Können Hunde empathisches Verhalten zeigen? Können Hunde Schutzbedürftigkeit bei anderen Lebewesen erkennen und entsprechend rücksichtsvoll handeln?

  • Als was, wenn nicht als "Jungmenschen", sehen diese Hunde denn dann Kinder an? Als Marsmännchen?

    Kleinere, unberechenbare Säugetiere - dh entweder eine potentielle Gefahr oder ein potentielles Beutetier.
    (Gilt für manche, idR schlecht / kaum sozialisierte, Hunde)

  • Als was, wenn nicht als "Jungmenschen", sehen diese Hunde denn dann Kinder an? Als Marsmännchen?

    Kleinere, unberechenbare Säugetiere - dh entweder eine potentielle Gefahr oder ein potentielles Beutetier.
    (Gilt für manche, idR schlecht / kaum sozialisierte, Hunde)

    Was sehen denn idR gut sozialisierte Hunde darin?

  • Es ist etwas anstrengend, wenn du Diskussionsstränge in unterschiedlichen Threads weiterführst.

    Ich sehe nicht, dass Hunden ihr Territorialverhalten in ihrer Entwicklung zum heutigen Haushund abhanden gekommen ist. Ganz im Gegenteil wurden Hunde in den letzten tausenden von Jahren eben genau auf dieses Verhalten, nämlich Fremde vom Lebensraum des eigenen Sozialverbandes fern zu halten, selektiert.

  • Ich zitiere mich mal aus meinem ersten Beitrag hier :smile:

    Das ist dein Argument?


    Ach herrjeh ...

    Dann lies vielleicht nochmal vollständig nach, dann brauchts vielleicht auch keine Stoßseufzer.


    Einmal umfangreich aufgerollt (damit wars das dann aber auch von meiner Seite dazu): Wenn man den weit reichenden Begriff der Empathie nicht auf einen Teilausschnitt der sogenannten „affektiven Empathie (was auch mehr ein Arbeitsbegriff als sonstwas ist)“ reduzieren will, dann bezeichnet Empathie bei Weitem mehr als das Erfassen der Gefühle eines Anderen. Empathie bezeichnet, grob gesagt, die Fähigkeit, sich an die Stelle des Anderen zu versetzen, indem man sich die Situation des Anderen verbildlicht und sich selbst in diese Situation versetzt. Der Erwerb dieser Fähigkeit ist eng nach den klassischen Erklärungsmustern mit dem menschlichen Primat des Sehens verknüpft. Über die Erfahrung, sich selbst im Spiegel zu erkennen und sich selbst „mit den Augen eines Anderen“ zu betrachten. Dieser Empathiebegriff setzt sowohl ein sich entwickelndes Bewusstsein seiner selbst voraus als auch die Fähigkeit, dieses Bewusstsein zu transzendieren. Und wie wir uns dabei verorten, unser Begriff von Präsenz, ist wesentlich bedingt durch das Sehen. Bzw. über die tradierte Erfahrung dessen.


    Ob und in welchem Umfang Hunde ein Ichbewusstsein entwickeln, ist Gegenstand etlicher Theorien und Diskussionen, aber nicht geklärt. Aber was verhältnismäßig klar ist: Sie haben einen anders gearteten Wahrnehmungsapparat als wir mit anderen Schwerpunkten. Welche Auswirkungen das genau hat, darüber können wir nur spekulieren. Aber notwendigerweise unterscheidet sich die hündische Sozialisation von der Unseren.


    Dass Hunde Gefühle von Menschen erkennen, deuten und auf sie reagieren können, dass sie sie ggf. auch von den Menschen, die ihre Sozialpartner sind, übernehmen können, dazu gibt es mittlerweile Studien. Unten mal als Beispiel ein (wenn auch recht idealisierender) Artikel. Ja, Hunde können bei gelungener Kommunikation ihre Menschen wohl lesen und deuten und im sozialen Miteinander darauf reagieren. Auf eine Art und Weise, die der Sozialpartner Mensch als tröstend, bestätigend und Freude spendend erlebt. U. A. deshalb haben wir sie ja, vermutlich heutzutags vermutlich häufiger als wegen ihrer „Arbeitseigenschaften.“ Sprich: Wir haben Hunde dafür, um unsere Bedürfnisse auf sie zu projizieren. Was ja auch völlig ok ist, so lange wir ihnen die eigenen Bedürfnisse nicht aberkennen bzw. sie nicht verkennen.


    Ja, Hunde können teils bzw. individuell Erwartungen ihres Menschen im sozialen Miteinander deuten und danach handeln, ohne dass er es ihnen explizit bzw. bewusst beibringt. Auch im Verhalten Anderen gegenüber.


    Das ist aber etwas Anderes, als so weit reichende Empathie, dass diese den Hund befähigen würde, abstrakte menschliche Sozial- und Moralkonzepte zu übernehmen wie z. B. den „instinktiven Schutz eines schwächeren Nichtverwandten um seiner Schwäche willen“. Was ja noch nicht mal ein allgemeingültiges menschliches Konzept ist (nehmen wir konsequente Anhänger von Levinas mal aus).


    Hunde können im Rahmen ihrer individuellen Möglichkeiten, Vorerfahrungen, Einschränkungen … lernen, dass Menschenkinder schützenswerte und tolerant zu behandelnde Lebewesen sind. Rein über den Erwerb von geleitetem Verhalten. Dafür braucht man den Begriff der Empathie nicht zu bemühen. Die dafür notwendigen Eigenschaften lassen sich sicher auch mit Zucht/Selektion ausformen. Das heißt aber definitiv nicht, dass ein Hund diese „Erkenntnis“ angelegt haben muss, um der (hündischen) Norm zu entsprechen, es gibt einfach zu viele Gegenbeispiele.


    Was es an „Mehr“ im „hündischen Bewusstsein“ gibt, ist sicher eine spannende Frage. Aber eben hochanfällig dafür, Gegenstand von menschlicher Projektion zu sein.


    Edit: Noch der versprochene Link:


    National Geographic - Ansteckende Emotionen

  • Danke erst mal für die ausführliche Antwort.


    Bei deinem Zitat kam das bei mir anders an.


    Ich meine zu verstehen, wo der Knackpunkt bei diesem ganzen Austausch liegt:


    Das ist aber etwas Anderes, als so weit reichende Empathie, dass diese den Hund befähigen würde, abstrakte menschliche Sozial- und Moralkonzepte zu übernehmen wie z. B. den „instinktiven Schutz eines schwächeren Nichtverwandten um seiner Schwäche willen“. Was ja noch nicht mal ein allgemeingültiges menschliches Konzept ist (nehmen wir konsequente Anhänger von Levinas mal aus).

    Das menschliche Abstraktionsvermögen ist sicherlich nicht mit dem Denkvermögen unserer Hunde gleich zu setzen.


    Die Moral, wie wir sie als Menschen heute definieren, ist aber nicht aus dem Nichts entstanden, sondern hat sich im Laufe der menschlichen Evolution entwickelt.


    Moral war dabei lange Zeit ein Alleinstellungsmerkmal des Menschen, es hat ja auch lange gedauert (und ist bei vielen Menschen noch nicht wirklich angekommen), dass Tieren überhaupt Gefühle zugestanden wurden, Einfühlungsvermögen (Empathie) Tieren zuzugestehen fällt da noch schwerer - wie unmöglich ist da die Annahme, Tiere könnten moralisch handeln?


    Es wird ja immer mit dem menschlich-abstrakten Moralverständnis verglichen, darin besteht eben auch die Gefahr, die du siehst: Hunden werden Maßstäbe übergestülpt, die eigentlich der menschlichen Befähigung entsprechen, und damit wird eine Erwartungshaltung auf den Hund übertragen, die ihm gegenüber ungerecht ist, und die er auch nicht erfüllen kann.


    Wie z. B. dein oben im Zitat aufgeführtes Beispiel des "instinktiven Schutzes eines schwächeren Nichtverwandten um seiner Schwäche willen".


    Das wäre auch ein Beispiel für falsche, weil völlig überzogene Vermenschlichung von Hunden.


    Nach allen heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen haben Hunde Gefühle, Empathie und auch die Fähigkeit für moralisches Handeln.


    In ihrem Sozialverhalten sind sie dem Menschen näher als ihrem Vorfahren, dem Wolf (Feddersen-Petersen).


    Das liegt alleine daran:


    Zitat


    „Aufgrund der engen Verbindung zwischen Hund und Mensch haben sich die beiden Spezies miteinander entwickelt – und das hat mit der Zeit dazu geführt, dass sie die Gefühlsregungen des anderen lesen können. Das ist außergewöhnlich für zwei Spezies“, sagt Julia Meyers-Manor.

    Ein Zitat aus dem von dir verlinkten Text - und der Schlüssel liegt in diesem "miteinander entwickelt".


    Genau diese Entwicklung, auf der Basis des hoch entwickelten Sozialverhaltens von Hunden und der hohen Anbindung an den Menschen, macht es möglich, Hunden unsere eigenen Maßstäbe für Verhalten nahe zu bringen - nahe zu bringen heißt nicht 1:1 übertragen, aber es heißt, es für den Hund begreiflicher, nachvollziehbarer zu machen, und das beeinflusst sein eigenes Verhalten.


    Das gelingt aber nur durch Lernen/entsprechende Lernerfahrungen.

  • Die Fähigkeit, einfühlsam andere Lebewesen (Artgenossen, aber eben nicht nur auf diese beschränkt) betrachten zu können, würde also einen Beutegreifer über kurz oder lang zum Aussterben verurteilen?

    Nein - warum auch. Aber der Beutegreifer kann halt unterscheiden, wanns angebracht ist (sonst könnte er nicht jagen), und ein Halter kann ihm beibringen, daß zB mit Kindern/Fremden/alten Menschen vorsichtig umzugehen ist. Die Fähigkeit also nutzen und ausbauen, sodaß er sie im richtigen Moment zu verwenden in der Lage ist. Das erfordert aber natürlich die Erkenntnis des Halters, daß der Hund nicht von Natur aus weiß, daß ein hilflos erscheinendes Wesen geschont werden muß nach menschlichem Ermessen, und die Erkenntnis, daß man es ihm beibringen kann und muß. Letzteres funktionert aber eher nicht, weil wenn ich ganz blond davon ausgehe, ein Hund ist von Natur aus zum Kinder- und Altenpfleger geboren und würde niiie wen absichtlich verletzen - weil dann übe ich das natürlich nicht.

  • Ein Haushund, der Kinder nicht als Menschenwelpen erkennt, hat eine schwere Störung.

    Dass er sie als junge Menschen erkennt, bedeutet aber noch lange nicht eine vorhersagbare Art des Umgangs mit ihnen. Von Fressen bis Beschützen ist erstmal alles drin.

    Dass ein gut sozialisierter Hund die Kinder im eigenen Haus als Nachkommen des Rudelgründers (ich nenne die Sozialgemeinschaft aus Mensch und Hund einfach mal Rudel, da ist für den Hund mehr Wahrheit drin, als oft hier diskutiert wird) erkennt und entsprechend behandelt ist wahrscheinlicher, als nicht. Das heisst aber nicht im Umkehrschluss, dass dieser Hund von sich aus weiss, dass er sie nicht zu maßregeln hat, wenn sie sich in seinen Augen inkorrekt verhalten.
    All das kann sehr rasch zu Mensch-Hund Missverständnissen und letztlich eben sogar zu Personenschäden führen.

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