Haben wir ein systemisches Problem mit dem Tierschutz v.a. was "gefährliche" Hunde betrifft?
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warum du einen Hund, der einen anderen Hund getötet hat, gesellschaftlich für gefährlicher hältst als einen Hund, der die geliebte Katze des Nachbarn getötet hat
Zumindest in meinem Alltag treffen Hunde auf deutlich mehr andere Hunde als auf Katzen. Darüber hinaus hängt bei anderen Hunden häufiger ein Mensch mit dran, der Gefahr läuft, auch verletzt zu werden. Deswegen wäre in meinem Alltag ein Hund, mit Tötungsabsicht gegen Artgenossen eine größere Gefahr für seine Umwelt und eine umsichtige Sicherung noch deutlich wichtiger als bei einem mit Tötungsabsicht gegen Katzen.
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Hi
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Für mich trifft diese Frage nicht genau . Lange vor der Frage, ob es ein systemimmanentes „Problem“ mit „dem Tierschutz“ gibt, steht für mich die Frage, was denn die ideologische Erwartung an „Tierschutz“ ist. Und was der, der eine ideologische Erwartung hat, bereit ist, selbst dafür zu tun, dass sie sich realisieren kann.
Nüchtern betrachtet klafft zwischen den ideologischen und moralischen Vorstellungen und Vorurteilen, die bei solchen Diskussionen gerne umfassend ausgepackt werden, und unserer tatsächlichen Lebensrealität eine derartig riesige Lücke, dass Verdrängung und blinde Flecken schon im Ansatz vorprogrammiert sind. Sogar, wenn man Tierschutz sagt, aber Hundeschutz meint . Der Wurm ist also schon am Anfang im Apfel. Oder um mit Adorno zu sprechen (sorry, bei diesem Thema kann ich ihn nicht draußen lassen): Ideologie ist objektiv notwendiges und zugleich falsches Bewusstsein. Ideologische Erwartungen gehen fehl, wenn die lebenspraktische Basis nicht passt, die Ideologie aber den Blick darauf verstellt (verstellen muss), was tatsächlich passiert. Und sind nichtsdestotrotz essentiell für uns.
Eine Kluft, die sich z. B. darin zeigt, dass Tierschutz ein erklärtes Staatsziel ist, wir gesamtgesellschaftlich betrachtet aber alles andere tun als das. Dass das Staatsziel nicht zentral ausgeübt wird, sondern ein großer Teil an das Engagement Einzelner ausgelagert werden. Die sich dann der ideologischen Be- und Verurteilung ausgesetzt sehen.
Um von dem hochtrabendem Ast herunter zu kommen: Es gibt meiner Meinung nach an sich kein „System Tierschutz“. Es gibt ein staatlich vorgegebenes und nicht erfülltes Versprechen, es gibt Ideologien und Meinungen von Praktizierenden und noch viel mehr Ideologie und Meinungen von nicht Praktizierenden. Unterm Strich bleibt aber, da es eben keine hinreichende staatliche Gestaltung gibt: Wenn eine Gesellschaft guten Hundeschutz will, müssen die Mitglieder dieser Gesellschaft ihn entweder machen oder bezahlen.
Ist es so organisiert wie derzeit, dass der größte Teil der Praxis und der Finanzierung auf den Schultern einer Minderheit liegt, die in unzählige kleine Gruppen aufgespaltet sind, dann sieht die Praxis so aus, wie diese Aktiven sie gestalten. Nach ihrer eigenen Ideologie, ihren Vorstellungen und ihren inneren und äußeren Ressourcen. Klar darf man dass dann kritisieren, auch wenn man nicht beteiligt ist, und das Geschehen anhand seiner eigenen ideologischen Vorstellungen bewerten. Hilft aber schlussendlich nur dabei, das „falsche Bewusstsein“ aufrecht zu erhalten.
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Aber wie viele unproblematische Direktimporte gibt es? Ich kenne tatsächlich keinen wirklich problematischen (!). Lese ich immer nur hier (und ohne Frage, es gibt sie natürlich, bitte nicht falsch verstehen- aber echt in der Masse? Außerhalb des DF).
Wär tatsächlich mal interessant, das mit Zahlen zu hinterlegen. Hier im Viertel machen Direktimporte einen großen Anteil aus, richtig problematisch ist keiner. Viele sind erst mal ängstlich, aber nach ein paar Monaten sind die ganz anders unterwegs. Die Halter kommen mir oft deutlich problembewusster in Bezug auf die Special effects ihre Hunde vor als die mit Rassehunden, wo man sich schon fragt, ob die so eine top Idee als Stadtbegleithund ist, hier im Viertel z.B. Aussies, Setter, Weimaraner, Briard. Denen gehe ich eher aus dem Weg.
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Generell ist es mir etwas zu einseitig, "den Tierschutz" dafür verantwortlich zu machen, daß die Menschen zunehmend zu deppert sind, richtige Entscheidungen zu treffen, sich gescheit zu informieren und dann auch die Verantwortung für ihre Entscheidung zu übernehmen. "Geht er halt uns Tierheim!"
Weil sich die Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten allgemein geändert hat und das nicht unbedingt zum Guten. Ja, da kann man nicht den Tierschutz isoliert betrachten und daran herumbasteln, weil die Wurzel mMn viel tiefer liegt. Weil viele andere Bereiche langsam den Bach runtergehen - etwa das Bildungssystem. Wo die Lebensbedingungen auch für Menschen nicht (mehr) so gut sind (wie sie mal waren), wirkt sich das eben auch auf die Tiere aus.
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Eine Kluft, die sich z. B. darin zeigt, dass Tierschutz ein erklärtes Staatsziel ist, wir gesamtgesellschaftlich betrachtet aber alles andere tun als das. Dass das Staatsziel nicht zentral ausgeübt wird, sondern ein großer Teil an das Engagement Einzelner ausgelagert werden. Die sich dann der ideologischen Be- und Verurteilung ausgesetzt sehen.
Um von dem hochtrabendem Ast herunter zu kommen: Es gibt meiner Meinung nach an sich kein „System Tierschutz“. Es gibt ein staatlich vorgegebenes und nicht erfülltes Versprechen, es gibt Ideologien und Meinungen von Praktizierenden und noch viel mehr Ideologie und Meinungen von nicht Praktizierenden. Unterm Strich bleibt aber, da es eben keine hinreichende staatliche Gestaltung gibt: Wenn eine Gesellschaft guten Hundeschutz will, müssen die Mitglieder dieser Gesellschaft ihn entweder machen oder bezahlen.
Ist es so organisiert wie derzeit, dass der größte Teil der Praxis und der Finanzierung auf den Schultern einer Minderheit liegt, die in unzählige kleine Gruppen aufgespaltet sind, dann sieht die Praxis so aus, wie diese Aktiven sie gestalten. Nach ihrer eigenen Ideologie, ihren Vorstellungen und ihren inneren und äußeren Ressourcen. Klar darf man dass dann kritisieren, auch wenn man nicht beteiligt ist, und das Geschehen anhand seiner eigenen ideologischen Vorstellungen bewerten. Hilft aber schlussendlich nur dabei, das „falsche Bewusstsein“ aufrecht zu erhalten.
Naja, es gibt vielleicht kein staatlich gesteuertes, finanziertes, und funktionsfähiges System Tierschutz, aber ich finde schon, dass man den Komplex Tierschutz systemisch betrachten kann, besonders im Hinblick darauf, wo Mängel liegen.
Ich persönlich denke, dass in den kommenden Jahren, die Hundehaltung potentiell gefährlicher Hunde (gewisse Größe/Gewicht) von staatlicher Seite aus noch stärker reguliert werden wird.
Gefährdungen durch Hunde werden in unserer Gesellschaft immer schlechter toleriert und durch die Zunahme der Hundepopulation wird es einfach noch häufiger zu Gefährdungen und Belästigungen durch Hunde kommen.
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Das hat aber doch nichts mit Tierschutz zu tun, das ist Gefahrenabwehr. Ebenso übrigens auch die staatliche Finanzierung von Fund- und Beschlagnahmungstieren.
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Erstmal bei einer Einzelperspektive anfangend: Ich bin die Tierschutzuschi, die entscheidet, wer ein Tier mitnehmen darf und wer nicht. Macht mich extrem beliebt. Tiere, die einmal bei mir war, können immer zurück.
157 Tiere. Ein Rückläufer. Nicht, weil er auffällig war oder falsch vermittelt. Sondern weil das tot geglaubte erste Tier nach Monaten zurückkam und sich trotz weiterer Monate der Vergesellschaftungsversuche kein Frieden einstellte.
Damit ich gewährleisten kann, dass ich Tiere zurücknehme, muss ich bei der Auswahl der neuen Halter gründlich sein. Da beginnt es bereits: Das will kaum jemand. Hier im Forum wird das gerne als "sich nackig machen" bezeichnet. Keinen geht irgendwas irgendwas an. Es ist ein Kaufvertrag, schon bevor die Tinte trocken ist, ist es meins, ich kann machen, was ich will, ich weiß es selbst am besten und wenn es aufgrund der eigenen, grenzenlosen Selbstüberschätzung in die Binsen geht, ist der böse TS schuld und ich mach von Rückgabe oder vom Umtauschrecht gebrauch. Für den Käufer ist das fürchterlich angenehm.
Der kann sich lustig ausprobieren, wenn es nicht passt, hat er sich nichts vergeben, geht das defekte Tier eben zurück. Im seriösen Tierschutz muss man Tiere schließlich jederzeit wieder abladen können, wenn man feststellt, dass die Liebe auf den ersten Blick vom ersten Foto des Tieres auf der Website dann doch nicht reicht, um im realen Leben miteinander klarzukommen. Und die "Liebe" doch kein Ersatz für die passenden Voraussetzungen ist, die man weder nachweisen, noch bieten wollte noch konnte.
Da ergibt sich das nächste Problem: Zurückgeben bedeutet, ein Tier abladen, dass man in der Zeit geprägt hat. Hat man ihm erfolgreich das Knurren als Warnung abgewöhnt? Hat es nun Angst vor Männern? Jagderfolge gehabt? Ständig im Auto eingesperrt und nun nicht mehr der entspannte Mitfahrer, der das Tier bei Abgabe war? Steht nun ein Beißvorfall in der Akte oder wurde gar ein anderes Tier getötet? Übergewicht oder sonstige gesundheitliche Probleme? Auf den Gelenken komplett kaputt, weil überfordert ohne Ende? Nervlich am Ende, weil überall mit hin gezerrt oder bei Fremden abgeladen? Kann nun nicht mehr alleine bleiben, weil sogar in der Wohnung ständig an der Leine festgebunden oder in Box gesperrt?
Als seriöser TS soll man einerseits keine Fragen stellen und andererseits soll man die Fehler anderer am laufenden Band ausbügeln. Man soll allwissend sein, Gedanken lesen können und Garantien geben. Nur geht das eben nicht. Ich bringe mal einen Vergleich: Bei sachgemäßer Nutzung kann ich versichern, dass die Waschmaschine wäscht. Dann wird in den unterschiedlichsten Programmen eine Bowlingkugel durchgejagt und sich darüber beschwert, dass die Waschmaschine nach 6 Monaten kaputt ist, ausläuft und man hat die letzte Woche schon mal Kurzpogramm mit Gardine probiert, aber es ändert sich dennoch nichts am unmöglichen Verhalten der Waschmaschine - die wurde offensichtlich falsch beworben. Würde sich irgendjemand wundern, wenn der Verkäufer sagt: "Aber sonst geht's dir gut?" würde irgendjemand mit der Wimper zucken, wenn man den Käufer auf seinem selbstverschuldeten Mist sitzen lässt?
Nur bei Tieren. Da ist es einerseits ein Kaufvertrag, was ich damit anstelle geht keinen was an. Sobald ich das Geld über den Tisch schiebe ist es meins. ABER, wehe, das wird nicht zurückgenommen, wenn ich keinen Bock mehr habe oder merke, ich schaffe es nicht. Dann ist es mit einem Schlag ein Lebewesen. Und das muss doch von dem zurückgenommen werden, von dem ich das habe. Sonst ist der, der es nicht sofort zurücknimmt - und das wird hier fürchterlich gerne perpetuiert - unseriös.
Für mich ist an diese Stelle ein entscheidender Knackpunkt. Bei der Eigenverantwortung und beim seriösen Tierhalter. Gäbe es mehr davon und weniger "Ach, du hast Probleme? Schaff dir ein Tier an!"-Gerede, würden mehr Menschen Tierhaltung vorher absichern, gäbe es weniger "gefährliche" Tiere. Weniger Tiere, die überhaupt erst versemmelt wurden. Weniger Tiere, die schweren Herzens abgegeben werden, weil unter falschen Voraussetzungen angeschafft. Allein dadurch würde sich ein großer Teil des TS erledigen. Weil er schlicht nicht mehr nötig wäre. Über den seriösen Halter wird nur nie gesprochen, obwohl mit ihm vieles steht und fällt.
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MoniHa
Was ist deine Lösung? Die Hundehalter sollen ihre Tiere halt einfach behalten, wenn sie überfordert sind?
Nah klar bin ich auch nicht dafür, dass Tiere leichtfertig wieder abgegeben werden, aber das ist doch Wunschdenken.
Reden wir also von Tierschutzarbeit und die kann ja nun nicht sein, sich nicht mehr um die vermittelten Hunde zu kümmern, wenn es Probleme gibt. Nur darum geht es, dass sich jeder Tierschutzverein verantwortlich für die von ihm vermittelten Hunde zeichnet und nicht andere Tierschutzvereine einspringen müssen. Ja, das erwarte ich von einem Tierschutzverein.
Natürlich hast du Recht, wenn du sagst, die Hunde kommen nicht so zurück wie sie gegangen sind. Aber genau das macht doch eben auch Tierschutzarbeit aus, den Hunden zu helfen, die Hilfe brauchen. -
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Ich finde MoniHa s Text alles nur nicht selbstherrlich.
Es beschreibt den Ist-Zustand der Haltung Gesellschaft und deren Folgen sehr gut.
Bezeichnend hingegen ist wer sich gerade hier, in einem Hundeforum, dies als selbstherrlich bezeichnet und wer in einem merkwürdigen nach der Lösung der Userin für diesen Zustand fragt.
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