Ideen Abrufen ehemaliger Wildhund mit großem Jagdtrieb

  • Erstmal muß der Hund voll auf Dich fokussiert sein. Was nicht der Fall sein kann nach so kurzer Zeit. Der Hund zeigt nach Deiner Beschreibung tolle Ansätze, aber wenn er in der Situation nicht hört, dann konnte er Dich schlichtweg in dem Moment nicht mehr wahrnehmen, hat sich also schon "abgeschossen" vom Kopf her (alles Andre vergessen). Der hat dann nur noch ein Ziel: einen Jagderfolg. Sprich: es ist schon zu spät, überhaupt zu rufen. Um die Ansprechbarkeit, dieses "ich hab immer ein Ohr für Fraule offen", zu erhöhen, würde ich gaaaanz klein anfangen. Unterwegs JEDES Signal, das zeigt, daß er auf Euch achtet, bestätigen. Bleibt er an ner Ecke stehen und wartet auf Eure Entscheidung über die Richtung: loben! Hat er gekackt, und wartet neben Dir, bis Du den Haufen aufgehoben hast statt einfach weiterzurennen: loben! Kehrt er vom Wegrandschnuppern gedanklich zu Euch zurück und guckt Euch an: loben! Möchte er zu einem Hund hingehen und guckt Euch daher an (Fragt quasi an, ob er darf!!), loben und (NUR, wenn das Gegenüber einverstanden ist!) laufen lassen, das ist in dem Moment die ultimative Bestätigung. Will er am Wegrand schnuppern: NICHT an der Leine hinziehen lassen, sondern "Baum spielen", sprich stehenbleiben. Warten. Guckt er Euch an ("Hey, wasn los???"), loben und Leine lockerlassen, sodaß er hin kann. Generell er soll lernen, daß er nur durch DICH und MIT Deinem Einverständnis ans Ziel kommt. Fernziel: er "fragt" auch vorher nach, wenn er stöbern gehen möchte, und dann kannst das eben verhindern, und stattdessen das Nachfragen mit irgendwas Jagdlichem bestätigen (ich nutze da zB Leckerlies, die von ihm wegkullern, die er hetzen darf, weil denen passiert nix, wenn die gefressen werden, stört sich keiner dran. So kann er jagdliche Interessen ungefhrlich auslebe, und ICH entscheide, WO und WIE er sie auslebt. Zugunsten der Wildtiere, und meiner Nerven, weil ich keinen Bock mehr hab, Hunde suchen zu gehen oder um ihr Leben zu zittern.).



    Dann: Radiustraining mit der Schlepp. Der Hund hat im Umkreis der Schlepp zu bleiben. Auch wenn die später NICHT dran ist. Je näher der Hund bei Dir ist, desto eher ist er anspechbar. Du hast bestimmt schonmal versucht, ein Kommando, das neben Dir funktioniert, auf Entfernung abzurufen - oft geht das dann nicht, der Hund weiß genau, er ist außerhalb des Einflußbereichs von Fraule. Und je weiter weg, desto eher ist er safe mit dem Ungehorsam in dem Moment. Die Hunde sind ja nicht doof...... Die kennen Deine Reichweite ziemlich gut. Schimpfen hilft da nicht, das hast ja schon erkannt. Daher ist Deine Idee, den Radius zu begrenzen, klasse! Ihr habt es Euch natürlich nicht einfacher gemacht, indem er bisher ungebremst streunen durfte. Es ist nämlich immer einfacher, erst strikte Regeln einzuführen und die dann beim Vorliegen von entsprechendem Gehorsam nach und nach zu lockern, als den Hund erstmal "Mist" machen zu lassen und ihn dann irgendwann wieder "einfangen", sprich begrenzen zu müssen - logisch. Aber ok - Euer Hund hat sicher schon gestreunt und gewildert, bevor Ihr ihn gefunden habt, insofern dürfte das in dem Fall nicht so schlimme Auswirkungen haben. Außer daß er es halt weiterhin tun durfte, und jetzt erstmal verstehen muß, daß das nicht mehr gewünscht wird.


    Einzige Möglichkeit ist, daß der Hund erstmal n paar Monate (!) konsequent und IMMER an der Schlepp bleibt, außerhalb eingezäunter Flächen. Damit der Radius in seinen Kopp reingeht und er nimmer drüber nachdenkt, wie weit er sich entfernen darf, sondern automatisch in dem Umkreis bleibt. Ätzend, echt ätzend, ich weiß :rolling_on_the_floor_laughing: Aber Du wirst das anders nicht reinkriegen, fürchte ich, wenn der Hund das schonmal kennengelernt hat, daß er hin konnte, wo er wollte, egal wie weit. Ich hab es GEHAßT! Aber: hat funktioniert! Dauert halt, braucht Geduld. und glaub mir: das Schleppleinenhandling lernt man spätestens, wenn der Hund einem zum dritten Mal die Schulter fast ausgerenkt hat.... :smiling_face_with_horns: Geheimnis: nie die komplette Schlepp einfach auf den Boden schmeißen, sondern in Schlaufen in einer Hand halten. Läuft der Hund nach vorne, eine nach der andren abwickeln und zur Verfügung stellen. Dreht der Hund um und kommt her, kann man die Leine wieder aufnehmen. Dann ist sie immer (ok meist) nur noch so lang, daß sich keine Knoten bilden können sollten....



    Hier ein Beispiel, vlt. fällts Dir leichter, wenn Du das mal angeschaut hast:



    Da sieht man am Anfang bei 0:40 gut, wie die Schlaufen gelegt werden. Dann kommt bissel Mantrailingspezifisches, das ist unwichtig. Ab Minute 3:40 dann die Leinenführung: man gibt immer genau so viel Leine, wie der Hund gerade braucht, und sammelt sie wieder ein, wenn er weniger braucht. Dann gibts nämlich keine Knoten, und, noch besser: man spürt über die Stärke des Zugs an der Leine auch den Aufregungsgrad des Hundes. Je mehr Zug auf der Leine ist, desto eher ist er am "ich vergeß den Hundeführer und setze die Prioritäten woanders"-Punkt dran. D.h. Ausbremsen kann helfen, den Streß- und Aufregungslevel niedrig zu halten. Und man kann auch mal bissel an der Leine zuppeln, wenn die Aufmerksamkeit offensichtlich nachgelassen hat, und der Hund nicht auf Kommando weitergeht oder so. Nicht Ziehen, ACHTUNG, sonder zuppeln im Sinne von "Huhu - sprich mit mir!" Ich sag immer, wie beim Einkaufsbummeln mit der Freundin, die sich an nem Schaufenster festgeguckt hat, die zieht man ja auch net einfach weg, sondern legt ihr die Hand auf den Arm mit "können wir weiter", oder sowas in der Art. Also Kommunikation, via Leine- nicht einfach wegziehen mit der Leine oder so!

  • Nächster Punkt ist ein funktionsfähiges Abbruchsignal für den Notfall. Das ist harte Arbeit, da möchte ich wenig zu schreiben, da darf man nix Falsches machen. Das würde ich mit nem Trainer angehen. Und auch wirklich dann nur im Notfall nutzen, sonst ist das im Alltag schnell abgenutzt und wirkungslos. Aber das Abbruchsgnal ist im Falle eines jagenden Hundes elementar, sollte er jemals frei laufen können sollen.



    Generell ist der Hund umso mehr bei Dir (kopfmäßig!), je näher er Dir (lokal) ist (deswegen Radius halten!), aber auch, je weniger gestreßt er ist. Tempo macht Streß, Aufregung macht Streß - Dinge wie Bällchenwerfen und hetzen lassen sind tödlich und pushen den Hund ins Unendliche. Und je aufgeregter der Hund ist, desto schneller isser weg, wenns auch nur im Gebüsch neben Dir raschelt. Sind meine Jäger dagegen gechillt, können sie auch mal stehen und die Katze beim Rumsitzen beobachten, ohne zu explodieren - was anderweitig durchaus der Fall wäre, wenn ich mit schon aufgeregtem Hund in jagdlich triggernde Situationen reingehe. Sprich, meine Gassigänge mit den Jägern hier haben nur ein Ziel: so langweilig wie möglich! Es darf geguckt werden. Es darf am Wegrand geschnuppert werden. Aber es wird nicht (mehr) ins Gelände gegangen, es wird nicht (mehr) sinnlos rumgedüst. Es darf sich an mir orientiert werden, wenn der Hund im Stehen den Waldrand scannen möchte, darf er das - ich gebe ihm die Zeit, stehe, bis er fertig ist. Aber: der kriegt dann keine Freigabe, dem Duft hinterherzugehen, sondern ich warte auf den Moment, in dem er sich zu mir wieder rumdreht, den Geruch, den Reiz verarbeitet hat, und mir damit signalisiert, er hat MICH wieder im Kopf, und wir können weitergehen. Das wird grundsätzlich gelobt, dieser Moment, in dem er sich MIR wieder zuwendet. Denn: was der Hund anguckt, hat er im Kopf. Scannt er den Waldrand, ist er mental nicht bei mir, selbst wenn er sich (utpoisch, aber als Beispiel) dabei an mich kuscheln würde. Dreht er sich aber rum, zeigt er mir, ich bin noch da in seinen Gedanken, er ist aufnahmefähig für Kommandos meinerseits, und er ist bereit, weiterzugehen. Wenn der Hund irgendwas sieht, zB entgegenkommende Hunde, bestätige ich und sage: "Schau,wir gehen da lang!", und weiche großräumig aus. Oder bestätige, wenn der Hund von sich aus zu mir kommt. Weil: ICH bin wichtig. Mit MIR geht er grad spazieren. ich will den Fokus bei MIR, nicht bei Fremden und Fremdhunden. Das inkludiert, daß meine Hunde erstmal nicht zu jedem hin dürfen, nicht mit jedem "spielen" müssen (was ja meist eh kein Spiel ist, sindern nur Kräftemessen und Abchecken), nicht von jedem angefaßt werden. Ich gehe zB mit denen auch zur Zeit extrem langsam. Weil Tempo triggert wieder den Jagdtrieb. Nervt mich voll, ich bin sonst eher schwungvoll unterwegs. Aber dann hätte ich zweimal 10 Kilo an der Leine, die mich durch die Gegend ziehen sich hochpushen, und nachdem sie an der Leine ja nicht wegkommen, den Frust übers Nichtjagendürfen dann aneinander ablassen. Hatte ich neulich erst wegen ner Katze. Gehe ich aber langsam, so fahren die zwei nach den ersten hundert Metern und einmal "Ballastabwerfe" (kacken) so weit runter, daß sie gechillt nebeneinander laufen, schnelle Reize (Radfahrer, die sehr nah überholen --> jagdlicher Trigger, provoziert Hetzen, sowas!) ab können, ohne zu explodieren, zT mit Körperkontakt beim Laufen vor mir herdackeln, und dann entspannt am Wegrand Zeitung lesen können.



    Generell: was bringt Ruhe in den Hund? Langsames Tempo unterwegs. Suchspiele, bei denen er sich konzentrieren muß. Zwischendurch immer wieder Dinge, die bei DIR passieren. NICHT mitten im Wald, weils aufm Weg so langweilig ist: DU bist das Alleroberspannendste überhaupt, NICHT das Wild im Wald. Mal ein Leckerlie "einfach so", mal ein Suchspiel, mal die Aufgabe, den verlorenen Handschuh/Schlüsselbund o.ä. zu finden. Bei Dir passiert immer wieder was Tolles, es lohnt sich imemr wieder, nach Dir zu gucken, Dich im Hinterkopf zu behalten unterwegs. Dann ist es auch nicht langweilig, selbst auf dem allerlangweiligsten menschengemachten Menschenweg! Dann BRAUCHT er nicht jagen zu gehen, um sich zu unterhalten, und er hat den Fokus auf DIR, weil er weiß, NUR bei Dir passieren die Spannendsten Dinge. Nicht im Wald. Der Weg ist nur langweilig, wenn Du nix draus machst!



    Oberste Prämisse: der Hund darf jedenfalls keinen Erfolg mehr haben in der Form, daß er laufen kann ohne Aufsicht und Leine und dabei tun kann, was er will. Sonst brauchst mit dem Training gar nicht erst anzufangen. Wenn Du da also nicht zu 100% dahinterstehst, das WIRKLICH willst, dann spar die die Mühe, echt. Wäre sinnlos verschwendete Lebenszeit. EIN Erfolg zwischenrein, und Du fängst von vorne an. Dann lieber anleinen und gut ist, wenn Du nciht den Nerv hast, am Jagen zu arbeiten. Dann hängt er halt den Rest des Leben an der (Schlepp)-Leine. Wird ihn nicht umbringen (wenn er sonst ausgelastet wird, und mal im gesicherten Freilauf flitzen kann) - aber die Rehe im Wald auch nicht!



    Mit Bossi hab ich dafür JAHRE gebraucht. Weil ich anfangs so gar nix wußte, und dann eins nach dem Andren dazugelernt habe, was da alles reinspielt ins Jagdverhalten. Und jeder Hund ist anders - der eine geht auf Sicht, der Andre auf Spur, der Dritte spricht auf Tempo an. Sprich, nicht jede Maßnahme ist gleich wichtig oder erfolgversprechend für jeden Hund. Das findet man nur raus, indem man es MACHT und schaut, ob sich was im Verhalten bessert. Und dabei dann aber auch strikt dranbleiben, absolut konsequent durchziehen.


    Mein Faro zB läßt sich von schnellem Radeln triggern. Solange ich mit ihm im Trabtempo radle, ist alles gut. Lasse ich IHN aber das Tempo bestimmen, ist der in Nullkommanix auf 180, zieht ständig sprunghaft in irgendein Gebüsch (bei hohem Tempo fliegst dann halt samt Rad hinterher...), und jodelt fröhlich vor sich hin angesichts verlockender Hasengerüche im Gebüsch neben dem Weg. Brauch ich net - ich muß mir halt dann Mühe geben, immer gemäßigtes Tempo zu halten. Damit er zwar rennen kann, aber das Ganze kontrolliert, und ich Prio 1 im Kopf bleibe. Ansonsten ist Radeln mit dem echt tödlich. Da ist ne Runde fliegen mit Red Bull günstiger (und gesünder.... *aua.....). :-)


    Bei Bossi war das schon immer scheißwurschtegal, der ging nur auf Gerüche, hat gestöbert und ist dem Geruch hinterher, Tempo war dem relativ wurscht. Also, das Erregungslevel fährt durch Tempo schon IMMER hoch, egal welcher Hund - aber nicht notwendigerweise so, daß er alles andere vergißt, wie bei Faro.


    Man muß das also anpassen an den jeweiligen Hund.....


    Scheißarbeit, wenn man das wirklich in den Griff kriegen will.... Ich lasse meine beiden aktuellen Terroristen da lieber an der Leine (sind auch so nicht ganz ohne, daß ich sie rumlaufen lassen würde), verbreite eine gelassene Grundstimmung - aber ich setze nicht drauf, daß die je komplett ohne Leine gehen können. Faro jedenfalls gar nicht, weil der auf Leute losgeht, wenn er angefaßt wird. Sprich, das AntiJagdtraining hat Prio 2, bei dem war wichtiger, den soweit hinzukriegen, daß ich normal Gassi kann mit dem. "Ohne Leine" wird nicht gehen, solange der sich net beherrschen kann, wenn er angefaßt wird. Aber an niedrigem Streßlevel mit genau den o.g. Tips arbeite ich trotzdem. Denn auch bei ihm führt viel Streß dazu, daß er halt nach vorn geht und zupackt, sprich, jede Aufregung ist trotzdem Ursache für das von mir nicht gewünschte Verhalten - auch wenns in dem Moment nicht in jagdliches Verhalten eskaliert.... Eskalation ist Eskalation, insofern - Ruuuuuheeeeee....... :rolling_on_the_floor_laughing: Ommmmmmmm........#


    Wenn Du weitere Fragen hast, gerne - hab nicht immer Zeit für solche Romane, aber sprich mich gern an, sobald ich Zeit habe, kriegst gerne auch ausführliche Erklärungen dazu! ;-)


    Viel Erfolg!

  • Ganz wichtig, das wurde ja zum Glück schon erwähnt: den Jagdtrieb muß man auslasten. Man kriegt den nie weg. Nur eben unter Kontrolle. Sprich, ICH sage, wann und wo und wie der ausgelebt werden kann.


    Wenn der Jagdtrieb nur unterdrückt wird, kocht der unterm Deckel so lange vor sich hin, bis irgendwann der Deckel hochfliegt - und der Hund jagen geht. Sprich, das Jagen ist ein elementares Bedürfnis für den Hund. Dem MUß er nachgehen können, sonst wird er sich irgendwann einen Weg suchen. Dann ist die Katastrpohe vorprogrammiert: Hund geht stiften und jagt sich irgendwas, oder kommt unters Auto oder den Zug.


    D.h., das Ausleben des Jagdtriebes auf UNSCHÄDLICHE Art und Weise ist Voraussetzung dafür, die Reizschwelle beim Hund möglichst so hoch zu setzen, daß er den Alltagsherausforderungen an einen Familienhund nachzukommen in der Lage ist, und sich da beherrschen kann. Dafür gibts auch noch das Thema Impulskontrolle, wo wiederum tausend Dinge mit reinspielen. Auch bereits Erwähntes wie das Tempo, die Streßfreiheit etc., s.o.

  • Noch n Punkt. Die Konzentration des Hundehalters liegt NICHT (auch und gerade beim jagdenden Hund!) auf seinem Handy, der Kippe oder der Musik im Ohr, die liegt aufm HUND. Der uns mit mit der Körpersprache zeigt, woran er denkt, wie entspannt er noch ist, oder ob er grad angesichts einer Spur Scheiße im Kopp hat. Weil wenn ich das erkenne, kann ich ihn noch abbrechen. Ist er schon losgerannt - am Arsch, dann kannste Dir auch das Abrufen sparen, der ist nicht mehr abrufbar in dem Moment. Daher schätze ich es auch sehr, daß meine Hunde alle VOR mir laufen. Weil im Hinterkopp hab ich keinen Augen, die sehen würden, daß er grad seeehr interessiert in den Wald reinschaut und immer mehr Richtung Waldrand geht......

    Gassi mit Hundefreunden zum Quatschen? Gibts bei mir schlichtweg nimmer. Weil bei der ersten Unaufmerksamkeit meinerseits waren halt jeweils die Hunde weg. Die merken genau, ob DU auch mental bei ihnen bist, und wenn nicht, nutzen sie das schamlos aus!


    Alles Andre wär außerdem maximal unfair: wenn DU vom Hund verlangst, daß er mental bei Dir ist, und DU latschst zB mit Kopfhärern durch die Welt und ignorierst schlichtweg den Hund, der halt "einfach mitdackeln" soll..... Damit verlangst Du vom Hund was, das Du nicht zu geben bereit bist. Das würde nicht klappen.

  • fände es schön, wenn Hunde mehr so wie Katzen betrachtet werden würden und Freigang akzeptiert werden würde

    Klar, dann könnten sie den Wildtieren an die Gurgel gehen, bei denen Katzen das nicht schaffen. Paradiesische Vorstellung, wenn man Natur hasst.

    Ich befürworte das genaue Gegenteil: auch Katzen sollten nur gesicherten Auslauf (an der Leine oder im Gehege) erhalten.


    Das ist wirklich eine romantisierte Vorstellung, die weder für die gejagten Individuen noch für die Natur cool ist. Zudem bedeutet es ja nicht automatisch, dass ein Hund leidet, bloss weil er mittels Schleppleine und/oder Training am Jagen gehindert wird :)


    Freiheit ist was tolles, aber noch toller ist Gegenseitiger Respekt. Sobald man Freiheit nicht mehr so stark romantisiert, fällt es gar nicht mehr so schwer, den Hund Einzuschränken :)

  • Liebe TE, druck dir das am besten aus, was BieBoss geschrieben hat - da hast du schon ein kleines Fachbuch zum Antijagdtraining beisammen, auf das du immer wieder zurückgreifen kannst! :smiling_face:

  • Liebe TE, druck dir das am besten aus, was BieBoss geschrieben hat - da hast du schon ein kleines Fachbuch zum Antijagdtraining beisammen, auf das du immer wieder zurückgreifen kannst! :smiling_face:

    Kann ich so unterschreiben!!

    Ich habe mich hier bisher zurück gehalten, aber mein Labrador jagt auch. Er schnüffelt in die Luft und schnüffelt viel den Wegesrand ab. Chako darf das, weil er immer, absolut immer ein Ohr bei mir hat und ich ihn jederzeit abbrechen kann und es auch tue wenn es zu viel wird und er sich hochpusht, was mittlerweile! aber sehr selten vorkommt. Es war verdammt harte Arbeit, ihm beizubringen, dass er AUF dem Weg zu sein hat. Es war auch verdammt harte Arbeit ihm beizubringen, dass er immer ein Ohr bei mir zu haben hat. Ich bin quasi fast so vorgegangen, wie Bieboss geschrieben hat. Das allerwichtigste ist für dich jetzt erstmal jede! einzelne! Kontaktaufnahme zu belohnen, und sei es nur ein Ohr welches in deine Richtung zuckt. Und das musst du sehr hochwertig und mit Jagdsequenz belohnen. Was auch wichtig ist, ihn gegen schnelle Reize zu sensibilisieren. Das geht super mit einem Dummy zb. Bei Chako habe ich den Futterdummy zum oberhammergeilsten überhaupt gemacht. Wenn der fliegt, darf er aber nicht hinterher, egal wie sehr ich ihn vorher damit hochpushe. Er muss auf meine Freigabe warten. Ab und an, wenn er besonders brav war, darf er auch sofort hinterher, dafür hab ich aber ein extra Kommando bevor ich ihn dann werfe. Das ist dann die krasseste und beste Belohnung für ihn. Das mache ich so 2-3 mal die Woche für villeicht 10-15 Minuten. Villeicht wäre das auch was für euch?

  • Etwas Off-Topic: mir gefällt deine Einstellung, ich kann dich sehr gut nachvollziehen. Wenn dich das konventionelle Hundefutter mit Fleischanteil stört, könntest du auf Veganes/Vegetarisches Futter wechseln. Gesunde Hunde lassen sich inzwischen gut vegan ernähren :) Wenn du magst, kannst du mich diesbezüglich anschreiben.


    Zum Rest: Ich empfehle dir die Insta-Seite dr.Jayney_may. Sie ist Verhaltenstierärztin und Hundetrainerin. Sie bietet zahlreiche online-Kurse an, viele davon kostenlos. Vielleicht hilft euch das :)

  • Hi, zu den Tipps von BieBoss ist nicht mehr viel hinzuzufügen... wenn dein Hund früher als Streuner unterwegs war, hat von seinen Jagderfolgen buchstäblich sein Leben abgehangen. Ich kann den Hund also durchaus verstehen, und das Verhalten wird man nie mehr ganz wegtrainieren können.



    Was du noch zusätzlich tun kannst, um das Jagen aus Hundesicht "obsolet" bzw als Luxus erscheinen zu lassen, ist, zusätzlich zum Training drauf zu achten, dass er satt ist wenn es zum ausführlichen Gassi raus geht und 2. dass du superleckeres Futter dabei hast, also zb angebratene Hühnerherzen oder sowas Feines.


    Damit kannst du belohnen, wenn der Hund beim Gassi zu dir schaut, entweder indem du es ihm bei Blick zu dir zuwirfst oder wenn er (freiwillig) herkommt (die lernen das schnell, dass Kramen in der Tasche nach dem Leckerli heißt, es gibt was Gutes, ich hab zusätzlich ein Wort dafür bzw einen Satz, "Willst du'n Keks?" heisst, da kommt was Feines, für das sich lohnt, alles fallen zu lassen). So wirst du Priorität, wie BieBoss es gut erklärt hat.



    Man erarbeitet sich mit solchen Hunden am besten Strategien, also, wenn mein Hund dieses oder jenes Verhalten zeigt, was möchte ich stattdessen sehen und wie erreiche ich das?


    Beispiel, Hund beginnt, ner Spur nachzustöbern, ich möchte, dass er Spur Spur sein lässt und entweder weiter geht, oder zu mir herkommt, oder absitzt und dann herkommt, oder, oder.

    Das übt man dann mit der besten Belohnung, also entweder Futter, oder Lob oder einem Rennspiel oder Beute (Zergel etc).

    Da probiert man aus, was am besten zieht. Natürlich immer gut gesichert an der Schlepp, und idealerweise übt man zunächst ohne Ablenkung.


    Das Laufen an der Schlepp muss natürlich auch geübt werden, zb anzuhalten auf Kommando, am Weg bleiben ("raus da") und nicht in die Schlepp zu rennen (heisst hier "langsam", d.h. Schlepp ist zu Ende).



    Im Laufe der Zeit wird der Hund lernen, dass es mit euch richtig cool ist, weil er mit euch auf coole Exkursionen gehen kann und gleichzeitig an hochwertiges Futter kommt, wenn er kooperiert (Hühnchenherzen :drooling_face: ).

    Es hatte ja einen Grund, warum er sich euch angeschlossen hat :smiling_face_with_hearts: jagen gehen kann er auch alleine... schön, dass ihr ihm ein Zuhause gebt und er mit euch zusammen tolle Sachen erleben darf :herzen1:


    Wünsche euch gutes Gelingen und hoffe, vielleicht mehr von euch zu hören, zb in einem Pfotothread? :sweet:

  • Hallo nochmal! Ich wollte mich schon viel eher zurückmelden, aber das Leben mit seinen vielen kleinen Baustellen eben ;)


    Zuerst einmal ein riesengroßes Dankeschön für die umfassenden, informativen und auch aufbauenden Beiträgen! Wir sind auf einem guten Weg und auch wenn in kleinen, kleinen Schritten werden unsere Ausflüge an der Schlappleine immer besser. Hund versteht immer mehr, dass wir auf den Wegen bleiben, dreht sich inzwischen sogar ab und an um, versteht das Kommando Achtung, auf dem Weg bleiben wenn mal wieder Pfote hoch geht und zu sehr in Richtung Wegesrand gesucht wird und Achtung, Leine ist gleich zu Ende. Das Handling find ich nicht soo schwer, Gott sei Dank, bestimmt auch durch meine Longiererfahrung mit Pferden und das Mehrseillängenklettern... wobei es manchmal schon sehr nervig ist, weil die Leine sich doch immer mal wieder über und zwischen Steinen, Gestripp und Wurzeln verhakt... hier sind die Wege eben ziemlich voll, in Dtl ist das ein bisschen anders?


    Also generell ist das Thema deutlich besser, ich übe nun auch auf den Waldwegen andere Lektionen und merke, dass das ganze Thema natürlich auch mit mangelndem Grundgehorsam / Fixierung auf uns zu tun hat. Wie auch? Bei 3 Monaten zusammen...


    Andererseits merke ich, dass Acqua nun an der Leine bei kürzeren Spaziergängen im Dorf oder woanders sich anderen Hunden anders aufführt. Er macht andere Hunde nun deutlich öfter an, was ich vorher bei ihm gar nicht beobachtet habe.


    Meine 1. Vermutung war klar: jetzt isser nicht wirklich ausgelastet, fühlt sich "eingesperrt" / zu stark begrenzt in seiner Freiheit und das trägt dazu bei, dass er diese Frustration über ein anderes Ventil, z. Bsp. diesem aggressivem Verhalten anderen gegenüber rauslassen muss.


    Vlt ist es aber auch einfach so, dass er jetzt langsam ankommt, selbstsicherer wird, oder, wie ihr ja auch schon gesagt habt, dass er nun reift und anderen Rüden gegenüber zeigen will, wer er ist.


    Was es auch ist, es hat mich neulich schon ganz schön fertig gemacht. Ich bin vor 3 Tagen mit der Fähre von Frankreich nach Mallorca mit ihm und auf dem Boot waren super viele andere Hunde. Es gab viel Gedrängel und es war nicht viel Platz, und mein Hund war auch nicht immer derjenige, der angefangen hat zu bellen. Aber während die anderen Hunde ihn teils nur ein paarmal angekläfft haben, hat er sich dadurch so provozieren lassen, dass er richtig ausgerastet ist. Das fand ich natürlich sehr unangenehm. Teilweise hat er dann auch andere Hunde richtig angefahren, die anfangs überhaupt nichts gemacht haben.


    Das Thema ist nun deutlich präsenter und ich weiß nicht genau, wie ich damit umgehen soll. Durch Nachfragen bei den anderen Besitzern ist rausgekommen, dass er sich so fast nur bei den Rüden verhält, aber es gibt auch andere Rüden, die ganz entspannt bei ihm vorbeitrödeln.


    Ich verstehe das Thema nicht so ganz und möchte nun nicht jedesmal, wenn ein anderer Hund uns entgegenkommt, verspannen oder schon vorsichtshalber die Leine kurz nehmen und dadurch noch mehr zu so einer Reaktion beitragen.


    Wenn er am Wagen angeleint ist, was er nun eben ist eben wegen der Jagdproblematik, bellt er inzwischen sogar Menschen an. Nicht immer, aber vorher hat er das nie gemacht. Gegenprobe ihn zu beobachten, wenn er neben dem Wagen chillt ohne angeleint zu sein (habe ich gestern mal ausprobiert, bei der Hitze wäre er eh nicht jagen gegangen), geht er zwar schon auf die Leute zu, aber freundlich. Es wirkt tatsächlich so (meine Interpretation), dass er unsicher ist, wenn er angeleint ist, und das in Aggression umsetzt. Wir werden nun eine Weile mit Leine unterwegs sein (müssen), ich habe grad einfach mega Schiss, dass ich jetzt auch noch mit dem Thema Aggresionen arbeiten muss und mich das im Gesamtpaket überfordert.


    Thema Kastration steht im Raum, ich denke da zu 100÷ so wie viele hier schon angedeutet haben, dass das auf langfristige Sicht die einzige Lösung ist, um weitere Acquas (die dann eben nicht bei Sonjas und mit ihren Attitüden hier im Forum landen) in der Welt zu vermeiden ;S wie wirkt sich eine Kastration generell aus? Was habt ihr da für Erfahrungen?


    So viele Fragen... danke euch im Voraus!!

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