Umgang mit Trauer normal?

  • Hallo zusammen,


    am vergangenen Montag mussten wir unsere älteste Hündin mit 15 Jahren aufgrund eines Milztumors, der bereits gestreut hatte, gehen lassen 😔


    Sie war mein absoluter Seelenhund und ich dachte immer, dass ich nach ihrem Tod in ein großes Loch falle. Allerdings ist der große „Zusammenbruch“ bisher ausgeblieben.

    Wir hatten ein schönes letztes Wochenende zusammen und der Tierarzt hat sie hier bei uns zu Hause eingeschläfert. Für uns war das schlimm, aber objektiv betrachtet war es sehr friedlich.


    Nach der Diagnose und letztes Wochenende habe ich natürlich viel geweint, aber die letzten zwei Tage konnte ich nun gar nicht mehr weinen, auch wenn ich viel an sie denke. Ich schaue mir Züchter- und Tierheimseiten durch und habe dabei ein furchtbar schlechtes Gewissen. Für uns ist klar, dass irgendwann wieder ein Zweithund bei uns einziehen wird. Aber selbst wenn wir nun den perfekten Hund finden würden, wäre es zu früh.


    Trotzdem habe ich ein furchtbar schlechtes Gewissen. Ich habe diesen Hund so sehr geliebt, aber trotzdem ist der große Zusammenbruch bisher ausgeblieben. Wir haben noch nicht mal die Asche zurück und ich schaue Züchterseiten durch…


    Entschuldigt wenn das alles etwas wirr ist, aber ich musste mir das mal von der Seele schreiben. Ich frage mich ernsthaft, ob bei mir alles normal ist….

  • secret08


    Das war hier im November 2019 genauso. Allerdings verging und vergeht bislang kein einziger Tag, an dem ich nicht mehrmals an meinen Elvis denke und ihn schmerzlich vermisse.

  • Ich finde, es gibt kein "normal" beim Umgang mit Trauer.


    Oder vielleicht besser: Es gibt ein ganz, ganz großes Spektrum - und jede/r ordnet sich da ein, wo es in der Situation für ihn einfach passt.


    Meine persönliche Erfahrung: Bei einem alten Hund, bei dem das Ende absehbar ist, erlebe ich einen Teil der Trauer als "Abschiedsschmerz" noch zu Lebzeiten des Tieres. Vielleicht war es bei dir in diesem Fall vergleichbar?


    Zum schlechten Gewissen: Musst du nicht haben. Eigentlich ist es doch nur schön, dass du nach vorne schauen kannst. Ein neuer Hund ersetzt ja nicht den alten.

  • Es gibt kein richtig oder falsch bei Trauer. Es ist auch nicht verwerflich das ihr nach einem neuen Hund schaut. Ein schlechtes Gewissen braucht ihr deshalb nicht sagen.


    Als mein erster Hund 2020 im Juni gestorben ist war es bei mir genau so. Er war mein Seelenhund. Das einschläfern kam trotz des Alters (15 1/2) doch eher überraschend. Also es war klar das er wohl kein Jahr mehr lebt aber ganz so schnell hatten wir dann doch nicht damit gerechnet. Ich hatte im Vorfeld viel geweint weil klar war das es halt nicht mehr ewig geht. Im Moment des einschläferns war ich ganz ruhig und in der Sekunde als ich wusste er ist tot war ich irgendwie auch erleichtert weil ich wusste er hat jetzt keine Schmerzen mehr und ich muss mich nicht mehr jeden Tag fragen ob es soweit ist oder nicht.


    Anfang August im gleichen Jahr ist ein neuer Hund (auch als Zweithund) eingezogen und ich habe es nicht bereut. Jeder trauert anders. Manche können ewig keinen neuen Hund aufnehmen, andere haben am nächsten Tag einen. Das sagt nichts darüber aus wie sehr man das verstorbene Tier geliebt hat.


    Er fehlt uns natürlich immer noch und wir denken oft an ihn. Anfang Februar 2023 musste ich dann (ebenfalls sehr überraschend. Morgens noch fit und fidel spazieren gegangen, Mittags falsch aus dem Bett gesprungen und ich musste sie einschläfern lassen) meine knapp über 16 Jahre alte andere Hündin einschläfern lassen. Dieses mal hat es etwas länger gedauert aber im Mai ist wieder ein Zweithund zu meiner anderen Hündin dazu gezogen.

  • Als wir vor zwei Jahren unsere Emma urplötzlich aufgrund eines inoperablen Tumors gehen lassen mussten bin ich in besagtes Loch gefallen und habe wochenlang Rotz und Wasser geheult, sobald ich an sie gedacht habe. Trotzdem habe ich nach zwei Tagen angefangen auf Tierschutzseiten zu schauen. Und ich hätte dankbar und ohne schlechtes Gewissen einem Hund ein neues zu Hause gegeben. Es ist kein Verraten oder Vergessen wollen, du musst kein schlechtes Gewissen haben. :streichel:

  • Ein Abschied auf Raten kann es auch sein, wenn ein alter Hund in Frieden alt werden darf und letztlich auch in Frieden geht.

    Würdevoll, gerecht, möglichst schmerzfrei und irgendwie einfach richtig.


    Ich hatte nie Probleme mit dem natürlichen Tod umzugehen, der im Alter irgendwann auf uns alle zukommen wird. Was mich aus der Bahn gerissen hat, waren die, die durch Unfälle, schwere Krankheit oder Gift gehen mussten, weil es sich einfach immer zu früh angefühlt hat.

    Diese Tiere hatten nicht das, was ihnen eigentlich zugestanden hätte, das Privileg alt zu werden. Das ist mich wütend gemacht, das Gefühl von Machtlosigkeit und Ungerechtigkeit gegeben. Und es hat das Trauern für mich sehr stark erschwert.


    Ich finde es nicht schlimm, wenn das dein Weg der Trauerverarbeitung ist. Und es ist auch okay, wenn der Trauerprozess für dich bereits fast abgeschlossen ist.

    Dein zweiter Hund gibt dir Struktur und Sicherheit, der Plan das er nicht alleine bleiben wird bestand schon davor. Und ein neuer Hund wird auch niemals den Verstorbenen ersetzen können, sondern eine neue kleine Persönlichkeit sein.


    Ich wünsche dir alles Gute, mein Beileid 🥀

  • Ich finde, dein Umgang mit ihrem Tot hört sich ziemlich gesund an.

    Man kann auch lieben und trauern, ohne zusammenzubrechen und einen Teil der Trauer hast du ja auch schon gefühlt als sie noch da war.

    Auch der Zeitpunkt für einen neuen Hund ist individuell, auch wenn sehr schnell ein neuer Hund einzieht ist das kein Verrat, du hast deine Hündin deswegen ja nicht weniger geliebt.

    Fühl dich virtuell gedrückt und mein Beileid.

  • Es gibt kein normal oder unnormal bei Trauer. Jeder trauert anders und jeder nimmt anders Abschied.


    Vor fast einem Jahr musste ich meine vierbeinige beste Freundin gehen lassen. Sie war 14 Jahre, chronisch krank und ihre letzte Diagnose hatte deutlich gemacht, dass jeder gemeinsame Tag ein Geschenk ist. Trotz allem kam der Abschied sehr schnell und überraschend.

    Ich habe vorher und nachher viel geweint und hatte eine unglaubliche Leere in mir, aber dennoch blieb der tiefe Absturz aus (mit dem ich und auch alle in meinem Umfeld gerechnet hatten).
    Es spielt sicherlich mit rein, dass ich vorbereitet war und über viele viele Monate intensiv Abschied genommen habe und mir auch schon im Vorfeld viele Gedanken gemacht hatte was ich für sie will und was nicht. So konnte ich dann auf "vorbereitetes Wissen" zurückgreifen und musste nicht noch überlegen was eigentlich das beste für uns ist.


    Bereits 2 Tage nach ihrem Tod hatte ich über einen neuen Hund gesprochen (dass auf jeden Fall wieder einer kommt, wusste ich schon Jahre vorher, aber dass ich so schnell bereit dafür bin, war mir nicht klar gewesen). Wenige Tage nach Sjadlas Tod habe ich Liskas Züchterin kontaktiert, 7 Wochen später bin ich dort hingefahren und drei Monate später kam Liska auf die Welt. Ich dachte ganz kurz, dass es mir zu schnell geht (der Wurf war eigentlich erst für spöter geplant), aber die paar Monate ohne Hund waren mehr als genug. Für mich war es der absolut richtige Weg, andere können es nicht nachvollziehen.


    Vermisse ich meine Sjadla? Ja jeden Tag, es vergeht kein Tag an dem ich nicht an sie denke, wenige an denen ich nicht über sie spreche und ja es fließen auch immer noch Tränen.

    Liska ist kein Ersatz (das hätte sie auch niemals verdient), sondern hat ihren ganz eigenen Platz in meinem Herzen bekommen und ich bin so so dankbar, dass ich sie gefunden habe.


    Es ist kein Verrat an deiner Hündin!

    Sie wird nicht ersetzt und ich bin mir sicher, dass zum richtigen Zeitpunkt der richtige Hund in euer Leben treten wird.

  • Sorry für den Vergleich - aber meine Schwester hat mir das nach dem Tod meines Vaters vorgeworfen. Ich habe geweint und getrauert, aber es ist nicht die Welt eingestürzt.


    Mein Vater war sehr krank, ich habe es als eine Erleichterung empfunden, dass er gehen durfte. Für IHN. Daher habe ich nicht damit gehadert.


    Ein Hund, der so alt werden durfte und dann friedlich einschlafen konnte - das ist doch einfach nur schön. Es ist der Lauf der Welt. Es ist dir ja nicht egal. Es war aber eben auch kein Schock, keine Ungerechtigkeit - es war klar, dass das kommen würde, und es war gut so wie es war.


    Trauer muss doch nicht heissen, dass man völlig zusammenbricht. Ich verurteile das nicht, wenn andere anders trauern als ich - aber ich finde es weitaus besorgniserregender, wenn jemand aus Trauer um einen Hund seinen Alltag nicht mehr bewältigen kann.


    Resilienz ist nichts, wofür man ein schlechtes Gewissen haben sollte - es ist ein Geschenk.

  • Es tut mir leid für deinen Verlust.


    Zwei Dinge liegen mir auf dem Herzen. Eins wurde schon gesagt: die Kategorien "normal" oder "unnormal" sind überhaupt nicht zutreffend, um so eine sehr individuelle Erfahrung und den Umgang damit annähernd passend zu klassifizieren. Trauer ist immer individuell.


    Deswegen finde ich auch diesen Kommentar hier ein wenig schwierig, auch wenn ich das sicherlich positiv gemeintes Gefühl dahinter sehe:

    Trauer muss doch nicht heissen, dass man völlig zusammenbricht. Ich verurteile das nicht, wenn andere anders trauern als ich - aber ich finde es weitaus besorgniserregender, wenn jemand aus Trauer um einen Hund seinen Alltag nicht mehr bewältigen kann.


    Resilienz ist nichts, wofür man ein schlechtes Gewissen haben sollte - es ist ein Geschenk.

    Wie Trauer aussieht — laut, leise, lang, kurz, einsam, erinnernd, isolierend, gemeinschaftlich — ist kein Bewertungsmerkmal für Resilienz.


    Was ich dir auf den Weg geben möchte: deine Trauer mag in ihrem Ausdruck so bleiben, wie sie jetzt ist und sie mag sich auch noch verändern — beides ist so, wie es ist, in Ordnung und ich wünsche dir, dass du alle Formen und Phasen annehmen und sorgsam mit dir umgehen kannst.


    Ganz persönlich versuche ich den Gedanken zu kultivieren, dass mein Hund mich, wenn er in Zukunft mal nicht mehr ist, sicherlich gerne glücklich gesehen hätte. Und wenn dazu gehört, dass ich der Sehnsucht nach einem neuen, anderen hündischen Begleiter sehr bald nach seinem Tod Ausdruck verleihe, dann ist es gut so.

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