Angemessenes Verhalten und Moral beim Hund - gibt es das, und was ist das?
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Im Thread "der gefährliche Hund" wurde von mir der Begriff "angemessenes Verhalten" eingebracht, mit der Intention, dies losgelöst von moralischen Aspekten zu betrachten.
Scheinbar ist dies aber nicht möglich, ohne moralische Aspekte damit zu verknüpfen.
Was ist "angemessenes Verhalten", und was ist "Moral"?
"Eine Maßnahme ist dann angemessen, wenn die Nachteile, die mit ihr verbunden sind, nicht völlig außer Verhältnis zu den Vorteilen stehen, die sie bewirkt." (aus: Juraforum Angemessenheit einer Maßnahme ▷ Definition & Bedeutung (juraforum.de))
Wenn also ein Verhalten eine Maßnahme ist, die als Reaktion auf ein anderes Verhalten vorgenommen wird, so kann diese auch unter dem Aspekt der Angemessenheit betrachtet werden.
Besitzen Hunde die Fähigkeit, also eine genetisch Veranlagung, die ihnen die Möglichkeit gibt Angemessenheit zur Erlernen bei Reaktionen auf störende Einflüsse?
Unbedingt - denn nur diese Fähigkeit ermöglicht es überhaupt, in sozialen Verbänden zu leben.
Jetzt ist es bei Hunden genauso wie bei Menschen - sowohl die Lernfähigkeit als auch die Lernergebnisse sind sehr individuell, es gibt auch genetische Dispositionen, die das Maß dessen was möglich ist, eingrenzen, und auch Lernerfahrungen sind unterschiedlich und haben unterschiedliche Auswirkungen.
Das ändert aber nichts daran, dass es eine Messlatte gibt für das was angemessen ist, und was als überzogen bezeichnet werden kann.
Der Begriff der Moral ist da schwieriger zuzuordnen, es gibt allerdings durchaus Kynologen wie Bloch, Miklosi, Gansloßer, Hense und Bekoff, die Hunden durchaus die Fähigkeit für moralisches Verhalten zusprechen.
Das Problem ist aber - wie so oft, wenn es um den Verdacht der Vermenschlichung geht - dass Hunden die eigenen, menschlichen Moralvorstellungen übergestülpt werden.
Hunde haben aber ihre eigenen - eben hundlichen - moralischen Normen, Grundsätze und Werte.
Aber sie haben welche.
Mobber sind unter Hunden genauso wenig beliebt, wie Hunde, die mit jedem ein Dominanztänzchen eingehen wollen der nicht bei 3 auf den Bäumen ist.
Aber auch die Reaktion auf Fehlverhalten sollte angemessen sein - und es ist nicht angemessen, wenn man jemandem der einem zwar droht, aber deutlich schwächer und damit keine wirkliche Gefahr darstellt, dermaßen maßregelt, dass er tierärztlich versorgt werden muss... oder gar Schlimmeres.
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Hi
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Zunächst mal finde ich es schwierig, wenn hier die juristische Definition verwendet wird, denn Hunde haben nun mal keine Gerichte und Juristen. Nehmen wir lieber die Definition aus dem Duden.
angemessenDefinition, Rechtschreibung, Synonyme und Grammatik von 'angemessen' auf Duden online nachschlagen. Wörterbuch der deutschen Sprache.www.duden.deHier wird angemessen als richtig bemessen, adäquat, angebracht, gebührend definiert. Ohne juristische Wertung.
Danach kann es durchaus angemessen sein, dem 2kg-Hündchen, das einem großen Hund immer wieder ungestraft in die Beine beißt, aber auf mildere Mittel nicht reagiert, ein paar Löcher zu verpassen. Dass diese so einen Zwerg mindestens zum Tierarzt befördern, weiß der große Hund ja nicht.
Und warum sollte es ihn kümmern? Aus seiner Sicht hat er ja keine Wahl, wenn der Zwerg den Rest der Eskalationsleiter ignoriert. Was sollte der große Hund tun? Stehenbleiben und sich angreifen lassen? Sich draufsetzen wäre auch potentiell tödlich...
Und zur Drohung: warum muss sich der Hund bedrohen lassen? Das seh ich eigentlich eher nicht. Und bei einem gewissen Größenunterschied landet der kleinere Hund mit größerer Wahrscheinlichkeit mit schweren Verletzungen beim TA.
Wir gehen hier doch von Situationen aus, in denen kein Mensch eingreift, nehm ich an.
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Zur Moral noch: Hunde sind nicht moralisch. Sie haben gewisse Regeln im Zusammenleben, aber Moral ist ein menschgemachtes Konzept, das vor allem religiös geprägt und auf Hunde nicht anwendbar ist, denn das wäre unfair und man würde Dinge erwarten, die ein Hund nicht leisten kann.
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Ich verwende den Begriff der Moral generell eigentlich nie. Aber ich denke, dass alle sozialen Lebewesen ein Interesse am Wohl anderer haben. Das klingt heutzutage sicher blauäugig, ist es glaub ich aber nicht. Klar, haben wir oder Hunde nicht nur dieses Interesse und wo wir es haben unterscheidet sich bei Menschen oder Hunden erheblich. Aber Mitgefühl ist durchaus ein möglicher Antrieb bei Hunden wie bei Menschen. Ich packe mal einen Link in den Spoiler der mir seit Jahren nicht aus dem Kopf geht und der glaub ich auch hierzu etwas beitragen kann.
Von Affen und Orkas weiß ich, dass sie je nach Gruppe andere zB Jagdtechniken weitergeben. Techniken die teils völlig unpraktisch oder sogar gefährlich sind. Trotzdem bleiben sie über viele Generationen dabei, auch wenn sie bei anderen Gruppen „sinnvolleres“ sehen. Das kann man als rituelles Verhalten bezeichnen. Damit ist man dann tatsächlich schon ziemlich nah am Begriff der Moral, den ich aber trotzdem auch weiterhin lieber meiden würde.
MoralDefinition, Rechtschreibung, Synonyme und Grammatik von 'Moral' auf Duden online nachschlagen. Wörterbuch der deutschen Sprache.www.duden.de -
Es ist doch wie bei Menschen, da sind doch auch nicht alle gleich. Da gibts auch die Choleriker, die völlig überreagieren, mit dem Unterschied, dass sie eher brüllen und weniger die Zähne einsetzen. Da gibt es auch zig Abstufungen, von den Mauerblümchen, die sich lieber weggucken, den aggressiven, die glauben, ihnen gehört die Welt, wenn sie nur laut genug „bellen“ usw. Ich würde sagen, der Hund handelt angemessen aufgrund Genetik, Erziehung, Wesen, Charakter und Prägung. Ist da viel schief gelaufen … nun ja.
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Das ändert aber nichts daran, dass es eine Messlatte gibt für das was angemessen ist, und was als überzogen bezeichnet werden kann.
Das erlebe ich anders - Messlatten existieren, aber eben nicht nur eine. Was als angemessen und überzogen gilt, ist auch eine individuelle Festlegung jedes einzelnen aufgrund seiner Anlagen und Erfahrungen.
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Das erlebe ich anders - Messlatten existieren, aber eben nicht nur eine. Was als angemessen und überzogen gilt, ist auch eine individuelle Festlegung jedes einzelnen aufgrund seiner Anlagen und Erfahrungen.
Natürlich hat jedes Individuum auch seine eigene "Messlatte", denn das macht Individualität aus.
Sobald ein Individuum aber Mitglied einer Gruppe, eines sozialen Gefüges, und im größeren Umfang Bestandteil einer Gesellschaft ist, wird von diesen sozialen Gefügen eine gemeinsame Messlatte gebildet.
Diese bestimmt, was als angemessen und überzogen gilt - und nicht das Empfinden des Einzelnen.
Das kann durchaus mal mehr mal weniger davon abweichen - macht es aber eben nicht "angemessen".
Moral ... puh
Sie wird so gerne als Alleinstellungsmerkmal des Menschen betrachtet.
Moral beruht aber auf Emotionen und Empathie - also der Fähigkeit, sich in den Gemütszustand eines anderen Lebewesens hinein zu versetzen.
Da die Gehirne von Säugetieren aber nahezu identisch aufgebaut sind, gerade im Bereich des Limbischen Systems (welches Emotionen und Triebe/Instinkte reguliert), was auch beim Menschen ein Erbe unserer tierischen Vorfahren ist, ist die Vorstellung von Moral kein menschliches Privileg, und erst recht kein Alleinstellungsmerkmal des Menschen.
Mona X Danke für diesen link zu "intrinsische Motivation zu sozialem Verhalten" - es fällt mir in dieser Welt doch manchmal schwer, an meiner positiven Grundeinstellung zu Menschen allgemein festzuhalten; Dieser Artikel hat mich wieder darin bestärkt - danke dafür
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Einfach mal paar Gedanken dazu, aus Beobachtung und Erfahrung, nicht untermauert von wissenschaftlichen Erkenntnissen o.ä.
Ich lese, auch hier im DF, manchmal, das aber auch rein gar nichts einen toten Hund - verursacht durch einen anderen - rechtfertigt. Wobei auch das Wort Rechtfertigung nicht so richtig passt. Ein Unfall, ein Verschätzen der eigenen Kraft und Wucht, etc. muss meines Erachtens nicht gerechtfertigt werden. Unfälle müssen auch nicht gerechtfertigt werden, und ein tragisches Resultat, wenn sehr klein und sehr gross in einen Konflikt geraten ist in meinen Augen oftmals genau das > ein Unfall. Aber wenn der eigenen Hund involviert ist, wie soll man da objektiv bleiben und nicht hochemotional werden? Ich verstehe das absolut, aber aus objektiver Sicht stellt es sich halt oftmals dann doch anders dar.
Ein Beispiel. Eine für einen Berner Sennenhund "angemessene" Maßregelung des ihn ständig attackiernden Nachbars Yorkshire Terriers (gerne während beide Halterparteien sich stets darüber amüsierten, weil passiert ja nix, weil der Berner ja so gutmütig ist) kann für den Yorkie tödlich ausfallen wenn dem Berner nach dem xten Mal doch mal der Kragen platzt. Und das keineswegs zwingend weil der Berner den Yorkie töten/beschädigen wollte, sondern allein aufgrund des Größen- und Gewichtunterschiedes. Ich war nicht dabei, aber die Yorkie Halter haben mir erzählt wie ihr Hund zu Tode kam, ohne Vorwürfe gegenüber den Berner Haltern. Beide Parteien haben eingesehen, das sie offenen Auges auf diesen tragischen Konflikt zugesteuert haben und der Yorkie der Leidtragende war. Der Yorkie hatte keine Löcher, keine offenen Wunden, aber gebrochene Rippen und so starke Quetschungen das er es nicht überlebt hat.
Ich weiß hier werden jetzt viele wieder sagen, der Berner muss doch seine Kräfte zu dosieren wissen, der weiß doch genau ob er tötet oder nur eine Abreibung verpasst. Nun, woher genau soll der Berner wissen wie doll er bei einer Maßregelung beim Yorkie zulangen darf, wenn er z.B. sonst den Umgang mit Kleinsthunden nicht kennt und nur mit Artgenossen in seiner Gewichtsklasse toben darf? Weil es ihm von Geburt an in die Wiege gelegt wurde? Nein, das sehe ich anders. Würde der Berner mit exakt gleicher "Energie und Wucht" einen anderen Berner, oder Dalmatier, oder Border Collie maßregeln, wäre das Resultat mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ein anderes.
Ich lese so oft, Hunde wissen genau wie sie ihre Kraft/Energie dosieren und was sie einem anderen Hund "zufügen" an Verletzungen. Daran glaube ich halt nur bis zu einem gewissen Grad. Wenn sehr große Gewichts- und Grössenunterschiede zusammenkommen bei einem Konflikt, ist das für mich rasch ausser Kraft gesetzt.
Diese Erwartungshaltung des Menschen oder auch die Forderung, der Hund wisse oder müsste es wissen, wie er seine Kräfte dosiert und wenn nicht, wenn ein anderer Hund zu Schaden oder gar Tod kommt, ist das "gewollt", geht für mich in die Richtung das Hunde sowas wie eine Art von Moral kennen müssen. Und diese Ansicht teile ich halt nicht.
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Nun, woher genau soll der Berner wissen wie doll er bei einer Maßregelung beim Yorkie zulangen darf, wenn er z.B. sonst den Umgang mit Kleinsthunden nicht kennt und nur mit Artgenossen in seiner Gewichtsklasse toben darf? Weil es ihm von Geburt an in die Wiege gelegt wurde?
Woher weiß eine Hündin, wie stark sie bei ihren Welpen zulangen darf?
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Moral beruht aber auf Emotionen und Empathie - also der Fähigkeit, sich in den Gemütszustand eines anderen Lebewesens hinein zu versetzen.
Das traue ich meinen Hunden zu, das leben sie auch, hier alle gemeinsam in der von mir zusammengestellten Gruppe.
Ist einer krank, oder kommt frisch nach der OP vom Doc nach Hause, können alle damit umgehen, wollen pflegende Parts übernehmen, sich zu dem kranken Patienten legen. Da wird nichts ausgenutzt oder gegen den Kranken agiert.
Kommt einer solo (jetzt völlig normaler, gesunder Alltag) nach Hause, weil eben nur er/sie mit mir unterwegs war, tanzen sie gerne erst mal umeinander her, nicht in böser Absicht, aber anders als beim kranken Patienten beschrieben.Gelebter Gemütszustand von Fremdhunden zu erkennen ist doch wieder etwas völlig anderes!
Über Duldung bis komplette Ignoranz, Wehrhaftigkeit (die nicht im worst case enden muss!) und vor allem Gehorsam ist da doch alles dabei.
Ich deute das nicht als Moral erkennen können oder wollen.
Erwartungen stelle ich nur an mich, nicht meine Hunde, kann ich meine Erwartungen erfüllen, läuft es super mit meinen Hunden.
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