Erziehung nach HTS - Gefährlich für die Bindung?
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In jeder alltagstauglichen Erziehung spielen sowohl Freiheiten wie auch Grenzen eine Rolle, ok. Für mich stellt sich deshalb eher die Frage, wie herum will ich es handhaben? So lange etwas nicht ausdrücklich verboten ist, ist es erstmal erlaubt - oder andersrum, was nicht ausdrücklich erlaubt ist, ist verboten?
Ich selbst bevorzuge ganz klar die erste Variante. Weil ich meinen Hund als Persönlichkeit schätze, und ein harmonisches Miteinander anstrebe. Wer statt dessen mehr Wert auf reines Funktionieren des Hundes legt, der kann natürlich auch mit dem entgegengesetzten Ansatz durchaus erfolgreich sein. Für mich persönlich wäre es nix, wenn ein Hund sich schlicht nicht mehr traut, Bedürfnisse anzumelden, sich zu entfalten und Persönlichkeit zu zeigen. Mir reicht es, wenn er im Zweifel ein "nein" akzeptiert.
Um es an einem Beispiel festzumachen: Wenn ich mit meinen früheren Hunden wie auch jetzt mit meinem Krümel spazieren gehe, war es schon immer ok, wenn sie an einer Wegkreuzung einen "Antrag gestellt" haben, wo sie gerne langgehen möchten. Wenn nix dagegen gesprochen hat, bin ich auch durchaus immer mal wieder diesen Vorschlägen gefolgt. Warum auch nicht? Wichtig war mir nur, wenn ich das Anliegen abgelehnt und einen anderen Weg gewählt habe, dass sie dann ohne große Diskussionen auch mitgekommen sind. Ein solches Verhalten wäre nach HTS dagegen ein absolutes NoGo, und würde strenge Zurechtweisungen nach sich ziehen. Da hat der Hund abzuwarten, was sein Mensch entscheidet, und sich danach zu richten, fertig.
Für mein persönliches Gefühl geht es bei HTS und ähnlichen Ansätzen, überspitzt gesagt, ganz viel um menschliches Machtgehabe. Während ich persönlich viel zu sehr das Gefühl genieße, mit meinem Hund gemeinsam an einer Aufgabe zu arbeiten. Mag natürlich daran liegen, dass mein Herz für Terrier schlägt, und die kann man mit so einem Vorgehen zwar brechen, aber nicht zurechtbiegen. Während sie zur Hochform auflaufen, wenn man ihnen ein gewisses Mitspracherecht zugesteht, und dann alles geben.
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War grade neugierig und habe nach ihr gesucht, da ist mir aufgefallen, dass ich ihre Videos auch schon mal in der Timeline hatte.
Ich finde richtig gut, dass sie so ausführliche Videos mit ihrem Welpen hochlädt. Dabei fällt es direkt leichter einzuschätzen, wie ihr Training (bzw. Teile davon) in der praktischen Ausführung aussieht und ob es für einen selbst passend ist.
Mir persönlich gefällt die Argumentation, mit der sie ihr Vorgehen teilweise begründet, nicht. Auf die Nachfrage, weshalb sie das "Aus" ohne Tauschen trainiert, heißt es beispielsweise, Hunde würden auch nicht tauschen. Mein erster Gedanke dazu ist immer, dass Hunde voneinander aber auch nicht erwarten, Beute auf Kommando auszuspucken oder andere lustige Tricks zu machen. Diese vermeintliche Imitation von Hundeverhalten funktioniert für mich argumentativ nicht. In ihren Videos sieht man außerdem einen sehr weichen und konfliktvermeidenden Welpen. Mich würde interessieren, wie sie mit einem Hund umgehen würde, der bei ihren Korrekturen (ich musste ein bisschen lachen, als sie die Leckerlies auf ihrem Küchenboden so verdroschen hat...) nicht direkt gehemmt reagiert.
In Bezug auf Bindung zum Halter ist mir zumindest in den Videos, die ich so überflogen habe, eins aufgefallen: sie zeigt ihren Welpen in der Freifolge und jedes Mal, wenn sie sich zu ihm umdreht und (ich vermute) ihn ansieht, reagiert er absolut gehemmt und vermeidend. Ich bin da vielleicht überempfindlich, aber mir tut das irgendwie im Herzen weh. Ich persönlich will, dass so ein kleiner Dötz beim Erkunden der Welt mit mir gemeinsam fröhlich unterwegs ist, mich mal übermütig anhüpft, frei exploriert und vor allem will ich niemals, dass mein Hund davor zurückschreckt, in meine Nähe zu kommen und mit mir Kontakt aufzunehmen. Ein verunsichert hinter mir hertrottender 12 oder 13 Wochen alter Welpe, der mich bei jedem Blick meidet, wäre zumindest für mich nichts erstrebenswertes und ich finde solche Ansätze vor allem bei einem Typ Hund mit so viel Zurückhaltung und WTP unnötig und einer vertrauensvollen Bindung nicht zuträglich.
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Ich habe das mal unter Anleitung versucht. Schon die erste Übung hat meinen draußen Menschen gegenüber zwar misstrauischen, aber im häuslichen Umfeld eigentlich freundlichen und zugewandten Hund, zum schnappen gebracht. Das war es dann für mich.
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Die Frage ist glaube ich weniger, was es mit der Bindung macht (sofern es fair angewendet wird, sehe ich da kein Problem), sondern vielmehr, ob es so sinnvoll ist, Dinge vorwiegend über Frust zu erarbeiten. Weil nichts anderes sehe ich in einem ständigen Deckeln, Eingrenzen, Strafen.
Milo (Mudi/Terrier) wäre zum Beispiel definitiv kein Hund dafür. Der hat eine viel zu niedrige Frustrationstoleranz und ist gleichzeitig zu willensstark und kernig, um ständig strafbasiert zu arbeiten. In erster Linie bin ich auf seine freiwillige Mitarbeit mittels Belohnung angewiesen, dann kann ich auch punktuell deutliche Grenzen setzen. Wenn ich Dinge aber vorwiegend über Strafe aufbauen würde, wär der ganz schnell genervt und frustriert und würde das entsprechend deutlich zeigen.
Ich habe z.B. mal eine Weile auf Anraten einer Trainerin versucht, die Leinenführigkeit übers Blocken zu erarbeiten. Joa, Hund fand das innerhalb kürzester Zeit so doof, dass er beim kleinsten Block seine Zähne gegen mich eingesetzt hat, weil hat ihn frustriert, fand er doof und das war halt seine Reaktion darauf.
Inzwischen läuft er (vorwiegend belohnungsbasiert) wunderbar an der Leine und ich kann ihn auf Basis dieser belohnungsbasiert aufgebauten Regeln auch wieder problemlos korrigieren.
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Nachtrag, weil ich nicht mehr editieren kann: Die andere Frage ist halt, mit welcher Einstellung ich als Halter*in meinem Hund begegnen möchte. Will ich mich ständig darauf fokussieren, was Hund falsch macht, um ihn dann zu korrigieren? Oder will ich mich vorwiegend darauf fokussieren, was Hund gut macht und das belohnen? Mir persönlich macht letzteres deutlich mehr Spaß und ja, ich glaube, dass diese Einstellung zum Hund vielleicht nicht die Bindung des Hundes an den Mensch, aber durchaus die Bindung von Mensch an seinen Hund langfristig beeinflussen kann.
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In aktuellen Videos mit ihrem Border Collie Welpen schlägt sie dazu auf das Leckerchen, das sie vor sich auf den Boden gelegt hat, als der Welpe sich dafür interessiert.
Genau, das war´s - sie hat das damals sehr ausführlich und blumig beschrieben, und ich dachte beim Lesen nur "Oh Gott, meine Hunde würden sich im hintersten Eck oder unterm Bett verkriechen und freiwillig nicht wieder rauskommen, wenn ich das machen würde!"
Mir persönlich gefällt die Argumentation, mit der sie ihr Vorgehen teilweise begründet, nicht. Auf die Nachfrage, weshalb sie das "Aus" ohne Tauschen trainiert, heißt es beispielsweise, Hunde würden auch nicht tauschen. Mein erster Gedanke dazu ist immer, dass Hunde voneinander aber auch nicht erwarten, Beute auf Kommando auszuspucken oder andere lustige Tricks zu machen. Diese vermeintliche Imitation von Hundeverhalten funktioniert für mich argumentativ nicht.
Ergibt total Sinn, was du schreibst, die Argumentation ist wirklich nicht sehr überzeugend.
Ich kann aber auch die Haltung nachvollziehen, dass es nicht für alles was gibt. Mir wäre das viel zu anstrengend. Ich finde irgendwie, dass ein Hund es auch aushalten kann, wenn man einfach mal sagt "Nein, das frisst du jetzt nicht" oder "Das machen wir jetzt nicht". Ohne Tausch, ohne Leckerli, ohne Alternativverhalten.
Wie immer muss man halt gucken, mit welchem Hund man wie am besten fährt. Aus Prinzip an irgendwelchen Grundsätzen festzuhalten finde ich auch ungünstig, und das ist bei bestimmten Methoden ja oft der Fall. Die sind mir oft viel zu unflexibel, deshalb würde ich nicht unbedingt zu einem Trainer gehen, der nach einer bestimmten Methode arbeitet. -
Will ich mich ständig darauf fokussieren, was Hund falsch macht, um ihn dann zu korrigieren? Oder will ich mich vorwiegend darauf fokussieren, was Hund gut macht und das belohnen?
Ich finde eine Mischung aus beidem gut. :)
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Ich war so ca 2012 dort und für mein Männlein war das optimal passend.
Er und ich haben enorm davon profitiert. Allerdings wurden Alltags- und Trickkommandos ganz üblich aufgebaut.
Die Ampel war für ganz andere Belange und das muss zum Hund passen.
Ein Hund, der sowieso schon auf einem normalen, energetischen Level ist, für den bringt das nichts. Nicht notwendig.
Diesen Ansatz via Video zu "lernen" und dann am eigenen Hund anzuwenden, halte ich für größten Unsinn!
Will man nach HTS vorgehen, sollte man sich live mit Hund coachen lassen - allerdings kann ich zum heutigen HTS nichts sagen, denn unser Besuch wurde von Micha (heute Mensch-Hund-Systeme) begleitet und das war vor der ganzen Rudelgeschichte.
Uns hat das damals extrem geholfen und hatte langfristig den Effekt, den Hund ansprechbar zu halten, worauf ja alles andere aufbaut.
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Am Ende ist es doch wie mit allem: es muss zum Mensch und zum Hund passen, es muss nachvollziehbar sein, es muss lerntheoretisch Sinn machen und es muss vom Halter umsetzbar sein.
Dafür braucht es keine Dogmen, keine Gurus und keine super duper Namen. Sondern Menschen, die einem das gut beibringen können. (Das sind nicht zwingend immer die, die am lautesten Werbung machen)
Manchmal habe ich das Gefühl in der Hundewelt (und bei den Pferden genau so) muss immer wieder alles neu erfunden werden oder jeder hat dann noch "seine" Linie und "seine" Methoden.
Manchmal denke ich: wenn man einem Raubtier beibringen kann, sich freiwillig und entspannt Blut abnehmen zu lassen, sollten wir es hinbekommen, unsere Hunde irgendwie schlau zu erziehen ohne die Lerntheorie dauernd neu erfinden zu wollen.
Nicht dass das immer so einfach wäre 😃 😉
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Ich persönlich finde es gut, sich solche "Systeme" mal anzuschauen, versuchen zu verstehen, wie sie funktionieren und sich dann punktuell das rauszuziehen, was einem für sich und den eigenen Hund passend erscheint.
Ein solches "System" starr über sich und seinen Hund zu legen, bringt es meiner Ansicht nach nicht. Sowohl man selbst als auch der Hund sind Individuen und man muss sich dann halt was eigenes zimmern, das passt.
Aber ich beschäftige mich gern mit verschiedenen Methoden und Konzepten, damit ich meinen Werkzeugkasten füllen kann und mir dann das raushole, was ich davon gebrauchen kann.
Erregungskontrolle find ich gut und auch das "Ampelsystem" an sich, weil es ja im Prinzip eine Art Eskalationsleiter ist, was Hunde halt einfach verstehen.
Aber ich regle auch einen jungen Hund nicht permanent runter, so dass er sich überhaupt nicht ausleben kann. Aber Ziel ist mittelfristig schon, dass der erwachsene Hund mit Aufregung umgehen kann und sich auch aktiv runteregelt, wenn man das einfordert, damit er auch immer ansprechbar bleibt.
Als ich das erste Mal mit HTS in Berührung kam ( allerdings theoretisch und auch über den Polar Chat, in dem sie glaube ich als "Karl" schrieb), fand ich einiges schon nützlich und nachvollziehbar.
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