"Erziehung ohne richtig gesetzte Korrekturen ist ein Verbrechen am Hund."

  • Ich komm jetzt mal mit dem berühmten Bauchgefühl um die Ecke.


    In unserem Haus gibt es bestimmte Hausregeln, die möchte ich gern sehen bzw nicht sehen. Je nach Hund und auch je nach seinem Entwicklungsstadium passe ich das an, wie ich ihm meine Regeln vermittle.


    Der eine Hund ist vielleicht weich, unsicher und bemüht, der wird viel bestärkt und gelobt und da passe ich auch meine Erziehung an und generiere viele positive Erfolgserlebnisse.

    Der nächste ist vielleicht ein kleines Schlitzohr, der sich jeden Tag neuen Blödsinn einfallen lässt und dem ich auch mal deutlich und direkt sagen muss, wie ich das finde, und der das zur Kenntnis nimmt, sich kurz schüttelt und dann zur Tagesordnung übergeht.


    Der eine Hund braucht klare Ansagen, der nächste muss über Teamarbeit ins Boot geholt werden, für den nächsten Hund muss es sich lohnen (oder alles drei auf einmal).



    Ein Hund, der weiss, wo sein Platz ist und der das Gefühl hat, von mir gut und sicher geführt zu werden, der ist zufrieden und entspannt. Tu ich das intuitiv und authentisch, bin bei mir, dann merkt das auch der Hund.




    Was ich oft beobachte, ist, dass Menschen verunsichert sind und sich nicht trauen, ihren Schutzbefohlenen eben diese Führung zukommen zu lassen (auch bei Kindern bspw.).

    Das wird dann bemäntelt mit "muss man sich entfalten lassen", Autonomiebedürfnis des Kindes oder Tieres, Ablehnen von Gewalt, die angeblich schon bei einer verbalen Ansage beginnt etc.



    Im Grunde erlegt man dann die Verantwortung für das Setzen der Grenzen dann der Umwelt auf.


    Den Menschen, die nur noch mit Gerte ins Paddock gehen können um ihr Pferd aus der Herde zu holen, weil sie sonst vom grenzenlos und unerzogenen Pferd angegriffen werden, die HH, die einen fremden Hund wegtreten müssen, weil er nicht auf den RR hört und den eigenen Hund umbombt oder angreift, den Lehrern oder Erzieherinnen, die mit den unerzogenen Kindern jeden Tag umgehen müssen und ihnen die Grundregeln des gelingenden Zusammenlebens beibringen müssen.



    Beispiel, am Campingplatz waren am Nachbarstellplatz Leute mit 2 großen Hunden, die permanent gebellt und gejault haben ergo unter immensem Stress standen und dafür permanent angeschrien wurden. Mit denen wurden dann auch noch völlig sinnlose Dominanzübungen gemacht, zb durften die nur im Liegen fressen (ich hab es selbst nicht gesehen, sonst hätte ich was gesagt).

    Dann liefen die andererseits aber stets mit schleppender 2m Leine rum. Es kam wie es kommen musste, einer von denen hat sich losgemacht und lief auf meine 2 zu, die gerade angeleint warteten, dass wir zur Abreise ins Auto einsteigen. Ich hör nur die Tochter schimpfen, seh den Hund auf meine 2 zukommen und bin händeklatschend dazwischen und hab den Hund erschreckt und weggeschickt.

    Der hat sich so erschreckt, dass er sich auf dem Absatz umgedreht hat und in den Wohnwagenaufbau fürs Fahrrad gesprungen ist. Hat ihm natürlich weh getan, tat mir leid für ihn.


    War aber für mich in dem Moment Gefahrenabwehr, ich hätte keinen Stress brauchen können mit meinen zwei. Wäre der Hund besser im Gehorsam gestanden, wäre er angeleint gewesen... hätten wir uns das alle sparen können.


    Solche Leute nerven mich. Lassen ihren Hund ohne Führung und dann, wenn er was falsch macht, bricht gefühlt Armaggedon über den herein und der weiss gar nicht was los ist. Das ist einfach nur unfair.

  • Ich bleibe jetzt mal bei uns.

    Wir haben Till sehr, sehr viel über positive Verstärkung erzogen.

    Unser Fundament besteht zu aller erst aus Vertrauen und zusätzlich haben wir ihm von vornherein gezeigt wie toll es ist, wieviel Spaß es macht und wie gut er sich dabei fühlt etwas mit seinen Menschen zusammen zu machen. Und eine leckere Belohnung gibt es noch oben drein. :D Die Signale wurden positiv und mit viel Spaß beim Training aufgebaut. Er hat also positiv von uns vermittelt bekommen, was wir von ihm möchten.

    Bei einem, von sich aus, sehr unkomplizierten Hund, den wir zudem bereits mit 8 Wochen bekommen haben, hat das alles immer super funktioniert. Trotzdem gab es bei uns Situationen in denen eine Korrektur notwendig war. Zwar reichten sehr. sehr wenige und sehr sanfte Korrekturen aus um zum Ziel zu führen; aber die waren notwendig. Ob es ein Verbrechen gewesen wäre ihn nicht zu korrigieren? Ich weiß es nicht. Ich denke aber es wäre zumindest sehr schade, und auch unfair ihm gegenüber, gewesen wenn wir ihn nicht korrigiert hätten. Denn das hätte für ihn sicherlich wesentlich weniger Freiheit bedeutet.... und dass nur um ihn diese paar Male nicht korrigieren zu müssen? Meine Antwort darauf für mich lautet: "Nein"...

    Da Till nun wirklich ein sehr unkomplizierter Hund ist und sehr gut zu erziehen war, er als Welpe zu uns kam und wir somit sehr gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Erziehung hatten; wir aber trotzdem korrigieren mussten; stelle ich es mir sehr schwierig vor, dass es ganz ohne geht

    Es mag einen Weg geben, der in annähernd der selben Zeit zum gewünschten Ergebnis führt. Ich kenne ihn jedoch nicht.


    LG


    Franziska mit Till

  • Womit wir aber wieder bei den Sonderfällen wären

    Das müssen doch keine Sonderfälle sein. Sehr hohe Errungslage, vielleicht weil der Hund von Charakter und Temperament schon so ist... schon wird der Hund, je nach Typ, für eine Korrektur nicht mehr erreichbar.

  • Womit wir aber wieder bei den Sonderfällen wären

    Das müssen doch keine Sonderfälle sein. Sehr hohe Errungslage, vielleicht weil der Hund von Charakter und Temperament schon so ist... schon wird der Hund, je nach Typ, für eine Korrektur nicht mehr erreichbar.

    Ähm ja, das gibts natürlich auch noch. Wenn man das noch nie erlebt hat, dann kennt man das nicht. War für mich dann auch ne neue Lernerfahrung :hust:


    Dann kannst du nur durch die akute Situation managen und durch Training üben, dass der Hund so früh wie möglich wieder ansprechbar ist. Das natürlich positiv.

    Oder verhindern, dass der Hund überhaupt so abtiltet zb durch Abstand.


    Und nicht sofort an sich selbst zweifeln oder an den eigenen Kompetenzen. Als ich das erste Mal erlebt hab, wie ein Hund im Tunnel verschwindet, kam ich mir vor wie... ja, keine Ahnung. Doof.

    Aber dann sucht man sich Hilfe, liest Bücher, redet mit anderen, die einen ähnlichen Schlag Hund haben.


    Und trotzdem etabliert man Regeln. Hohe Trieblage und Tunnel in Ehren, aber in mich wird nicht reingebissen. Basta.

    Man korrigiert nicht in der akuten Phase, aber man hat vorher und nachher und auch währenddessen noch viele andere Handlungsmöglichkeiten.


    Im Gegensatz dazu dann die Fraktion der Hilflosen, die sich nicht handlungsfähig sehen und das einfach laufen lassen. Da kann dann leider nix Gutes rauskommen und Leidtragender ist dann der Hund.

  • ich hab mir alle Probleme die ich mit meinen Hunden hatte über "ja nicht strafen" eingebrockt. Ich kannte aus meiner Heimat das andere Extrem und wollte es anders machen bei meinen Hunden.


    Die Hunde die ich kenne die "nur über Leckerli und niemals strafen" erzogen werden, gerne auch mit dramatischer Miene weil der "hat es so schwer weil der ist aus dem Tierschutz" sind die die immer an der Flexi laufen, sich extremst in Situatuonen reinstressen und wo sehr viel um den Hund gemanaged wird damit der Alltag passt. dann kläfft der Hund sich halt ständig in Rage oder hütet beim Gassi Mal eben Jogger und Radfahrer, der ist ja nicht aggressiv dabei.


    Wenns die Leute so machen wollen ist das letzten Endes nicht mein Kaffee, ich möchte aber bitte meinen Hund so erziehen wie ich das für nötig halte. Und das ist nicht nur über Strafe, aber eben unter Berücksichtigung aller vier Quadranten.

    Strafen ohne Alternativverhalten aufgebaut zu haben ist Mist. Aber durch einer Kombi aus Allem kann man dem Hund sehr gut beibringen was von ihm erwartet wird.

    Mein Hund fände übrigens kein Superduperleckerlie oder Spielzeug so belohnend wie es Jagen oder sich mit wem Kloppen wäre. Deshalb hat er gelernt dass das nicht erlaubt ist und er, wenn er sich an unsere Abmachungen hält, sehr viele Freiheiten hat.

  • Ich denke ohne Korrekturen geht es nicht, nur muss man erstmal definieren, was ist eine Korrektur/Strafe, fängt das schon bei einem Nein an. Ist es wenn man körperlich wird.


    Ich finde es immer sehr schwer und für Ersthundehalter unmöglich zu wissen was ist eigentlich eine Korrektur, was versteht man unter einer Ansage, usw.

    Meiner Meinung nach ist es kein Problem dem Hund stimmlich oder auch durch blocken klar zu machen das ich dieses Verhalten nicht möchte. Ganz ohne diesen Dingen wird es nicht funktionieren.

    Unerwünschtes Verhalten ignorieren ist eine liebe Idee, nur wird der Hund nicht lernen, nicht auf den Tisch zu springen, das Bettzeug, die Schuhe, usw. nicht zu fressen. Da muß ihm schon gesagt werden das er das nicht darf. Dazu biete ich Alternativen.


    Manch einer wird aber bei lesen eurer Zeilen denken, der typische Klaps auf den Hintern, oder Gott behüte irgendein Dominanzgehabe, wäre nicht nur OK, sondern sogar unvermeidbar.


    Mich hat die Hundeprofi Folge gestern echt schockiert, als sich die HH auf ihren Hund geschmissen hat um ihm zu zeigen wer der Boss ist. Das es Trainer oder Schulen gibt die so arbeiten ist echt furchtbar.

    Abgesehen davon das es nix gebracht hat, nur alles schlimmer gemacht hat.

  • Gutes Management fließt doch gleich ins Training mit ein.


    Beispiel:

    Hund zieht an der Leine immer zu Menschen hin.


    Training: ich bringe Hund bei zu sitzen


    Management: auf dem Spaziergang gehe ich auf die Seite und lasse den Hund sitzen.


    Training: Hund steht auf, ich korrigiere.

    Beim nächsten Mal lasse ich den Hund wieder sitzen, wenn ein Passant vorbei läuft. Hund steht nicht auf, ich belohne.


    Management: jedes Mal wenn ein Mensch vorbei kommt, lasse ich Hund sitzen.


    Training: Ich korrigiere jedes Mal, wenn der Hund aufsteht.

    Irgendwann lernt der Hund "ich muss sitzen" und "andere Menschen sind nichts aufregendes".


    Usw.


    Ich finde, dass man da nicht gut trennen kann, weil der Hund im Idealfall immer etwas lernt bzw. irgendwann anders oder im besten Fall garnicht mehr unangemessen auf sein Umfeld reagiert.

    Bei Ares funktioniert gescheites "Umdenken" einzig und allein durch Gehorsam. Auf andere Hunde (aggressiv) zu reagieren ist in seinen Augen seine Aufgabe. Gebe ich ihm also keine andere Aufgabe in Form von Gehorsam, was auf den ersten Blick wie reines Management wirkt, so rastet Ares eben aus.

    Je öfter er aber Hunde beobachten kann ohne dabei auszurasten, desto mehr verändert sich seine initiale Reaktion auf diese.

    Es kann aber auch sein, dass seine Reaktion sich niemals verändern wird (in Real läuft es nämlich darauf hinaus, dafür ist das Verhalten durch genetische und charakterliche Veranlagung viel zu schnell verfügbar), weshalb gut sitzender Gehorsam das beste Management bleibt.

    Zuverlässigkeit in diesem Verhalten erlangt man bei einem Hund mit aggressivem Charakter nur durch Korrektur bei Fehlverhalten. Im richtigen Moment zu belohnen ist übrigens genauso wichtig.


    Bei mir und Ares läuft das übrigens komplett ohne Leckerchen. Nicht, weil ich dagegen bin, sondern weil die bei Ares nicht den Effekt haben, den ich gerne hätte. Stattdessen nehme ich selten mal einen Ball mit, 99% sage ich "gut gemacht" oder "supi".

  • Womit wir aber wieder bei den Sonderfällen wären

    Das müssen doch keine Sonderfälle sein. Sehr hohe Errungslage, vielleicht weil der Hund von Charakter und Temperament schon so ist... schon wird der Hund, je nach Typ, für eine Korrektur nicht mehr erreichbar.

    Wenn der Hund nicht erreichbar ist stimmt die Korrektur idR einfach nicht.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!