Meine Hündin hat ihren Hundekumpel schwer verletzt

  • Ich sehe im Eingangspost zwei Menschen, die akuten Nachholbedarf in puncto Hundehaltung haben. Eine hat gesehen, dass ihr Hund gerade "anders guckt" und das nicht als Gefahr eingestuft bzw. nicht reagiert.

    Es handelt sich um eine Ersthundehalterin. Wie viele Hundehalter/-innen konnten erst Körpersprache lesen und haben sich dann einen Hund angeschafft? In der Regel geht es halt gut, weil die wenigsten Hunde andere so massiv verletzen. Ja, hier ging es gehörig schief und deswegen braucht es eine sofortige Sicherung und die Unterstützung eines kompetenten Trainers, aber ich lese hier auch keinen Unwillen, beides zu machen.


    Es gibt hoffentlich annähernd keinen Tierarzt, der einen Hund nach einem innerartlichen Beißvorfall einschläfert, wo weder eine gesundheitliche Abklärung erfolgt ist, noch bereits die Beratung durch einen kompetenten Trainer stattgefunden hat.

    Wir sind hier glücklicherweise nicht in Frankreich, wo man einfach sagen kann "weg damit".


    Hier sind Fehler passiert und die Folgen sind dramatisch, aber die TS wird dazulernen müssen, denn sie hat den Hund zuhause sitzen.

  • Jo.Hanna , ich weiß nicht, ob du noch mitliest und ich bin mir nicht sicher, ob es schon geschrieben wurde.

    Deine Freundin hat ja, mit mehr Hundeerfahrung, die Anzeichen auch nicht erkennen können. Ich hoffe, du bist mit ein bisschen Abstand nicht mehr ganz so verzweifelt und kannst wieder mit Hera interagieren. Sie kann wirklich nichts dazu.

    Ich wünsche dir Mut, die richtige Entscheidung für dich zu treffen.

  • Schrecklicher Vorfall :( : :( :. Ich hoffe, der arme Mops erholt sich wieder!


    Einige haben ja geschrieben, dass es quasi fahrlässig war, diesen Gebrauchshundmix aus Osteuropa mit unbekannter Vorgeschichte ungesichert mit einem viel kleineren Hund interagieren zu lassen und dass sich die TE nicht über so ein Verhalten zu wundern braucht.


    Natürlich kann es sein, dass die TE im Vorfeld Zeichen übersehen hat, dass ihre Hündin im Umgang mit dem Mops (oder mit Artgenossen im Allgemeinen) nie so entspannt und freundlich war, wie sie dachte und dass sie etwas in der Art hätte kommen sehen müssen. Aber wissen tun wir das ja nicht. Es kann doch auch sein, dass es (ausser dem Erstarren in der unmittelbaren Situation) keine oder nur sehr, sehr subtile Vorzeichen gab.


    Daher meine Frage: Ab wann würdet ihr denn einen Hund mit unbekannter Vorgeschichte als verträglich und mehr

    oder weniger "safe" mit anderen Hunden

    betrachten?


    Diese Hündin ist ja immerhin seit einem halben Jahr bei ihrer Besitzerin, war im Tierheim anscheinend verträglich und in ihrem neuen Zuhause ebenso. Ich persönlich würde einen Hund, der sich so zeigt, jetzt auch nicht dauernd mit Leine und/oder MK sichern. Natürlich ist man etwas vorsichtiger, wenn es sich z. B. um einen Schäferhund anstatt um einen Labrador handelt, wählt die Hundekontakte genau aus, hat immer ein Auge auf die interagierenden Hunde, vermeidet Konflikte um Futter oder Beute etc. Aber irgendwann kommt ja der Punkt, an dem man seinem Hund vertraut und sich denkt: "Er/sie ist OK mit anderen Hunden bzw. mit diesem bestimmten Hund." Das bedeutet dann natürlich nicht, dass man nicht mehr hinguckt, aber man ist nicht mehr dauernd in Habacht-Stellung, weil man der Meinung ist, seinen Hund mittlerweile recht gut zu kennen und einschätzen zu können.


    Mir ging das zumindest mit meinem Gebrauchshundmix aus dem Ausland so.

    Aber wenn ich einige Beiträge lese, bekomme ich den Eindruck, dass man bei Secondhand-Hunden bestimmter Rassen jederzeit mit sowas rechnen muss :ka: .

  • Die Hündin kam direkt aus Rumänien, wenn ich das so richtig gelesen habe.

    Die TE schrieb: ... war 4 Monate im Shelter ...

    Der Hund ist seit 6 Monaten bei ihr und läuft bereits seit 4 Monaten frei.


    Für MICH ist das ein Unding. Die Hündin kann sich nach 2 Monaten nicht eingelebt haben und ihren Charakter/ihre Eigenschaften angezeigt haben, sie hat 4 Jahre auf der Straße (?) gelebt.


    Es MUSS bei Auslandstierschutz immer der Einzelfall betrachtet werden.

    Viele Dinge spielen mit rein: hat der Hund auf der Straße gelebt, erfahrener Hundehalter/unerfahrener Ersthundehalter, Rasseeigenschaften usw.

  • Mir ging das zumindest mit meinem Gebrauchshundmix aus dem Ausland so.

    Aber wenn ich einige Beiträge lese, bekomme ich den Eindruck, dass man bei Secondhand-Hunden bestimmter Rassen jederzeit mit sowas rechnen muss :ka: .

    Ich bin da vielleicht etwas pingelig, aber bei Hunden mit derart unterschiedlichen Kräfteverhältnissen muss man immer damit rechnen, dass mal was passieren kann.

  • Mich irritiert, dass du liebe TE die Verantwortung bei Hera siehst und sie nun böse und unberechenbar und nicht mehr liebenswert findest. Das Ding ist, das wurde ja bereits gesagt, dass du die feineren Signale die bestimmt in früheren Situationen da waren übersehen hast. Zudem hast du den Schäfimix aus Rumänien bei dir aufgenommen. Ja, dein Hund scheint gefährlich für andere Hunde zu sein. Aber das Problem liegt vorallem darin, dass du sie nicht wirklich gut lesen und einschätzen konntest.


    Ich finde, eine überstürzte Abgabe im Schock und Trauma ist keine gute Lösung. Weder für den Hund noch für dich. Meine Lösung wäre, jetzt Verantwortung zu übernehmen, den Hund sauber zu sichern und dann mit Hilfe von aussen anfangen wirklich zu verstehen, was da passierte und wie dein Hund tickt. Ich sehe das schon als die Verantwortung des Besitzers. Wenn du danach zum Schluss kommst, dass du das alles nicht lernen und handeln kannst: so be it! Aber im emotionalen Chaos und „der Hund ist böse“ Entscheidungen pro oder kontra Hund zu treffen ist nicht gut.


    Meine Vorgehensweise in der Reihenfolge:

    Hund sichern

    Hilfe in Form GUTER Trainer

    Analyse und Reflextion von Verhalten Hund UND Mensch und Traumabewältigung für die Menschen

    Abwägen wie weiter

    Entscheiden

  • Duma80

    Um Deine Frage zu beantworten.

    In habe seit knapp 30Jahren große Hunde. Deutsche Schäferhunde, Boxer-Mix und Boxer (und mittendrin auch mal einen 8kg Mittelspitz). Aus dem Tierschutz, Wildwurf mit sehr schlechter Aufzucht und vom VDH Züchter mit bester Aufzucht.


    Keiner von ihnen durfte mit einem deutlich kleineren Hund spielen. Nicht mal mit dem Rudeleigenen. Keiner! Weder nach 6Monaten noch nach mehreren Jahren.


    Einfach weil ich mir des Risikos bewusst war, das allein das Größenverhältnis, zusammen mit dem Ernst den meine Hunde rassenbedingt mitgebracht haben, besteht.


    So ab 15kg war ich entspannter, aber auch dann nur sorgfältig beobachtet und moderiert. Lieber sind mir 20kg+, auch bei festen Hundekumpels. Und selbst dann weiß ich das es knallen kann.


    Wäre es etwas anderes wenn ich Golden Retriever hätte? Keine Ahnung, ich „denke“ halt in Gebrauchshunderassen.

  • Ich will zu dem Thema eigentlich nicht viel sagen, außer das es mir für alle Beteiligten unglaublich leid tut.


    Nur dazu das man sowas immer vorher sehen kann. Meine Schäferhündin hatte eine beste Freundin, ebensfalls Schäferhündin. 7 Jahre waren sie dick befreundet, sahen sich täglich. Eines Tages stürzte sich besagte Hundefreundin auf meine Hündin und hat damals meine Hündin und mich krankenhausreif gebissen. Warum und wieso ? Im Nachhinein gab es vorher Anzeichen , das stimmt, meine Hündin war krank und es gab eine neue Zweithündin. Trotzdem haben wir nach all den Jahren nicht damit gerechnet. Besagte Hündin hatte danach übrigens keinerlei Probleme mit Menschen oder anderen Hunden, nur meine beiden Hunde hat sie gehasst. Das ist lange her, inzwischen gab es andere Hunde in meinem Leben. Eine Garantie das man alles richtig macht gibt es aber weiterhin nicht, egal wie erfahren man ist,

  • Grundsätzlich würde ich aber sagen, dass es auch sehr auf die Passung der einzelnen Individuen und nicht nur auf die Körpergröße ankommt. Zwei Hunde, die ähnlich ticken und kommunizieren, funktionieren meiner Erfahrung nach auch bei größerem Gewichtsunterschied deutlich besser zusammen, als zwei Hunde, die von der gesamten Art her so unterschiedlich sind wie hier der Schäfer-Mix und der Mops. Da kann keiner der Hunde was für, aber die kommunizieren einfach schon rassebedingt total unterschiedlich, legen im Kontakt auf ganz andere Dinge wert und verstehen sich dadurch gegenseitig einfach tendenziell nicht sooo gut wie Hunde, die ähnlicher ticken. So zumindest meine Erfahrung.

  • Danke für eure vielen und teilweise wirklich ausführlichen und hilfreichen Antworten!


    Zuerst Mal die traurige Nachricht. Der kleine Henry ist heute Nacht eingeschläfert worden. Die Verletzungen im Gesicht und im Bauchbereich waren einfach zu stark. Ich bin unendlich traurig, ich kannte Henry auch seit Anfang an. Ich kann mir gar nicht vorstellen wie sich meine Freundin gerade fühlt. Sie sagt sie gibt mir nicht die Schuld, aber an ihrer Stelle wäre ich sauer auf mich.


    Wir haben das ganze nirgends offiziell gemeldet, auch nicht bei der Versicherung. Ich habe aber alle Kosten übernommen, was fast mein gesamtes Erspartes war, aber es ist für mich selbstverständlich.


    Die weniger traurige Nachricht ist, dass ich die Organisation heute erreichen konnte, sie haben mich zurückgerufen und von sich aus gesagt, dass ich Hera zurück geben soll. Ich weiß, viele hier sehen das als Verantwortung abgeben und wahrscheinlich ist es das. Aber ich kann mit diesem Hund nicht mehr leben, ich will auch gar nicht. Es fiel mir schon schwer als ich noch Hoffnung hatte das Henry überlebt, aber jetzt? Da ist keine Liebe mehr von meiner Seite.


    Hera wird morgen abgeholt und auf eine Pflegestelle gebracht.


    Ich bin erleichtert, natürlich irgendwo auch etwas traurig, weil wir 6 schöne gemeinsame Monate hatten, aber das alles scheint nun so unwichtig nach diesem Vorfall.


    Ich verstehe die Leute die sagen, dass man dem Hund nicht die Schuld geben darf. Ich glaube euch, dass ich eine Mitschuld trage, aber ICH habe Henry nicht getötet, das war Hera und ich kann ihr das nicht verzeihen.


    Hut ab an alle die damit umgehen könnten und konnten, aber ich kann es nicht.


    Besonderes Dankeschön an Karpatenköter für diese ausführliche Antwort. Hätte ich Hera behalten, wäre das genau das gewesen was ich gebraucht habe!


    Auch danke für die Trainervorschläge und die privaten Nachrichten!


    Meine Zeit als Hundehalterin ist somit beendet.

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