Hundehalter - oder doch eher von Hunden gehaltene Halter?

  • Hm stimmt schon ich nehm das aber irgendwie auch so wahr - auch wenn ich erst seit ned ganz vier Jahren Hundehalterin bin. Hier in Hessen fällt es mir aber noch mal mehr auf als in der alten Heimat in Ba-Wü, da ging man irgendwie anständiger miteinander um.


    Gut, Medikamentengabe hätte ich gar kein Ding mit. Sinds Tabletten sind die mitm Stück Fleischwurst ruckzuck im Hund drin. Augentropfen oder Salbe würd ich auch hinkriegen, schwierig wirds beim Krallenschneiden - davon ab das ich das bisher nie gemacht hab, bei den lackschwarzen Krallen von Nymi mich da auch ned allein rantraue - sie lässt die Pfoten trotz Übung bisher immer nur kurz anfassen. Ich kann sie kontrollieren, kann schauen ob Verletzungen da sind etc, aber dann will sie die Pfote auch wieder wegziehen.

  • Bei uns ist es leider auch so wie Montagsmodell in ihrem Eingangspost beschreibt. Von 20 Begegnungen mit Fremdhunden läuft vielleicht eine "normal" ab. Die Hunde springen direkt keifend in die Leine oder legen sich fixierend hin. Freilaufende Hunde kommen ungefragt angeschossen, oder knallen wahlweise in das gemeinsame Spiel meiner beiden (zusammenlebenden) Hunde.


    Wenn mal ein Gespräch mit diesen Haltern entsteht, stellt sich schnell heraus, dass da von allgemeiner Kynologie oder Ausbildung von Hunden überhaupt kein Wissen da ist...


    Ich habe mir auch schon oft überlegt, woran das liegen könnte. Zum Einen liegt es sicher daran, dass Hundeschulen oder Hundetrainer wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Man weiß ja heute kaum mehr, zu wem man gehen soll. Als Newton einzog, gab es hier in 15km Umkreis vielleicht drei, vier Hundeschulen. Mittlerweile kann man sie vermutlich gar nicht mehr zählen. Und dann landet man unter Umständen halt bei einem Trainer, der absolut keine Ahnung hat... Oder Dinge sogar schlimmer macht...


    Andererseits möchten immer mehr Menschen wohl einen Hund haben, aber dann eben nicht die nötige Zeit aufbringen möchten, ihn ordentlich auszubilden. Ich persönlich finde das, egal bei welcher Rasse oder bei welcher Art Hund, ein absolutes NoGo, wenn der Hund einfach sich selbst überlassen wird...


    Viele Menschen scheinen auch einfach keine Rassebeschreibungen lesen zu können. Hier in der Nachbarschaft hat sich eine Familie einen X-Herder (selbstverständlich vom Vermehrer) geholt, weil Er dreimal die Woche Joggen geht... Ernsthaft? Oder die ganze Qualzuchtproblematik... Welcher vernünftige, gut informierte Hundehalter würde sich denn heute noch guten Gewissens einen Mops, Frenchie, etc holen? Aus dem Tierschutz ok, aber vom Züchter?!


    Apropos Tierschutz, auch da gehören manchen Organisationen die Löffel lang gezogen. Im örtlichen Tierheim wollten sie meiner 17-jährigen Schülern, die zusammen mit sehr kleinen Geschwistern in einer 7-köpfigen Familie lebt, einen Ressourcen-aggressiven Rotti vermitteln. (Ich bin mit ihr zum zweiten Besuchstermin hin und habe ihnen die Meinung gegeigt.... Das geht doch nicht!) Und rein gefühlsmäßig sind das eben keine Einzelfälle mehr.


    Und dann eben noch Covid, wo sich jeder Hinz und Kunz einen Hund geholt hat, weil alle zuhause waren.


    Ich denke, die derzeitige Situation ist ein Zusammenspiel aller dieser Faktoren.

  • Ganz ehrlich, das Thema ist doch schon ausgelutscht...

    Mir ist das vor fünf Jahren schon aufgefallen und auch, dass viele Hundetrainer, zu denen ich heute noch aufschaue, ebenfalls schon bemerkten, dass viele Hundehalter in diese Richtung tendieren.

    Ich weiß nur leider nicht, ob das vor 10 oder mehr Jahren anders war (da hatte ich noch keinen Hund und war 12).


    Ich erinnere mich daran, dass einige Leute sich tatsächlich gegen die extreme "gewaltfrei"-Schiene ausgesprochen haben und dies auch gut und vernünftig begründet haben. Ich stand da auch ganz vorne mit dabei bis ich mich komplett aus dem ganzen Hundekram raus gezogen habe.

    Meiner Meinung nach haben sich beide Seiten verloren. Beide wurden zu extrem.


    Als ich mit meinem damals schon heftig reaktiven Welpen (stellt euch mal einen austicktenden, weissen Wattebausch vor xD. Heute lustig, damals wirklich schlimm für mich) durch die Straßen lief, konnte ich nicht verstehen wieso Menschen ihrem Hund an der Leine folgen, statt ihn zu führen.

    Glücklicherweise kam es aber nicht zu oft vor, dass andere ihre Hunde unkontrolliert haben laufen lassen. Wenn einer unkontrolliert gerannt ist, dann meiner, weil ich jung, ahnungslos und leicht zu beeinflussen war.


    Ich denke, dass es, heute wie vor fünf Jahren, größtenteils Ahnungslosigkeit ist. In manchen Fällen auch Verwirrung darüber wie man denn jetzt mit Hunden umgehen darf, soll und kann.

    Manchen Menschen steht nämlich die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben.

  • Was mir eben noch einfällt: Das Hobby Hund wird auch immer teurer. Viele können oder wollen sich dann auch keine Extras mehr leisten. Newtons Welpengruppe hat damals noch 10€ pro Termin gekostet. Heute sind wir da bei 15-20€ pro Termin. Und das ist ja quasi das Einstiegsangebot...


    Eine Gruppenstunde "bei den Großen" kostet dann schon 20-25€. Einzeltraining mag ich offen gestanden gar nicht wissen. Bei Newton waren es noch 35€/Stunde.


    Ich habe ja mit meiner Gruppe erst neulich einen Verein gegründet. Da sind die Interessenten immer ganz überrascht, dass es "nur" 30€/Jahr kostet. Ich erkläre dann immer, dass das ein Verein ist und keine Hundeschule und dass bei uns noch Fahrtkosten und teilweise auch Geländekosten drauf kommen. Und dass die Ausbilder*innen etc. auch nicht bezahlt werden. Vereinsarbeit eben. Das kennen Viele gar nicht mehr.

  • Das hat in meinen Augen wirklich 0 mit gewaltfreier Hundeerziehung zu tun. Es gibt und gab schon immer Extreme auf beiden Seiten, aber der durchschnittliche Hundehalter wird halt von dem geprägt, was er im Internet liest und was er im Fernsehen sieht. Ob das nun Markern ohne jegliches Hintergrundwissen über Lerntheorie ist oder die Ich bin das Alphatier Mentalität.... im Endeffekt ist einfach ganz viel Missinformation und die Hürden um sich Hundetrainer zu nennen sind halt auch einfach viel zu niedrig. Gerade hier in AT, wo eigentlich jeder Hundetrainer sein kann... ob da jetzt tierschutzqualifiziert dabei steht, weiß der Hundehalter ja nicht und interessiert ihn auch nicht. Da wird so unglaublich viel halbgares Zeug empfohlen. Und dann noch so Gruppen wie TsD.... ich hab mich zugegeben zuletzt vor ein paar Jahren damit beschäftigt, aber zu dem Zeitpunkt waren die echt Extremisten, für die absolut alles was nicht R+ war gleich Tierquälerei war. Und das sage ich als jemand, der (als Trainingsmethode und im normalen Alltag) ausschließlich positiv arbeitet.

  • Mir fällt das auch viel auf , sowohl unterwegs als auch natürlich hier im Forum.

    Besonders bemerkenswert fand ich da den Tenor letztens in nem Thread um gescheiterte "Adoption" wo quasi das Setzen von Grenzen von Beginn an als furchtbar tituliert wurde.

    Wenn Leute echt so denken wundert mich vieles auf der Straße erlebte nicht mehr.

    Mir ist lieber ich begegne HH "vom alten Schlag" wo der Hund weiß das gewisse Dinge ne ganz blöde Idee sind.

    Die Nerven uns nämlich in aller Regel nicht.

  • 🤔 Ich glaube der Tenor war eher "mach es dem Hund einfach, möglichst viel richtig zu machen, damit du gar nicht erst in die Verlegenheit kommst am ERSTEN Tag schon Grundsatzdiskussionen führen zu müssen". Ist ein Unterschied. Und Grenzen setzen geht auch ohne den Hund körpersprachlich zu bedrohen und ihm zu zeigen, wer der Chef ist.

  • Ich bin ja, wie viele, sehr viel Unterwegs und ich muss sagen, solche Begegnungen machen vielleicht 10% der Hunde aus. Daher kann ich sagen, dass sich solche negativen Erfahrungen eher selten bei mir ereignen.
    Solange die Erziehung funktioniert ist es mir egal.
    Hier wird der Schäferhund auch nicht wie auf den meisten Schäferhundeplätzen erzogen. Hier wird halt eher versucht mit positiver Verstärkung zu arbeiten. Im höchsten Fall dränge ich meinen Hund mal kurz mit dem Körper zurück und mehr nicht. Das funktioniert bei uns prächtig und ich habe einen gut erzogenen Hund.
    Ich glaub eher, dass es sich hier um Leute handeld, die generell keine Zeit in die Erziehung investieren. Evtl. auch die falsche Trainingsmethode. Es klappt ja nicht alles bei jedem gleich. An jeden Hund muss man anders ran gehen. Aber viel mehr glaube ich, dass es sich um Leute handelt die generell einfach zu Faul sind und sich nicht so richtig kümmern wollen. Ansonsten würde das Problem gar nicht so richtig existieren.

  • Achja, es ist übrigens schon immer wieder faszinierend, wie Leute in solchen Diskussionen positive Verstärkung immer auf Leckerlis geben reduzieren.

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