Kooikerhundje als Begleithund

  • Danke für die Markierung fulica :smiling_face:


    Vorneweg: Ich liebe diese Hunde und ich könnte mir auch immer wieder vorstellen, dass vielleicht mal wieder ein Kooiker einziehen wird, aber ich habe versucht so neutral und kritisch wie möglich über diese Rasse zu schreiben, auch wenn man als Liebhaber natürlich immer einen bisschen anderen Blickwinkel auf eine Rasse hat.


    Mich begleiten Kooiker schon recht lange in meinem Leben, genauer gesagt seit fast 20 Jahren. 2004 hatte ich erstmals Kontakt mit einem Kooiker, den ich für eine Bekannte auf dem Hundeplatz trainiert habe. Damals gab es in Österreich noch gar keine Züchter, in Deutschland war die Zucht noch in den Kinderschuhen und so kam er direkt aus dem Mutterland. Es war wirklich ein toller Hund, doch auch er war schon schwierig mit anderen Hunden, obwohl er in einem sehr hundeerfahrenen Haushalt mit drei weiteren Hunden anderer Rassen aufgewachsen war.


    Kooiker sind heute in Deutschland beliebter als in ihrem Mutterland. Während sie hier leider oft noch als der tolle Familienhund in perfekter Größe und optisch sehr ansprechend angepriesen werden, haben sie in den Niederlanden den Ruf der "kleinen Wadenbeißer".

    Ich sehe die Entwicklung dieser Rasse sehr krtisch. Das Kooikerhondje hatte schon immer einen sehr engen Genpool, Einkreuzungsprojekte gab es kaum (ich weiß von ein paar Versuchen aus dem Ausland). Das heißt, diese Rasse basiert auf ein paar wenigen Stammhunden und hat auch einige Krankheiten im Gepäck, auf die Zuchttiere heutzutage auch getestet werden können. Jedoch wird dies immer noch nicht von allen Züchtern gemacht, da nicht alle Tests verpflichtend sind.


    Nachdem mein "Leihkooiker" damals weggezogen ist, habe ich mich 2009 auf die Suche nach meinem eignenen Kooikerhondje gemacht. Zu dieser Zeit gab es damals in Deutschland 6 oder 7 aktive Züchter und einen Zuchtverein, der erst ein Jahr zuvor vollwertiges Mitglied im VDH wurde - den DCK.


    Ich habe mir eben den Spaß gemacht zu schauen, wieviele Züchter es heute - 14 Jahre später gibt. Es sind über 100 Züchter! (77 im DCK sowie sehr viele weitere im Dissidenzverein). Diese Rasse wurde in den letzten Jahren so beliebt, dass die Zuchtstätten, meistens selbst Ersthundebesitzer, nur so aus dem Boden geschossen sind! Bei uns in einem kleinen Dorf am Bodensee, keine 1000 Einwohner, leben derzeit 3 Kooiker.


    Wie das immer so ist wenn es irgendwo menschelt kam es auch im DCK sehr bald zu Knatsch, wodurch sich damals einige Züchter abgespalten haben und den ersten Dissidenzverein gegründet haben.


    Ich habe grundsätzlich nichts gegen Dissidenzvereine, aber bei einer Rasse, die sowieso schon einen sehr begrenzten Genpool hat, dann noch ausserhalb des niederländischen Registers zu züchten empfinde ich als falsch. Dort gibt es nur sehr wenige Deckrüden, auf die immer wieder zurück gegriffen werden musste, gerade in den Anfängen als dieser Verein einfach nicht mehr Rüden zur Verfügung hatte und kein FCI Züchter an diesen Verein verkaufen wollte.


    2011 zog dann mein eigener Kooiker ein: Cleo, eine Hündin, die heute 12,5 Jahre ist und natürlich der beste Hund der Welt ist!


    Genauso wie auch meine anderen Hunde immer die besten Hunde der Welt sind/waren - was habe ich nur immer für ein Glück gehabt!


    Ich kenne kaum einen Kooikerbesitzer, der nicht von seinem Hund schwärmt, genauso kenne ich aber auch kaum einen anderen Hundebesitzer, für den sein Hund nicht ein toller Hund ist. Wenn man eine gewisse Zeit mit einem Hund zusammenwohnt gewöhnt man sich an seine Eigenheiten und ich denke gerade unter den Kooikerhaltern wird sehr vieles beschönigt, gerade eben auch weil man immer wieder zu hören bekommt, das ist doch typisch für diese Rasse und das möchte man haben. Daher wundert es mich nicht, dass Kooikerbesitzer selbst immer wieder ihre Rasse gerne weiterempfehlen, obwohl sie in meinen Augen einfach keine Anfängerhunde sind.


    Seit dem Einzug von Cleo habe ich seeeeeehr viele Kooiker, ihre Besitzer und Züchter kennengelernt. Ich war auf sehr vielen Ausstellungen, habe selbst die Gründung einer Zuchtstätte angestrebt und war über Jahre regelmäßig auf allen Kooikertreffen im Süddeutschen Raum. Ich kenne daher wirklich sehr viele Exemplare, es gibt auch Ausreißer aber grundsätzlich würde ich das Kooikerhondje schon als sehr sensibel, unsicher, reserviert gegenüber Fremden, sehr gelehrig und führerbezogen aber auch schnell erregbar beschreiben. Ich habe eine gute Freundin, selbst Kooikerhalterin und Hundetrainieren, die mit ihrem Rüden an ihre Grenzen gekommen ist. Ich kenne aber auch einige Hündinnen, die durch Beißvorfälle aufgefallen sind. Oft wird diese Beißproblematik immer wieder darauf geschoben, dass die Welpen nicht gut sozialisiert wurden oder die Halter Fehler gemacht haben. Das denke ich trifft vielleicht auf ein paar zu (der Kooiker wird immer noch als der perfekte Familien- und Anfängerhund angepriesen) aber nicht auf alle!


    Die Unsicherheit führt recht häufig dazu, dass sie nach vorne gehen, Rüden häufiger wie Hündinnen. Warum dies so ist, kann ich nicht sagen. Hinzu kommt, dass aufgrund des engen Genpools immer noch viel zu häufig Charaktere in die Zucht gehen, die dort nichts verloren haben. Ich kenne genügend Kooiker, die im Ring sehr unsicher waren, auf dem Tisch nach dem Richter geschnappt haben und trotzdem in der Zucht gelandet sind, und teilwiese sehr viele Nachfahren produziert haben. Sowas macht diese Rasse nicht besser.


    Cleo kommt aus einer tollen Zucht, aus der ich jederzeit wieder einen Welpen geholt hätte. Auch ihre Geschwister waren alles super Hunde. Trotzdem kam es auch hier zu einem Beißvorfall mit einem Besucherkind, obwohl Cleo's Bruder die ersten drei Jahre völlig unauffällig war, in erfahren Händen und wirklich gut gehandelt wurde.


    Eine gute Sozialisierung ist eben keine Garantie für einen unproblematischen Hund - schon gar nicht beim Kooiker.


    Cleo hat mit Abstand die umfangreichste und beste Sozialisierung von all meinen Hunden bisher gehabt. Sie zog bei mir während des Studiums ein, war von klein auf immer und überall dabei, lernte alles kennen und hat mit mir schon so viele Umzüge und Neuanfänge mitgemacht. Trotzdem kann sie ihre Genetik nicht verstecken.


    Auch sie ist sehr reserviert Fremden gegenüber, wenn man sie jedoch einmal geknackt hat ist es der verschmusteste und treueste Hund aller Zeiten. Jedoch ist sie für einen Kooiker noch sehr zugänglich, lässt sich problemlos von jedem Fremden anfassen und streicheln, aber toll findet sie das nicht. Andere gehen in den Situationen, in denen sie erstarrt und ausweicht, nach vorne.


    Sie ist ein eher unsicherer Hund und daher auch nicht ganz einfach im Umgang mit fremden Hunden. Ich würde es jedoch nicht auf eine Artgenossen Unverträglichkeit zurückführen sondern auf ihre extreme Unsicherheit. Zuhause, in ihrer sichereren Umgebung, ist sie der verträglichste Hund, auch fremde Hunde sind Zuhause kein Problem. Außerhalb ihrer gewohnten Umgebung schnappte sie alles weg, wenn man ihr nicht schnell genug Schutz bieten konnte. Inzwischen ist das natürlich deutlich besser geworden, aber in den ersten 7-8 Jahren war das durchaus ein Thema.


    Kooiker lieben es zu arbeiten, nur steht ihnen oft ihre Unsicherheit im Weg. Ich habe auch lange Zeit mit ihr Agility gemacht. Sie war ein Trainingsweltmeister, auf Turnieren war davon selten etwas abrufbar, weil sie durch die vielen Hunde rings herum viel zu unsicher war.


    Ich habe Cleo von Welpe an als Rettungshund ausgebildet. Angefangen als Mantrailer in der Bergrettung in Österreich, ging es nach einem Umzug weiter als Mantrailer beim BRH, bis wir irgendwann in der Flächensuche – ihrer großen Leidenschaft – gelandet sind.


    Wir haben scherzhaft immer gesagt, Cleo’s Kenndecke ist wie ihr Superheldenumhang – sobald sie diesen anhatte, war sie im Rettungshundemodus, konnte ihre Unsicherheiten überwinden, und niemand hätte geglaubt, dass dieser Hund Fremde ansonsten keines Blickes würdigt. Cleo ist dieses Jahr in Rente gegangen, war aber 10 Jahre lang ein wahnsinnig zuverlässiger Rettungshund.


    Der Kooiker kann in den richtigen Händen ein toller Hund sein. Er ist wirklich für vieles zu begeistern, aber es kann eben auch ein sehr steiniger Weg werden.

    Wer lieber den einfachen Weg bevorzugt, da würde ich auf jeden Fall eine andere Rasse bevorzugen.



  • Falls es das gibt, geht zu Veranstaltungen des Rasseklubs wie Spaziergänge und sonstige Treffen. Wenn man mehrere Hunde einer Rasse beobachten kann, mit verschiedenem Erziehungsstand, dann sieht man schon einiges, was typisch für das Wesen dieser Hunde ist und man bekommt ein besseres Bild. Und man kann Gespräche nicht nur mit Züchtern führen, sondern mit "normalen" Hundehaltern.

    Wobei an diesen Spaziergängen natürlich nicht die teilnehmen, die ein größeres Problem mit Artgenossen haben :winking_face: Zudem sind Kooiker meiner Erfahrung nach Rassisten, sie kommen mit anderen Kooikern deutlich besser klar, als mit Fremdrassen.

  • Ich hatte bei meiner Suchen nach einem aktiven macht-alles-mit-Hund den Kooiker damals auch auf der Liste. Als Ersthund habe ich ihn mir dann aber nicht zugetraut - wie ich das so lese hier eine goldrichtige Entscheidung.

    Hier in der Gegend wohnt einer, dem schaue ich immer grinsend nach. Unauffälliges Hündchen im großen und ganzen, aber die Besitzerin sucht auch keinen Hundekontakt mit ihm.

    Ich bin dann über meine Suche nach einem Terrier-Mix beim Bodeguero gelandet und muss sagen, für mich sind das Traumhunde. Allerdings kenne ich keinen, der im Sommer nicht tagsüber für Siesta plädiert und Gassi im Regen gänzlich unnötig findet ;)

  • Das "andere unkastrierte Rüden nicht mögen" ist bei vielen anderen Hunden in unserer Umgebung ganz genauso, egal ob Rasse oder Mischling. Das würde ich persönlich jetzt gar nicht als kooikertypisch bezeichnen.

    Ne ich auch nicht, wie gesagt Chap stand draußen einfsch so gut im Gehorsam (und hatte ja auch schon ein gewisses Alter), andere Hunde waren dem echt pieps egal. Hab ja auch gesagt dass das mehr Glück als Verstand war.

    Ich bin inzwischen der Meinung, dass die Abgaberüden falsch gehändelt wurden

    Natürlich, keine Frage, sicherlich spielt das andere Ende der Leine ne beträchtliche Rolle. Aber das was ich bei nem Kooiker falsch mache und was dann zur Abgabe führt würden anderen Rassen/Hundetypen eben eher verzeihen und ohne Abgabe überstehen. Es häuft sich halt v.a. weil viele das Hondje als tollen Anfängerhund anpreisen (was er evtl auch ist in den RICHTIGEN Anfängerhänden). Allein sowas, dass man dem Hondje ne gewisse Individualdistanz zugesteht (auch innerhalb der Familie) ist so so essentiell wie ich finde. Aber davon hat ein Neuhundehalter mit unter noch nie was gehört, genauso wie so simple Dinge den Hund keinen Besuch regeln zu lassen und umgekehrt darf der Besuch den Hund auch nicht bedrängen. Da denken viele ja absolut gar nicht drüber nach beim ersten Hund...

    Aber es muss ja auch nicht jeder fremde Hunde angrapschen, ich würde das auch bei jedem anderen Hund nicht zulassen.

    Absolut! Ich wehre auch bei Ruby ab. Ich wollte nur darauf hinaus, dass es mit nem Hund der dann ernsthafte Beschädigungsabsichten hat mitunter echt böse ausgeht wenn doch mal (was niemals vorkommen sollte, klar) ein Kind plötzlich von hinten an den Hund tatscht. Das macht einfach was mit einem...



    Und selbstverständlich strotzen nicht alle Kooiker vor Problemen! Nein das wollte ich niemals so rüberbringen. Sind ja nur meine Erfahrungen 😊 Es freut mich sehr, dass du ein unkompliziertes Exemplar hast (oder in der Erziehung alles richtig gemacht hast, oder beides). Es häuft sich halt mit den Abgaben und ich denke das ist etwas was man aufm Schirm haben sollte wie ich finde. Auffällig ist es schon...

  • Mir fällt noch ein... vielleicht wäre das Markiesje eine Überlegung wert.

    Genau der Dissidenzverein betreut auch gleichzeitig diese (in DE nicht anerkannte) Rasse und soweit ich weiß auch den Import aus den NL.


    Ich durfte sie einmal kennenlernen auf einem Rassetreff (zu dem sind Neulinge immer herzlich eingeladen). Das ist so ein typischer "zu schön um wahrzusein Hund" wie ich finde 😁

    Nett, leichtführig, unkompliziert. Mehr hab ich da nicht feststellen können um ehrlich zu sein.


    Da würde es sich sicher lohnen mal tiefer zu graben und weiter zu recherchieren wenn einem der Hund so grundsätzlich zusagt 😊

  • Seit wann betreut welcher Dissi Kooikerverein das Markiesje? Das wäre mir neu.


    Mein letzter Kenntnisstand ist, dass Markiesje‘s nicht exportiert werden und nur im Raad van Beheer anerkannt sind.

    Hier in Deutschland wird oft mit Mischlingen gezüchtet, die einen ähnlichen Phänotyp haben.

    So nach dem Motto - wenn die Niederländer das Markiesje nicht rausrücken, bauen wir eben unser eigenes.

    Hat sich das inzwischen geändert?

  • Entschuldigung ich hab das grad zu sehr in meinem Kopf vermischt und Quatsch erzählt... die (damalige?) Vorständin vom Dissidenzverein leitet auch gleichzeitig den Verein für das Markiesje in Deutschland und hat(te) auch mehrere eigene. Man konnte sich damals auf ne Warteliste setzen lassen für Züchter aus den Niederlanden. Daraufhin hat sie Kontakt mit uns aufgenommen und uns erstmal zu nem Rassetreffen eingeladen. Zu Inport usw und dass das nicht so einfach ist hab ich parallel auf anderen Seiten immer mal wieder was gelesen, da hast du recht. Ich hab dann ehrlichgesagt nicht weiter nachgehakt weil mir da schon klar wurde dass das wohl echt n Akt ist und auch über viele viele Jahre dauern kann dort einen Hund zu ergattern. Sie hat uns nach der Interessensbekundung an einen Kookier auch von der Warteliste gestrichen. Wenns jetzt allerdings nur Mischlinge sein sollten die irgendwie phänotypisch so ähnlich aussehen dann ist das natürlich noch dreimal mehr totaler Quatsch. Das wusste ich nicht 😵‍💫



    Ich hab leider gerade nicht die Zeit sonst hätte ich gerne mal alles rausgesucht zum Schriftverkehr / Verein etc. Hol ich ggf später nach für mich ist das auch nicht ganz uninteressant nachzuvollziehen. Ich könnte die Vorständin natürlich auch einfach direkt fragen... mal sehen. Übers Markiesje haben wir ewig nicht gesprochen ich sehe es nur immer auf ihren Bildern und bin weiterhin entzückt.

  • Ja, wir haben glaube ich einiges richtig gemacht. Allerdings hätten wir das ohne unsere großartige Trainerin niemals so hinbekommen. Wir waren tatsächlich Anfänger und es ist unser erster Hund. Ich habe vieles mit gesundem Menschenverstand gemacht. Aber Dinge wie "der Hund regelt das nicht, sondern das übernehme ich für ihn" und das " Abnehmen von Zuständigkeiten" musste ich erst lernen. Ebenso die ganz feine körpersprachliche Kommunikation des Kooikers. Dafür hätte ich vorher gar kein Auge gehabt. Inzwischen erkenne ich rechtzeitig, wenn er sich in einer Situation unwohl fühlt und kann reagieren.

    Ich habe keinen Vergleich zu einem Vorgängerhund, vielleicht würde ich sonst anders denken. Wir sind zusammengewachsen und es passt für uns perfekt. Aber ein Hund, den man auf dem Grillfest im Garten mit vielen Leuten und Kindern und anderen Rüden ableinen und aus den Augen lassen kann, ist er definitiv nicht. Mit Erwachsenen, die nichts von ihm wollen und Hündinnen/kastrierten Rüden würde es durchaus gehen. 😉

  • Ich lese hier immer wieder von Unsicherheit. Was meint ihr damit? Wie unterscheidet ihr Unsicherheit und "keine Lust auf andere Menschen"?


    In neuen Situationen orientiert sich mein Hund sehr an mir bzw. uns. Wenn wir ihm signalisieren, es ist alles in Ordnung, dann entspannt er schnell. Ist das Unsicherheit, wenn er nachfragt, wie er neue Situationen beurteilen soll?

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