wenn du dich zum Arbeiten auf den Boden setzen kannst und er Körperkontakt hat, ist er dann ruhig? Dann mach das.


    Wechsel dich mit deinem Freund in Schichten ab. Mach Haushalt, wenn er mit dem Hund draußen ist. Leg dich zum Schlafen mit dem Hund hin. Und wenn er mit auf die Toilette kommt, dann kommt er eben erstmal mit auf die Toilette.


    Ich sehe langfristig nicht, dass ihr das mal eben hinbiegen könnt. Also entweder zurück an die Orga oder neues Zuhause suchen lassen, von jemandem, der Ahnung hat. Oder jetzt erstmal Kompromisse und auf den Hund eingehen und dann Stück für Stück und mit Hilfe daran arbeiten. Die Optionen hast du.

  • Der Hund hat sich jetzt auf meinen Freund festgelegt. Kein Wunder, der springt ja jeden Tag ein, wenn ich wieder mal heule... Ich hatte dann die Vermutung, vielleicht weint ja der Hund, weil er meinen Freund vermisst. Aber als mein Freund letztens weg war und wieder rein kam, hat der Hund kaum reagiert.


    Ihm ist eigentlich egal, wer bei ihm ist. Als ich kurz beim Tierarzt war, hat eine Freundin aufgepasst, die er nicht kannte. Zu der hat er sich auch einfach rangelegt und geschlafen. Solange jemand neben ihm liegt, ist er glücklich.


    Nur leider kann ich das nicht den ganzen Tag realisieren :O

  • Übrigens lese ich eure ganzen Antworten gleich noch einmal strukturiert nach und antworte detaillierter. Ich bin gerade wieder mal völlig übermüdet und kann nicht ganz klar denken und muss erstmal alles loswerden, was mir gerade durch den Kopf geht. Danke euch allen auf jeden Fall sooooooo sehr für die schnellen Antworten. Es tut so gut zu wissen dass ich das alles nicht alleine verstehen muss.

  • Ok, das klingt wirklich nach mehr als der normale Welpenblues.


    Und ja, du hättest es dir erheblich leichter machen können, wenn du dir einen Hund ausgesucht hättest, der nicht aus dem AuslandsTS kommt bzw der schon länger hier bei einer Pflegestelle ist. Aber das ist jetzt erstmal egal, jetzt ist der Hund da - da helfen jetzt grade keine "hättest du" weiter.


    So, der Hund hat so wie es sich liest, tatsächlich viel Stress. Bis zu einem gewissen grad ist das normal, das kann auch noch eine Weile so gehen. Eine Woche ist tatsächlich noch gar nichts.


    Fürs erste würde ich vorschlagen, du nimmst deinen Focus ein bisschen weg vom Hund. Sonst schaukelt sich das noch mehr auf. Wenn dein Freund dir da etwas abnehmen kann, ist das schonmal gut.


    Wie gesagt, ein bisschen Stress oder Unsicherheit und Aufregung wären ganz normal - in eurem Fall liest sich das nicht so normal - auf der Pflegestelle hat er das auch schon so gehabt, hast du geschrieben? Wurde er denn dort schon von der Orga durchgecheckt - und wurde was gefunden ausser der Verwurmung? Augen? Ohren? Irgendeine Schmerzproblematik?


    Spricht was dagegen, wenn ihr abwechselnd beim Hund meinetwegen auf der Couch liegt über nacht um ihm mal besser durch- und ausschlafen zu lassen? Sucht er denn den Körperkontakt selber aktiv oder möcht er nur in der Nähe sein und euch sehen können? Bleibt er ruhig im bloßen Kontaktliegen (also ohne Streicheln oder Kraulen) oder möchte er auch wenn er nur bei einem von euch liegt unbedingt, dass ihr euch mit ihm beschäftigt?


    Mit das wichtigste: Holt euch auf alle Fälle einen guten Trainer ins Haus, der euch unterstützt!! Und versuch ein klein wenig, deinen Kopf wieder frei zu bekommen (ich weiss schon, ist immer so leicht gesagt, aber bleibt trotzdem wichtig!!) Du bist kein Tierquäler, lass den Gedanken gar nicht erst aufkommen. Du bist auch mit der Erfahrung nicht allein - grade die ersten Wochen sind oft sehr sehr sehr stressig und holprig und zwar für beide Seiten.

  • Erstmal frage ich mich wirklich ganz ernsthaft, welche Intension dahinter steckt, einen Hund direkt aus dem Ausland als Ersthund und mit keinerlei Hundeerfahrung zu adoptieren.

    Kann nur aus meiner Warte sprechen, aber ich wusste damals nicht, dass Rasseeigenschaften und Ausland/Inland so massiven (nicht trainierbaren) Einfluss haben. Kam aus einem Katzenhaushalt, alle Tierschutz. Dachte vieles lässt sich trainieren und entwickelt sich dann sowieso passend. :klugscheisser: Naja, man lernt nie aus. Da muss man sich einfach auch als Mensch dann anpassen und nicht den Hund. Das war meine Lernerfahrung. Klappt nur leider nicht überall.


    Nein, der Verein hat ehrlich gesagt auf meine Sprachnachricht nicht reagiert. Vielleicht kommt das noch

    Hoffe nicht drauf. Die meisten Vereine sind bei Problemen unbrauchbar und man wird blockiert. Sie haben keine Plätze für Zurückgabe. Und sehen jeden, Der Probleme hat, als bösen Menschen: Die armen, armen Hunde.


    Zur Stubenreinheit:

    Trinkt dein Hund viel? Bei Stress trinken Hunde gern viel, eventuell muss er dann auch noch länger nachts pinkeln. Theoretisch checken erwachsene Hunde die Stubenreinheit aber sehr schnell. Mein Auslandsimport (Pflegehund) konnte das zackzack. Da musste man eher am in der Wohnung markieren feilen.

  • Dem armen Hund ist die gewohnte Welt komplett zusammengebrochen. Er fühlt sich allein in einer fremden, lebensgefährlichen Umgebung (und "allein" ist für das Rudeltier Hund gleichbedeutend mit einem Todesurteil, daher die extreme Angst), und jetzt sucht er den einzigen Halt, den er überhaupt noch erkennt: den dicht bei Menschen.


    Das ist dir sicher inzwischen längst klar, die Frage wäre: Was kannst du akut tun? Wenn ihn erstmal egal ist, wer ihn beschützt, kannst du vielleicht einen verständnisvollen Sitter auftreiben, um dich zwischendurch mal zu entlasten? Das wäre zwar noch mehr Hin und Her, aber zumindest eine Pause für dich und ein fester Rahmen für den Hund?


    Dann: Einen Streß würde ich dem armen Tier doch noch zumuten: Ich würde ihn tierärztlich gründlich durchchecken, also das, was die Orga nicht getan hat. Wie willst du sinnvoll trainieren, solange du nicht weißt, ob er irgendwo körperliche Probleme ,vielleicht sogar Schmerzen hat? Das auszuschließen ist einfach die Basis für alles andere.

  • Ab davon das ich persönlich der Ansicht bin das es sowas wie "Welpenblaues" nicht gibt hört sich das einfach nach dem falschen Hund für euch an und als wärt ihr sehr naiv an die Sache rangegangen.

    Kann man jetzt auf Biegen und Brechen versuchen oder dem Hund ein passenderes Zuhause suchen .

    Oder sein Leben an den Hund anpassen wo es halt geht.

  • Wenn der Hund problemlos entspannt und auch schläft, wenn jemand direkt bei ihm sitzt (so hab ich das jetzt interpretiert), dann würde ich das vorerst genauso handhaben. Ja, das ist anstrengend, durchaus auch nervig und man kommt zu nix, aber manche Auslandshunde brauchen das anfangs in dieser Form einfach. Das bedeutet nicht, dass der Hund sein Leben lang so ist und man nie mehr irgendwas anderes machen darf, aber im Moment braucht der Hund diese Nähe einfach dringend.


    Versuche, dich zu entspannen und einfach im Hier und Jetzt zu schauen, was der Hund braucht, um zur Ruhe zu kommen und versteift dich nicht darauf, dir jetzt Sorgen wegen später zu machen. Der kann durchaus später ein entspannter Bürohund werden, eine Wohnung verkommt nicht sofort, wenn man mal ein paar Wochen den Haushalt schleifen lässt und Regeln wie "nicht ins Bett" kann man später immer noch aufstellen, wenn der Hund wieder weiß, wo ihm der Kopf steht.


    Kannst du dich z. B. mit dem Laptop einfach zum Hund aufs Sofa setzen, wenn du arbeitest? Oder ihm vielleicht einen erhöhten Platz direkt neben dem Schreibtisch anbieten? Den Hund im Bett schlafen lassen und halt häufiger neue Bettwäsche drauf machen, wenn du Angst wegen der Würmer hast?


    Hier haben anfangs z. B. alle Auslandshunde extrem an mir geklebt, haben mit im Bett geschlafen und halb auf mir gelebt. Und alle sind mit zunehmender Sicherheit und je mehr sie sich hier eingelebt hatten, selbstständiger geworden, konnten dann auch allein zur Ruhe kommen, man konnte langsam wieder seinem normalen Alltag nachgehen etc.


    Für den Hund ist das grad eine absolute Ausnahmesituation, seine ganze Welt ist aus den Fugen geraten, da muss man selbser einfach zurückstecken, bis der Hund den "Kukturschock" überwunden hat und beginnt, sich in seinem neuen Leben zurechtzufinden.

  • Durchchecken beim TA würde ich - unabhängig von Allem anderen - auch als erstes machen.


    Ansonsten mache ich es mal kurz und deutlich: Du hast dir trotz Recherche offensichtlich den größtmöglichen Haufen Arbeit ins Haus geholt. Dir wird hier keiner sagen können, ob der Hund sich irgendwann für dich passend entwickelt, oder ob er eine Dauerbaustelle bleibt. Selbst wenn ihr alles - mit Trainerbegleitung, Hundeschule usw... - perfekt macht, kann es trotzdem anstrengend und schwierig bleiben und nicht zum Ergebnis führen. Das ist ein Risiko bei jedem (Tierschutz-)hund. Rumheulen nutzt da nichts, es ist dein Hund, du hast die Verantwortung und du musst dieses Problem lösen. Oder etwas empathischer formuliert: Wenn der Hund dich möglicherweise an den Rand einer psychischen Krise bringt (oder genau hinein), hilft das weder dem Hund noch dir.


    Du solltest dir dringend klarwerden, ob du 1, 2, 3 Wochen, Monate oder auch mehrere Jahre mit unruhigen Nächten und immer neuen Herausforderungen klarkommen kannst. Wenn du dich dazu nicht in der Lage siehst, gib den Hund zurück. Deine Gesundheit geht vor.


    Die Hauptlast scheint aktuell ja an deinem Freund zu hängen, zusätzlich bekommt er mit, wie es dir geht. So etwas kann sehr schnell eine eigene Dynamik entwickeln, denn auch wenn dein Freund vorher nicht beteiligt war, entsteht dadurch wahrscheinlich eine immer enger werdende Bindung zum Hund. Sprich mit deinem Freund, ob er ab sofort die volle Verantwortung für den Hund übernehmen würde, dann aber mit allen Konsequenzen, also auch, falls ihr euch trennt.


    Selbstverständlich ist es auch möglich, dass ihr alle Herausforderungen mit einem Trainer in absehbarer Zeit in den Griff bekommt. Aber es gibt hierzu absolut keine Garantie, dessen solltest du dir bewusst sein (und nur deshalb schreibe ich das alles so deutlich und pessimistisch)!

  • Praktische Frage: Wie groß ist der Hund? Ich hatte genau dieses ängstliche Kontaktsuchen mit meiner Russellhündin, als sie plötzlich, binnen ganz kurzer Zeit, erblindete. Die hatte einen solchen Schock, dass sie zeitweise nur noch bei mir Sicherheit fand. Wir hatten das riesige Glück, dass die klein war, mir also beim Arbeiten stundenlang auf dem Schoß sitzen konnte. Als sie generell anfing, die neue Situation zu verstehen und einzuordnen, gab sich diese erste Panik, und sie eroberte ihren gewohnten Alltag zurück.


    Ich denke, ähnlich könnte es auch bei deinem Hund laufen: Sobald er die Grundsicherheit hat, also verstanden, dass ihm nicht passiert und notfalls jemand zum Hinflüchten da ist, wird er wahrscheinlich die neue Welt Stück für Stück erobern, sicherer werden und irgendwann den Dauerkontakt nicht mehr brauchen.


    Aber darauf hinzuarbeiten, hat wirklich erst Sinn, sobald geklärt ist, wie es körperlich um ihn steht - wenn er irgendwo Schmerzen oder Beschwerden hat, nützt das beste Training nichts.

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