(Welpen)Erziehung von Schäferhunden und anderen Gebrauchshunden

  • Hunde die sich nicht zuverlässig von selbst umorientieren und soviele Kommandos benötigen wie Boop es von ihren Spaziergängen beschreibt, bei denen betrachte ich 100m schon kritisch.

    Das ist jetzt wohl die Frage, brauchen die Hunde diese Kommandos oder die TE?

  • Das hat ja nicht nur etwas damit zu tun, ob man direkt eingreifen kann, sondern ob man mental eingreifen kann.


    Beispiel: Als Candie noch Phasen von Freilauf hatte, hat er auf weite Entfernung (200m Minimum) andere Hunde gesehen und ist direkt los gestartet. Er war vielleicht fünf oder zehn Meter von mir entfernt. Ich habe natürlich direkt ein entsprechendes Kommando gebrüllt (ob Rückruf oder Stopp weiß ich nicht mehr), er hat es aber erst auf Hälfte der Strecke umgesetzt bekommen, so dass ich ihn einsammeln konnte.


    Wäre er jetzt aber bereits 100m entfernt gewesen, ist es halt fraglich, ob überhaupt und mit welcher Verzögerung er es umgesetzt hätte. Mental ist man halt auch umso weiter vom Halter weg, umso weiter die physische Entfernung ist.

  • Hunde die sich nicht zuverlässig von selbst umorientieren und soviele Kommandos benötigen wie Boop es von ihren Spaziergängen beschreibt, bei denen betrachte ich 100m schon kritisch.

    Das ist jetzt wohl die Frage, brauchen die Hunde diese Kommandos oder die TE?

    Ich denke es wird auch bei den Hunden einen Gewöhnungseffekt geben. Wie soll der Hund lernen sich eigenständig im Sinne des Halters zu verhalten, wenn ihm das stets durch Kommandos abgenommen wird?


    Was nicht heißt, das der Hund das nicht ruckzuck lernen kann.

  • Jap


    Ich kenn es aus der Schnauzer Ecke dass viele da einfach nach dem Prinzip trainieren : Wenn der Hund was tut was er nicht soll, gibt's nen deutlichen Abbruch ( oder Anschiss) und gut.

    Find ich bei dem Typ Hund nicht unbedingt richtig. Gibt Schnauzer bei denen funktioniert das ( bspw bei meinem Zwerg), und es gibt Schnauzer denen man erstmal zeigen muss wie sie sich eigentlich richtig verhalten sollen, bevor ein Abbruch wirkt ( meine Hündin ist so, die is allerdings auch deutlich unsicherer, insgesamt ne Spur knackiger und schneller in der Birne als mein Rüde).


    Ich hab's anfangs bspw versucht das Leinen Pöbeln einfach abzubrechen, hat bei ihr nicht funktioniert, bzw nur mehr Stress ausgelöst. Also erstmal viel über Lob und Distanz gearbeitet dass es sich lohnt und gewollt ist, ruhig zu bleiben und sich im Zweifel an mir zu orientieren. Seitdem sie das weiß, kann ich auch einfach mitteilen dass Madame jetzt die Backen halten und weiter gehen soll.

    Bei dem Bub brauch ich das nicht, da reicht es ihm nen Raum ( angewandte Seite neben mir) zuzuweisen und nen etablierten Abbruch zu nutzen. Klar wird da auch gelobt wenn er sich gut verhält, aber rein mit Lob funktioniert es bei beiden einfach nicht.


    Prinzipiell hat finde ich ein Hund das Recht zu lernen was er richtig macht, ebenso wie was er falsch macht. Manche Hundetypen müssen das konsequenter lernen als Andere. Allein schon weil anders drauf und das sonst für die Umwelt/Mitmenschen/andere Tiere nicht cool is.

  • Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass Hunde, die eher positiv erzogen werden und wo man versucht auf Strafe zu verzichten es schwerer im Leben haben.

    Sehen diese Menschen es dann ein, dass Strafe vielleicht doch angebracht ist, wird es zumeist zögerlich gemacht. Dann verschleißt das ganze und die Strafe "muss" immer heftiger ausfallen.

    Diese Hunde haben es allgemein schwerer im Leben, auch weil da oft eine starke Inkonsequenz herrscht, was Strafe und Lob angeht. Strafe tritt dann oft verzögert auf oder nicht so, wie es gerade nötig wäre. Manchmal auch gar nicht, weil diese Menschen im Gefühl eigentlich nicht Strafen wollen.

    (Der Anmerkung halber, reden wir hier nicht von Schlagen oder anderen positiven Strafmitteln.)

  • Zu dem Kommando-Thema :

    Meine können auch relativ viele unnötige Kommandos. Vieles davon einfach zum Spaß, manches weil ich es hier wo ich wohne praktisch finde. Ich lebe ja nicht ländlich, muss die Hunde also oft relativ eng führen.

    Da gibt's neben Rückruf, pfui, aus, Sitz und ähnlichem bspw auch Kommandos um die Seite zu wechseln, oder zwischen den Beinen zu parken. Es erleichtert finde ich vieles, wenns mal enger wird, oder man Hunde hat die abgewandt geführt werden müssen, damit man nicht dauernd mit der Leine hin und her dirigieren muss.

    Dann gibt's noch ein Kommando dafür enger bei mir zu laufen, und ne Freigabe dafür dass die volle Leinenlänge ( oder eben im Freilauf erlaubte Radius) genutzt werden darf.


    Wenn ich aber wo unterwegs bin wo es ruhiger ist ( ländlich, Wald, Feld oä) brauch ich das alles auch nicht.

    Ich muss meinen Hund nicht dauernd dran erinnern wie weit man sich entfernen darf, die wartet nach ner bestimmten Distanz von selbst oder bleibt stehen wenn ich auch stehen bleibe. 100 Meter Radius gäbe es hier auch niemals, wir bleiben auf den Wegen ( außer die Benutzung einer Wiese oä ist soweit ich weiß erlaubt), wer nicht zuverlässig auf den Rückruf und einhalten der Distanz reagiert bleibt an der Leine, wir gehen nicht jagen, und auch niemanden belästigen ( im Zweifel wird man angeleint bis man wieder Ruhe hat).

    Reden tu ich da auch nicht allzu viel.

    OK, ich hab noch vollkommen unnötigerweise Richtung-Kommandos und kann mitteilen dass man jetzt sitzen oder warten soll, dann kann ich dem Hund mitteilen in welche Richtung wir wollen oder kurz vor laufen und die Lage checken ( unbedingt brauchen tut man das jetzt nicht).

  • Mich nerven beim Thema Gebrauchshunde jeweils die Pauschalaussagen, die man oft hört: "Das ist ein Schäferhund, bei dem musst du XYZ, mit Leckerchen funktioniert das nicht." Das sagten mir z.B. einige Trainer oder andere Hundeleute, obwohl sie meinen Hund noch nie gesehen hatten.

    Nicht nur bei den Schäferhunden so :pfeif: Nervt mich auch endlos...




    Ich hab nochmal eine Frage, einen Gedankengang und mich würde eure Ansicht interessieren.


    Ich arbeite ja bei weitem nicht rein positiv mit meinem Hund, hier gibts schonmal ordentlich Anschiss (verbal). Aber mittlerweile arbeite ich nicht mehr mit körperlichen Strafen (also blocken, schubsen, Nackengriff etc) weil ich gemerkt habe dass sie das a) nicht braucht und b) ihr nicht gut tut. Wie schrieb Co_Co so schön "Wenn man es am Hund sieht, ist es nicht angemessen" Und das war bei Cali definitiv der Fall. Egal... ich mach es nicht mehr. Sie hat auch mittlerweile viel mehr Freiheiten und darf sehr viel mehr selber entscheiden als sie es als Junghund durfte. Natürlich kommt dies auch, weil die Erziehung sitzt (enigermassen :pfeif: ).


    Nun meine Frage/Gedankengang....


    Seit ich mit Cali so arbeite, mit ihr so umgehe zeigt sie mehr und mehr Eigenständigkeit (logisch) und ich finde man sieht auch mehr und mehr ihren Charakter. Sie entfaltet sich mehr, sozusagen. Sie wird wieder frecher, hat mehr eigene Ideen und Überlegungen (alle im Rahmen natürlich) usw. Sie arbeitet auch besser bzw anders... Ich finde einfach dass sie irgendwie ein anderer Hund geworden ist.


    Woher das kommt weiss ich natürlich, darum geht es mir nicht. Aber ich sehe oft Hunde die irgendwie... farblos wirken. Versteht man das? Also die machen keinen Blödsinn, sind nie mal frech und laut sondern eben immer 96% in der Spur.


    Und ich hab die Erfahrung gemacht dass Hunde die vorher sehr aversiv erzogen worden und dann eben eher positiv sich nochmal stark verändern. Also eben nicht mehr dieses gehemmte haben, sie offener wirken...


    Unterdrückt man damit ihren eigentlichen Charakter? Ihre natürliche Art?

    Oder ist das bei Schäferhunden, Mali's nicht der Fall?


    Und jetzt kommt bitte nicht mit, "Wenn ich das nicht mache beisst er die Oma von nebenan" - das sowas nicht passieren darf, bzw nicht erlaubt ist, ist vollkommen klar. :bindafür:


    Hat sich darüber schonmal Jemand Gedanken gemacht? Und ich hoffe es ist einigermassen verständlich was ich meine.

  • Ich habe einen Labrador und einen bunten Mix aus dem Ausland. Joker, der Labrador ist quasi ein Selbstläufer


    Ich halte seit zwei Jahren Hunde und kannte diese "harte" Schiene nicht, ich bin einfach teilweise schockiert.


    Ares, mein Schäferhund, wird nicht als "richtiger Schäferhund" anerkannt, weil er ein Weisser Schweizer Schäferhund ist. Ein Gebrauchshund ist er nicht so richtig, aber ihn einen Begleithund zu nennen wäre Verkennung der Realität.


    Der Weisse Schäferhund entspringt dem Deutschen Schäferhund. Damals hatte man die seltenen weissen Welpen noch getötet, heute sind sie eine eigene Rasse, auch wenn dort genetisch nichts anderes drinnen steckt als ein DSH. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Rassen ist die Fellfarbe und die beim Weissen Schäferhund züchterisch vernachlässigte Pflege des Charakters.

    WSS sind sehr... Zwiegespalten.


    Ares hat das erste Mal einen Bereich außerhalb des Zuhauses als sein Territorium ernannt und durch knurren und drohen verteidigt, da war er ein knapp 4 Monate alter Hosenscheisser.

    Seine erste Reaktion auf ihm unbehagliche Dinge war nie "bücken und weglaufen". Sichten, fixieren, knurren, stellen, in dieser Reihenfolge. Immer nach vorne.

    Das ist genetisch verankert.

    Du, Boop

    Du glaubst garnicht wie viel ich als hundeunerfahrener Mensch versucht habe rein positiv zu erziehen.

    Das Verhalten wurde dadurch nie besser. Eher war es so, als hätte ich nie irgendwas gemacht, es lief einfach weiter, egal wie sehr ich versuchte da irgendein Alternativverhalten rein zu trainieren.

    In Ares Augen war sein Job ihm alles und jeden vom Leib zu halten. Das war und ist nach wie vor unheimlich selbstbelohnend für ihn.

    Der Unterschied von heute zu damals - er kennt heute seinen Aufgabenbereich und weiß, dass es nicht in Ordnung ist einfach auf alle Menschen die nur an ihm vorbei gehen los zu gehen.

    Das ging nur (leider) nicht mit Alternativverhalten sondern in dem Falle mit einer sehr unangenehmen Reaktion meinerseits auf dieses Verhalten. Somit wurden 2 Jahre!! Tortur nach rein positiv Ideologie mit einem Mal beendet. Der Hund wurde ansprechbar.


    Nein Schäferhunde sind nicht alle direkt gefährlich, aber ein Schäferhund ist kein Labrador. Aggression ist das Stichwort.

    Ein Schäferhund wäre kein Schäferhund ohne das bisschen Feuer.

    Wenn du sagst, dass du selber erst 2 Jahre Erfahrung mit Hunden hast, und diese sich einzig und allein auf einen Labbi und einen TS-Mix beruht, dann kannst du rein aus logischen Gründen deine hier gestellte These "Alle Hunde können rein-positiv-belohnend erzogen werden" ja garnicht sinnvoll stützen.

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