Unsere Leinenrambos - Umgang, Austausch und (Erfolgs)geschichten

  • Ich glaube, es kommt einfach sehr drauf an, welche Härte der individuelle Hund in der individuellen Situation und mit der damit einhergehenden individuellen Erregungslage mitbringt.


    Ich habe hier den direkten Vergleich:


    Ein Hund, den ich vor einem Jahr niemals nicht beim Pöbeln hätte unterbrechen können, ohne ihm dabei ernsthafte Schmerzen zuzufügen. Und dass das keine Option ist, brauchen wir nicht diskutieren.


    Und jetzt habe ich einen Hund, der sich allerspätestens mit einem beherzten Griff wunderbar unterbrechen lässt. In aller Regel braucht es nicht mal das.


    Ein und derselbe Hund, ein und derselbe Trainingsansatz. Geändert hat sich einfach "nur", dass das Hundchen kastriert wurde. Damit ist die Motivation, andere Hunde zu verbellen sowie die Härte, mit der er dabei vorgeht, ganz massiv gesunken - und das hat ein Training mithilfe von Strafe erst möglich gemacht.


    Btw, da das hier ja auch angesprochen wurde: Ich würde Strafe keinesfalls als per se ungeeignet bei bestimmten Pöbel-Ursachen einordnen.


    Denn vollkommen egal was die Ursache der Leinenpöbelei ist: Es ist eine Strategie, die für den Hund funktioniert. Sonst würde er sie gar nicht erst ausbauen.


    Nehmen wir einen total ängstlichen Hund, also quasi das Paradebeispiel für "bloß nicht strafen": Der Hund pöbelt, weils ihm zu nah ist und er mehr Distanz zum Fremdhund will. Der Fremdhund geht mit seinem Halter vorbei, vergrößert damit tatsächlich die Distanz - und der ängstliche Hund lernt, dass er mit dem Pöbeln genau die Distanzvergrößerung (= Belohnung) bekommt, die er haben will.


    Gezieltes Pöbeln ist also quasi immer selbstbelohnend. Und selbstbelohnendem Verhalten kommt man nur bei, wenn man dem Hund eine noch lohnenswertere Alternative aufzeigt.


    Bei einem mäßig unsicheren Hund kann es durchaus reichen, dem einfach eine andere, für ihn noch bessere Belohnung als die Distanzvergrößerung anzubieten. Da braucht es tatsächlich nicht unbedingt Strafe.


    Aber je ängstlicher oder frustrierter der Hund z.B. ist, umso motivierender ist die Distanzvergrößerung für ihn. Wenn die Angst oder der Frust groß genug ist, findet man irgendwann nichts mehr, was noch motivierender für den Hund ist, als den anderen Hund wegzuhaben. Und dann ist man eben an dem Punkt, an dem man das vorherige Verhalten, also das Pöbeln, durch Hemmung weniger lohnenswert gestalten muss.


    Das heißt ja noch lange nicht, dass man einen total ängstlichen Hund ständig in die Situation bringen soll, dass er auslöst, nur um ihn dann zu strafen.

    Aber wenn sich ein Auslösen ohnehin nicht vermeiden lässt, dann kann Strafe auch (oder sogar ganz besonders) bei ängstlichen und frustrierten Hunden genau der richtige Weg sein. Vorausgesetzt man weiß, was man da tut.


    In jedem Fall ist Strafe nicht prinzipiell untauglich, nur weil der Hund aus Grund x oder y und nicht z pöbelt.

  • Ich finde es macht einen Unterschied ob man Aggressionsverhalten abbricht oder eine hohe Erregungslage, die auftrainiert ist.


    Ich käme jetzt ehrlich gesagt auch nicht auf die Idee, einen Hund bei der DJ oder im Schutzdienst durch einen Abbruch emotional runterregeln zu wollen. Gehorsam heißt hier ja aber auch nicht, dass die Hunde sich entspannen sollen. Sie sollen horchen, beispielsweise um Verhalten umlenken zu können. Ich denke die Erwartung ist ja häufig, dass man einmal „Nein“ sagte, abbricht und der Hund schlappt dann scheintot-ignorant neben einem her?!?


    Es heißt beispielsweise, dass sie eben vernünftig an der Leine gehen sollen und nicht ziehen, zerren oder eskalieren (was bei großen Hunden auch einfach Mega gefährlich ist). ICH verlange da nicht, dass die scheintot neben mir her schleichen. Aber Schulter ausrenken und sowas muss ja nun echt nicht sein und ehrlich, natürlich wird man dabei mitunter recht doll. Die Alternative kann ja aber auch nicht sein, dass ein Hund sich in die Leine packt, man hinfliegt und der Hund sich dann im Eifer des Gefechtes auf sein Triebziel stürzt.


    Natürlich ist dabei die Frage, in wie weit das Verhalten selbstbelohnend ist und der Hund das alles ritualisiert hat, aber man darf natürlich nicht glauben, dass bei einem Hund wo sich das ganze so gefestigt und ritualisiert hat, mit einem Welpen-Abbruch noch irgendwie regeln lässt. Das mag vielleicht bei Hunden gehen, für die sowas wenig selbstbelohnend ist.


    Und dann ist das Mindset natürlich auch ausschlaggebend. Gibt einfach Menschen die schaffen mit erstaunlich wenig Energie etwas, das schaffen andere nicht mit nem Vorschlaghammer. So ist das nun mal, sonst wären ja auch alle Sportler Weltmeister, wenn es nicht irgendwo auch Handwerk wäre.


    Ein Abbruch funktioniert oft nur in hoher Erregungslage, wenn der Hund ein gut durchgearbeiteten Gehorsam aufweist und durch den Abbruch sein Alternativverhalten hält. Man bricht dann weniger das Fehlerverhalten ab, als dass man das gewünschte Verhalten absichert.

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