Vom Züchter kaufen moralisch falsch?

  • Ich hab noch mal über das Thema „Eigenverantwortung beim Interessenten“ nachgedacht. Auch rein anekdotisch, aus dem direkten Bekanntenkreis. die Familie wollte nach Jahren des Träumens einen Hund.

    Ja natürlich gibt es ganz viele Menschen, die sich aus Naivität für den falschen Hund entscheiden und ja, mit Sicherheit gibt es diese Kunden häufiger im Tierschutz als beim Züchter, weil beim Tierschutz für viele Käufer träumerische Ideale mitspielen (der Hund wird gerettet, ist dankbar, aus der Tötungsstation, will nur geliebt werden, etc. pp.), die nebenbei erwähnt von vielen Vereinen auch massiv genährt werden.

    Dass das zu Problemen (und oft genug der Wiederabgabe des Hundes, meist im deutschen Tierheim) führt ist auch bekannt und einfach Mist.


    Als Generallösung zu sagen, die Käufer müssen sich halt mehr informieren, finde ich trotzdem falsch, vor allem weil es in den Beiträgen, als ich das schon sagte, vorwiegend um Krankheiten ging. Bei den Thema Gesundheit speziell sehe ich die Verantwortung mehr bei den Vereinen.

    Bei dem Thema Rasseproblematik sehe ich die Verantwortung gleichermaßen auf beiden Seiten. Und als vernünftiger Verein muss man bspw. die Vermittlung eines HSH (-Mixes) halt ablehnen wenn es nicht passt, auch wenn es dann vielleicht ein anderer Verein macht. Trotzdem muss man die Chance nutzen, dass Interessenten sich nach der dritten Ablehnung ja vielleicht doch Gedanken machen, ob das wirklich so eine kluge Entscheidung ist.

  • Es gibt doch wie du auch richtig sagst so viele Nuancen. Während ich in einem Land gewohnt hab in dem es von Straßenhunden wirklich nur so gewimmelt hat, hat es mich tatsächlich wütend gemacht wenn jemand noch mehr produziert hat. Wenn jemand in Deutschland einen Zuchthund kauft, der die Möglichkeiten, Ressourcen, Zeit und das Wissen für einen TS Hund gehabt hätte, denke ich mir, schade. Ich denke weder dass das ein schlechter Mensch ist, noch dass er im Höllenfeuer schmoren wird, und gehe sogar davon aus dass er in hundert anderen Fällen wahrscheinlich viel besser handelt als ich. Ich denke trotzdem nicht, dass es "gleichwertig" ist, sondern denke mir, schade.

    Wenn jemand die Möglichkeiten dafür nicht hat halte ich wie gesagt Verzicht für besser, wie, wie du auch richtig sagst, in tausend anderen Fällen auch. Aber auch da wieder, nur weil ich es für besser halte, kommt da nicht das Höllenfeuer. Beim Mops kommts vielleicht, ja.

    Und was du aufgezählt hast, klar, das stimmt für hunderte Dinge. Wir können doch trotzdem ein Bewusstsein dafür haben ohne uns krampfhaft einreden zu wollen dass jede Entscheidung vollkommen gleichwertig ist.


    Und bei niemand wär ich vorsichtig, ich kenne schon einige die zumindest einen Hund nicht deshalb haben weil ihnen das irgendwas gibt. Mich eingeschlossen.


  • Alles gut.

    Passt schon.


    Aber das interessiert mich ja schon ... wozu hälst du einen Hund?

  • Ich würde es nicht mal nur auf Naivetät zurückführen, sondern auf unbedingtes „ich will den aber haben.“ Aus welchen Gründen auch immer. Ich kanns nicht genau verstehen, weil ich mir (mit einer Ausnahme) niemals einen Hund nur nach Bild aussuchen würde. Mir fehlt da aber auch jeglicher Ansatz in Richtung „Seelenverbindung“, „Schicksal/soll so sein“, „dankbares Hundeli“ oder Sonstiges :smile: Da werden ganz ganz viele Vorstellungen und Wünsche auf ein Bild projiziert, mMn.


    Steht aber trotzdem jeden zu. Ich betrachte es nicht als „Generallösung“, dass der Käufer sich „halt mehr informieren“ soll, das ist eine Fehlinterpretation. Es hat auch jeder das Recht, zu kaufen, ohne sich zu informieren. Er hat dann halt nur ein deutlich höheres Risiko, einen Fehlgriff zu tätigen. Die Verantwortung für die eigenen Entscheidungen trägt man dann aber letztlich auch.


    Doch ein Verein, der gezielt schlecht berät oder bewusst ein krankes Tier vermittelt hat, ohne ausreichend darüber zu informieren, trägt dafür die Verantwortung. Gerade Letzteres ist betrügerisches Verhalten. Wie auch gefälschte Impfausweise, schmuggeln an Traces vorbei … Kommt leider auch vor. Da will ich nix relativieren, das ist unter aller Kanone.


    Zu den Krankheiten: gerade bei Krankheiten aus dem Mittelmeerraum muss man sich als Konsument einfach klar sein, dass die ausbrechen können, auch wenn der Test bei Einreise negativ war. Das ist definitiv eine der berechtigt diskutierenswerten Begleiterscheinungen von Auslandstierschutz. Wobei die Verbreitung hier vermutlich durch Klimaveränderungen über kurz oder lang auch ansteigen wird.


    Wir z. B. haben daher bei Lilly den Mittelmeercheck angetragen bekommen, obwohl sie aus dem Osten kommt.

  • Meinen ersten Hund habe ich, weil ich ihn gerne wollte. Ich habe trotzdem lange darüber nachgedacht, ob ich mir wirklich sicher bin, dass das Leben bei mir für ihn besser ist als die Alternative. Ich hätte ihn ansonsten nicht, und würde mir auch kein anderes Tier halten. Also es ist schon mein Anspruch, dass der Nutzen des Tieres höher als mein eigener ist. Meinen zweiten Hund habe ich nur, weil ich ihn nicht weitervermittelt gekriegt habe. Er ist auch eine undankbare Ratte, mit der Grundliebenswürdigkeit eines genervten Teenagers auf dem Höhepunkt der Pubertät. Also wir könnten jetzt nicht Stars eines Werbevideos für dankbare TS Hunde werden. Aber er hat im Normalfall große Freude daran noch am Leben zu sein, und daran erfreue ich mich tatsächlich täglich. Gerade weil es so vollkommen irrelevant scheint. Es wäre niemandem aufgefallen, niemand hätte ihn vermisst, einer von tausenden Welpen die in den ersten Wochen sterben. Und gegen jede Wahrscheinlichkeit schnarcht er jetzt auf einem Sofa zufrieden vor sich hin.

    Für mich persönlich hätte allerdings ein Hund wirklich wirklich gereicht.

    Also ich kenne schon einige die einen Hund nur aus der Not aufgenommen haben.

  • Ich kanns nicht genau verstehen, weil ich mir (mit einer Ausnahme) niemals einen Hund nur nach Bild aussuchen würde. Mir fehlt da aber auch jeglicher Ansatz in Richtung „Seelenverbindung“, „Schicksal/soll so sein“, „dankbares Hundeli“ oder Sonstiges :smile: Da werden ganz ganz viele Vorstellungen und Wünsche auf ein Bild projiziert, mMn.

    Muss das denn zwingend gegeben sein? Vorausgesetzt, es ist eine seriöse Orga, interessiert man sich doch sowohl im In- als auch Ausland als erstes aufgrund Foto und Beschreibung (Vor Ort Besuche mal ausgenommen). Manchmal sind auch Videos dabei. Das lässt schon eine Auswahl nach Hundetyp, Optik, Alter, Gesundheitszustand, grundlegendem Charakter und ggf. Baustellen zu - ohne dass hinein-romantisiert werden muss :ka:

    Ja natürlich gibt es ganz viele Menschen, die sich aus Naivität für den falschen Hund entscheiden und ja, mit Sicherheit gibt es diese Kunden häufiger im Tierschutz als beim Züchter, weil beim Tierschutz für viele Käufer träumerische Ideale mitspielen (der Hund wird gerettet, ist dankbar, aus der Tötungsstation, will nur geliebt werden, etc. pp.), die nebenbei erwähnt von vielen Vereinen auch massiv genährt werden.

    Ist dem so?

    Gerade bei seriösen Rassehunden habe ich schon hier und da massive Naivität mitbekommen, siehe alleine schon die Abgabegründe bei so manchen Rasse xyz in Not Inseraten: Der Pinscher jagt, der Collie zwickt die Kinder, der Rottweiler lässt den Familienvater nicht ins Bett usw.

    Und wenn mensch eine bestimmte Rasse vom seriösen Züchter kauft, ist doch das "Endprodukt" grundlegend vorhersehbar, umso weniger verstehe ich solche Fehlkäufe.

    Wobei die Verbreitung hier vermutlich durch Klimaveränderungen über kurz oder lang auch ansteigen wird.

    Bei MMK darf nicht vergessen werden, dass schon ein kurzer Urlaub im Nachbarland Frankreich reichen kann, um den in DE geborenen und aufgewachsenen Hund zu befallen. Insofern gibt es auch abseits vom ATS importierte Fälle, das hat Parasitus Ex schon vor paar Jahren angemerkt meine ich. Ein Teil dürfte auch den Vermehrerhunden, die illegal importiert werden, zuzuordnen sein.

    Der Klimawandel tut sein übriges, wie du auch sagst:

    RKI warnt: Klimakrise bringt exotische Krankheiten hierher

  • Ich würde es nicht mal nur auf Naivetät zurückführen, sondern auf unbedingtes „ich will den aber haben.“ Aus welchen Gründen auch immer. Ich kanns nicht genau verstehen, weil ich mir (mit einer Ausnahme) niemals einen Hund nur nach Bild aussuchen würde. Mir fehlt da aber auch jeglicher Ansatz in Richtung „Seelenverbindung“, „Schicksal/soll so sein“, „dankbares Hundeli“ oder Sonstiges :smile: Da werden ganz ganz viele Vorstellungen und Wünsche auf ein Bild projiziert, mMn.

    Wie das so ist mit Klischees: Gibt es sicher, aber wie allgemeingültig soll das sein?

    Man kann auch mit anderem Mindset einen Hund aus dem Internet aussuchen. Hier (Achtung, anekdotische Evidenz) döst gerade so ein Exemplar, dessen Profil ich zufällig gesehen habe: Alter? Check. Größe? Check. Beschreibung von Charakter und was sie kann/nicht kann? Check. Und ein putziger Wuschel ist es auch - ich glaub, ich ruf da mal an.

    Nix Seelenverbindung, Schicksal, Dankbarkeit und anderer Kitsch.

    Und wie bei ganz vielen Aspekten, die hier diskutiert werden, gibt es m. E. das Gegenstück beim Züchter: Der Welpe hat mich ausgesucht, er ist auf mich zugekrabbelt, Seelenverwandtschaft, Schicksal, Herzchen, Herzchen, Herzchen!! Oder: Ich will aber den Jagdhund als Familienhund!!!11!!, das wird schon mit ganz viel Liebe und Spazierengehen. Auch nur Klischees (wie im TS auch), aber gibt es eben. Ich halte das eher für eine konstante Variante in der Art, wie sich Menschen Hunde anschaffen, wo auch immer.


  • Der Smiley bezieht sich rein auf deine Beschreibung deines zweiten Hundes. Genau so einen Teenager habe ich nämlich gerade zuhause.


    Zum Thema: toll, wie ehrlich du bist. Ich denke, so geht es grundsätzlich vielen Leuten. Nur gibt es nicht jeder zu.

  • Neala , Ariodante


    Ja, das ist völlig richtig. Und rein anekdotisch :smile: Ich urteile da von dem aus, was ich erlebt habe bzw. in Erzählungen gespiegelt bekommen habe. Bzw. hätte präzisieren sollen: Mir gehts da tatsächlich um die Konstellationen, die ich schon beschrieben habe, bei denen Hundeanfänger anhand eines Bilds bzw. eines ersten Eindrucks sagen: „Den will ich oder Keinen“, siehe Ausgangsbeitrag (ich hatte mich ja direkt auf die Naivetät bezogen). Und dann u. U. nicht mehr genau reflektieren, ob das, was präsentiert wird, auch wirklich dem Bedarf entspricht. Bzw. sich vorab gar nicht weiter informieren.


    Ich wollte damit keineswegs sagen, dass das alle Interessenten sind, siehe Ausgangsbeitrag. Mir gehts um die Menschen, aus deren Lebensumständen sich eigentlich ein ganz klarer Bedarf ergibt, Eigenschaften, die der Hund mitbringen muss. Hätte ich solche Voraussetzungen, dann würde ich die immer auch genauer abklopfen wollen und mich keinesfalls auf eine Beschreibung des Hunds verlassen.


    Und das gibts natürlich auch beim Züchter, alleine schon bei der Rassewahl. Auch da könnte ich es z. B. nicht nachvollziehen, wenn man (als Anfänger) kauft, ohne Welpen und Mutter im Umgang miteinander zu beobachtet zu haben.

  • Ja natürlich gibt es ganz viele Menschen, die sich aus Naivität für den falschen Hund entscheiden und ja, mit Sicherheit gibt es diese Kunden häufiger im Tierschutz als beim Züchter, weil beim Tierschutz für viele Käufer träumerische Ideale mitspielen (der Hund wird gerettet, ist dankbar, aus der Tötungsstation, will nur geliebt werden, etc. pp.), die nebenbei erwähnt von vielen Vereinen auch massiv genährt werden.

    Ist dem so?

    Ich nehme die Formulierung "mit Sicherheit" zurück, da du natürlich mit deiner Aussage auch total Recht hast. Ich glaube trotzdem, dass im Tierschutz noch öfter aus falschen Gründen die Entscheidung für einen unpassenden Hund getroffen wird als beim Züchter.

    Auch da könnte ich es z. B. nicht nachvollziehen, wenn man (als Anfänger) kauft, ohne Welpen und Mutter im Umgang miteinander zu beobachtet zu haben.

    Das ist halt auch wieder ein bisschen aus der Hunde-Bubble heraus gesagt. Als Anfänger, der selbst noch nie einen Hund hatte und eher sporadisch im Bekanntenkreis mit Hunden zu tun hat, kann man Hundeverhalten überhaupt nicht beurteilen. Da findet man die allermeisten Verhaltensweisen süß und niedlich, schau wie toll sie spielen. Und das meine ich überhaupt nicht despektierlich, sondern ich merke das bei mir selbst. Man kann ja hier im DF meinen "Informationsweg" ganz gut nachvollziehen, ich gebe mir wirklich Mühe, mich umfassend zu informieren. Trotzdem werde ich erst lernen, die Körpersprache eines Hundes zu lesen, wenn ich selbst einen habe. Klar hat man das ein oder andere im Fernsehen oder auf YouTube aufgeschnappt, aber davon, das Verhalten einer Hündin mit ihren Welpen beurteilen zu können, bin ich meilenweit entfernt.

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