Vom Züchter kaufen moralisch falsch?

  • Weil die, so wie ich es mitbekommen habe/ aus Erfahrung, nicht auf Krankheiten, Vererbung, wer passt zu wem usw. achten.


    Nur mal als Beispiel: Ich habe regelmäßig zufällig ( meist um die gleiche Zeit unterwegs) morgens beim Spaziergang einen Tierarzt getroffen und wir sind die Runde zusammen gelaufen. Er fand es völlig ok das eine Kundin von ihm ihre Hündin decken lässt und die Welpen verkauft um ihre Rente aufzubessern. Der Hund aber keine Untersuchungen hat und die Frau jeden Rüden aus der Nachbarschaft/dem Umfeld nimmt.

    Die Rasse sage ich jetzt mal nicht dazu.


    Lg

    Sacco

  • "Adopt, don't shop" ist eindeutig ein politischer Slogan.

    So ist es. Ich kenne mich mit den Verhältnissen in Kanada nicht aus, aber auch hierzulande wird diese Karte ausgespielt, wenn Tierschutzorgas den Begriff "Adoption" verwenden.


    (Wobei das meines Wissens aber vor allem manche private Tierschutzorgas und nicht städtische Tierheime betrifft.)


    Unter dieser Flagge nehmen sich einigeTierschutzorgas umfangreiche Rechte über die von ihnen vermittelten Tiere heraus:

    Die Halter werden im Adoptions- oder Übernahmevertrag konsequent als Adoptanten bezeichnet, niemals als Eigentümer, die sie de facto und rechtlich aber sind, sobald Geld für den Hund bezahlt wurde.


    Zitate aus einem im im Internet einsehbaren Mustervertrag, Hervorhebungen von mir:


    "Das Tier wird dem Adoptanten auf unbestimmte Zeit zur Haltung überlassen. Bei diesem Vertrag handelt es sich nicht um einen Kaufvertrag im Sinne des § 433 BGB.
    Der Adoptant wird ab dem Zeitpunkt der Inbesitznahme Halter im Sinne von § 833 BGB.


    Das ist gelogen. Sobald der Käufer Geld bezahlt, geht das Tier in sein Eigentum über. Auch wenn man den Kaufpreis Schutzgebühr nennt.

    ...

    Ein Decken beziehungsweise jegliche Fortpflanzung und insbesondere eine Zucht mit dem Tier wird ausdrücklich untersagt.
    Ist das Tier bei der Übergabe noch nicht kastriert, verpflichtet sich der Adoptant, das Tier bei Erreichen der Geschlechtsreife durch einen Tierarzt kastrieren zu lassen. Die tierärztliche Bescheinigung über die erfolgte
    Kastration/Sterilisation (z.B. Kopie der Rechnung) ist binnen 4 Wochen an AHE zu senden.


    Die berühmt-berüchtigte Kastrationsklausel, die schon oft zu besorgten Anfragen auch hier im Forum geführt hat. Sie ist unwirksam.

    Sollte es dennoch unter Beteiligung des Tieres zu Nachwuchs kommen, ist unverzüglich AHE zu benachrichtigen. Die
    Jungtiere gehen, sofern es sich um das Muttertier handelt oder das Muttertier dem Adoptant gehört, mit sofortiger
    Wirkung in das Eigentum von AHE über. Der Adoptant ist dabei nicht berechtigt, Aufwendungsersatz oder sonstige
    Zahlungen zu verlangen.


    Besonders dreist ist es in diesem Zusammenhang, daß eventuelle Nachkommen des vermittelten Tieres ausdrücklich ins Eigentum der Tierschutzorga übergehen sollen. Das einzige Mal, in dem dieser Begriff im Vertrag auftaucht.

    Sicherlich ist es verständlich, wenn die Orga nicht möchte, daß die von ihr vermittelten Tiere vermehrt werden, aber rechtlich kann sie das nicht verhindern.


    Ein weiterer häufiger Knackpunkt: die Entscheidung über das Einschläfern des Tieres. Auch hier möchte die Orga mitmischen:


    Die Tötung des Tieres ist nur mit vorheriger Zustimmung durch AHE und nur durch den Tierarzt zulässig. Dringende Notfälle (wenn dem Tier durch sofortige Tötung schwere Schmerzen erspart bleiben) sind von dieser Regelung ausgenommen. ...

    (3) Der Adoptant entbindet bereits jetzt die behandelnden Tierärzte des Tieres vollumfänglich von der tier-ärztlichen
    Schweigepflicht gegenüber AHE. Der Adoptant verpflichtet sich, den behandelnden Tierarzt hiervon in Kenntnis zu setzen.


    Auch sehr dreist!


    Ob man für sich persönlich die Aufnahme eines Tieres als Adoption im Sinne der Aufnahme in die Familie ansieht oder ganz nüchtern als Kauf, das spielt keine Rolle. Ich denke, hier im Forum wird wohl jede/r den Hund als Familienmitglied ansehen und wertschätzen.

    Warum viele hier beim Begriff Adoption gleich ablehnend reagieren, liegt alleine an solchen unseriösen Versuchen wie oben, bei denen die Käufer bewußt über ihre Rechte getäuscht werden, indem behauptet wird, der Kaufvertrag sei eben keiner.

  • Ich benutze den Spruch "Adopt don't shop" selbst und sehe das ganz pragmatisch. Man weiß doch, was damit gemeint ist und versteht, dass es für Personen wie mich, die die Rassehundezucht sehr kritisch sehen und sich klar pro Tierschutzhund positionieren, einen moralischen Unterschied macht, ob es ein Welpe vom Züchter wird oder ein Hund aus dem Tierschutz.

    Das finde ich auch völlig ok.


    Das zumindest viele TS-Vereine NICHT wissen, was damit emeint ist, hat dagmarjung doch ganz anschaulich gezeigt. Es wird so getan, als sei diese "Adoption" kein Hundekauf - und damit einerseits das eigene Tun moralisch überhöht, anderseits dem Käufer Rechte abgesprochen.


    Und das ist mies.


    Und die Orgas, die die angeblich passenden Anfängerhunde vermitteln, wollen davon, dass SIE doch angeblich die Eigentümer sind, dann plötzlich nichts mehr wissen und lassen die überforderten Käufer im Stich. Das passiert so häufig, dass man nicht mehr von Einzelfällen reden kann.

    Ganz zu schweige davon, dass Hunde in Massen importiert werden, für die es gar keine Abnehmer gibt. Und auch keine privaten Pflegestellen. Wenn man hier im Umkreis ins Tierheim geht, sitzen dort kaum Hunde aus dem inländischen Tierschutz.




    Was mich auch stört, ist dieses Entweder-Oder denken.

    Es wird immer so getan, als sei das austauschbar - TS statt Rassehund, als sei das so einfach.


    Als ich den Rassehund-Welpen geholt habe, wäre ein TS-Hund gar nicht in Frage gekommen. Hätte es keinen Züchterwelpen der Wunschrasse aus guter aufzucht gegeben (und ich habe die Anschaffung 2 Jahre im Voraus geplant), hätte es gar keinen Hund gegeben. würde ich jetzt einen zweiten holen, dann würde das wohl einer aus dem TS werden, weil jetzt alles besser passt.


    Einen TS Hund hole/kaufe ich mir, wenn ich aus vollem Herzen sagen kann: "Ich möchte einem Hund in Not helfen" und dafür auch ganz klar bereit bin, alles nötige zu tun, Abstriche zu machen, mich auf den Hund einzustellen - also Tierschutz zu betreiben, um des Hundes willen. Mit allen Konsequenzen.



    Ich finde es total ok, wenn man lieber eine TS Hund nimmt. Aber sich dann andren gegenüber als besseren Menschen darzustellen, das hat für mich eine ganz unangenehme Anmutung.


    Um nochmal auf den Vergleich mit den adoptierten Kindern zurückzukommen - ich kenne mehrere Adoptiveltern. Auch mit Kindern aus dem Ausland, aus Waisenhäusern in Indien und Äthiopien z.B.. Die würde NIEMALS niemals nie rumrennen und erzählen, sie hätten ein gutes Werk getan, und sie wären die besseren Menschen, weil sie ja adoptiert hätten...

    Ich weiß dass es auch da diese Denke gibt, aber glücklicherweise eher selten.

  • Was mir immer gehörig auf den Senkel geht ist die Tendenz Züchterkäufern ein schlechtes Gewissen zu machen und sich selbst als Retter der Hundewelt aufzuspielen.

    Ich habe in den Jahrzehnten in denen ich in der Hundeszene unterwegs bin nicht einen (!!) Huha mit Rassehund erlebt der über TS Hunde und deren Besitzer derartig wertend und abfällig gesprochen hat wie es Diese oft tun. Im Gegenteil ganz oft halten die Leute Beides.

  • Was mir immer gehörig auf den Senkel geht ist die Tendenz Züchterkäufern ein schlechtes Gewissen zu machen und sich selbst als Retter der Hundewelt aufzuspielen.

    Ich habe in den Jahrzehnten in denen ich in der Hundeszene unterwegs bin nicht einen (!!) Huha mit Rassehund erlebt der über TS Hunde und deren Besitzer derartig wertend und abfällig gesprochen hat wie es Diese oft tun. Im Gegenteil ganz oft halten die Leute Beides.

    Witzig. Ich erlebe das anders. Vor allem im Forum.

  • Uff. Ich verstehe nicht, warum sich an dem "an Kindes statt annehmen" so aufgehangen wird, als gäbe es nur diese Bedeutung.


    Adoption kommt vom lateinischen adaptare - bedeutet ursprünglich "hinzuwählen, hinzuwünschen" - hat nichts, aber auch nichts mit Kindern zu tun, wie es hier als felsenfeste einzig wahre Wahrheit von einigen postuliert wird.

    Im Englischen ist das Verb "adopt" noch eine Runde vielseitiger. The approach is adopted by banks. Die Banken haben mit Sicherheit keine Herangehensweise an Kindesstatt adoptiert. Sondern sie ange-/übernommen.


    Für mich bedeutet das englische Adopt, Don't Shop eben nicht nur den Unterschied zwischen Züchter und TS. Das habe ich bereits geschrieben. Es bedeutet für mich einen Unterschied bei der Einstellung gegenüber dem Tier. Im Englischen steht adopt auch für "accept into ones family" - jemanden in die Familie aufnehmen. Genau das ist es für mich. Ich habe sogar noch angeführt: Ja, es ist ein Kauf.

    Ich finde nur die extreme Fokussierung auf die Optik unschön und bedenklich, weil es anders als bei der Jeans um mehr gehen sollte als die richtige Farbe und die richtige Zeichnung. Und für mich ist da der nach wie vor englische Begriff "adopt" - also aufnehmen - deutlich passender als "shop". Denn Lebewesen nehme ich in meine Familie auf, Jeans in meinen Kleiderschrank.


    Und wenn man sich darüber echauffieren möchte, dass es in Deutschland aber was ganz anderes bedeutet und man rein rechtlich keinen Hund adoptieren kann, sollte man erstmal die englische Konnotation und Bedeutung des nach wie vor englischen Slogans kennen.

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