Unsere Leinenrambos - Umgang, Austausch und (Erfolgs)geschichten

  • Nein wir reden sicher von verschiedenen Schulen. Leider arbeiten die Schulen hier aber zu 95% so oder ausschließlich über "rein positives" Arbeiten. Darum fahre ich inzwischen 150km eine Strecke zum Training, wo es eben eine Art Mittelweg gibt. :pfeif:


    Ich sage nicht mal, dass ich zu den 10% gehöre. Sondern lediglich, dass ich mir dieses Pöbeln tatsächlich durch den Oberbegriff "Leinenführigkeit" reinerzogen habe. Leider. Ich bin der Grund, wieso sie überhaupt diese Art mit einem inneren Konflikt umzugehen als Lösungsstrategie entwickelt hat. Zu hohe Erwartung, zu viel erwarteter Gehorsam, insgesamt einfach zu viel Druck.

    Und das wieder raus zu bekommen, ist echt ätzend :igitt:

  • Außerdem ist es ein Unterschied, ob man einen einzelnen 30 kg- Hund an der Leine bändigen muss oder zwei Hunde, die ZUSAMMEN 30 kg wiegen. Zwei Hunde haben eine ganz andere Dynamik bei einer Eskalation als EIN Hund.

    Da reichen auch schon zwei kleine Hunde... Die sind wendig, wiegen zusammen um die 20kg.. ich finde es auch einfach anders als nur mit einem Hund unterwegs zu sein, auf dem man sich halt definitiv besser konzentrieren kann, als wenn zwei Hunde pöbeln und aufbrausend sind.

    Hier isses tatsächlich so mittlerweile dass ich manchmal den Eindruck hab wenn ich mit beiden zusammen unterwegs bin krieg ich die effektiver dazu sich am Riemen zu reißen.

    Aber ich merke auch dass ich da noch ne Spur konsequenter bin, einfach weil ich noch weniger will dass mir zwei Hunde ( die zusammen circa 30 kg haben ) in die Leine gehen als einer.

    Dabei macht das irgendwo auch wieder keinen Sinn weils mit Zweien ja eigentlich komplizierter ist weil man auf mehr achten muss.

    Und dazu kommt ja auch noch dass Lilo auch die Neigung hat den Aufpasser spielen zu wollen wenn noch ein Hund dabei ist der im Zweifel eher mal Schutz braucht.

    Merke ich jetzt bspw wieder wenn wir mit dem Welpen unterwegs sind - es wird stärker markiert und man reagiert auf Fremdhunde nochmal blöder.

    Mit dem Zwerg bspw kommt die Komponente dazu dass der genau weiß dass Lilo Bodyguard Potential hat, was in manchen Situationen vorteilhaft und in anderen negativ sein kann.

    Sprich ich muss ihr wenn mindestens ein weiterer Hund dabei ist auch noch verklickern ,,Auf den aufzupassen ist by the way auch mein Job und nicht deiner."


    So an sich isses mit dem Zwerg so dass er aus zwei Gründen bei Hunden ein Problem hat :

    1. Territorial motiviert

    2. Unsicherheit ( da haben sich gewisse Situationen in der Welpenzeit einfach massiv eingeprägt)

    Ansonsten hat er ja schlicht und ergreifend 0 Interesse. Oben aufm Feld oder im Wald bspw total easy, da sind ihm sämtliche Fremdhunde vollkommen scheiß egal.


    Bei Lilo spielen da einfach wesentlich mehr Faktoren rein :

    - Territorialverhalten

    - mangelnde Sympathie/Unverträglichkeit

    - bestimmte Typen Hund ( die mal eher dem Feindbild entsprechen und mal eher für sie schlecht einzuordnen oder unsympathisch sind )

    - Frust

    - provozieren lassen

    - körperliche Verfassung ( wenn die Pfote wieder zickt ) oder Stress ( bspw weil aufregender Tag )

  • Ja wobei ich mich mal weit aus dem Fenster lehne und sage: auch das Agressionsverhalten ist bei vielen anerzogen.

    Wie viele Menschen ignorieren das einfrieren vom Junghund in der Situation. Oder verhindern, dass der Hund korrekterweise in überforderten Begegnungen beschwichtigend nen Bogen Schnüffeln will. Warum - weil der Hund ja leinenführig sein muss.

    Ja, es ist eine auftrainiertes Verhalten. Unabsichtlich auftrainiert, weil Selbstbelohnend. Ähnlich wie ein Hund der Schatten jagd oder Wild hetzt. Die Krux ist, dass es dafür kein vergleichbares Management gibt, womit der Hund unauffällig wird (wie eine Schleppleine an der der Hund lernt, dass er sein Verhalten hier nicht ausleben kann).


    Strafreize wirken schnell aktivierend, wenn sie nicht stark genug ausfallen.


    Das Problem an der Leinenführigkeit oder dem Fußgehen sehe ich dort, dass es nicht korrekt aufgebaut und generalisiert sowie abgesichert wird.


    So, habe ich zum Beispiel einen 16 Wochen alten DSH, der sagt "Wuff" an der Leine wenn er einen anderen Hund sieht. Damit fängt es häufig an, der Gegenüber bekommt Angst (ist leider oft so) und der Hund bemerkt das und denkt sich "Geil, bin ich ein starker Bursche!". Denen reicht es oft auch, dass sie die Bewegungen kontrollieren können. Die Leute drehen vielleicht um, bleiben stehen, werden zögerlicher. Das alles registrieren diese Hunde und verbuchen es als Erfolg.

    Ich arbeite das nun in mehreren Schritten. Auch präventiv bei Hunden die sich da unauffällig zeigen!


    Leinenführigkeit: mein rohes Ei! Ich verhinderte Ewigkeiten dass der Hund da ein falsches Bild bekommt und nutze alles was geht der Lerntheorie um ein absolut klares Bild zu etablieren. Ich trage Welpen, ich schleppe die mit nur um 2 Minuten auf Parkplätzen zu üben, usw. Da hängt NIE eine Leine am Halsband und der Hund darf ziehen oder sowas, hab ich keine Zeit lasse ich es einfach bleiben. Ziehen wird bei mir gehemmt. Und ja, mit manchen Hunden startet man bei -10000, ich kenne das. Startsignal ist das einklicken des Karabiners, Endsignal das Ausklicken, und am besten keine Erregungslage etablieren durch falsches Bestätigen oder Erwartungshaltungen.


    Schleppleine: Geschirr und eine lange Leine um immer Zugriff zu haben, Umorientieren zum berechen üben.


    Hemmung: den Hund für das "Wuff" hemmen, ein Abbruchsignal sauber aufbauen. Fehlverhalten darf nur in dem Maße auftreten, wie ich es abbrechen kann, das steigert sich mit der Zeit. Für alles andere hat man Management oder bringt den Hund am besten gar nicht in diese Situation.


    Belohnung: den Hund hochwertig belohnen wenn er das richtige tut. Sich umorientieren zu mir, bei mir bleiben. Nein, mit einem Junghund übe ich hier gar keine Leinenführigkeit in der Situation, dafür habe ich doch Geschirr und Schleppleine dran! Und ich gebe sehr viel acht auf Verhaltensketten. Ich verlange die Leinenführigkeit erst dann wenn der Hund es packt, dafür braucht es natürlich ein gefühl oder guten Trainer an der Seite und ist individuell verschieden.


    Notfallmanagement: je nach Hund etwas super hochwertiges zum ablenken damit er kein Fehlverhalten zeigt für unvorhersehbare Situationen bzw. präventiv für Situationen die absehbar zu schwer sein werden (zum Beispiel eine Schlecktube, Futterhand, Fußarbeit). Bei uns sind das häufig Hunde die selbst pöbeln im Junghundealter. Da geht es dann an der Futterhand dran vorbei, oft sieht man das ja vorher schon kommen. Kommt doch ein Wuff raus, dann hemme ich wieder.


    Ich vermeide es dass sich das Fehlverhalten zeigen, etabliert und festigen kann, hat der Hund die notwendige Reife und den Trainingsstand, bastel ich alles zusammen. Und ja, dann laufen die sauber an der Leine und fixieren lässt sich direkt einfach abbrechen, sie sind mental bei mir und bei schwierigen Situationen kann ich sie "rausnehmen". Das was ich verlange, passe ich an die Situation an, aber es gibt kein "oh, es ist zu schwer, dann darfst du kurz ziehen". Das ist der Anfang vom Ende, da muss ich mir was überlegen, das ist ein absoluter Trainingsfehler. Und wenn ich den Hund trage.


    Bei sehr territorialen Rassen und ernsthaften Hundetypen braucht es da von Anfang an einen guten Aufbau und Plan, das Hauptproblem ist oft, dass die Bausteine meistens dann fehlen wenn man sie braucht und sich das falsche Verhalten ruck zuck etabliert und verfestigt. Dass das ganze unter Dynamik mit mehreren Hunden funktioniert, das dauert manchmal. Mit Junghunden solcher Rassen bin ich ewig einzeln oder mit fertigen Althunden unterwegs um alles erstmal sauber auftrainieren zu können. Wieder mit dem Hintergrund Fehlverhalten gar nicht erst aufkommen zu lassen.


    Das ist Arbeit. Mich stört es nicht, wenn man das nicht perfekt kann oder will. Ist doch auch ok, tut ja keinem weh und ist mir völlig egal, wenn man seine Hunde trotzdem bei sich behält. Für uns muss da keiner perfekt sein. Hauptsache der Stopknopf an der Flexi wird gefunden.


    Aber die Welt geht auch nicht gleich unter, nur weil der Hund mal bellt und der Abbruch nicht klappt. Shit happens, man fängt ja nicht wieder bei null an und je nach Hund nimmt das ja auch nicht gleich Ausmaße an.

  • Strafreize wirken schnell aktivierend, wenn sie nicht stark genug ausfallen.

    Ich verstehe das, aber was wenn diese Reize stark ausfallen, dem Hund das aber trotzdem egal ist in dem Moment? Noch härter durchgreifen?

    Was genau wäre denn so ein Strafreiz, welchen einem nach vorne gehenden Hund nicht dazu verleitet noch mehr nach vorne zu gehen bzw. doch lieber aufzuhören?


    Manche Terrier, siehe Baxter, ist in dem Moment ja so einiges völlig egal, die sind dann absolut in einem Tunnel. Sehe ich auch bei den Deutschen Jagdterriern meiner Nachbarn (und die wenden oft nicht so schöne Methoden an, welche aber auch nichts bringen).

  • Ich vermeide es dass sich das Fehlverhalten zeigen, etabliert und festigen kann, hat der Hund die notwendige Reife und den Trainingsstand, bastel ich alles zusammen. Und ja, dann laufen die sauber an der Leine und fixieren lässt sich direkt einfach abbrechen, sie sind mental bei mir und bei schwierigen Situationen kann ich sie "rausnehmen". Das was ich verlange, passe ich an die Situation an, aber es gibt kein "oh, es ist zu schwer, dann darfst du kurz ziehen". Das ist der Anfang vom Ende, da muss ich mir was überlegen, das ist ein absoluter Trainingsfehler. Und wenn ich den Hund trage.

    Du hast meinen absoluten Respekt, dass das alles so funktioniert bei euch. :nicken:


    Da bekomme ich direkt wieder so einen Dämpfer ala: Ich bin zu unfähig..., Und das obwohl ich nicht so unfähig bin (sieht man ja in anderen Bereichen bei meinen Hunden und das sie alleine oder in fremden Umgebungen gar nicht das Problem haben mit Hundebegegnungen...)

  • WorkingDogs vielen Dank für diesen Einblick und die Mühe das aufzudröseln!!!

    Wobei mein Hund ja auch offiziell in die ernsthafte und territoriale Kategorie gehört, bin ich froh, dass sie bisher ihre Rassebeschreibung nicht kennt. :tropf:


    Wie gesagt, hier läuft es eben in vielen Schulen anders. Da geht man in den Junghundealltagskurs und dort wird von den 6 Monate alten Hunden tatsächlich 1h Kadavergehorsam erwartet. Fuß, Sitz, Platz unter Ablenkung an der kurzen Leine. Mit 8 gleichtrainierten Minis.

    Da sieht man halt leider häufig, dass die Hunde eigentlich anders die Konflikte lösen würden. Du hast welche, die kurz zögern, du hast welche, die hinter den Besitzer gehen, du hast welche, die einen Bogen schnüffeln wollen. Und all dies ist verboten in Frontalbegegnungen, weil der Hund muss ja "Fuß" gehen. Mit 6 Monaten. Nach 4 Wochen im Kurs. Und genau an der Stelle, entschließen sich dann leider einige Hunde, nach vorn in die Leine zu gehen. Und die Minis machen ja nicht mal was falsch. Das meine ich halt - nein nicht jeder Hund der nach vorne geht, muss zwingend aggressiv sein. Er hat einfach durch sowas gelernt, dass er in Unsicherheit nur diese Lösung nutzen kann. Weil der Mensch ihm mit solchen Ansätzen die Optionen versaut hat.

  • Ich verstehe das, aber was wenn diese Reize stark ausfallen, dem Hund das aber trotzdem egal ist in dem Moment? Noch härter durchgreifen?

    Was genau wäre denn so ein Strafreiz, welchen einem nach vorne gehenden Hund nicht dazu verleitet noch mehr nach vorne zu gehen bzw. doch lieber aufzuhören?


    Manche Terrier, siehe Baxter, ist in dem Moment ja so einiges völlig egal, die sind dann absolut in einem Tunnel. Sehe ich auch bei den Deutschen Jagdterriern meiner Nachbarn (und die wenden oft nicht so schöne Methoden an, welche aber auch nichts bringen).

    Das ist die Krux. Grade Terrier sind ja ein super Beispiel dafür, Aggressionsverhalten super zu finden, gleichzeitig aber sehr viel Härte und Unempfindlichkeit mitzubringen.


    Die Grenze gibt und das Tierschutzgesetz vor. Schauen was mit Management noch so möglich ist und mit dem Rest halt leben müssen. In dem erlauben Rahmen weitermachen und akzeptieren wenn es Grenzen gibt.


    Bei Terriern und vielen Gebrauchshunden ist die Devise, sehr frühzeitig im Welpenalter das Thema zu klären und in den neutralen Bereich zu korrigieren (oft sogar von -10000), da kann man die noch gut beeindrucken mit simplen Mitteln. Wenn man schon eine Lernhistorie hat startet man einfach nicht bei null, das sind ja keine Handys die man auf Werkseinstellungen zurücksetzen kann. Je älter sie werden desto kniffliger wird es mitunter.

  • Du hast meinen absoluten Respekt, dass das alles so funktioniert bei euch. :nicken:


    Da bekomme ich direkt wieder so einen Dämpfer ala: Ich bin zu unfähig..., Und das obwohl ich nicht so unfähig bin (sieht man ja in anderen Bereichen bei meinen Hunden und das sie alleine oder in fremden Umgebungen gar nicht das Problem haben mit Hundebegegnungen...)

    Ich wohne dafür sehr passend und muss das gewissermaßen auch. Hätte ich einen pöbelnden Dackel würde ich mir da gar nicht so viele Gedanken drum machen xD

  • Tja im Welpenalter klären ist eben auch leider nicht jedem möglich. Meine kam erst zu mir, als das Verhalten an der Leine schon sehr ritualisiert war und sie bereits ein halbes Jahr alt

  • Tja im Welpenalter klären ist eben auch leider nicht jedem möglich. Meine kam erst zu mir, als das Verhalten an der Leine schon sehr ritualisiert war und sie bereits ein halbes Jahr alt

    Es muss auch nicht bei jedem Hund so früh geklärt sein. Kommt doch total auf den Typ drauf an. DSH wiegen da mitunter schon 25 kg und stecken einiges weg.

    Und bei weichen und führigen Hunden hat man das Problem doch auch gar nicht, dass die einfach irgendwann "schlucken und sich pushen". Mein Aussie war bei Übernahme 4 und hat gepöbelt wie nichts gutes. War sehr schnell gehemmt das Verhalten, allerdings Personenbezogen bei mir, die neue Besitzerin musste sich das Nicht-Pöbeln selbst erarbeiten.


    Außerdem ist es ja nun auch kein individuelles Beratungsforum, sondern ein Austausch. Individuell helfen kann einem nur ein fähiger Trainer vor Ort und kein Forum.

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