Depressionen und Hund vereinbar? Bitte um ehrliche Meinung

  • Hallo!


    Mein Traum (m/23) ist es schon seit langer Zeit, einen eigenen Hund zu haben. Am liebsten mag ich größere Rassen wie Bernersennenhunde oder Golden Retriever. Mittelgroße Rassen wie z.B. Langhaar-Collie wären aber auch OK.


    Allerdings leide ich seit 6 Jahren an Depressionen, mal schwer, mal weniger schwer. Da ich nicht sicher voraussagen kann, ob ich irgendwann in den nächsten Jahren "geheilt" bzw. komplett gesund sein werde, bin ich mir nicht sicher, ob es verantwortungsvoll wäre, sich einen Hund anzuschaffen. Klar kann ein Hund/Haustier bei Depressionen positiv wirken, aber so ein Tier erfordert viel Verantwortung.


    Gibt es hier zufällig Erfahrungen von Leuten mit Depressionen und wie sich das mit dem Hund vereinbaren lässt?

  • Hallo


    Ich melde mich mal auch wenn ich "nur" depressive Episoden hatte.

    Für mich war mein Hund eine gute Hilfe in nicht so schlimmen Phasen. Als es aber richtig hart kam war ich nicht in der Lage meinen Hund alleine zu versorgen. Da ich verheiratet bin übernahm mein Mann alle Aufgaben.

    Dies ist auch der entscheidende Faktor. Wenn du wen hast der sich im Fall der Fälle kümmern kann dann Feuer frei. 😊

    Wenn nicht dann würde ich dir Gassi gehen mit Hunden im Tierheim oder der Nachbarschaft empfehlen. Das ist auch klasse weil es einen raus bringt.

  • Also ich habe wirklich schwere Depressionen (und leider auch noch diverse andere psychische Erkrankungen) und meine Hunde sind mein Lebenselexier. Ohne Hunde wär ich nicht mehr am Leben. ICH kann die Hunde auch in den schwersten psychischen Krisen versorgen, wenn das bei mir selbst schon ganz lange nicht mehr geht. Ich habe auch eine Assistenzhündin, die mir bei meinen psychischen Problemen gezielt hilft.


    ABER: Das ist nicht für jeden so. Hunde sind anstrengend. Für manche kann das der größte Antrieb sein, für andere kann die Verantwortung eine totale Überforderung sein. Wenn man in so einer Situation einen Hund hat, braucht man einen Plan B, C, D und im besten Fall noch E, falls man ihn doch mal nicht angemessen versorgen kann, falls man vielleicht mal in die Klinik muss (und das kann auch mal sehr lange sein).


    Welpen sind nochmal anstrengender, das würde ich mir als Hundeanfänger mit Depressionen niemals antun. Ich habe gerade einen wirklich lieben, ruhigen Welpen, aber die erste Zeit war die komplette emotionale Überforderung, obwohl ich viel Hundeerfahrung habe. Wenn würde ich in deinem Fall von Rassen komplett abgehen und nach einem netten, erwachsenen Hund im Tierschutz suchen.


    Ich finde es wunderbar, wenn ein Hund da ist, dem man nichts erklären muss und der für einen da ist, auch wenn es einem richtig dreckig geht. Aber wenn man einen sehr sensiblen Hund hat, kann den das auch sehr überfordern und stressen.

  • Niemand weiß (und du musst das hier weder darlegen noch beantworten), welche Ausprägung deine Depression hat, ob und wie du therapiert wirst usw. Diese Frage lässt sich pauschal nicht beantworten.


    Prinzipiell bin ich dagegen, sich einen Hund zu holen, wenn man selbst erstmal Zeit in seine Gesundung investieren muss, weil beispielsweise ein Klinikaufenthalt schlecht vereinbar ist mit einem Hund und es da auch recht spontan sein muss.


    Auch sonst braucht man in schlechten Phasen ein Sicherheitsnetz, das den Hund auffängt, wenn du ihm nicht gerecht werden kannst. Denn der Hund hat sich nicht ausgesucht bei dir zu leben. Er hat Bedürfnisse nach Futter, Auslauf, Pflege, einer stabilem Führungsperson, möchte Sicherheit, Kontakte, ggf. eine ernsthafte Beschäftigung etc. In diesem Rahmen muss man auch gucken, ob ein großer Hund wie ein Berner Sennenhund beispielsweise gut bei deinem Sicherheitsnetz unter kommt oder ob die Sicherheitsperson nicht begeistert wäre so einen 40+kg Hund bei sich zu haben, der haart und sabbert wie nix gutes.


    Ein weiterer Faktor sind die Kosten. Ist man aufgrund der Erkrankung nicht oder eingeschränkt arbeitsfähig, könnte eben das Geld für den Hund fehlen. Dabei kann ein Hund ganz schnell mehrere Tausende Euros kosten, wenn er krank wird, insbesondere ein großer Hund, wo vieles nochmal deutlich teurer wird. Das darf man nicht vergessen.


    Ansonsten denke ich schon, dass ein Hund einen Menschen auch aufmuntern kann, einen Sinn geben kann, dass man sich den Alltag besser strukturiert.


    Ich persönlich habe leider oft genug erlebt, dass das nicht funktioniert. Dann wurde der Hund vernachlässigt. Im besten Fall wurde er dann weggegeben und hatte so die Chance auf ein schönes Zuhause.

    Ich bin ehrenamtlich aktiv in einer Einrichtung für psychisch erkrankte Menschen und die dürfen kein Haustier halten. Diese Menschen sollen lernen ihren Alltag auf die Reihe zu bekommen, es kann aber auch schnell passieren, dass sie wieder zurück in die Klinik gehen oder andere Therapieangebote annehmen. Dafür kommen wir regelmäßig mit unseren Besuchshunden. Dann können die Bewohner Zeit mit unseren Hunden verbringen, ohne dass sie eine dauerhafte Verpflichtung haben oder die unangenehmen Seiten der Hundehaltung in Kauf nehmen müssen.

  • Das ist eine Frage die man mMn nicht mit ja oder nein beantworten kann.


    Es spielt da einfach viel Individuelles mit rein. Wie ist man selbst gestrickt? Wie stark ist die Krankheit? Gibt es Menschen die im Zweifel für den Hund einspringen können?


    Es gibt auf der einen Seite Menschen denen ein Hund da sehr gut hilft und die prima in der Lage sind für ihren Hund zuverlässig zu sorgen, obwohl sie psychisch krank sind. Solchen Menschen tut es gut dass der Hund als Sozialpartner da ist, Struktur bringt, man Verantwortung übernimmt und schlussendlich kann man mit einem Hund lernen, sich wieder über Kleinigkeiten zu freuen.


    Auf der anderen Seite gibt es auch Menschen, die das emotional nicht können. Denen die Verantwortung zu viel ist, die zu doll in ihrer Krankheit drin stecken, bei denen evtl das Netzwerk fehlt falls man bspw in stationäre Therapie muss oder grad keine Kraft haben sollte sich zuverlässig um den Hund zu kümmern.


    Ein großes Thema ist auch, dass Hunde in aller Regel ein sehr gutes Gespür für ihre Menschen haben, und es Hunde gibt, die das weg stecken können, und Hunde die dann mit ihren Menschen mit leiden, weil sie zu sensibel dafür sind.


    Ein Hund braucht Zuverlässigkeit, erfordert Verantwortung, macht Kosten und verursacht Arbeit.

    Man kann daran wachsen, oder dran zu Grunde gehen. Je nachdem wie man eben gestrickt ist.

  • Ich kann mir ein Leben ohne Hund nicht vorstellen. Dadurch habe ich wieder Stabilität und Kontinuität in mein Leben bekommen, obwohl ich verheiratet bin und ein Kind habe. Aber ich hatte immer Hunde und auch in meinen Tiefsten Depressionen waren die Hunde der Halt die mich am Leben gehalten haben und für die ich mich selbst ins Heck getreten habe damit ich mit denen raus gegangen bin um sie zu versorgen. Aber nicht jeder ist so gestrickt.

  • Ich befinde mich seit Ende November/Anfang Dezember in einer depressiven Phase und meine Hündin war mir hier eine grosse Stütze.
    In den schlimmsten Phasen in denen ich nicht aus dem Bett gekommen bin musste ich trotzdem immer noch mit ihr raus, was zum Glück noch möglich war.

    Irgendwann bin ich mit Hund ins Auto gezogen und von einem Schlafplatz zum nächsten gezogen. Hat dazu geführt, dass ich aufstehen musste und da ich immer genau dort geparkt habe, wo Wanderwege begannen bin ich quasi direkt nach dem Aufstehen losgelaufen und war mehrere Stunden laufend mit Hund unterwegs.
    Hatte auch den guten Nebeneffekt, dass ich am Abend besser einschlafen konnte weil ich einfach körperlich geschafft war.

    Ich habe mich aber auch um einen Plan B gekümmert, also für den Fall, dass ich mich in eine Klinik etc. hätte einweisen wollen.

  • Hör in dich rein.

    Wenn jemand da ist, der hilft, warum nicht.

    U die finanziellen Mittel da sind.


    Ggf probierst du erstmal mit Urlaubsbetreuung etc, ob das Leben mit Hund für dich so ist wie du es dir vorstellst.


    In meiner Familie gab es ein Familienmitglied, dem der Hund in einer depressiven Phase sehr geholfen hat.

    Und wohl Schlimmes verhindert hat, aus Verantwortungsgefühl dem Hund gegenüber.

    Allerdings kam der Hund in der Zeit etwas kurz - ist er aber mit klar gekommen.

  • Ich bin groß geworden mit einer depressiven Mutter und Hund.

    Der Hund war eine Stütze für meine Mutter, hat ihr in vielen Situationen geholfen. Gleichzeitig war sie aber oft auch nicht in der Lage mit dem Hund raus zu gehen. Das mussten dann andere übernehmen. Auch ein mehrmonatiger stationärer Aufenthalt musste überbrückt werden. Ohne uns Kinder (damals schon im Teenager Alter) wäre das nicht möglich gewesen.

    Daher braucht es auf jeden Fall einen Plan B was man mit dem Hund macht wenn man selbst nicht in der Lage ist sich um ihn zu kümmern.


    Ganz ganz schlimm war es als der Hund gestorben ist. Da ist sie richtig tief in ein depressives Loch gefallen von dem sie sich nie wieder richtig erholt hat.

    Darauf sollte man sich auch vorbereiten und eine Strategie dafür erarbeiten, am besten gemeinsam mit einem Therapeuten. Denn man weiß nie wie viel Zeit man mit dem Tier hat.

  • Depressionen sind nicht heilbar, man kann nur lernen mit ihnen umzugehen und zu leben.

    Es braucht ein gutes soziales Netz und man selbst sollte immer vor Augen haben, dass der eigenen Hund nicht als Therapeut missbraucht werden darf!

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