Ich bin verzweifelt. Neuer Hund und nichts klappt!

Zur Handfütterung: Bei unserer Hündin war eine völlig bedingungslose Erfüllung der Grundbedürfnisse der Ansatz, über den sie sich überhaupt erst auf das Hiersein hier einlassen konnte. Polster überall da, wo sie freiwillig hingegangen ist, Wärme in jedem Zimmer und Fressen in Ruhe da, wo sie wollte. Etliche Wochen lang.

Sie hat schnell - schon am zweiten Tag - ein Stück Käse aus der Hand genommen (nur drinnen, draußen war an sowas nicht zu denken), weil sie es bei unserer ersten Hündin gegeben hat. Vorher im Tierheim hat sie in menschlicher Nähe nicht gefressen. Aber Handfütterung wäre purer Stress und Konflikt für sie gewesen.

Nach einigen Wochen konnte sie dann auf ihren ausgewählten Plätzen tief und fest schlafen. Und erst dann war überhaupt ein Türchen fürs Lernen da. Dann gings auch recht schnell, aber erstmal musste der Körper von seinem hohen Stresslevel runter und gescheiter Schlaf da sein.

Stormy Night Rein vegetativ: Stress und Lernen sind Antagonisten, ein Körper/Hirn, der/das hochgradig gestresst ist und nicht genügend Schlaf hat, kann nicht gut und nachhaltig lernen. Ist biologisch nicht drin. Da nutzen auch tausend Schimpfereien nichts. Im Gegenteil, die treiben den Stresslevel hoch und verhindern damit effektiv das Lernen.

Ich kann dir mal berichten, wie wir bei meinem Hund aus dem Auslandstierschutz vorgegangen sind:

Sie hat vier Wochen nur reingepinkelt, draußen konnte sie sich nicht lösen. Wir haben das dann kommentarlos weggewischt und sie für jedes Mal, wo es doch draußen passiert ist ( das erste Mal nach mehr als 3 Wochen) ruhig gelobt und ihr ein Leckerlie gegeben.

Wir wollten z.B. von Anfang an nicht, dass sie in die Küche geht, also haben wir die tür meistens zugelassen, und wenn sie mal offen war und Blanca rein wollte, haben wir sie freundlich körpersprachlich rausgedrängt und gelobt, sobald sie draußen war.

Sie hat jedesmal gepinkelt, sobald wir das Sicherheitsgeschirr angezogen haben, also blieb es nach kurzer Zeit einfach dran, so dass wir nur noch die Leine einhaken mussten. Nach einigen Wochen haben wir dann angefangen, das Anziehen zu üben, als sie etwas sicherer war.

Gassirunden gingen die ersten Wochen nur um das Haus auf eine ruhige Wiese und zurück, nachdem sie sich da sicher gefühlt hat, haben wir den radius ganz langsam erweitert.

Dinge die sie unheimlich fand, wie Mülltonnen, Autos, andere Hunde, Treppen etc haben wir uns in Ruhe zusammen angesehen, dabei bin ich vorgegangen und habe ihr sehr viel Zeit ohne Druck gelassen. Wenn etwas zu gruselig war, sind wir in einem großen bogen drumherum gegangen.

Blanca hat jedesmal gepinkelt, wenn man leicht genervt klang oder die Stimme erhoben hat, also haben wir in säuselndem Flüsterton mit ihr gesprochen und dann irgendwann Handzeichen geübt.

Alleinbleiben kann man Sekundenweise aufbauen, also einfach mal aus dem raum gehen, Tür dabei zu und sofort wieder rein. Das dann so oft, bis es nicht mehr schlimm ist. Generell sind Huskies jetzt aber auch keine Hunde, die bekannt dafür sind, gut allein bleibnen zu können, da brauchst du wahrscheinlich sehr viel Geduld.

Das Pinkeln vor deinen Augen kann übrigens auch Beschwichtigung sein, einige Hunde nutzen das, damit der "Aggressor" sich erstmal mit ihrer Pfütze beschäftigt statt mit ihnen.

Insgesamt ist die erste Zeit mit einem Auslandshund, der noch nichts kennengelernt hat, sehr anstrengend und man braucht ganz viel Geduld, ruhe und Verständnis. Wenn man das aufbringt, wird es aber nach und nach besser und irgendwann hat man dann einen tollen Begleiter. Von alleine kommt das allerdings nicht.

Auch von mir übrigens noch einmal die Bitte, dem hund ein Sicherheitsgeschirr anzuziehen, gerade in der ersten Zeit ist die Gefahr sehr groß, dass der Hund wegläuft, und aus den meisten Halsbändern kommt ein Hund raus. Am Sichersten ist es, wenn du Halsband und SIcherheitsgeschirr drann machst und mit zwei Leinen gehst, von denen eine am Körper ist, zumindest, bis zumindest ein wenig Vertrauen da ist. Auslandshunde laufen leider häufig weg und sind dann schwer wieder einzufangen oder können sogar überfahren werden.

Nach den ganzen schlechten Nachrichten jetzt die Gute:

Es gibt nichts schöneres, als langsam mit einem Hund zusammenzuwachsen und zu sehen, wie Vertrauen und Liebe wachsen und man ein Team wird.

Kopf hoch, du schaffst das.

Ich wohne auch sehr nahe an Frankfurt, wir könnten auch mal spazieren gehen hier (ist wenig los hier was besser ist für deinen Hund) und ein bisschen reden.

Ich verstehe das du grad echt völlig fertig bist, aber die erste und wichtigste Arbeit liegt wirklich bei dir. An dir.

Geduld. Und mehr Wissen.

Er macht nix extra, er kennt einfach garnichts. Überleg doch mal, wenn man dich morgen mitten in Tokio aussetzt, wie gestresst wärst du?

Und wir Menschen kommen mit Englisch immerhin irgendwie durch, ein Hund kann das nicht.

Der ist grad einfach nur durch, der arme Kerl, das alles ist für ihn total neu, aufregend und auch gruselig.

Wir haben voriges Jahr im April eine 7-Jährige Hündin aus Rumänien aufgenommen. Zuvor hatten wir 10 Jahre lang eine Hündin von dort, die wir mit 2 Jahren genommen haben. Wir wussten also, was auf uns zukommt. Jetzt, nach mehr als einem Jahr, können wir sagen, dass sie angekommen ist. Was erwartest Du nach 3 Wochen? Übrigens gibt es hier für Hunde aus Rumänien einen eigenen Thread.

Ich bin zwar nicht Zucchini, aber für mich passt das hier

„Ich bin an seinem Napf dran, weil er lernen muss, dass in erster Linie alles mir gehört und er nichts vor mir zu verteidigen hat.“, was die/der TE geschrieben hat in die Philosophie von CM. Der arbeitet ja gerne mal so, dass er über alle Beschwichtigungs- und Warnsignale des Hundes drüberbügelt. Und „der hat (nicht) zu…“ passt auch ganz hervorragend dazu.

Edit: Ich kann mich natürlich irren. Und ich kann mir natürlich auch vorstellen, dass man verzweifelt, wenn man alles macht, wie man‘s gelesen hat und trotzdem nichts klappt wie erträumt.

Ein riesen Dankeschön an alle User, sie soviele gute Tips gegeben haben, mit dem/der TE empathisch sind und wirklich helfen (wollen).

Mir sind da gestern komplett die Pferde durchgegangen…

Ihr wisst aber schon, dass die TS ( seit sie den Thread in Fahrt gebracht hat) nicht mehr schreibt?

Macht doch mal eine Pause, geht mit den Hunden und wartet ab.

Liebe Grüsse,

Irish, die jetzt mit Jette geht

Zitat

Du weisst aber schon, dass alle hier lesen können?

Wenn so ein Strang verhindert, dass der Nächste loszieht, sich in ein Bild verliebt und den Hund liefern lässt, dann profitieren wenigstens zukünftig Hunde.